Von Kurtis Frank | Benötigte Lesezeit: 15 Minuten |
Egal über welchen Makronährstoff wir schreiben – ob Fett, ob Protein oder Kohlenhydrate. Diese Themen sind alle für potenzielle Diskussionen prädestiniert und werden ambivalent erörtet. Konsens? So etwas gibt es in der Ernährungswelt nur selten, denn jede Seite kann für ihre Meinung mehr oder weniger sinnige Argumente und Belege anführen, die ihr den Rücken stärken. Die Extrema gehen dahin, dass „Experten“ gewisse Nährstoffe als sicher und alle anderen als unsicher deklariert werden.
Es wäre schön, wenn die Ernährungswissenschaft derart einfach gestrickt wäre, dass man sich wirklich nur auf einen bestimmten Nährstoff einschießt, das Ganze mit einer adäquaten Portion Eiweiß kombiniert und alles schier läuft. Die traditionelle Mischkost wird zwar allseits gepredigt, doch wird sie im Kreise der Athleten und Bodyformer nur selten praktiziert. In der Diät bzw. Definitionsphase setzen viele Kraftsportler auf die Anabole Diät – also eine fettlastige, proteinbetonte Ernährung mit wenig bis gar keinen Kohlenhydraten. Im Aufbau war es lange Zeit üblich sich mit massig Eiweiß einzudecken und auf Kohlenhydrate zu setzen, um im Training genug Biss und Drive zu haben (und um ein anaboles Aufbausignal mit Freund Insulin zu setzen). Unerschrockene haben sogar die Zufuhr an Proteinen auf ein moderates Maß gesenkt und dafür das Feuer volle Elle mit Kohlenhydraten geschürt. (Und so sind die menschlichen Glutöfen entstanden, die selbst im kältesten Winter bei offenem Fenster pennen und ihre Thermogenese auf hohem Niveau arbeiten lassen).
Wie man es dreht und wendet: Phasen extremer Ernährung sind schon lange keine Seltenhe
it mehr, da radikale Methoden oftmals auch die extremsten Transformationen herbeiführen. Dennoch hat sich in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel angekündigt: „Carb-Timed“-Ernährungsstrategien wie das Carb Back-Loading, CarbNite Solution oder Intermittent Fasting machen aus der Kohlenhydrat-(Energie)-Zufuhr eine strategische Variable, welche laut einigen Versprechungen sogar in einer Diätphase starke anabole Signale aussendet, die für Magermassezuwächse sorgen sollen. Man könnte beinahe meinen, es sei schon sowas wie moderne Raketenwissenschaft. Für einen optimalen Magermasseaufbau, so dürfte klar sein, gibt es keinen Weg um Kohlenhydrate herum, jedoch sollte man dabei stets die eigene Insulinsensitivität im Auge behalten. Konkret heißt dass: der schlanke bzw. definierte Athlet profitiert ungemein von der Energie aus Kohlenhydraten. Der übergewichtige Sportler, der zuviel Fettmasse mit sich herumschleppt, profitiert vermutlich eher von einer kohlenhydratarmen Ernährung und tut gut daran, seinen Körperfettanteil zu senken, bevor er den Turbolader nutzt.
Artikelinhalte
Fruktose: Höhere Intensität & bessere Performance im Training
Fruktose – Prügelknabe & Workout-Treibstoff?
Obige Strategien haben oft noch eine weitere Sache gemeinsam und damit erliegen sie dem aktuellen Zeitgeist der Ernährungswissenschaft – gewagte Behauptung: Fruktose ist schlecht und sollte am besten gemieden werden. Die Thematik hatten wir bereits in mehreren Guides und F.A.Q.s aufgegriffen und dahinter steckt natürlich auch ein Kalkül. Der Fruchtzucker wird insulinunabhängig verstoffwechselt. Der menschliche Körper hat aber nur einen geringen Fruktosespeicher, um die Energie aus dieser Kohlenhydratart zu konservieren, nämlich das Leberglykogen. Führt man große Mengen an Fruktose zu und sind diese Speicher bereits gesättigt, dann treibt dies die De novo lipogenese, die Fettsynthese, an und führt zum unterwünschten Bauchspeck und ausgedellten Hüften. Fruktose landet postwendend auf der Hüfte.
Diabetiker greifen auf Fruktose zurück, um ihre angeschlagene Bauchspeicheldrüse zu schützen, doch wer glaubt dass sie dadurch dünner werden, der ist einem Irrtum aufgesessen. Hier wird lediglich Schadensbegrenzung betrieben und eine Remission des Diabetes wird so jedenfalls nicht erreicht. (Man kann auch von einer Mogelpackung sprechen, wenn man es darauf anlegt).
Zugegeben, ich war bis dato auch kein großer Fruktose-Befürworter und das einfach
wegen der vielen negativen Effekte (Fruktose verstärkt u.a. die Symptomatik für das Metabolische Syndrom (15)(16)(17) und beeinträchtigt die kognitive Leistung (18)), doch habe ich bisher auch nie über den strategischen Einsatz von Fruktose im Hinblick auf die Performance beim Training nachgedacht.
Zuerst einmal wissen wir, dass viele Sachverhalte die für Otto-Normalbürger schädliche Auswirkungen haben, nicht zwangsweise auf den Athleten (welcher einen höheren Energie-Flux, bessere Vitalparameter und eine höhere Insulinsensitivtät hat) übertragbar sind. Wir wissen darüber hinaus, dass ein Zuviel an Fruktose schädlich ist, aber was passiert wenn wir kleine wohl dosierte Mengen nehmen und dabei einer sportlichen Betätigung nachgehen?
Okay, für manch einen muten Intra-Workout-Shakes schon nach purer Häresie an. Niemand will einen Blutzuckercrash beim Training, doch ist diese Angst bei einer stetigen Zufuhr prinzipiell unbegründet (erfordert aber doch das persönliche Herantasten und ausloten der Grenzen). Genaueres zum Thema Intra-Workout-Shakes und der Wissenschaft dahinter, findet ihr auch in John Ivy’s „Nutrient Timing System.“ Ein meiner Meinung nach zeitloses Buch, welches sich mit der ausgeklügelten Workout-Supplementation beschäftigt.
Im heutigen Artikel werden u.a. folgende Dinge aufgegriffen und erläutert:
- Auf welche Art und Weise sich der Fruktose- vom Glukosestoffwechsel unterscheidet und was die schädlichen Folgeeffekte von einem zuviel an Fruktose in der Ernährung sind.
- Weshalb ausgerechnet Fruktose in einer wohl portionierten Menge beim Kraftsport dabei helfen könnte, einen Energieengpaß (Stichwort: Glukose-Oxidation) zu überwinden und dabei so für mehr Intensität und mehr Leistung zu sorgen
- Weshalb es Sinn macht zwischen Obst und fruktosehaltigen Lebensmitteln (Säfte, Smoothies, Nahrungsmittel mit Fruktosezusatz) zu unterscheiden und warum Antioxidantien und Ballaststoffe den Schlüssel zur langfristigen Gesundheit darstellen.
Bevor wir in den Artikel einsteigen, möchte ich ausdrücklich betonen, dass ihr euren KFA unter Kontrolle bringen / haben solltet, bevor ihr mit größeren Mengen an Kohlenhydraten im Intra-Workout experimentiert. Selbstverständlich ist die hier gepredigte Herangehensweise in einer Diät kritisch zu bewerten. Für den Muskelaufbau und zur Steigerung der Performance erscheint sie jedoch zweckdienlich.
Fruktose: Eine Substanz, die eigentlich schlecht sein soll?
Eigentlich war dieser Leitartikel als eine Art „HCFS-Klarstellung“ konzipiert, aber nach einer Weile des Schreibens wurde der Text derart absurd, so dass ich am Ende etwas verteidigte, dessen Kritiker lediglich ein paar Leute waren, welche einen naturalistischen Trugschluss predigten – einem Hass gegenüber Mais – aufbauend auf einer einzigen Studie, welche von behavoristischen Psychologen an der Princeton Universität durchgeführt und niemals repliziert wurde. (Zu allem Überfluss handelt es sich hierbei um eine schlecht durchgeführte Studie, welche widersprüchliche Aussagen in sich selbst offen legt. Eine Diskrepanz, die noch offensichtlicher wird, wenn man sie mit der sonstigen Literatur in dem Sachgebiet vergleicht)
Der Teufel liegt im Detail: Obst ist nicht gleich Obst. Fruktose ist nicht gleich Fruktose. Mutter Natur weiß schon, weshalb sie die süßen Naschereien mit Ballaststoffen & Antioxidantien ausgestattet hat. (Bildquelle: Wikipedia)
Und während der Recherche zu Fruktose wurde mein Interesse erst so richtig geweckt. Fruktose ist – simpel gesprochen – engelsgleich für den Darm und ein Teufel für die Leber. Die Dosis und Menge scheint in dem ganzen Wechselspiel eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen. Gleichzeitig sieht es so aus, als ob die manuelle Manipulation der Fruktoseaufnahme eine sehr starke und kraftvolle Variable darstellt.
Fruktose kann in der Lage sein die physische Leistungsfähigkeit und die damit verbundenen Endergebnisse auf drastische Art und Weise zu verbessern und es könnte genauso gut den Todesstoß für eure Leber führen. Ambivalenz, anyone? Abseits all dieser Tatsachen ist Fruktose aber weitflächig und unkompliziert für die gesamte Gesellschaft verfügbar. Das Problem? Die Leute essen fruktosehaltige Lebensmittel nahezu täglich und das auch noch in den falschen Situationen und Szenarios.
Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Nahrungsmittelbestandteil nicht per se gut oder schlecht ist. Ausschlaggebend ist eher die Art, auf die wir die Substanz aufnehmen, und die Menge. Dennoch lässt die Gesellschaft Fruktose in letzter Zeit wie das Böse in Reinform aussehen – jedenfalls wenn es um das Ernährungsverhalten vieler Menschen geht, die Fruktose regelmäßig konsumieren. Von all den unzähligen Gründen von denen die Leute denken dass sie allmählich zur Verfettung der Gesellschaft beitragen, stellt Fruktose eine der wenigen Substanzen dar, die einen tatsächlichen Beitrag dazu zu leisten scheint. (bis zu einem gewissen Grad natürlich)
Was ist der Sinn und Zweck des heutigen Artikels? Ganz einfach: Er skizziert und umreißt in groben Zügen den Wirkungsmechanismus von Fruktose im menschlichen Körper, betrachtet die Situation aus unterschiedlichen Perspektiven im Hinblick auf die Gesundheit (im Wesentlichen die Schlechten) und den sportlichen Aspekt beim Trainings (im Wesentlichen die Guten). Schlussendlich wird alles unter einer einzigen Gleichung subsummiert und ein vorläufiges Fazit gezogen. Vorab die Warnung: Es wird wieder ein wenig wissenschaftlich, aber das sollte der geneigte Aesir Sports Leser ja mittlerweile gewöhnt sein.
Fruktose für die Gesundheit
Der Großteil der Implikationen, die von Fruktose auf die Gesundheit geführt werden, bezieht sich üblicherweise auf eine initiale Variation der Glukose. Hierzu sollte man wissen, dass beide – Fruktose und Glukose – von unterschiedlichen Enzymen phosphoryliert werden. (Der Phosphorylierungsprozess beschreibt den Vorgang des Anhängens einer Phosphatgruppe an ein organisches Molekül). Diese Enzyme unterscheiden sich in ihrer Potenz, ihrer Geschwindigkeit und ihrer Regulation.
Beide Komponenten, Glukose wie Fruktose, werden daher in der Leber phosphoryliert und entweder in Glukose-1-Phosphat oder Fruktose-1-Phosphat transformiert. Die Konversion von Glukose zu G1P wird im Wesentlichen durch das Enzym Hexokinase reguliert – ein unspektakulärer Vorgang. Die Konversion von Fruktose zu F1P erfolgt durch ein Enzym namens Fructokinase. (bzw. Ketohexokinase)
Der Twist: Dieser Prozess ist relativ unkontrolliert und kann sehr zügig von statten gehen.
Wenn Fruktose zu F1P konvertiert wird, dann wird ein Phosphat-Molekül benötigt. Doch woher kommt dieses Molekül? Ganz einfach: aus dem ATP (Adenosintriphosphat) der Leber. Und es sieht ganz danach aus dass nach einer ordentlichen Portion Fruktose die Leber ATP-Speicher massiv geplündert werden – dies ist wiederum mit einem Anstieg der F1P-Level korrelier. Dieses Milieu sorgt für ideale Bedingungen zur Fettsynthese (bedingt durch exzessive F1P-Mengen), sowie andere metabolische Abnormitäten (1). Zurückzuführen ist dies auf die hohe Phosphatabgabe des ATPs, welches in Form einer Rate erfolgt, die wesentlich höher ist als die Fähigkeit zur Regeneration der ATP-Speicher – dank der unregulierten F1P-Transformationsrate. Die daraus resultierenden hohen Level von AMP/ADP wirken in der Leber als Signalbestandteile, welche mit signifikanten Folgeeffekten verbunden sind. Konkret sprechen wir hier von:
- Entzündung und Oxidation (19)(20)
- Vorübergehende Stilllegung der Proteinsynthese (2)
- Die Produktion von Laktat und Harnsäure (3)
(Zur Verdeutlichung: wenn das ATP-Molekül erst einmal „benutzt“ wurde, wird es zu einem AMP-Molekül transformiert; in diesem Zustand wartet es nun wieder darauf, dass es durch deine Doppel-Phosphorylierung (das Anhängen zweier Phosphatgruppen) zurück zu ATP konvertiert wird. Es heißt Adenosintriphosphat, (ATP) weil es 3 Phosphat-Moleküle enthält. Es heißt Adenosindiphosphat, (ADP) weil es 2 Phosphat-Moleküle enthält und es heißt Adenosinmonophosphat, (AMP) weil es nur ein Phosphat-Molekül enthält. Technisch gesprochen ist also ein ADP-Molekül ein AMP-Molekül mit einer weiteren Phosphatgruppe; ein ATP-Molekül ein AMP-Molekül mit zwei weiteren Phosphatgruppen).
Die erhöhten F1P-Spiegel können, sofern sie nicht schnell genug metabolisiert werden, zu Acetyl-CoA (siehe hierzu: Ketose Guide: 2.1) und Glycerol-3-Phosphat – und von da zu Triglyceriden (Fetten) – konvertiert werden. Fruktose kann aber ebenso auf die genetische Transkription wirken, der genau zu diesem Prozess führt (4). Die Fette werden anschließend entweder in der Leber gespeichert (was zu einer nicht-durch-Alkohol-induzierten-Fettleber führt, wenn die Menge über einen Zeitraum X hoch genug ist) oder sie werden zu anderen Orten im Körper transportiert, etwa dem Depotfett, bei der für den Transport die sogenannten vLDL-Partikel (very low density lipoprotein) synthetisiert werden müssen. Der langfristige Konsum führt indes zu einer enzymatischen Adaption, welche den Transformationsprozess noch weiter beschleunigt und optimiert (5).
Überbordernder Fruktosekonsum scheint ein paar unliebsame Bekannte auf die Gästeliste zu setzen. Neben hohem Blutdruck, abnormalen Lipidwerten und Insulinresistenz gesellt sich nicht allzu selten auch Übergewicht hinzu. Wer viel Fruktose über die Ernährung aufnimmt, tut sich keinen wirklichen Gefallen, daher ist wohl-bedachter Einsatz gefragt. Klickt auf das Bild für eine größere Ansicht. (Bildquelle: Nature).
Harnsäure wird auf indirektem Wege über die sinkenden ATP-Spiegel erzeugt (oder besser: durch die ansteigende AMP-Menge). Ein Teil des AMPs wird zu einem Metabolit degradiert, welches als Inosinmonophosphat (IMP) bekannt ist. Dieses wird im weiteren Verlauf in Harnsäure umgewandelt und in den Systemkreislauf eingeschleust.
Es ist auch der Harnsäureproduktion geschuldet, dass Fruktose in dem Verdacht steht den Blutdruck zu erhöhen. Dieser Effekt findet gesundheits-unabhängig in jedermann statt. Untersuchungen haben gezeigt dass schon eine Dosis ab 60 Gramm ausreicht, um den Blutdruck in jungen – ansonsten gesunden – Individuen anzuheben. Bei 200 Gramm pro Tag für 2 Wochen erhöhen sich sogar sämtliche Parameter, welche für das Metabolische Syndrom ausschlaggebend sind (6) – dieser Mechanismus scheint sogar trotz Kaloriendefizit zu wirken (7). (Im Satz findet ihr deswegen ein „scheint,“ weil es ganz danach aussieht, als dass ein hoher Harnsäure-Wert mit einem steigenden Blutdruck korreliert ist. Es fehlt aber noch der kausale Zusammenhang zu dieser Brücke. Ansteigende Harnsäure (über Fruktosekonsum) wird jedoch durch einen ansteigenden Blutdruck begleitet. Dies impliziert, dass es noch eine andere verwandte Variable in der Gleichung gibt, die dieses Phänomen hervorruft – die wir aber noch nicht identifiziert haben).
Obst scheint jedoch eine anderen Gleichung zu folgen (8), da es keinen Anstieg der Harnsäure zur Folge zu haben scheint (und damit auch nicht im Bezug zu den anderen latenten Variablen hat; dies könnte damit zusammenhängen, dass Vitamin C negativ mit den Harnsäurespiegeln korreliert ist und so eine Art „Schutz“ bzw. Puffer bietet) (9). Eine andere Erklärung könnte sich auch in den darin befindlichen Ballaststoffen und der Zellulose finden lassen, welche die Aufnahme vom Darm in die Leber verlangsamen. Dies würde den rapide abfallenden ATP—Spiegel der Leber in seiner Signifikanz reduzieren.
Aufsummiert lässt sich sagen, dass Fruktose eine Art von Vandale in der Leber ist, der eine Menge Unheil anrichtet: angefangen bei reduzierten ATP-Spiegeln, einer eigenen Überproduktion, welche dank seiner Signal- und Substratwirkung ein begünstigendes Milieu für die Fettsynthese liefert, bis hin zur überbordenden Cholesterinproduktion und einem Anstieg des Blutdrucks (durch ansteigende AMP-Mengen).
All die hier genannten Effekte scheinen mengenabhängig zu sein und sich – gerechnet auf Zeit – zu multiplizieren (Stichwort: enzymatische Adaption).
Scheiße, das sieht bisher nicht so gut aus für Freund Fruktose.
Fruktose bei Sport & Training
Zugegeben, all die oben aufgezählten Dinge klingen für den ernährungsbewussten Athleten nicht gerade fancy, aber das ist noch nicht das Ende der Welt. Trotz dieser negativen Implikationen hat Fruktose einige Vorteile im Ärmel (wie eigentlich jede Substanz, die man sinnvoll dosiert einsetzt). Außerdem profitieren Sportler – wie so oft – von ihrem hohen Energieumsatz, wodurch die Effekte teilweise gemildert oder negiert werden können. (Bewegung ist eben doch die beste Medizin!)
Vorteile, die sich aus Fruktose während einer zünftigen Trainingseinheit ergeben können (die Infos herfür könnt ihr auch selbst aus diesem Artikel herausziehen) sind wie folgt:
- Es erhöht die Gesamt-Kohlenhydratverbrennung im Körper. Der Mechanismus erfolgt wahrscheinlich dadurch, weil zwei Zuckertransporter im Darm aktiviert werden (GLUT5 und GLUT2 für Fruktose, ggü. GLUT4 für Glukose), anstatt das man sich nur auf einen Transporter verlässt. Wie eine Kutsche: mit 2 Pferden geht’s eben doch besser, als nur mit einem Gaul!
- Abseits der schnelleren Versorgung, erhöht Fruktose durch die Schaffung einer vorteilhaften Umgebung zur Aufnahme die Resorbtion von Glukose ausgehend vom Darm zur Leber.
- Fruktose wirkt schonend auf den Blutzucker, da es selbst in der Leber verwendet wird; dies würde die Menge an Energiesubstraten erhöhen, die für Muskelarbeit zur Verfügung stehen.
Hauen wa den Flaschenhals kaputt? Ein wenig Glukose, ein wenig Fruktose … et voilá. (Photo credit: Wikipedia)
Und was die Kohlenhydratoxidation betrifft, so kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der anstiegt der verbrannten Kohlenhydrate während einer Einheit die Leistung und Performance erhöht (durch eine erhöhte Glykolyse-Rate). Die Kombination von Fruktose und Glukose in einer einzigen Lösung resultiert genau darin: in einer signifikant absolut erhöhten Oxidations-Rate, wenn mit einer „handelsüblichen“ isokalorischen Glukoselösung verglichen (10). Diese Ergebnisse decken sich auch mit anderen Studien (11) – und das auch bei unterschiedlichen Fruktose-Glukose-Verhältnissen (Ratio) (12).
Die Mechanismen und Gründe werden in den besagten und oben verlinkten Papern diskutiert, aber simpel formuliert stellt die Rate der Glukose-Oxidation den Flaschenhals im Energiebereitstellungsprozess dar – ein natürliches „Limit,“ welches bei ungefähr 1 Gramm Glukose pro Stunde (also 1g/min = 60 Gramm pro 60 Minuten) zu liegen scheint. Warum diese magische Grenze? Dies könnte u.a. mit der Maximierung des Zuckertransports im Darm zusammenhängen (SGLT-1) (13), sofern man davon ausgeht, dass es zu keiner Adaption über einen gewissen Zeitraum kommt (und sich die Rate nflge dessen steigert). Dies ist zwar keine realistische Annahme und vermutlich kann und wird es zu einer Anpassung kommen, aber sowas muss man erst einmal empirisch nachweisen können.
Darauf aufbauend macht es also Sinn Fruktose in den eigenen Shake aufzunehmen, um den Totalverbrauch an Kohlenhydraten zu steigern. Fruktose ist nicht auf die SGLT-1-Transporter (wie Glukose) angewiesen und nutzt stattdessen „seine eigenen“ GLUT5-Transporter. Zwei maximierte Signalpfade sind besser als ein maximierter Signalpfad.
Die optimale Fruktosemenge für das Workout
Da es leider relativ wenig Literatur bezüglich des Trainings mit Fruktose + Glukose Supplementation gibt, basieren diese Empfehlungen auf all den hier zitierten Studien, denen einige eigene Gedanken hinzugefügt wurden.
Zuerst einmal wird die Annahme aufgestellt, dass der Anwender einer [CHEAT-MODE]-orientierten Ernährung bzw. einem Timing Marke „ANACONDA Protokoll“ folgt, welches mit einem Kohlenhydrat-Tropf während des Krafttrainings gekoppelt wird.
Berücksichtigen wir nun die SGLT-1-Sättigungsmenge von 1g/min bei Glukose, so gibt es auch keinen Grund dafür mehr als die veranschlagten Mengen (z.B. 60g bei einer 60 Minuten Trainingseinheit) zu verwenden. Immerhin kann Glukose seine metabolischen Effekte nur dann ausüben, wenn sie sich im Blut befindet. Der Konsum von Extra-Zucker bringt darüber hinaus keinerlei Vorteile. Deswegen sollte sich jeder von euch zunächst die Mühe machen und überlegen, wie lange die üblichen Trainingseinheiten dauern (konkret: Wie viele Minuten?) und dann nach Gusto bis zur Maximalmenge auffüllen. Faustformel: Wenn ihr euch im Aufbau befindet und euer Ziel in der Maximierung eurer Muskelmasse liegt oder ihr möglichst viel Leistung bringen wollt, dann wäre das obere Limit adäquat. Nehmt weniger, wenn ihr euch unsicher seid und etwas für euer Post-Workout-Gelage aufsparen wollt.
Die Aufnahme von Fruktose scheint ebenfalls einem Limit zu unterliegen, welches nach heutigem Kenntnisstand bei 0,38g/min liegt (14). Der Einfachheit halber reicht es aus, wenn ihr einfach eure Trainingszeit durch 3 teilt (also 1/3 nehmt). Beispiel: Training für 60 Minuten = 20 Gramm Fruktose.
Wenn ihr beides nun in einem Shake mischt, dann bringt euch eine solche einfache Basislösung für rund eine Stunde Training bis an die Leistungsgrenzen – und das in ähnlichem Ausmaß, wie es vielleicht ein 40g Glukose-only Produkt tun würde, welches mit 40g Saccharose (einem 50/50 Mix aus Glukose & Fruktose) kombiniert wurde. (Dies summiert sich am Ende auf 60g Glukose & 20g Fruktose – Adam Riese lässt grüßen!).
Oder anders formuliert: Ihr könnt normalen Tafelzucker dafür verwenden. (Löst ihn in der Flüssigkeit auf)
Was man vielleicht noch ins Kalkül aufnehmen sollte: Fruktose hegt eine gewisse Eigenart in hohen Dosen den Magen-Darmtrakt zum Rumoren zu bringen, jedoch sollte dies bei lediglich 20g/Stunde nicht passieren. Eine der oben zitierten Studien konnte jedenfalls bei einer Befragung der Probanden keine Unterschiede in den Symptomen im MGT feststellen – und das bei 72 Gramm über einen Zeitraum von 2 Stunden. (also weit über den hier verwendeten Mengen).
Tl;dr: Nehmt 40g Glukose und 40g Saccharose (Tafelzucker). Mehr wird für eine Stunde „Arbeit“ nicht benötigt egal was euch jemand sagen möchte.
Die Brücke schlagen: Welches Vorgehen ist optimal für Gesundheit & Performance?
Stehen Gesundheit und Leistung im Vordergrund, so sollte man – theoretisch gesprochen – nach einer Methode suchen bei der man in den Genuss der Fruktose-Vorteile bei maximaler Kohlenhydratoxidation während des Trainings kommt, gleichzeitig aber die gesamte zugeführte Menge so gering wie möglich hält, um die negativen Effekte zu vermeiden. Alternativ könnte man auch versuchen beim Konsum der Fruktose ein Milieu zu schaffen, das eher dem Obstgenuss als einem Süßigkeitenrausch gleicht.
Glukose & Fruktose – Das V-Plus im Training? Zeit für eigene Experimente! (Photo credit: Sean MacEntee)
Für das Training: 20 Gramm scheinen die maximale Menge darzustellen, die ein normaler Mensch in einem Zeitraum von einer Stunde sinnvoll metabolisieren kann (unter der Annahme, dass es zu keinem Adaptionsprozess bei den Transporter(mengen) im Darm gekommen ist – etwas, dass in unserer fruktose-geschwängerten Gesellschaft vielleicht gar nicht so unwahrscheinlich ist). Die veranschlagte Menge stellt einen idealen Startpunkt da, denn viele Studien zeigen eine statistische Signifikanz bei der Veränderung des Blutdrucks und dem Anstieg der De novo lipogenese, wenn die Dosierung irgendwo bei 50 Gramm (oder drüber) zu liegen scheint.
Was den Konsum von Fruktose außerhalb des Trainings betrifft, so möchte ich die Empfehlung aussprechen, tunlichst zwischen Obstquellen und Nicht-Obstquellen zu unterscheiden, so als wären es zwei gänzlich unterschiedliche Entitäten. Das klassische Obst besitzt eine geringe Fruktoseladung und ist zusätzlich noch durch eine entsprechende Umgebung „gesichert,“ welche dazu führt dass der Zucker eher langsam über den Darm aufgenommen wird (maßgeblich dafür verantwortlich: Ballaststoffe bzw. Zellulose). Obst besitzt ebenfalls Antioxidantien, die eine schützende Wirkung gegen einen abfallenden ATP-Spiegel bzw. eine F1P-Überproduktion ausüben.
Wenn wir es mit Lebensmitteln zu tun haben die Fruktose enthalten, aber nicht aus Obst resultieren (mit „nicht aus Obst resultieren“ meine ich alles was nicht mehr die Frucht selbst ist, dazu zählen Säfte genauso wie Smoothies oder anderer Kokolores – das ist technisch gesprochen KEIN Obst im hier verwendeten Sinne; entweder ihr habt die Frucht oder ihr habt sie nicht). Vermeidet diese Lebensmittel am besten komplett oder haltet zumindest die zugeführten Mengen so gering wie möglich. Wenn ihr eine ähnliches Milieu schaffen wollt, wie es bei Obst auf natürliche Art vorkommt, dann müsst ihr mit Antioxidantien und Ballaststoffpräparaten supplementieren, die ihr zusammen mit dem fruktosehaltigen Lebensmittel konsumiert. (Oder ihr esst einfach massivst viel Gemüse dazu)
Wenn wir das Ganze erörterte auf den [CHEAT-MODE] übertragen (oder Carb Back-Loading/Intermittent Fasting), würde das bedeuten dass ihr den schädlichen Effekt eures Desserts post-workout durch ein Ballaststoffsupplement wie Psyllium Husk (Flohsamenschalen) oder Metamucil in einem Proteinshake entschärfen könntet – der Proteinshake würde die Aufnahme durch den Darm ebenfalls verlangsamen). Auch hier gibt es die Option sich aufs übelste mit Gemüse vollzustopfen.
Ballaststoffe (insbesondere die wasserlöslichen) besitzen eine Tonne an Vorteilen, über die wir uns bereits an anderer Stelle detailliert ausgelassen haben, daher könnte es in mehr als nur einem Weg sinnvoll sein, da ein wenig aufzustocken.
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Zusammenfassung
- Fruktose ist seit einigen Jahren (teilweise zu Recht) zum Prügelknaben der Gesellschaft avanciert. Allmählich dämmert es auch den Medien, dass zuviel entartetes Obst nicht gut für die Linie ist. Als Kraftathleten haben wir aber einen etwas anderen Blick auf den ganzen Sachverhalt, denn es gibt berechtigte Hinweise darauf, dass ein strategisch-sinnvoll gewählter Blend aus Glukose und Fruktose einen Energie-Engpaß während des Trainings aushebeln kann, der für Muskelaufbaupotenzial und Performancesteigerungen herbeiführen kann. Orientiert euch beim Experimentieren an den oben verwendeten Formeln: 1g/min für Glukose und 0,38g/min für Fruktose für maximalen Warp-Antrieb.
- Obst ist nicht gleich Obst und es macht ferner Sinn zwischen echtem Obst und sonstigen fruktosehaltigen Produkten zu unterscheiden. Der Grund liegt im Aufbau der Frucht begründet, welche eine ganze Reihe von natürlichen Schutzbarrieren in Form von Antioxidantien und Ballaststoffen enthält. Säfte, Smoothies oder sonstige Wild-West-Produkte mit Fruktose (Junk!) enthalten vielfach nur einen Bruchteil dieser Komponenten. (Die Zellstruktur wird beispielsweise bei Säften gänzlich zerstört; Ballaststoffe sind so gut wie gar nicht vorhanden). Die persönliche Präferenzliste sollte sich daher so lesen: 1. Obst; 2. fruktosehaltige Produkte + Antioxidantien/Ballastsoffe oder Gemüse; 3. Dat woars. Alles andere auf eigene Gefahr :)
- Idealerweise kommt Fruktose nur während des Trainings zum Einsatz, um alle möglichen Energieventile unter Volllast aufdrehen zu können und um Engpässe zu überbrücken. Schöpft das obere Limit (siehe Formeln oben) nicht aus, wenn ihr euch ein paar Kohlenhydrate für die PWO-Mahlzeit aufsparen wollt, aber dennoch vor Experimenten nicht zurückschreckt. Bisschen Fruktose (bis zu 20g max.) kann besser sein, als gar keine. Kleiner Bonus: Fruktose wird insulinunabhängig verstoffwechselt.
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Bildquelle Titelbild: Wikimedia.org / Picture by Bill Ebbesen ; CC Lizenz
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