Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

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Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

Von Damian N. Minichowski | Benötigte Lesezeit: 13 Minuten


Protein ist schon ein echter Wunderkraftstoff und in der heutigen Zeit das Makroelement, welches vermutlich am wenigsten Prügel einstecken musste. „Kohlenhydrate machen fett“ und „Fette machen krank“ – so oder so ähnlich lautet der Tenor und auch wenn eine solche Aussage sehr unreflektiert ist und die Ernährung nicht in derartige Schwarz-Weiß-Kategorien eingeteilt werden sollte.Richtig lautet es eher: Zu viel Kohlenhydrate und zu viel Fette machen auf lange Sicht fett und krank – aber nicht ohne Kalorienüberschuss und Bewegungsmangel.

Nach dem Low Fat Hype, kam die Low Carb Welle…aber bei Protein?

Wer ein wenig für seinen Körper tun möchte oder einfach nur auf seine Ernährung achtet, der lernt die erste Regel ziemlich flott: Ob Aufbau oder Diät – die Proteinzufuhr verbleibt auf einem hohen Niveau.

Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

Protein: Das Aufgabengebiet

Und das aus gutem Grund: Sieht man einmal davon ab, dass der Körper zu großen Teilen aus Wasser besteht, folgt Protein sogleich auf dem Fuße und belegt den zweiten Rang.

Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

Das Einzelelement der Proteine ist die Aminosäure (die Perle einer Kette). Man klassifiziert sie nach der Kettenlänge, wobei kurze Ketten von bis zu 10 Aminosäuren als Peptide, bis 50 als Polypeptide bezeichnet werden. Mit mehr als 50 Aminosäuren sprechen wir von sogenannten “Proteinen”. Ihr Aufgabenspektrum ist Legion. (Bildquelle: Wikimedia.org / Ladyofhats ; CC Lizenz

Eiweiße dienen als Bausubstanz und geben den Zellen ihre Struktur – sie finden sich nicht nur in Muskelfleisch, sondern auch in Haut und Haar. Sie sind Teil der Zellmembran und dienen als Vorstufen der Nukleinsäuren. Sie sind Enzyme, Co-Enzyme, Hormone, sorgen dafür dass das Immunsystem tadellos funktioniert und dienen Transportvehikel im Blut. Und ja, Protein kann auch als Energiequelle, nämlich zur Herstellung von ATP, verwendet werden…wenn es hart auf hart kommt.

Ohne eine gesicherte Zufuhr an Protein kann unser Körper nicht Instand gehalten werden, (muskuläres) Wachstum ist nicht möglich, Leistung und Wohlbefinden sind beeinträchtigt.

Protein aus der Nahrung: Wozu eigentlich?

Weißt du eigentlich, wieso du Protein mit deiner täglichen Nahrung konsumieren musst? Das liegt ganz einfach daran, weil wir ein bestimmtes Set an Aminosäuren – das sind die Bauelemente der Proteine – nicht aus eigener Kraft synthetisieren können. Was der Körper nicht selbst nachbauen kann, muss er aus seiner Umwelt aufnehmen – oder in unserem Fall essen und trinken.

9 essenzielle Aminosäuren

Heutzutage werden 9 Aminosäuren als essenziell (lebensnotwendig) eingestuft und zum Glück können wir aus einem reichen Fundus an Proteinquellen wählen, die uns die Bausteine liefern, die wir sonst nirgendwo anders herbekommen.

Und das sind die essenziellen Aminosäuren (na, kommen dir einige Namen bekannt vor?):

  • Phenylalanin
  • Valin
  • Threonin
  • Tryptophan
  • Methionin
  • Leucin
  • Isoleucin
  • Lysin

6 semi-essenzielle Aminosäuren

Abseits der essenziellen Aminosäuren gibt es auch eine Untergruppe, die man semi-essenzielle Aminosäuren nennt. Das sind die Bausteine, die unter besonderen Bedingungen (im Säuglingsalter, bei Krankheit, bei hoher Stressbelastung (Training oder Verletzungen)) nicht in ausreichender Menge gebildet werden können – der Körper kommt mit ihrer Produktion trotz höherem Bedarf nicht hinterher.

Diese Aminosäuren können u.U. semi-essenziell sein:

  • Arginin
  • Cystein
  • Glycin
  • Glutamin
  • Prolin
  • Tyrosin

Proteinqualität: Die Zusammensetzung spielt eine Rolle

Ganz so, wie man nicht alle Fette und Kohlenhydrate über einen Kamm scheren kann, so muss man auch bei der Art von Protein, die man verzehrt, einen Unterschied machen. Kaum ein (natürliches) Lebensmittel besteht NUR aus Kohlenhydraten oder NUR aus Fett oder NUR aus Protein. Selbst im kohlenhydratreichen Obst oder stärkehaltiges Gemüse finden sich Spuren von Eiweiß – auch wenn man zugeben sollte, dass es nicht sehr praktikabel wäre darüber seinen Proteinbedarf zu decken.

Wie gesagt: Proteine sind nichts weiter als eine Aneinanderreihung von Aminosäuren und man spricht auch von Aminosäureketten. Die Qualität eines Proteins, für die es unterschiedliche Bestimm-Methoden gibt (Biologische Verfügbarkeit (BV), Chemical Score (CS), Net Protein Utilization (NPU), Protein Efficiency Ratio (PER), Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score (PDCAAS)) wird am Aminosäurespektrum, dem relativen Verhältnis von Aminosäuren die im Lebensmittel vorhanden sind, unterteilt und unterschiedlich stark gewichtet und gemessen.

Die Tabelle gibt einen kleinen Einblick in die Wertigkeit von gängigen Proteinquellen durch unterschiedliche Messverfahren. Für Hersteller von Supplementen ist es natürlich von Vorteil einfach die Messemethode zu wählen, die das Protein am positivsten abbildet – so wird fast jede Sorte “zum Besten Protein, was der Markt zu bieten hat.” *zwinker*

Wertigkeit gängier Proteinquellen anhand unterschiedlicher Messverfahren

ProteinquellePERBVNPUPDCAAS
Milch2.591821.00
Whey3.2100921.00
Vollei3.9100941.00
Sojabohne2.274611.00
Casein2.577761.00
Rindfleisch2.980730.92
Kichererbsen   0.69
Kidneybohnen   0.68
Erbsen   0.67
Würstchen (Schwein)   0.63
Pintobohnen   0.61
Haferflocken, gewalzt   0.57
Schwarze Bohnen   0.53
Linsen   0.53
Erdnüsse1.8  0.52
Vollkornweizen   0.40
Weizen-Gluten 0.864670.25

Tabelle 1: Proteinqualität einiger typischer Proteinquellen nach unterschiedlichen Messverfahren. Adaptiert aus: McDonald, L.: The Protein Book. S.51.

Je „optimaler“ das Aminosäureverhältnis ist – und dazu gehört auch das Vorhandensein der essenziellen Aminosäuren – desto vollständiger („kompletter“) ist das enthaltene Protein. Fehlen bestimmte essenzielle oder semi-essenzielle Aminosäuren, spricht man von einem unvollständigen („minderwertigen“) Protein.

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Muskelaufbau und die Errichtung eines Hauses sind gar nicht so verschieden: Das Protein ist die Bausubstanz. Kohlenhydrate die Bauarbeiter und Fette (Kalorien). Damit aber alles an seinen Platz kommt, braucht es ein ganz besonderes Aminosäureverhältnis. Fehlt auch nur eine Aminosäure, kann nicht weitergebaut werden. (Bildquelle: Public-Domain-Pictures.com / USAID ; CC Lizenz)

Aber was bedeutet das eigentlich?

Nun, stell dir vor du willst ein Haus bauen: Du brauchst Ziegel (wohlmöglich in unterschiedlichen Ausführungen), Zement, Dämmstoffe, Holz, Lehm und vielleicht sogar Stahl wenn du etwas wirklich Solides aufbauen willst. Fehlt dir aber ein elementarer Bestandteil, kannst du das Haus nicht fertig stellen. Fehlen Ziegel und Zement, werden die Wände instabil. Fehlen Dachschindeln und Holz kannst du das Dach nicht bauen.

Der menschliche Körper funktioniert auf ähnliche Art und Weise, nur mit dem Unterschied, dass du hier keine polnischen Bauarbeiter hast, die wohlmöglich einen Workaround für das Problem haben: Fehlt ein Bauelement, kann das Endprodukt nicht gebaut werden – und das kann mitunter gravierende metabolische und physiologische Folgen haben. Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit werden leiden, wenn der Mangel über die Nahrungszufuhr nicht beseitigt wird.

  • Für den Muskelaufbau heißt es folgendes: Fehlt auch nur eine essenzielle Aminosäure in der richtigen Menge, kann die benötigte Muskulatur nicht aufgebaut werden – egal wie viel du auch trainierst. Der fehlende Block wird auch als „limitierende Aminosäure“ bezeichnet.
  • Für den Fettabbau heißt das folgendes: Fehlt auch nur eine essenzielle Aminosäure in der richtigen Menge, kann der Abbau der Muskulatur im Falle eines Energiemangels (Kaloriendefizits) beschleunigt werden, da der menschliche Körper permanent umgebaut wird und vielleicht gerade die eine Aminosäure in der Muskulatur woanders benötigt wird, z.B. zur Energiegewinnung (Gluconeogenese) – der Körper baut sie dann ab und verstoffwechselt sie. Das ist z.B. bei Gutamin und den sogenannten “BCAAs” sehr stark der Fall). Werden essenzielle Aminosäuren des– oder transaminiert, müssen die fehlenden Mengen über die Ernährung wieder reingeholt werden um den Status Quo wieder herzustellen.

Über die Qualität diverser Proteinquellen werde ich mich heute nicht auslassen – das habe ich bereits im Proteinpulver Guide anschaulich dargestellt (inklusiver Minimumgesetz / Liebig’schen Fasses).

8 simple Richtlinien zur Proteinaufnahme

Damit sollte dir die elementare Wichtigkeit von Protein in deiner täglichen Ernährung ein wenig deutlicher geworden sein. In der heutigen Gesellschaft, wo kaum noch jemand wirklich Ahnung von einer sinnstiftenden Ernährung hat, lassen sich in aller Regel schnelle (positive) Ergebnisse erzielen, indem man einen genaueren Blick auf die tägliche Proteinzufuhr wirft und diese einfach erhöht

Fangfrage: Was passiert, wenn man 25 gesunden Frauen über einen Zeitraum von 8 Wochen so viel Protein gibt, dass sie im Kalorienüberschuss sind? Sie bauen Muskeln – nicht Fett – auf… Ein klares Indiz, dass einige Menschen zu wenig Protein in der Ernährung haben – der Körper kompensiert und holt auf, indem funktionale Masse synthetisiert wird. Fehlten den Damen vielleicht einige essenzielle Aminosäuren…? *zwinker* *zwinker*.

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Die High Protein Gruppe (schwarze Kreise) erhöhte innerhalb von 8 Wochen den Anteil der Magermasse. Die Low Protein Gruppe (schwarze Vierecke) baute dagegen Muskeln ab bei gleichzeitigem Gewichtanstieg – sie wurden dicker. (Quelle: Bray et al. (2012))

Eine proteinreiche Ernährung bietet eine ganze Menge Vorteile hinsichtlich Gesundheit, Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Körperkomposition. Im folgenden Abschnitt biete ich dir ein paar „Best Practice“ Vorschläge zur täglichen Proteinaufnahme. Sieh das Ganze mehr als Empfehlungen, die sich in der Praxis mehr als einmal bewährt haben und die dir jeder ernstzunehmende Trainierende bestätigen wird.

Richtline zur Proteinaufnahme #1: Ignoriere die offizielle Empfehlung

Im Grunde genommen spielt es keine Rolle, welche offizielle Ernährungs-Institution du zu Rate ziehst, um dir Tipps und Ratschläge zur optimalen Proteinzufuhr zu holen – du solltest sie ignorieren, sofern du körperlich gesund bist und (Kraft-)sport betreibst. (Wenn du dich dafür interessierst, wie die offiziellen Referenzwerte für die Zufuhr bestimmter Substanzen ermittelt werden, solltest du dir einmal diesen Artikel zu Gemüte führen.

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Institutionelle Empfehlungen sind zwar schön und gut für Otto Normal – wir aber sind Sportler und wollen vorankommen. Mit 0,8g Protein kommst du allerdings nicht weit … (Bildquelle: Pixabay.com / jarmoluk ; CC Lizenz)

Es stimmt zwar, dass der Körper einer Durchschnittsperson (kein Athlet) nicht viel Protein benötigt, wenn es darum geht den Status Quo zu halten, aber wenn dein Ziel darin besteht dich optisch zu verändern und deine körperliche Gesundheit auf ein höheres Level zu heben, ist es mit 0,8g Eiweiß pro Tag definitiv nicht getan. Verstehen sollte man auch, dass Referenzwerte selten Optimalwerte repräsentieren, sondern vornehmlich dazu da sind Mängel vorzubeugen. Das Mindestmaß ist allerdings selten auch gleichzeitig das Optimum.

Eine Diät (Kaloriendefizit) oder Muskelaufbau erhöht nachweislich den Protein-Turnover und gerade Sportler und Athleten sind – je nach Betätigungsfeld – mit 1,4-2g Eiweiß pro Tag gut beraten, um optimale Ergebnisse zu erzielen (1)(2)(3).

Richtline zur Proteinaufnahme #2: Decke deine Tagesproteinzufuhr

Dein täglicher Proteinbedarf ist von einer ganzen Reihe an unterschiedlichen Faktoren abhängig, darunter Geschlecht, Alter, Körpergröße, Klima, Gesundheitszustand, körperliche Aktivität, Lifestyle und schlussendlich der persönlichen Zielsetzung. Bist du männlich, schwer und groß benötigst du mehr Protein auf täglicher Basis, als eine zierliche Frau. Wenn du Handwerker bist oder anderweitig körperlich schwer arbeitest oder viel stehst und gehst, brauchst du mehr Protein, als ein Büromensch oder die bettlägrige Oma. Wenn du dich sportlich betätigst und wohlmöglich schwer trainierst, benötigst du mehr Protein, als jemand, der sich nach dem Feierabend aufs Sofa legt und fernsieht.

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Manchmal muss man hinterher sein: Überlasse in Sachen Proteinzufuhr nichts dem Zufall. Davon hängt ab, ob du Fortschritte erzielst oder dich im Kreis bewegst. (Bildquelle: Flickr / Bradleypjohnson ; CC Lizenz)

Damit wird auch deutlich, dass die optimale Proteinmenge je nach Tagesablauf schwanken kann. Wenn du allerdings regelmäßig trainierst und nicht nur alle Jubeljahre das Studio beehrst, dann ist dein Stoffwechsel permanent beschleunigt – egal ob du heute trainiert hast oder einen Pausentag eingelegt hast. Aus Gründen der Einfachheit wählen die meisten Trainierenden daher einen fixen Proteinwert der nahezu konstant gehalten wird und im Falle von Muskelaufbau liegt die Menge irgendwo bei 1,6-2g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.

Wenn du ernsthaft Fortschritte machen willst, solltest du alles Erdenkliche tun, um diese Menge zu erreichen. Als Ausdauerathlet liegst du bei 1,4-1,6g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Im Zweifelsfall solltest du den folgenden F.A.Q. Artikel zur Rate ziehen: „F.A.Q. #5: Wie viel Protein sollte ich am Tag zu mir nehmen?

Richtlinie zur Proteinaufnahme #3: Kalkuliere mit einschlägigen Proteinquellen

Erinnerst du dich an die Proteinqualität? Unterschiedliche Lebensmittel verfügen über eine unterschiedliche Aminosäurezusammensetzung. Proteinreiche Produkte kommen oft in einer Kombination mit dem Makronährstoff Fett (tierische Proteinquellen) oder mit einer beträchtlichen Anzahl an Kohlenhydraten (pflanzliche Proteinquellen) daher, allerdings gibt es heutzutage auch viele Lebensmittel, die fast vollständig aus Eiweiß bestehen.

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Grünzeug enthält auch Protein, aber wieso komplizierter machen als es ist? Nutze und rechne mit einschlägigen Proteinquellen. (Bildquelle: Wikimedia.org / Smastronardo ; CC Lizenz)

Je nachdem, wie viel Betonung du auf die anderen beiden Makronährstoffe legst (z.B. ketogene Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist oder eine Low Fat Diät mit Kohlenhydratdominanz), kannst du dir deine Proteinquellen zusammenstellen.

  • Tierische Proteinquellen, das heißt Fleisch/Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte, verfügen über ein Aminosäurespektrum, welches unserem eigenen Muskelfleisch sehr ähnlich ist – folglich gelten diese Proteinsorten als vollständiger und kompletter.
  • Pflanzliche Proteinquellen, das heißt Hülsenfrüchte, Nüsse, Quinoa und Co. haben je nach Art Engpässe in der einen oder anderen Aminosäure. Eine Methode, um die Proteinqualität „minderwertiger“ Protein (minderwertig nicht im abfälligen Tonfall) aufzuwerten, besteht darin, unterschiedliche pflanzliche Proteine zu kombinieren. Für Vegetarier und Veganer bedeutet dass, dass diese Personen besser über ihre Ernährung Bescheid wissen müssen, um Mängel vorzubeugen. Sojaprodukte enthalten zwar ein gutes Aminosäureprofil, sind allerdings aufgrund der darin enthaltenen Anti-Nährstoffe und Phytoöstrogene umstritten.

Wenn du deine tägliche Proteinaufnahme kalkulierst, solltest du einschlägige Proteinquellen wählen. Damit meine ich folgendes: Suche dir zum einen proteinreiche (protein-dominante) Lebensmittel, um auf deinen Zielwert zu kommen. Zum anderen musst du das im Salat oder Obst enthaltene Protein nicht unbedingt mit in der Bilanz berücksichtigen. Verzettle dich nicht in Nichtigkeiten und zähle die hochwertigen Quellen.

Für Vegetarier und Veganer gilt: Du darfst 10-20 % auf deinen ermittelten Proteinbedarf raufschlagen. Dadurch nimmst du tendenziell mehr Protein auf, was dafür sorgt, dass sich unvollständige Proteine besser ergänzen (weil einfach die absoluten Mengen der zugeführten Aminosäuren höher ausfallen – siehe auch das obige Studienergebnis mit den Damen, die 8 Wochen über mehr Protein in der Ernährung hatten).

Richtline zur Proteinaufnahme #4: Nutze den anabolen Drive

Ein Fehler den viele Neulinge und Einsteiger (oft aus Angst vor Fettaufbau) machen, ist, dass sie zu wenig Kalorien im Tagesverlauf zu sich nehmen. Eine kalorienrestringierte Ernährung macht Sinn, wenn du dich in einer Diät befindest und die Reduktion von Körperfett im Vordergrund steht, aber optimalen Muskelaufbau wirst du auf dem Weg nicht erreichen – der Körper braucht Energie und zwar ausreichend.

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Aufbau mit Kaloriendefizit? Das wird kaum klappen. Am Ende bist du drahtig und sehnig. Das Plateau ist nicht mehr weit. (Bildquelle: Pixabay.com / Unsplash ; CC Lizenz)

Zuwächse in Kraft und Muskulatur erreichst du am besten, indem du 10 % über deinem Gesamtbedarf (in Kalorien) isst. Damit stellst du dem Körper genügend Brennstoff zur Verfügung, um das kräftezehrende Workout durchzustehen und nutzt gleichzeitig das anabole Umfeld.

Crash-Kurs: Wie ermittle ich meinen Bedarf?

Zuerst berechnest du mit Hilfe einer Formel oder einem Online-Rechner, wie hoch dein Gesamtumsatz (Grundumsatz + Leistungsumsatz) ist. Notiere dein Gewicht auf der Waage (bevorzugt morgens nach der Morgentoilette). Esse für 1-2 Wochen strikt nach der Kalorienmenge, die dir deine Rechnung ermittelt hat. Wiege dich an einem festen Wochentag und ziehe Bilanz.

  • Hast du zugenommen? Wenn du nach einer Woche +0,5 kg mehr drauf hast, bist du im Kalorienüberschuss. Bleib bei dem Niveau!
  • Wenn du nach einer Woche -0,5 kg abgebaut hast, bist du im Kalorienminus.
  • Wenn sich nichts getan hat, bist du bei deinem isokalorischen Wert (Weder Auf- noch Abbau).

Wenn du abgenommen hast oder sich nichts getan hat rechnest du 10 % drauf (Gesamtumsatz + 10 %) und wiederholst das Spielchen – so lange, bis du langsam aber stetig zunimmst. Lass den Quatsch mit den +500 kcal, wenn du lean aufbauen willst. Insbesondere bei Frauen wird das eher zu erhöhtem Fettansatz führen, da hier die Relationen nicht passen (und eher auf Männer mit hohem Kalorienumsatz zutreffen).

Zur Brechnung deines Bedarfs siehe auch unseren Artikel: “Kalorien- und Makronährstoffberechnung: Wie viel braucht der Körper.”

Richtline zur Proteinaufnahme #5: Nutzen den proteineinsparenden Effekt

Eine gesicherte Proteinzufuhr auf täglicher Basis ist ein solides Fundament, um deine Ziele zu erreichen – bedenke allerdings stets, dass Protein nicht der einzige Nährstoff ist, der dir zur Verfügung steht. Kohlenhydrate und Fette besitzen einen „proteineinsparenden Effekt“ und diesen Mechanismus solltest du sowohl in der Diät (Fett) als auch im Aufbau (Kohlenhydrate) nutzen.

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Nutze den proteineinsparenden Effekt, der durch die Kombination von Protein und Kohlenhydraten bzw. Protein und Fetten auftritt – so verhinderst du unnötige Proteinoxidation. (Bildquelle: Flickr / georgereyes ; CC Lizenz)

Was ist der proteineinsparende Effekt?

Ganz einfach: Fette und Kohlenhydrate sind das Benzin, welches deinen Körper am Laufen hält, während Protein eher ein Baustoff ist. Weiter oben habe ich dir schon gesagt, dass Protein kein besonders effizientes Brennmaterial ist und nur als Notreserve in größeren Mengen verbrannt werden sollte. Damit das aber passiert, müssen entweder Fette ODER Kohlenhydrate (oder ein Mix aus beiden) vorhanden sein: Statt wertvollem Protein werden Kohlenhydrate (Glukose) und Fette (Triglyceride) für die ATP-Gewinnung herangezogen.

Der häufigste Fehler in der Diät besteht darin beides, Fette und Kohlenhydrate, auf einem (zu) niedrigen Level zu halten. Wenn dem Körper das Energie-Substrat fehlt, dann wird er sich händeringend an das Protein klammern, welches in einem Prozess namens Gluconeogenese verarbeitet wird. Die Folgen sind umfassend: Neben einer sinkenden Trainingsleistung (Intensität) wirst du dich müde und lethargisch fühlen, anfällig für Erkältungen werden, ständig frieren und wohlmöglich auch Muskeln verlieren.

Versteh mich nicht falsch: Das alles sind Dinge, die in einer Diät früher oder späte sowieso anfallen können, aber mit einer Low Carb Low Fat Diät erhöhst du die Wahrscheinlichkeit um mehrere Faktoren, also: Entweder LowFat/High Carb oder Low Carb/High Fat – aber nicht beides!

Richtline zur Proteinaufnahme #6: Erhöhe die Proteinzufuhr in der Diätphase

…womit wir auch schon beim zweiten Punkt sind. In einem Kalorienplus kannst du den proteineinsparenden Effekt natürlich maximal nutzen, da genug Kalorien in Form von Fetten und Kohlenhydraten aufgenommen werden, so dass die Proteinoxidation minimalisiert wird. Startest du aber eine Diät, dann resultiert dies in einer von dir herbeigeführten Hungerperiode – ein Zeitraum des Energiemangels – der automatisch dafür sorgen wird, dass sich der Körper nach anderweitigen Energiequellen umschauen wird. Dies passiert umso schneller, je niedriger die Glykogenspeicher sind.

Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

Das Ei ist das ideale Lebensmittel für die Diät: Reich an hochwertigem Protein und mit Fett ausgestattet, sorgt es für Muskelschutz und Drive im Training. (Bildquelle: Pixabay.com / Hans ; CC Lizenz)

Die alternative Energiequelle sind insbesondere zu Beginn der Hungerphase Proteine: Die Leber entledigt sich der Aminogruppe (Deamination) und nutzt das Kohlenstoffskelett zur Herstellung von Kleinstmengen an Glukose. Mit fortschreitender Zeit setzt ein weiterer energieeinsparender Effekt ein – aber nur wenn die Fettzufuhr in der Ernährung dominiert, die Herstellung sogenannter Ketonkörper.

Aus diesem Grund ist es insbesondere zu Anfang sinnvoll, die Proteinzufuhr in der Diät auf 2-2,5g Eiweiß pro Kilogramm zu erhöhen, um der Verzuckerung des Eiweißes Rechnung zu tragen. Viele Athleten und Kraftsportler werden dir überdies hinaus in der Diät zu einer generellen Erhöhung des Eiweißanteils raten, um Muskelabbau vorzubeugen, eine höhere Sättigung zu erreichen – und damit das Wohlbefinden in der Diät zu steigern.

Richtline zur Proteinaufnahme #7: Setze Proteinsupplemente dort ein, wo es nötig ist

Lass dir von niemandem erzählen, dass Nahrungsergänzungsmittel unbedingt nötig sind, um dein Ziel zu erreichen. Sie machen vieles einfacher und bequemer – ja, aber notwendig sind sie sicherlich nicht. Proteinpulver sind heutzutage technologisch so weit fortgeschritten, dass sie bekömmlich schmecken und eine reine Proteinquelle liefern, die zudem auch noch kosteneffizient ist, wenn du den Preis pro Gramm berechnest.

Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

Protein Shakes und Supplemente sind eine bequeme Art und Weise, um den Proteinbedarf aufzupolieren. Notwendig sind sie aber nicht.(Bildquelle: Flickr / Health Gauge ; CC Lizenz)

Der Vorteil von Proteinpulvern, darunter Whey und Casein, besteht darin, dass sie transportabel und leicht zu konsumieren sind. Zudem besitzen die meisten Proteinpulver einen verhältnismäßig geringen Kohlenhydrat- und Fettanteil, weshalb sie sich ideal für all jene eignen, die ihre Makronährstoffverteilung erreicht haben und nur noch die Proteinzufuhr nach oben schrauben möchten.

Innerhalb einer Diät, wo Hunger dominiert, bevorzuge ich lieber einen Pott Quark – da hast du nicht nur was Handfestes zum Essen, sondern erzielst vermutlich auch eine länger-anhaltende Sättigungswirkung. Im Aufbau kann es mitunter problematisch werden auf die erforderlichen Proteinmengen zu kommen, wenn du zu den schlechten Essern (Hardgainern) gehörst.

Machen wir uns nichts vor: Shakes gehören dazu, sind aber keine Verpflichtung und machen den ganzen Prozess nur bequemer.

Richtline zur Proteinaufnahme #8: Übertreibe es nicht

Proteine liefern eine ganze Menge an Vorteile und eine hohe Zufuhr wird dich in den meisten Fällen erheblich weiterbringen (vorausgesetzt deine Nierenfunktion ist nicht eingeschränkt). Und auch wenn längst klar ist, dass der Körper mehr als nur 30g Eiweiß pro Mahlzeit sinnvoll nutzen kann, gibt es für alles eine Obergrenze.

Guide: 8 simple Richtlinien zur Optimierung der Proteinaufnahme

Der menschliche Körper verträgt viel Eiweiß, aber übertreiben solltest du es nicht. Nieren und Leber kommen irgendwann auch an ihre Kapazitätsgrenzen.(Bildquelle: Wikimedia.org / National Cancer Institute ; CC Lizenz)

Weiter oben habe ich geschildert, dass ein hoher Proteinanteil bei vergleichsweise geringer Kohlenhydrat- und Fettzufuhr zu einer verstärkten Proteinoxidation führt. Dies ist im Idealfall nichts, was du anstreben möchtest. Eine „Protein only“-Strategie macht daher kaum Sinn – egal ob in der Diät oder im Aufbau.

Abseits davon kann der Darm eines gesunden Menschen eine ordentliche Portion an Eiweiß pro Tag resorbieren. Die Leber braucht dagegen eine gewisse Vorlaufzeit, ehe sie sich an größere Mengen adaptiert, da mehr proteinspaltende Enzyme für die Verwertung gebildet werden müssen. Das ist aber lediglich ein temporäres Problem. Weitaus komplizierter wird es, wenn es um die Filtrierung der anfallenden Stoffwechselprodukte, allen voran Ammoniak, geht.

Davon ausgehend lässt sich sagen, dass 200-300 Gramm pro Tag, je nach Individuum, kein Problem darstellen (4). Mengen über 3g Protein pro Kilogramm Körpergewicht sollten im Falle eines naturalen-Athleten (d.h. ohne Nutzung von Steroiden) ohnehin nicht praktikabel erscheinen, folglich würde ich solche Mengen auch niemanden empfehlen.

Abschließende Worte

Protein schmeckt, macht satt und zufrieden…und trägt zu einer vorteilhaften Körperzusammensetzung bei – nicht nur, wenn man trainiert. Die hier dargelegten 8 Ernährungstipps zum optimale(re)n Proteinkonsum sollten beherzigt werden, um die bestmöglichen Ergebnisse – körperlich, mental und gesundheitlich – zu erreichen.

Lasst einen Kommentar da, wenn euch die hier präsentieren Tipps weitergeholfen haben oder ihr Feedback zum Artikel geben wollt.

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Quellen & Referenzen

(1) Tipton, KD. / Wolfe, RR. (2004): Protein and amino acids for athletes. In: J Sports Sci. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14971434.

(2) Campbell, B., et al (2007): International Society of Sports Nutrition position stand: protein and exercise . In: J Int Soc Sports Nutr. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17908291.

(3) Rodriguez, NR. / DiMarco, NM. / Langley, S; American Dietetic Association; Dietetians of Canada; American College of Sports Medicine Position of the American Dietetic Association, Dietitians of Canada, and the American College of Sports Medicine (2009): Nutrition and athletic performance. In: J Am Diet Assoc. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19278045.

(4) Tipton, KD. (2011): Efficacy and consequences of very-high-protein diets for athletes and exercisers. In: Proc Nutr Sci. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21375795.



Bildquelle Titelbild: Fotolia / bonezboyz


Über

Damian N. „Furor Germanicus“ Minichowski ist der Gründer und Kopf hinter dem Kraftsport- und Ernährungsmagazin AesirSports.de. Neben zahlreichen Gastautorenschaften schreibt Damian in regelmäßigen Abständen für bekannte Online-Kraftsport und Fitnessmagazine, wo er bereits mehr als 200 Fachartikel zu Themen Kraftsport, Training, Trainingsphilosophie, Ernährung, Gesundheit und Supplementation geschrieben hat.

Zu seinen Spezialgebieten gehört das wissenschaftlich-orientierte Schreiben von Fachartikeln rund um seine Passion – Training, Ernährung, Supplementation und Gesundheit.

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1 Kommentare

  1. Hi Damian,
    wieder ein sehr guter und fundierter Beitrag. Viele der hier vorgestellten Tipps ergeben sich irgendwann automatisch, wenn man persönlich mit seinem eigenen Körper etwas experimentiert. Gut zu wissen, dass diese persönlichen Erfahrungen sich auch wissenschaftlich decken.
    Gerade beim Kalorienüberschuss kann ich Dir beipflichten. Die ermittelten Werte mit online Rechnern und allgemeinen Formeln sind zwar ganz nett für die Orientierung, aber die persönliche Erfahrung zeigt mir, dass die Ergebnisse nicht für jeden Menschen Gültigkeit haben. Daher sollte man auch hier experimentieren und nicht sklavisch den berechneten Kalorienzahlen folgen.
    Gruß Micha

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