Bei kaum einen anderem Artikel bin ich so sehr gedrängt worden, „doch mal bitte den zweiten Teil zu posten.“ Und das Schlimmste ist: Ich kann es euch nicht einma verübeln, denn das Interview mit Fachmann Space Ghost, den viele von euch vermutlich aus dem legendären Intermittent-Fasting Thread auf Team-Andro.com kennen, beleuchtet viele Dinge in einem interessanten Licht. Doch darüber hinaus liefert diese X-Perience Reihe auch einen tieferen Einblick in das Leben unseres Superhelden – und die Art und Weise wie ER sich mit Intermittent Fasting (IF) und Carb Back-Loading (CBL) schlägt.
Im zweiten Teil des Interviews mit Space Ghost äußern wir noch ein wenig Kritik zum kiefer’schen System, welches von vielen gerne als die eierlegende Wollmilchsau beschrieben wird. Space Ghost gibt uns überdies noch einen Einblick in sein Trainingsprogramm, seine Ansicht zur Regeneration – und insbesondere dem wohltunden Schlaf – und abschließend noch ein paar anekdotische Passagen zu seiner Ernährungsweise. Mit dem zweiten Teil ebenen wir auch gleichzeitig den Weg für das Grande Finale, den Teil III, bei dem wir auch einen Blick auf den Maskerten selbst (und seine überzeugende Transformation) werfen werden.
Meine Damen und Herren, es bleibt also spannend! Und nun viel Spaß mit dem zweiten Teil des Interviews.
Intermittent X-Perience – Space Ghost – Teil II
Space Ghost: Das von Dir angesprochene Abwandern von IF zu CBL erklärt sich sicher durch die deutlich stärkere Präsenz von Kiefer und der beinahe als Notwendigkeit verkauften Grundannahme, dass man als AnwenderIn von CBL/CN ‚verbotene’ Lebensmittel konsumieren MUSS, damit seine Systeme funktionieren. Das klingt natürlich großartig und ist ein ziemlich schlauer Zug, um zwei Sorten von Interessierten zu rekrutieren: Einerseits bekommt man die Leute, die ohnehin Probleme mit dem Gratifikationsaufschub haben, sprich: eigentlich keine Mühe investieren wollen, obwohl sie sich einer Sportart zugewendet haben, bei der die Erfolge meist langsam kommen. Gleichzeitig erreicht man eine Gruppe von Hardcore-Athleten, die das Ganze mit viel Ernst und Inbrunst betreiben und nun aber – streng den Vorgaben folgend – sich teilweise genauso große Mengen an hochraffinierten Lebensmitteln antun wie die Otto Normalbürger, von denen man sich eigentlich deutlich abgrenzen möchte.
Aesir Sports / Damian: Das ist natürlich wahr; man kann jetzt nicht behaupten, dass Kiefer die Zeit, in der Martin in der Versenkung verschwunden war, nicht produktiv genutzt hätte. Aber kommen wir damit zurück zu dir: Du bist dem Intermittent Fasting noch immer treu geblieben: Wahr oder falsch? In beiden Fällen lautet die Frage: Warum?
Space Ghost: In seinen Grundzügen bin ich IF meist treu geblieben, bzw. bin nach kurzenwenigen Ausflügen wieder zurück gekehrt. Warum das so ist, erklärt ein kurzer Abrissusflug zum Thema CBL:
Das Thema CBL schwappte in die Diskussion bei Team Andro vor etwas mehr als zwei Jahren über, als ein übersetzter Artikel von Kiefer dort im Portal erschien. Zu anfangs wurde das Thema noch rein aus dem IF-Blickwinkel betrachtet, da die zwei Themen ja nun wirklich große Ähnlichkeiten aufweisen. Daher war ich recht früh auch in dieser Diskussion beteiligt. Richtig aktiv habe ich mich dann erst zu Beginn des vergangenen Jahres damit beschäftigt, da ich nach wie vor großer Fan vom Experimentieren mit solchen Konzepten bin. Allerdings war diese erste Experimentierphase hauptsächlich in der Steigerung meines Körperfettanteils von Erfolg gekrönt. Und da ich gerade schon dabei war, habe ich dann auch gleich noch, um die zwei / drei Prozent zusätzlichen Kfa wieder zu senken, zum anderen Kiefer’schen Ernährungsansatz, der Carb Nite Solution gegriffen. Inzwischen war ich dann wieder ziemlich auf meinem Ausgangsniveau zurück und habe einige Wochen das Strength Accumulation-Protokoll ausprobiert. Und danach habe ich mich wieder auf IF besonnen.
Die Gründe sind recht schnell erklärt: Die Argumentation, dass Junk-Food und/oder riesige Mengen an Kohlenhydraten in irgendeiner Art und Weise funktioniert in Sachen Fettabbau und/oder Aufbau von Muskelmasse ‚besser’ funktioniert, ist meiner Erfahrung nach eher ein Verkaufsargument als ein physiologischer Vorteil. Ich habe das entgegen meines Instinkts ausprobiert, mich streng entsprechend den Kiefer’schen Vorgaben zu ernähren und ein ziemlich unangenehmer Nebeneffekt war u.a. die Steigerung meiner Entzündungswerte im Körper – was sich in einem großen Blutbild dann übrigens auch gezeigt hat. Konkret hatte ich Entzündungen in diversen Gelenken, eine große Menge an Verspannungen und zusätzlich ein paar auch vom Arzt nicht wirklich ganz erklärbare Schwellungen bspw. in den Fingern, die erst nach den exzessiven Backloads zurück gegangen sind. Positive Effekte stellten sich beinahe keine ein – abgesehen davon, dass ich trotz dieser massiven Gelage nicht zugenommen habe. Es mag sein, dass diese Form der Ernährung für einige Leute gut funktioniert und ich vielleicht ‚anfälliger’ bin als andere Athleten, aber meiner Erfahrung nach ist vor allem die große Amplitude zwischen ultra low carb („ULC“ <30g Kohlenhydrate pro Tag) und high Carb mit riesigen Mengen und ggf. noch fragwürdigen Lebensmitteln ein unnötiger Stress – einerseits für den Körper, aber eben auch für den allgemeinen, mentalen Zustand. Ich bin bspw. nach zwei aufeinanderfolgenden ULC-Tagen enorm lethargisch und angestrengt – unabhängig von der Kalorienmenge.
Ich muss zugeben, dass ich mich durchaus von der CBL-Logik habe verführen lassen und das Ganze vermutlich zu wenig kritisch hinterfragt habe. Die Ergebnisse habe ich relativ schnell zu spüren bekommen und das hat es mir deutlich leichter gemacht, die Scheuklappen abzulegen.
Space Ghost: „Die Argumentation, dass Junk-Food und/oder riesige Mengen an Kohlenhydraten in irgendeiner Art und Weise funktioniert in Sachen Fettabbau und/oder Aufbau von Muskelmasse ‚besser’ funktioniert, ist meiner Erfahrung nach eher ein Verkaufsargument als ein physiologischer Vorteil.“
Nach der Rückkehr zu den einfachen IF-Regeln habe ich mich dann auch tatsächlich befreit gefühlt. Trotzdem lassen sich in IF problemlos Konzepte einbauen, die zwar im Grundgerüst so nicht sein müssen oder für den Erfolg unbedingt zu befolgen sind, die aber ein paar sinnvollen Gedanken des CBL sehr nahe kommen: direkte Kohlenhydrat-Quellen nur nach dem Widerstandstraining und an trainingsfreien Tagen trotz Cardio eben eine geringe Menge an Kohlenhydraten, die bspw. aus Obst stammen. Das ist dann nicht ULC, aber bei mir meist um die 75g. Und trotzdem gibt’s an Trainingtagen dann als letzte Mahlzeit durchaus mal ein großes Eis ;-) Und eine weitere Ergänzung: Ich komme mit den teilweise enormen Fettmengen, die sich bei CBL und CNS durch die 1:1 Vorgabe ergeben, zwar auf Ebene der Verdauung gut zurecht – allerdings sehe ich im Spiegel mit mehr Carbs und weniger Fett deutlich besser aus.
Aesir Sports / Damian: Das Carb Back-Loading hat also die von dir erhofften Erfolge nicht gebracht und sich sogar negativ auf dein Wohlbefinden und diverse Vitalparameter ausgewirkt. Verständlich, dass du somit wieder zu einem System zurückgekehrt bist, dass bei dir gut angeschlagen hat. Erst vor kurzem haben wir auf Aesir Sports ein Review zur Renegade Diet (RD) von Jason Ferruggia veröffentlich, welches die Inhalte des Buches grob skizziert. Hast du dich mit diesem Ansatz schon befasst? Interessieren dich derartige Ableger des IF überhaupt, oder bist du mittlerweile an einem Punkt, wo du diese Experimente nicht mehr in Kauf nehmen möchtest – quasi: „Never change a running system.“ Denn in meinen Augen stellt die RD einen Kompromiss aus den Ansätzen des Leangains, Oris Warrior Diet und der Mentalität des Backloading dar (Ferruggia tackled die Sache jedoch von einer anderen Richtung aus und ist besorgt um die „gut health“ und die Effizienz der Verdauung). Was sagst du zu dieser Herangehensweise? Besteht da Potenzial oder handelt es sich nur um einen weiteren Coach, der versucht aus dem IF-Gebaren Profit zu schlagen?
Space Ghost: Tja, schwer zu sagen. Ehrlich gesagt hat mir die aktuelle Variante der RD recht gut gefallen. Keine Frage – die Ähnlichkeiten zu CBL sind klar vorhanden. Unterschiede gibt’s in den propagierten Fettmengen, eine breitere Kohlenhydratauswahl auch teilweise eher „mittel“-glykämischer Quellen (Buchweizen…) und eben die Betonung der Gesundheit, statt der Völlerei mit Junk. Allerdings kenne ich auch alte Ausgaben der RD, die durch das Netz schweben und darin schreibt Ferruggia noch ganz andere Sachen – z.B. schlägt er bei den Supplementen eine große Anzahl diverser merkwürdiger Kräutchen vor, als bevorzugtes Getränk sei Kokoswasser zu wählen und war Ferruggia nicht auch eine ganze Zeit lang überzeugter Veganer?
Man vermag sich ein wenig wundern über die Verwandlungen des Autors. Seine Trainingsbücher sind durchaus für Anfänger eine sinnvolle Lektüre und die aktuelle Fassung der RD ist auch sicher ein gutes Buch – wenn auch das Manko die von Dir ebenfalls kritisch beäugten fehlenden Quellenangaben sind. Trotzdem riecht das Buch schon ein wenig nach Anbiederung gegenüber dem, was aktuell gefragt ist und sich gut verkauft. Und teilweise fehlen auch Begründungen für Richtlinien der RD, die dann doch recht interessant sein dürften: Warum soll ich denn bspw. mein Essen nicht in der Mikrowelle erhitzen?
Aesir Sports / Damian: Und um auf dich wieder zurück zu kommen: Wie hat sich sein persönliches Training seit der Implementierung und Inkorporation des Fastings ergeben? Bevorzugst du klassische Ganzkörperpläne oder hochvolumige Splits? Betreibst du irgendeine Art von Cardio oder HIIT? Wie ist deine generelle Einstellung zum Thema steady-state cardio? Über die schädlichen Effekte, insbesondere bei den Damen, hat sich Kiefer ja explizit geäußert. Lug und Trug? Oder sollte derartiges Ausdauertraining eine feste Größe im Trainingsplan eines ambitionierten Athleten sein? Wie hält es der Geist aus dem All?
Space Ghost: Wow, ein breites Thema ohne Frage. Nach vielen Jahren von wildem, ziellosen Herumexperimentieren, haben sich für mich – unabhängig vom Fasten aber durchaus in parallelem Zeitverlauf – Systeme am produktivsten gezeigt, die ein gewisses Volumen nicht unterschreiten und vorzugsweise Clusterelemente enthalten. Das beinhaltet einige meiner Meinung nach im deutschsprachigen Raum merkwürdigerweise zu wenig beachtete Pläne von Chad Waterbury wie z.B. „Anti-Body-Building-Hypertrophy“ mit den berüchtigten 10x3er Sätzen, andere High Frequency-Systeme, aber auch aktuell das Kiefer’sche Shockwave-Protokoll. Letzteres beinhaltet ja ebenfalls eine Art Clusterung mit den Elect-Sätzen.
Diese Sammlung grenzt sich dann ab von Systemen mit geringem Volumen wie HIT, Heavy Duty, Dogg Crapp und ähnlichem. Keine Frage haben diese Systeme ihren Reiz, aber ich brenne dabei relativ schnell aus und die Ergebnisse lassen (daher) auch eher zu wünschen übrig. Ich bin einfach sehr oft und gerne am Eisen und da passt eine hohe Intensität nicht ins Konzept – obwohl ich bspw. mit dem HD-Shockwave-Plan von Kiefer aktuell recht gut fahre. Und das beantwortet auch die Splitfrage: Da habe ich keine Präferenz. Während es bei HFT („Hochfrequenztraining“ nach Waterbury oder Zippel) meist ein Ganzkörperplan ist, sind die Kiefer-Pläne Fünfersplits. Wichtig erscheint mir auf jeden Fall, ab und an das System zu wechseln. Im letzten Jahr habe ich mich einige Monate lang mit 5/3/1 (ein Trainingsystem von Jim Wendler) beschäftigt, was neue Reize brachte und auch ein tolles System darstellt. Aber ich habe mich in den Deload-Wochen meist gelangweilt und habe auf der Kraftebene schneller Plateaus erreicht als mit anderen Systemen.
Cardio mache ich täglich morgens und abends per Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit – und das auch bei jedem Wetter. Meine Heimatstadt besitzt tolle Parkanlagen, die in jeder Jahreszeit reizvolle Ansichten bieten und wenn man die Ampelphasen gut kennt, gibt es prima Sprintgeraden durch die Innenstadt. Außerdem laufe ich samstags und sonntags morgens häufiger ein paar HIIT-Runden. Richtig lange Läufe haben mich nie richtig gereizt. Das ist nicht mein Sport. Zu früheren Kampfsportzeiten habe ich in einer Stadt gewohnt, die jede Menge Treppen besitzt. Da habe ich mir dann Treppenläufe zusammen gestellt, um meine Kondition zu verbessern. Das war sehr effektiv aber auch echt mörderisch.
Ich denke, dass irgendeine Art von Cardio für jeden Menschen wichtig ist – egal, ob es sich um uns Eisenkrieger handelt oder nicht. Das hängt für mich aber eher mit dem Gedanken zusammen, dass mehr Bewegung meist besser ist als weniger Bewegung – gerade wenn man die steigenden Adipositas-Raten und die damit verbundenen Kosten für das Gesundheitssystem betrachtet. Klar wäre es für die gesamtgesellschaftliche Gesundheit noch viel besser, wenn mehr Menschen zur Hantel griffen. Und wenn es um die Entscheidung ginge, entweder Cardio oder Widerstandstraining zu wählen, sollte man klar das Widerstandstraining bevorzugen.
Space Ghost: „Klar wäre es für die gesamtgesellschaftliche Gesundheit noch viel besser, wenn mehr Menschen zur Hantel griffen. Und wenn es um die Entscheidung ginge, entweder Cardio oder Widerstandstraining zu wählen, sollte man klar das Widerstandstraining bevorzugen.“
Schwere Verbundübungen (Kreuzheben, Kniebeugen, Bankdrücken) haben auf den Ebenen, die normalerweise als implizite inhaltliche Ziele von Cardio gelten, wie etwa Fettoxidation, Blutdruckreduzierung etc. deutlichen Einfluss. Empirisch leicht nachzuvollziehen, wenn man nach einem Zwanzigersatz Atemkniebeugen unter dem Powerrack hinaus kriecht, um zu warten, bis die lustigen Muster vor den Augen wieder verschwinden. In diesem Zusammenhang tut Aufklärung der Öffentlichkeit gegenüber aber auch Not. So, wie sogar die einschlägigen Frauenzeitschriften offenbar in der Zwischenzeit nach und nach begreifen, dass sechs Mahlzeiten am Tag weder den Stoffwechsel beschleunigen noch ein konstanter, aber dauerhaft hoher Blutzuckerspiegel irgendwelche Vorteile bietet, bedarf die Formel [„Joggen“ = Fettabbau und ich glaube, mir damit etwas Gutes zu tun, weil ich zwei Füße habe, auch wenn ich daher komme wie Pique Sieben] der dringenden Überarbeitung.
Auf was ich hinaus will: Der Normalbürger, der etwas für seine Gesundheit tun will, sollte sich in erster Linie insgesamt mehr bewegen und sich ggf. mit der Möglichkeit von Formen des HIIT auseinander setzen. Wenn mehr Effizienz erwünscht ist, sollte das durch Widerstandstraining ergänzt werden. Für die Athleten, Bodybuilder etc. ist HIIT eine sinnvolle Beigabe, so lange es nicht der Regeneration zuwider läuft. Steady-State hat in meinen Augen aber für den zu letzt genannten Kreis keine besonderen Vorteile und ist HIIT einfach unterlegen, es sei denn, man schätzt die Tätigkeit und verspürt das dringende Bedürfnis, lange zu laufen.
Kiefers Kritik geht meines Eindrucks nach mal wieder etwas über das Ziel einer konstruktiven Kritik hinaus, bzw. trifft das Ziel der Polarisierung genau. Ich denke, dass man zusammenfassend die effiziente Optimierung des kardiovaskulären Systems vermutlich auf die transitive Ordnung [Widerstandstraining mit schweren Verbundübungen > HIIT > Steady State] reduzieren kann.
Aesir Sports / Damian: Interessante Implikationen für den Otto Normalbürger. So wie ich das sehe, empfiehlst du den Leuten, die keine großen Ambitionen hegen, sich des NEPA-Faktors zu bedienen (heute muss ja einfach alles irgend einen cool klingende englische Fachausdruck haben; NEPA steht für „non exercise phyiscal activity“). Space Ghost trainiert also derzeit nach Shock-Wave, radelt zur Arbeit und wieder heim und legt dann und wann eine kleine HIIT-Session ein. Bewegst du dich außerhalb dieses Pensum viel und oft? Oder bist du eher der Ansicht, dass die Regeneration in diesem Punkt nicht zu kurz kommen sollte? Immerhin gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die abseits des Trainings jegliche „zusätzliche Anstregung“ meiden, um ja ihr „gainz“ nicht aufs Spiel zu setzen.
Space Ghost: Ich habe einen relativ regelmäßigen Büroalltag, daher ist viel Sitzen angesagt. In meiner Freizeit bin ich aber viel mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs. Letzteres auch im Urlaub – da gehöre ich weniger zu den faul-am-Strand-Herumliegern, sondern bin gerne in Bewegung. Das kann dann auch durchaus eine winterliche Wanderung mit Schneeschuhen beinhalten. Oder vor zwei Jahren war ich beispielsweise mit Minimalgepäck und einem Crash-Pad (leichte Fangmatte) in süddeutschen Wäldern unterwegs, um Stellen zum Bouldern zu erkunden.
Aber allgemein ist das Thema Regeneration eine Sache, an die ich eigentlich deutlich öfter denken sollte. Ich habe in den letzten Jahren ein besseres Gespür dafür entwickelt, wie die Ebenen Nahrungszufuhr, Stress durch Arbeit und/oder Privatleben, sowie Stress durch Training sich gegenseitig beeinflussen. Und wenn es an verschiedenen Stellen brennt, gilt es dann, einen kleinen Kampf mit sich selbst auszufechten und sich zwischen Demut und Hochmut zu entscheiden. Und eigentlich sollte man doch wissen, dass es manchmal durchaus ratsamer wäre, die Hanteln ruhen zu lassen bzw. eine Deloading-Woche einzulegen.
Aber ich unterstütze meine Regeneration inzwischen durch ein relativ breites Spektrum an Methoden: Ich bin seit einiger Zeit ca. alle zwei Wochen in Massage und schaue auch ab und an bei einem Osteopathen und Chiropraktiker vorbei. Das kann ich nur empfehlen. Ein höheres Bewusstsein für eine gesunde Körperhaltung, Bearbeitung von Verspannungen und das Ausrichten von Rückgrat und anderen üblichen Baustellen ist ein wichtiges Thema für Leute, die viel Trainieren und das auch noch lange machen möchten. Dysbalancen sind eben nicht zuletzt auch durch zu vieles Sitzen oder angeborene Dispositionen wie Skoliosen, schiefe Hüften etc. vorprogrammiert und können durch den Griff von geschultem Fachpersonal zwar auch manchmal nicht behoben, aber in ihren Auswirkungen gemildert werden.
Space Ghost: „Aber ich unterstütze meine Regeneration inzwischen durch ein relativ breites Spektrum an Methoden: Ich bin seit einiger Zeit ca. alle zwei Wochen in Massage und schaue auch ab und an bei einem Osteopathen und Chiropraktiker vorbei. Das kann ich nur empfehlen.“
Foam-Rolling setze ich auch manchmal ein, allerdings hauptsächlich für die Beine. Zusätzlich sollte einmal die Woche eine längere Stretching-Session eigentlich Pflicht sein.
Aesir Sports / Damian: Apropos Regeneration – wie hältst du es mit dem Schlaf? Schläfst du eher viel, moderat oder wenig? Legst du dich auch mal Nachmittags aufs Ohr? Hast du eine besondere Schlafhygiene? Und eine letzte hypothetische Frage: Wieviele Stunden würdest du schlafen, wenn du frei wählen könntest (mal sämtliche Pflichten außenvor gelassen) und welchen Stellenwert räumst du dem Schlaf zu?
Space Ghost: Ich bin nun schon geraume Zeit im regelmäßigen Arbeitnehmerstatus angekommen, was meinen Lebenswandel natürlich in gewissem Maß strukturiert. Dazu gehören auch meine Schlafgewohnheiten. Ich nehme das aber positiv wahr und schlafe eigentlich immer acht Stunden und selten weniger. An den Wochenenden sind es dann auch manchmal neun Stunden. Wenn ich frei wählen könnte, würde ich gerne sehr häufig 20 bis 30 Minuten mittags schlafen, aber das war noch in keinem Arbeitszusammenhang möglich. Für „Powernapping“ sind die MitarbeiterInnen immer gern zu haben, aber auch an den progressivsten Arbeitsplätzen war das für die Chefetagen nie von Interesse.
Ganz allgemein halte ich das Schlafbedürfnis für eine sehr individuelle Sache, um die sich ähnlich wie bei der Ernährung diverse Mythen ranken. Da hört man dann Dinge wie „Der Schlaf vor Mitternacht ist der Gesündeste“ bspw. Und wenn man diverse Studien vergleicht, sind die Ergebnisse meist enorm gestreut, was Dauer und Zeitpunkt eines „optimalen“ Schlafs angeht. Ich halte Regelmäßigkeit für einen wichtigen Faktor, um die endokrinologischen Zusammenhänge innerhalb des Körpers zu berücksichtigen – aber ob nun einzelne Menschen mit sechs Stunden Schlaf ein Defizit haben oder hervorragend zurecht kommen, ob man eher eine Eule oder eine Lerche ist, muss man wie so oft selbst heraus finden. Aber der Schlaf und vor allem die Schlafqualität sind meiner Meinung nach sehr wichtige Faktoren, die gerade bei jüngeren Athleten häufig unterschätzt werden.
Aesir Sports / Damian: Natürlich hat jeder Mensch seinen persönlichen Bio-Rhythmus und einen Alltag, auf den er sein Training und die Ruheperioden nach eigenem Gusto aufteilt. Acht Stunden gelten bei mir jedenfalls als Minimum, welches ich jedenfalls im besten Alter nicht unterschreiten würde. Mittlerweile gibt es auch genug Datenmaterial welches den negativen Impact von Schlafmangel auf das hormonelle System, [1] den Appetit [2] und insbesondere auch das körpereigene Immunsystem (z.B. die Zahl der im Blut zirkulierenden Garnulocyten) bezeugt. [3]
Space Ghost: Gerade das Thema Appetit kann ich nur bestätigen. Ich habe schon, bevor ich über Studien zu dem Thema gestolpert bin, häufig beobachten können, dass ein unwillkürlich verkürzter Nachtschlaf mit deutlich gesteigertem Hungergefühl den gesamten Vormittag bis zum Erreichen des Essensfensters einher geht – und das, obwohl ich innerhalb der vergangenen drei Jahre ca. viermal gefrühstückt habe.
Aesir Sports / Damian: Ein kleines Gedankenspiel welches mich in letzter Zeit beschäftigt, stellt die Vorstellung dar, was passieren würde, wenn man einen Intermittent Fasting Ansatz mit dem Polyphasischen Schlaf (im Extremfall: der Uberman-Methode; maximal 2 Stunden Schlaf) kombinieren würde. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass man damit langfristig gute Kraftwerte beim Training zu Rande bringen könnte, doch ich kann mir vorstellen, dass die Inkorporation von Nickerchen bei vorangegangenen Schlaf-Defiziten für den einen oder anderen ein effektives Mittel zur Steigerung der Leistungen beitragen könnte. [4][5]
Space Ghost: Das denke ich auf jeden Fall auch. Zum polyphasischen Schlaf möchte ich noch anmerken, dass ich an sich grundsätzlich an Experimenten auf solchen Ebenen interessiert bin – allerdings bin ich inzwischen in einer Lebensphase angekommen, wo breiter angelegte Schlafexperimente meine Leistungsfähigkeit im Berufsalltag zumindest zeitweise deutlich einschränken würden. Obwohl das Konzept spannend klingt, besteht ein rein strukturelles Problem u.a. darin, dass das gesamte soziale Umfeld sich anhand bi- oder monophasischen Schlafmustern ausrichtet. Schon alleine das bringt vermutlich unangenehme Nebenwirkungen mit sich.
Aesir Sports / Damian: Aber wo wir gerade beim leiblichen Wohl sind: Wie hältst du es mit der Ernährung? Die Umstellung auf Intermittent Fasting hat deine Essgewohnheiten mit Sicherheit auf die eine oder andere Art und Weise verändert, oder? Kochst du jetzt mehr oder eher weniger? Hat sich die Wahl deiner Lebensmittel verändert oder ist das meiste immernoch beim Alten geblieben? Es gibt ja genug Beispiele, bei denen die Enthusiasten im Zuge des IF realisieren, dass „nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird,“ und das ein paar Kohlenhydrate am Abend „den Kohl nicht fett machen.“
Wie sieht dein typischer Ernährungsalltag aus, sofern es den überhaupt gibt? Und was waren die signifikantesten Veränderungen seit IF/CBL? Könntest du dir noch einmal vorstellen zu deinen alten Essgewohnheiten zurückzukehren?
Space Ghost: Ein „bewussterer“ Umgang mit dem Thema Ernährung hat mit meinem Studium begonnen. Ein Kommilitone war damals überzeugter Vegetarier und das hat mich dazu veranlasst, das Thema auch einmal auszuprobieren. Der Umstieg war relativ einfach und der Nebeneffekt war ein deutlicher Gewichtsverlust, was sich im Nachhinein einfach durch den sich quasi automatisch einstellenden Konsum von Nahrungsmitteln mit geringerer Energiedichte erklären lässt. Da ich damals aber auch eine Lebensphase ohne jeglichen Sportanteil hatte, sah das Ergebnis vorher wie nachher schwammig aus. Damals hatte ich aber auch noch nicht die deutlich erhöhte Bewusstheit über körperliches Wohlbefinden, äußeres Erscheinungsbild etc., die sich dann später mit dem Wieder-Einstieg in den Kampfsport und das Umsteigen auf den Kraftsport einherging.
Ich habe dann während der Veggie-Phase aber angefangen, meine Mahlzeiten deutlich öfter selbst zuzubereiten aufgrund des veränderten Anspruchs gegenüber der Zusammensetzung. Und obwohl ich dann ca. ein/zwei Jahre später wieder zum „Allesfresser“ mutierte, habe ich mein gesamtes Studium hindurch mindestens einmal, eher zweimal, pro Tag gekocht. Das hat einen späteren Einstieg in IF auch deutlich erleichtert. Ich halte das auch für einen wichtigen Erfolgsfaktor, wenn man sich mit solchen etwas ungewöhnlichen Ernährungskonzepten auseinandersetzt.
Space Ghost: „Ein Kommilitone war damals überzeugter Vegetarier und das hat mich dazu veranlasst, das Thema auch einmal auszuprobieren. Der Umstieg war relativ einfach und der Nebeneffekt war ein deutlicher Gewichtsverlust, was sich im Nachhinein einfach durch den sich quasi automatisch einstellenden Konsum von Nahrungsmitteln mit geringerer Energiedichte erklären lässt. Da ich damals aber auch eine Lebensphase ohne jeglichen Sportanteil hatte, sah das Ergebnis vorher wie nachher schwammig aus.“
Natürlich lässt sich IF auch mit jeder Menge Dosenwurst und Fertigfutter betreiben, aber ich denke, dass es einem der eigene Körper wert sein sollte, hier ein genaueren Blick darauf zu werfen, was man sich so zuführt. Ein erhöhtes Maß an Kontrolle ist einer der drei Vorteile, der das selbständige Zubereiten von Mahlzeiten meiner Meinung nach mit sich bringt. Außerdem ist es ein Quell von Zufriedenheit, neue Rezepte auszuprobieren, mit unbekannten Nahrungsmitteln zu experimentieren und dabei auf leckere Sachen und Kombinationen zu stoßen. Und ein dritter Vorteil ist, keine Kompromisse machen zu müssen.
Oft hört man die Ausrede, dass Kochen so zeitaufwendig sei. Aber wenn man etwas Übung hat, ein paar grundlegende Gerätschaften besitzt und sich mit der Zusammensetzung von Nahrungsmitteln beschäftigt hat, geht das im Handumdrehen.
Da sind wir auch bei Deiner Frage, wie mein Ernährungsalltag aussieht:
Arbeitstäglich gibt es bei mir mittags stets eine Proteinquelle, etwas Fett und grünes Gemüse. Aktuell ist das meist ein Stück Wildlachs, etwas Rinderfleisch mit mittlerem Fettgehalt (Kamm, Hochrippe…) und dazu gedünsteten Brokkoli und/oder Rosenkohl. Fleisch bereite ich jeweils am Wochenende einfach mariniert in einer Auflaufform im Backofen. Die Marinade kann z.B. aus Sambal Oelek, Sojasoße, Gewürzen und etwas BBQ-Soße bestehen. Zusammen mit dem Schneiden beträgt der Zeitaufwand hierfür inklusive der Kochzeit anderthalb Stunden – also wirklich überschaubar. Das klappt auch prima mit Geflügel übrigens.
Das Mittagessen ist dann ca. 13 Uhr. An Trainingstagen gibt es dann einen kleinen Pre-Workout-Shake gegen 17:30 / 18:00 Uhr, ein Post-WO-Shake gegen 19:00 Uhr und dann eine große Carb-Mahlzeit. Meine Favoriten aktuell hier sind Milchreis oder eine große Pfanne mit Reis, CousCous o.ä. mit etwas Ei, Erbsen, Tomaten etc.
Als letztes gibt es dann ein Eis oder nochmal Protein und Fett – z.B. griechischen Joghurt oder Ricotta mit Beeren und einer Hand voll Mandeln. Super einfach ist auch Milchproteinisolat mit Wasser oder Milch angerührt, ein Löffel Mandelmus und oben darauf etwas Zimt.
An trainingsfreien Tagen bleibe ich wie beschrieben Low-Carb. Dann gibt es abends meist Omelettes oder etwas mit Hackfleisch oder Thunfisch, dazu eine Gemüsequelle oder einen Salat, einen Apfel und zuletzt eine Mahlzeit wie oben beschrieben (Protein, etwas Fett). Das gleiche gilt für die Wochenenden, wobei ich hier mittags mehr Zeit habe und daher eben auch aufwendiger koche. Aktuell mache ich häufig eine „Kiefer-Kombi“ mit Speck und Ei, dazu grünes Gemüse und vielleicht ein paar Pilze.
Die Frau an meiner Seite ist übrigens auch Vegetarierin und kocht noch viel besser und raffinierter als ich es tue. Durch sie bin ich bspw. an die Allzweck-Waffe der Aufläufe geraten. Das lässt sehr exquisit und aufwendig gestalten, aber auch für Kochmuffel dürfte es ja wohl kein Problem sein, Gemüse in feine Scheiben zu schneiden, in eine Auflaufform zu setzen und nach einer gewissen Zeit im Ofen als krönenden Abschluss Feta o.ä. darüber zu würfeln.
Einen „Rückfall“ auf frühere Ernährungsweisen kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Abgesehen vom Rhythmus des IF ist auch der erhöhte Grad an Bewusstheit über Ernährung inzwischen so zentral für mich geworden, dass ich es mir anders gar nicht mehr vorstellen kann. Und um das Thema vom Anfang des Interviews nochmals aufzugreifen: IF lässt einem so viel Spielraum, dass es eigentlich keinerlei Einschränkungen in der Auswahl von Lebensmitteln gibt. In jeder Mahlzeit gibt es Protein, die Kombination aus Fett und KH würde ich tendenziell meiden und alles andere ist eine Frage des Timings.
Damit endet auch der zweite Teil des illustren Interviews mit Space Ghost. Das Grande Finale, inklusive der grandiosen Transformationsdokumentation von Space Ghost, gibt es dann im dritten und abschließenden Teil dieser X-Perience-Reihe.
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