Höhere Proteinqualität reduziert Bauchfett | Studien Review

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Höhere Proteinqualität reduziert Bauchfett | Studien Review

Von Dr. Thomas Lindner | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Die Wichtigkeit der Proteinqualität

Wir alle wissen über die Wichtigkeit von Protein in unserer Ernährung Bescheid. Nicht nur (Hobby-) Athleten, sondern auch der Otto Normalverbraucher sollte darauf achten, genügend Protein zu sich zu nehmen. So weit, so gut.

Viele Leute schauen dabei primär auf das Etikett der Produkte, die sie kaufen oder konsultieren diverse Webseiten oder Apps mit Nahrungsmitteltabellen, welche die sogenannten Makros (Makronährstoffe, also Kohlenhydrate, Protein und Fett) aufschlüsseln. Hier wird der „absolute“ Proteingehalt dargestellt.

Problem? Es gibt aber keine Infos dazu, um welche Qualität es sich dabei handelt. Was beschreibt aber nun die Qualität unserer Proteine in den Lebensmitteln bzw. was macht ein hochqualitatives Lebensmittel aus?

Eine gute Definition hierbei ist das Verhältnis der enthaltenen essenziellen Aminosäuren (EAAs) zum Gesamtproteingehalt (beschrieben in Gramm). Ein guter Richtwert sind 10g EAA pro Mahlzeit, um optimale Proteinsynthese zu erreichen (1). Interessanterweise zeigten Studien, dass eine erhöhte Menge an EAAs keinen zusätzlichen muskelaufbauenden (anabolen) Nutzen bringt (2).

(Für eine ausführliche Diskussion zur Proteinqualität und der biologischen Wertigkeit, solltest du unseren Proteinpulver Guide konsultieren, wo wir über die Qualität diverser Proteinsorten berichten.)

Essenzielle Aminosäuren – Ein kurzer Exkurs

Alle 8 EAAs sind in der folgenden Liste dargestellt:

  • L-Leucin
  • L-Isoleucin
  • L-Valin
  • L-Lysin
  • L-Methionin
  • L-Phenylalanin
  • L-Threonin
  • L-Tryptophan

Es gibt noch weitere – sogenannte semi-essenzielle – Aminosäuren, darunter Arginin, Glutamin und Histidin und müssen nur zu bestimmten Zeiten, z.B. beim Heranwachsen, bei der Genesung (in Krankheitsfällen) oder bei hohen Stressbelastungen (post-operativ, intensives körperliches Training) zugeführt werden (Anmerkung: Fett gedruckt sind zudem die verzweigtkettigen Aminosäuren, die in BCAA Supplementen enthalten sind. Diese gehören also auch zu den essenzielle Aminosäuren).

EAAs sind deshalb als „essentiell“ betitelt, da der menschliche Körper sie nicht selbst herstellen kann und daher müssen sie mit der Nahrung zugeführt werden. In Lebensmitteln sind sie in unterschiedlicher Konzentration bzw. in manchen auch nur teilweise vorhanden. Man spricht hier oft von einem „vollständigen“ oder „unvollständigen“ Aminosäureprofil“.

Zu vollständigen Lebensmitteln gehören unter anderem Fisch, Fleisch, Eier, Spirulina etc. Zu den unvollständigen gehören unter anderem viele Gemüsesorten, Nüsse und Linsen. Man sieht hier also, dass Vegetarier und Veganer eher „benachteiligt“ sind, wenn das Know-How in Sachen Ernährung gering ausfällt und sich diejenigen einseitig ernähren (“Nudel- & Pudding-Vegetarier”), da die (einzelnen) Lebensmittel, die zugeführt werden, häufig nicht alle EAAs erhalten. (Dies trifft natürlich nicht auf alle Vegetarier und Veganer zu!)

Der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Protein mit einem vollständigen Aminosäureprofil, welches in einer 24 Stunden Periode eingenommen wurde und die Anzahl der Mahlzeiten, welche die oben genannten 10g EEAs erreichten hatten, wurden in einer Studie mit der Menge an Bauchfett in Verbindung gebracht (3). Die Ergebnisse wurden 2012 in der Zeitschrift Nutrition & Metabolism veröffentlicht.

Höhere Proteinqualität sorgt für weniger Bauchfett | Studien Review

Quality protein intake is inversely related with abdominal fat

Teilnehmer dieser Studie waren 12 Männer und 15 Frauen zwischen 19 und 25 Jahren. Die Teilnehmer waren gesund, hatten aber einen relativ hohen Anteil an Bauchfett (34.2 ± 10.4%). Zunächst wurde die Anzahl an Trainingseinheiten pro Woche, sowie die Nahrungsmittelzufuhr der letzten drei Tage bestimmt. Von letzteren Daten konnte die gesamte Einnahme an EAAs bzw. die Frequenz wie oft die 10g EAAs pro Mahlzeit erreicht wurden berechnet werden. Es wurde dann ein Durchschnitt der drei Tage gebildet.

Zur Messung der Körperzusammensetzung wurde die sogenannte DXA („dual energy X-ray absorptiometry“) Methode angewandt. Hierbei werden niederenergetische Röntgenstrahlen genutzt, um die Körperzusammensetzung zu messen. (Manche kennen diese Methode vielleicht auch von Knochendichtemessungen).

Der Zusammenhang zwischen der Einnahme qualitativ hochwertigen Proteins (sowie der Menge und Kohlenhydraten und Fetten) und Bauchfett wurde anschließend analysiert und statistisch ausgewertet. Hierbei sollte noch erwähnt werden, dass die Männer und Frauen in einer Gruppe zusammengefasst wurden, da vorherige Studien gezeigt haben, dass in (gesunden) jungen Personen der Muskelstoffwechsel nicht unterschiedlich ist (4).

Das Studienergebnis: Die Einnahmemenge hochwertigen Proteins zeigt einen indirekt proportionalen Zusammenhang mit der gemessenen Menge an Bauchfett

Die Menge des eingenommenen hochqualitativen Protein zeigt sich indirekt proportional zum Bauchfett. Der nachfolgende Scatter Plot bildet die Beziehung zwischen abdominalem BauchfetT (CAF) und der Proteinqualität (als Verhältnis vom EAA-Gehalt zur absoluten Proteinmenge).

Höhere Proteinqualität sorgt für weniger Bauchfett | Studien Review

Zusammenhang zwischen Bauchfett (CAF) und Qualität der Proteineinnahme (EAA:Protein). Erkennbar ist ein Trend, wobei eine höhere EAA-Einnahme mit einer geringeren Bauchfettmenge korreliert. (Bildquelle: Loenneke et al. (Loenneke et al. (2012))

In einem weiteren Scatter Plot wird aufgezeigt, dass die Anzahl der Zufuhr ebenso eine Rolle spielt, d.h. je öfter die 10g EAA Grenze innerhalb der Zeitperiode erreicht wurde, desto weniger Bauchfett hatten die Teilnehmer im Schnitt. wie oft die 10g EAA Grenze erreicht wurde. Die Menge der Kohlenhydrate oder Fette zeigte derweil keinen Zusammenhang mit Bauchfett.

Höhere Proteinqualität sorgt für weniger Bauchfett | Studien Review

Zusammenhang zwischen Bauchfett (CAF) und Häufigkeit des Erreichens der 10g EAA Grenze innerhalb eines Tages. Erkennbar ist ein Trend, wobei eine höhere EAA-Einnahme mit einer geringeren Bauchfettmenge korreliert. (Bildquelle: Loenneke et al. (Loenneke et al. (2012))

Das Ergebnis impliziert hier zumindest, dass viel Mahlzeiten mit min. 10g EAA mit einem geringeren Bauchfettgehalt korrelieren, allerdings sollte man bei der Interpretation vorsichtig bleiben.Dieses Ergebnis stellt nur eine Korrelation, aber nicht eine Kausalität dar.

Die hier untersuchte Population gehört nicht zu sportaffinen Kreisen, die sich intensiv mit der eigenen Ernährung auseinandersetzen und ggf. ohnehin auf einen hohen Proteingehalt und eine entsprechende -qualität in der Ernährung achten. (Intensiv trainierende und sich korrekt ernährende Intermittent Fastng Anhänger müssen hier also nicht zwangsweise schlechter davonkommen, nur weil sie weniger Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen, solange die eigentliche Ernährung ziel- und bedarfsgerecht ist).

Die Forscher ziehen ihr abschließendes Fazit:

“Therefore, a focus on maximizing the muscle synthetic response with ~10 g of EAA may decrease CAF through increased resting energy expenditure from increased lean mass.”

Übersetzung: „Die Maximierung der Muskelsynthese mit 10g EAAs kann zu einem geringeren Anteil an Bauchfett durch einen erhöhten Grundumsatz durch fettfreie Muskelmasse führen“.

Abschließende Worte

Diese Studie zeigt wie wichtig es ist, Lebensmittel von hoher Qualität bzw. hoher Proteinqualität (= adäquater Gehalt an essenziellen Aminosäuren) zu sich zu nehmen, da diese zu einer besseren Körperkomposition beitragen können.

Was können wir aus dieser Studie also lernen?

Um einen athletischen Körper zu erreichen bzw. zu erhalten, reicht es nicht nur aus intensiv und hart zu trainieren – auch die Ernährung (ausreichend viele Kalorien und Protein) spielt eine wichtige Rolle in der Optimierung der Körperkomposition.

Diese Studie zeigt auf, dass neben dem absoluten Proteingehalt auch die Proteinqualität eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Reduktion von Fett (hier: Bauchfett) spielt. Von diesen Studienergebnissen ausgehend wäre es demnach förderlich Lebensmittel mit einer hohen Proteinqualität (einem hohen EAA-Gehalt und einem vollständigen Aminosäureprofil) in einer bestimmten Frequenz zu verzehren.

Das bedeutet jedoch nicht zwangsweise, dass sich die Lebensmittelauswahl nun auf Fleisch und Milchprodukte beschränken sollte. Vielmehr sollen diese Ergebnisse Vegetarier und Veganer ansprechen und ermutigen ihren Speiseplan mit vielen verschiedenen (proteinreichen) Lebensmitteln abzurunden, um auch hier möglichst alle EAAs zu bekommen. Passende Kombinationen sind z.B. Reis mit Bohnen, Spinat mit Mandeln, Vollkornnudeln mit Erdnusssauce uvm. um ein breites Aminosäurespektrum abzudecken (siehe hier auch unseren Artikel „6 Proteinquellen für Vegetrarier & Veganer: Ein Überblick“).

Du fandest dieses Studien-Review zum Thema Proteinqualität und Bauchfett informativ & lesenswert – und würdest gerne mehr evidenzbasierte Informationen (Praxis & Theorie) lesen? Dann werde Leser unseres monatlich erscheinenden Magazins, der Metal Health Rx!

Quellen & Referenzen

(1) Cuthbertson, D., et. al. (2004): Anabolic signaling deficits underlie amino acid resistance of wasting, aging muscle. In: FASEB J. URL: http://www.fasebj.org/content/early/2005/03/04/fj.04-2640fje.long.

(2) Symons, TB., et. al. (2009): A moderate serving of high-quality protein maximally stimulates skeletal muscle protein synthesis in young and elderly subjects. In: J Am Diet Assoc. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3197704/.

(3) Loenneke, JP., et. al. (2012): Quality protein intake is inversely related with abdominal fat. In: Nutr Metab. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3284412/.

(4) Jahn, LA., et. al. (2009): Tissue composition affects measures of postabsorptive human skeletal muscle metabolism: comparison across genders. In: J Clin Endocrinol Metab. URL: http://press.endocrine.org/doi/10.1210/jcem.84.3.5522.



Bildquelle Titelbild: Flickr / Butz.2013 ; CC Lizenz


Über

Dr. Thomas Lindner ist Wissenschaftler und begeisterter Hobbyathlet. Im Sommer 2016 schloss Thomas sein Doktoratsstudium an der Radboud University Nijmegen (Die Niederlande) im Gebiet der MRT Physik ab. Hier ist sein Spezialgebiet die Bildgebung im Neurovaskulären Bereich.

Obwohl Thomas erst seit wenigen Jahren regelmäßig Sport treibt, ist er jeden Tag (Montag – Samstag) aktiv. Insbesondere Ausdauersportarten wie Laufen und Radfahren gehören zu seinen Lieblingsdisziplinen. Zukünftig wird auch die dritte Triathlondisziplin (Schwimmen) in seinen Trainingsplan integriert zur Wettkampfvorbereitung. Auch das Krafttraining kommt hierbei nicht zu kurz. Früher noch ein überzeugter Eisenkrieger, werden immer mehr Calisthenicsübungen in sein Programm integriert, um das gesamte Programm abzurunden. Des Weiteren hält Thomas sich auf dem Laufenden über Ernährungstrends und experimentiert sehr gerne mit neuen Rezepten. Als begeisterter Koch ist es für Thomas selbstverständlich jeden Tag selbst für sich zu kochen.

Beruflich gehören zu Thomas Hauptaufgaben gehört Schreiben von wissenschaftlichen Fachartikeln, sowohl über seine eigenen Forschungsgebiete, als auch das Erstellen von Review Artikeln über spezielle Themen, wie z.B. Sportjournale. Des Weiteren ist er als Reviewer tätig für medizinische Fachjournale.

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1 Kommentare

  1. Hallo Thomas,

    ein sehr spannendes Thema mit dem Du Dich hier auseinandersetzt. Ich achte auch sehr auf eine hohe Proteinqualität. Studienergebnisse diesbezüglich sind mir bislang jedoch keine wirklich überzeugenden untergekommen. Mein Handeln beruht hier eher auf logischer Ableitung.

    In der von Dir vorgestellten Studie ist mir auch die Stichprobe deutlich zu klein und es gibt zu viele außer Acht gelassene Einflussfaktoren. Dennoch ist das Ergebnis ein interessanter Indikator. Vielen Dank für die Vorstellung.

    Es sollte sich mal jemand an eine groß angelegte Metaanalyse zu dem Thema wagen. ;)

    Viele Grüße
    Jahn

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