Ketose und das Ketogene Verhältnis | Fragen & Antworten

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Ketose und das Ketogene Verhältnis | Fragen & Antworten

Von Lyle McDonald | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Ketose und das Ketogene Verhältnis | Fragen & Antworten

Frage

Glaubst du immer noch an das ketogene Verhältnis um in die Ketose zu kommen? Bei mir werden nicht genügend Ketone angezeigt. Hast du irgendwelche Tipps? Sorry, dass ich dich mit solchen Fragen nerve, aber kann der Konsum von mehreren Litern Wasser pro Tag den Urin so weit verdünnen, dass darin keine Ketone mehr gemessen werden können?

Antwort

Alles klar, gehen wir die Fragen Schritt für Schritt durch.

Über das ketogene Verhältnis

In meine ersten Buch, „The Ketogenic Diet“, habe ich über etwas geredet, was sich Ketogenes Verhältnis oder Ketogene Ratio (KR) nennt. Dabei handelt es sich um eine Gleichung bzw. ein Konzept, welches zur Planung einer ketogenen Ernährung in Epileptikern verwendet wird.

Die Gleichung gibt dir im Grunde genommen das Potenzial zur Ketogenkörperproduktion bei einer gegebenen Mahlzeit in Abhängigkeit des relativen ketogenen und anti-ketogenen Effekts der einzelnen Makronährstoffe.

Das ketogene Verhältnis einer gegebenen Kombination von Nährstoffen kann mit der nachfolgenden Gleichung ermittelt werden:

Ketose und das Ketogene Verhältnis | Fragen & Antworten

Die Gleichung beschreibt das ketogene Verhältnis und berücksichtigt die ketogen-wirkenden und anti-ketogen-wirkenden Effekte der drei Makronährstoffe Protein, Fett und Kohlenhydrate.

Es stellt sich heraus, dass Protein teilweise ketogen wirkt (46%) und teilweise anti-ketogen (58%). Dies wird durch die Tatsache reflektiert, dass einige Aminosäuren zu Ketonkörper transformiert werden können, während andere zu Glukose umgewandelt werden können (glucogene Aminosäuren). Dagegen wirken Kohlenhydrate zu 100% anti-ketogen, während Fett zum größten Teil (90%) ketogen wirkt (die restlichen 10% wirken anti-ketogen da Triglyceride immer einen Teil Glycerin enthalten, welche zu Glukose konvertiert werden können – dies wird auch in meinem Artikel zur Einführung in Fette näher dargelegt).

Um mich selbst aus meinem Werk „The Ketogenic Diet“ zu zitieren:

„Diese Gleichung repräsentiert die relative Tendenz für einen gegebenen Makronährstoff die Ketose zu fördern oder zu hemmen (1). Insulin und Glucagon sind die ultimativen Determinanten der Verschiebung hin zu einem ketogenen Zustand und die Gleichung stellt die Tendenz der Nährstoffe zur Steigerung von Insulin (wirkt anti-ketogen) oder Glucagon (wirkt pro-ketogen) dar.

Zur Behandlung von Epilepsie muss das Verhältnis (Ratio) von K zu AK in einer Mahlzeit mindestens 1,5 betragen, damit diese als ketogen durchgeht (1). Dies führt typischerweise zu einer Ernährung, die 4 Gramm Fett für jedes Gramm Protein oder Kohlenhydrate enthalten muss (sog. „4:1 Ernährung“). Weitere Details zur Entwicklung der ketogenen Ernährung zur Behandlung von Epilepsie kann im Quellenverzeichnis nachgeschlagen werden, da dies ansonsten den Rahmen des Buches sprengen würde.“The Ketogenic Diet

Wann immer die Leute jedoch versucht haben, das ketogene Verhältnis auf ihre Low Carb Diäten zum Zwecke des Fettverlustes anzuwenden, passierte eines von zwei Dingen:

  • Wenn die Person die Kalorien richtig festgelegt und das ketogene Verhältnis angewendet hat, fiel die Proteinzufuhr immer viel zu gering aus (weil das Nahrungsfett so hoch war).
  • Wenn die Proteinzufuhr richtig festgelegt wurde und man anschließend versuchte, das Fett auf das richtige Verhältnis zu skalieren, fiel die Kalorienzufuhr üblicherweise viel zu hoch aus.

Ersteres sorgte für einen schlechten proteineinsparenden Effekt (Muskelschutz), während zweiteres den Fettverlust limitierte (oder verhinderte). Deswegen habe ich das ketogene Verhältnis quasi außenvorgelassen.

Wie bereits weiter oben angemerkt, wurde diese Gleichung zur Behandlung von Epilepsie entwickelt (und jeder, der mehr darüber erfahren möchte, der sollte sich dieses Buch zulegen). Doch für Leute, die Abnehmen möchten oder darauf aus sind ihre Körperkomposition zu verändern, sorgt die Orientierung an dieser Gleichung dafür, dass man auf keinen grünen Zweig kommt.

Dennoch möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die Ketose meiner Meinung nach nicht kriegsentscheidend ist, um in die Vorteile dieser Ernährungsform zu kommen. Ja, Ketonkörper wirken proteineinsparend, doch nur dann, wenn die Proteinzufuhr initial unzureichend ausfällt. Wenn du die Proteinzufuhr richtig ermittelst und ansetzt (z.B. 1,8g/Protein pro Kilogramm Körpergewicht oder mehr), wie ich es auch in meinem „Protein Book“ dargelegt habe, stellt die Ketose keinen kritischen Aspekt dar, wenn es darum geht Körperprotein zu erhalten.

Einfach ausgedrückt, ist Protein der Nährstoff, der am stärksten einsparend wirkt (z.B. Ketonkörper Vs. Kohlenhydrate) und es ist immer nur dann entscheidend, wenn die Proteinzufuhr unzureichend ist.

Man kann sogar über den appetithemmenden Effekt der Ketose diskutieren, allerdings lässt die derzeitige Literatur vermuten, dass es primär die höhere Proteinzufuhr ist, welche für weniger Hunger sorgt, statt die Präsenz von Ketonkörpern per se.

Das ist vermutlich die lange Erklärung dafür, wieso ich das ketogene Verhältnis bzw. die Aufrechterhaltung der Ketose nicht als super-wichtig ansehe, wenn es darum geht erfolgreich mit einer ketogenen (Low Carb) Ernährung abzunehmen (oder darin zu versagen). In meinem Buch, „The Ultimate Diet 2.0 habe ich dieses Thema sogar in der Sektion „Und was ist mit der Ketose“ explizit thematisiert:

„Ich sehe die Ketose mehr als eine Art von „Neben-Effekt“ des Fettverlustes (der Fettverbrennung, um genau zu sein) als etwas, dass man aktiv als Ziel verfolgt. Wenn die Fettoxidation mit den oben dargelegten Methoden beschleunigt wird, dann neigst du dazu in Ketose zu kommen. Die Ketose ist jedoch an und für sich keine große Sache. Deswegen werde ich auch kein Wort darüber verlieren, dass du deinen Ketonlevel mit Ketostix messen solltest.

Kurz gesagt: Wenn du eine ketogene Diät nutzt, um die Fettverlustphase der UD 2.0 zu bestreiten, dann geht es primär darum den Insulinspiegel zu senken, die Katecholaminspiegel zu erhöhen und die Fettoxidation zu maximieren; die Ketose ist nur ein tangentialer Effekt in der ganzen Sache.“ – The Ultimate Diet 2.0

Über die Ketonkörpermessung über den Urin

Was uns schlussendlich zur zweiten Frage bringt. Anhänger der Low Carb Ernährung nutzen häufiger etwas, dass sich Ketostix nennt und sich in Abhängigkeit der Ketonkörperkonzentration im Urin verfärbt. Jupp, du pinkelst drauf und sie verändern ihre Farbe, was die Auskunft über die Präsenz oder Abwesenheit von Ketonen gibt.

Es gibt jedoch ein paar Probleme bei den Ketostix. Das vielleicht größte Problem ist, dass sie nur die Konzentration der Ketonkörpern im Urin messen und das liefert dir nur ein ungenaues Bild darüber, was gerade im Körper vor sich geht. Eine echte Ketose wird über die Blutkonzentration ermittelt (nennt sich dann Ketonämie), nicht über den Urin (nennt sich dann Ketonurie). Aber da man nicht mal eben den Ketonspiegel im Blut messen kann (und nein, mit den Ketostix geht das nicht), stellt die Messung über den Urin den nächsteinfachen Weg dar.

Wenn sich eine Ketonkörperkonzentration im Urin feststellen lässt, dann wird sich im Blutkreislauf ein ähnliches Bild zeigen. Die Abwesenheit von Ketonkörpern im Blut signalisiert jedoch nicht, dass du dich derzeit nicht in Ketose befindest (definiert über die Konzentration im Blut). Würdest du die Blutkonzentration messen, würdest du feststellen, dass du dich doch in der Ketose befindest und dein Körper lediglich keine Ketone über den Urin ausscheidet (oder zumindest nicht genug ausscheidet, damit es die Ketostix anzeigen).

Es gibt eine Vielzahl von Dingen, welche beeinflussen, ob genügend Ketonkörper vorhanden sind oder genügend über den Urin ausgeschieden werden, damit die Ketostix es anzeigen.

Ein Beispiel: Dein Körper kann genügend Ketone herstellen, was typischerweise in schlanken und aktiven Individuen der Fall ist) und bei reichhaltigem Verzehr von Wasser den Urin soweit verdünnen, dass die Ketonkonzentration (oder irgendeine andere Variable, die Einfluss darauf hat) mittels Ketostix nicht korrekt wiedergegeben werden kann.

Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, ist der Fokus auf die Ketose (oder die Messung mittels Ketostix) am Ende des Tages nicht so wertvoll, wie man vielleicht glauben mag. Du kannst in eine tiefe Ketose rutschen, indem du dich mit Fett vollstopfst (insbesondere mit MCTs – siehe hierzu diesen Artikel im Metal Health Rx Archiv), doch dies wird dazu führen, dass deine Kalorienzufuhr derart hoch ausfällt, dass du nicht besonders viel (Fett) abnehmen wirst. Auf der anderen Seite kannst du viel Fett abbauen auch wenn dir die Ketostix eine ausbleibende Ketose anzeigen. Es gibt im Grunde genommen keine Korrelation zwischen der Ketose, die von Ketostix angezeigt wird und Fettverlust.

Ich habe zu viele Abnehmwillige gesehen, die sich zu sehr auf die Anzeige der Ketostix konzentriert haben, anstatt sich auf die wesentlichen Dinge zu fokussieren: Die relative Menge an Fett und Magermasseverluste. Konzentriere dich auf Letzteres, wenn du Fett verlierst und erhalte so viel Magermasse wie möglich, wenn deine Diät funktioniert – unabhängig davon, ob du dich in der Ketose befindest oder nicht.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / grib_nick


Über

Lyle McDonald ist ein Forscher und Coach, der bereits mit einer Vielzahl von Bodybuildern, Powerliftern und anderen Athleten hinsichtlich aller möglichen Aspekte ihres Trainings, ihrer Ernährung und Nahrungsergänzung zusammengearbeitet hat. Er kombiniert eine mehrere Jahrzehnte andauernde Obession der menschlichen Physiologie mit der Fähigkeit seine Forschung in brandaktuelle Lösungen für etliche Probleme zu liefern, mit denen sich Athleten tagtäglich konfrontiert sehen.
Mittlerweile hat Lyle mehr als sechs verschiedene Bücher verfasst, darunter die Ultimate Diet 2.0, das Rapid Fat Loss Handbook, Stubborn Fat Solution und weitere mehr. Besuche Lyle auf seiner Seite Bodyrecomposition.com.

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