Embodied Cognition: A Radical Shift – Realisiere dein Potenzial – Teil 2

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Embodied Cognition: A Radical Shift – Realisiere dein Potenzial – Teil 2

Von Crean Quaner

Wie wird man ein guter Regulator auf Level des Körpers? Durch die funktionelle Anwendung von Embodied Cognition (EC). (Im Folgenden wird EC von mir hier einführend nur auf Ebene des Körpers behandelt. Das bedeutet, dass Gehirn-Körper-Umwelt-Interaktionen der Einfachheit halber vorerst ausgeklammert werden.)

Was ist die Zukunft von systematischem Training? Training, das funktionell auf die Modulation kognitiver Prozesse (Denken, Wahrnehmen, Handeln, etc.) gerichtet ist und auf neusten kognitionswissenschaftlichen Ergebnissen zu EC basiert. Das ist der radical shift [8], der von EC auf die Trainingsgestaltung ausgeht. Denke „Kognitive Hypertrophie“.

Embodied Cognition: A Radical Shift – Realisiere dein Potenzial – Teil 2

Embodied Cognition, Perception-Action, Enactivism

(Bildquelle: Flickr / Thor ; CC Lizenz) Theorie der Perception Action: Ein Parkour-Sportler nimmt seine Umgebung anders wahr als ein Nicht-Parkour-Sportler – ganz so, wie ein geübter Kraftsportler eine schwer beladene Hantelstange anders wahrnimmt, als ein Nicht-Kraftsportler. Beide Athleten sehen einen höheren Interaktionsspielraum in ihrem Gebiet .(Bildquelle: Flickr / Thor ; CC Lizenz)[/caption]

Was ist EC? EC geht davon aus, dass die Form des Embodiments (= Beschaffenheit des Körpers) bestimmt, welche Handlungsmuster realisiert werden können und dass diese Handlungsmuster wiederum die kognitiven Prozesse formen. Embodiment bestimmt daher nicht nur die Formen möglicher Interaktionen mit der Umwelt, sondern auch teilweise, wie diese wahrgenommen wird. Damit wird der Körper zum aktiven Medium von konstruktiven Prozessen. Wie das Gehirn Wirklichkeit konstruiert, hängt also von der Beschaffenheit des Körpers ab: Realitätskonstruktion ist embodied.

Ein Beispiel: Parkour-Experten nehmen Wände kleiner wahr als Nicht-Parkour-Experten, wenn diese Wände Klettermöglichkeiten anbieten [5]. “When walls are no longer barriers“, so der Titel der Studie. Dem korrespondiert die eng mit EC verbundene psychologische Theorie der Perception-Action, die davon ausgeht, dass die primären Objekten der Wahrnehmung Affordanzen (Handlungsmöglichkeiten) sind, die latent (unterschwellig) in der Umwelt vorliegen und in Relation zu dem Handelnden stehen.

Entsprechend beeinflusst die Fähigkeit zu handeln die Wahrnehmung, sodass Menschen ihre Umwelt entsprechend ihrer Handlungsfähigkeit wahrnehmen. Analog dazu geht die kognitionswissenschaftliche Theorie des Enaktivismus davon aus, dass Objekte für Menschen primär durch die Menge möglicher Handlungen, die mit ihnen durchgeführt werden können, definiert sind [3].

Vom Körper und Handeln zum Denken

(Bildquelle: Pixabay / 1006777 ; CC Lizenz) Wir sind alle Sklaven unseres Körpers. Unsere Denkweise wird von der fleischlichen Hülle – und wozu sie im Stande ist – eingeschränkt und limitiert. (Bildquelle: Pixabay / 1006777 ; CC Lizenz)[/caption]

Handlungsfähigkeit strukturiert fundamental den Raum des Kognitiven [3]. Aus dem “Primat des Handelns” in den Neurowissenschaften folgt, dass wenn man eine Sache wählen müsste, die man erhöhen sollte, dann ist das Handlungsfähigkeit. Erweiterung der Handlungsfähigkeit ist zudem kontextinvariant adaptiv und ist fundamental wenn man die “Vorhersage-Maschine” [1], die das Gehirn vermutlich ist, hacken möchte (aber das würde hier zu weit führen und ist ganz nebenbei DIE Grenze des Möglichen im Rahmen fundamentaler Realisierung menschlichen Transformationspotenzials).

Das sogenannte Versklavungsprinzip aus der interdisziplinären Wissenschaft der Synergetik besagt, dass langsam evolvierende Prozesse in komplexen Systemen schneller evolvierende Prozesse “versklaven” und nicht umgekehrt [4]. Der Körper übt dementsprechend eine sogenannte blue-collar control auf das Gehirn aus, indem er mit seinen Synergien die schnell evolvierenden Prozesse des Gehirns einschränkt und damit auch die Freiheitsgrade dessen, was auf Ebene des Gehirns passieren kann, limitiert [7]. Der Körper versklavt also das Gehirn (was auch seinen Sinn und Zweck hat, aber etwas mehr Freiheitsgrade können nicht schaden). Die viel beschworene “Freiheit des Denkens” ist also embodied in der Freiheit (im Sinne von Freiheitsgraden) des Körpers.

Embodied Potenzialrealisierung

(Bildquelle: Wikimedia.org / Wellcomeimages.org ; CC Lizenz) Die Freiheit heutzutage (fast) alles zu tun und zu werden, wird auf viele Menschen paralysierend.  Die Möglichkeitsräume sind hoch-dimensional. Embodied Cognition kann dabei helfen, die eigene Handlungsfähigkeit zu steigern. (Bildquelle: Wikimedia.org / Wellcomeimages.org ; CC Lizenz)[/caption]

Was ist heute eines der Grundprobleme der Realisierung menschlichen Potenzials? Zu viele und zu komplexe Möglichkeiten. Heißt: Möglichkeitsräume sind heute hoch-dimensional. Und so besitzt man zwar ein System (Kognition), das primär zum Handeln entstanden und da ist, aber oft handlungsunfähig ist. Warum? Die Handlungsfähigkeit ist hoch-dimensionalen Möglichkeitsräumen nicht mehr gewachsen. Und damit sind wir wieder beim “good regulator theorem[2].

Objekte sind heute oft nicht mehr 3-dimensional, sondern sie sind hoch-dimensionale “Hyper-Objekte” (Morten, 2013). Beispiel? Big Data. Dazu der berühmte Neurowissenschaftler Robert Sapolsky auf die Frage “What will change everything?”:

“[W]e’re not going to get much out of these vast data sets until we have people who can intuit in six-dimensions. And then, watch out.”

Wie wird man intuitiv in hoch-dimensionalen Möglichkeitsräumen (auf Level des Körpers)? Handlungsfähigkeit steigern via funktioneller Implementierung von EC. Im nächsten Artikel leiten wir die Konsequenzen für die Gestaltung von systematischem Training daraus ab. Wie trainiert man, wenn man in hoch-dimensionalen Möglichkeitsräumen maximal handlungsfähig sein möchte?

Watch out!

Zusammenfassung

Um ein guter Regulator auf Ebene des Körpers zu werden, muss explizites Wissen über Embodied Cognition funktionell angewendet werden.

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Bildquelle Titelbild: Neuronize / Crean Quaner

Über den Autor – Crean Quaner

Crean QuanerCrean Quaner ist Psychologe und umfassend Trainingsbegeisterter (funktionelles Krafttraining, Calisthenics, Kampfsport).

Mit seinem Projekt wendet er neuste kognitions- und neurowissenschaftliche Erkenntnisse an, um menschliche Entwicklung zu ermöglichen, die dem menschlichen Entwicklungspotenzial wirklich gerecht wird.

So hat er beispielsweise die Erkenntnisse zu Embodied Cognition in ein vereinheitlichtes Framework von embodied nutritional and exercise psychology übersetzt. Dieses Framework gibt kognitionswissenschaftlich fundierte Antworten auf die Frage, wie man sich ernährt und trainiert, wenn man seine Kogniton (Denken, Wahrnehmen und Handeln) – und nicht nur seinen Körper – maximal trainieren möchte.

[toggles title=”Quellenangaben (draufklicken)”]

[1] Clark, A. (2013): Are we predictive engines? Perils, prospects, and the puzzle of the porous perceiver. In: Behavioral and Brain Sciences. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23814868.

[2] Conant, RC. / Ashby, RW. (1970): Every good regulator of a system must be a model of that system. In: International Journal of Systems Science. URL: http://pcp.vub.ac.be/Books/Conant_Ashby.pdf.

[3] Engel, AK. (2010): Directive minds: How dynamics shapes cognition. In: J. Steward, O. Gapenne, & E. A. Di Paolo (Eds.), Enaction: Toward a New Paradigm for Cognitive Science. Cambridge, MA: MIT Press. URL: http://goo.gl/UbO960.

[4] Haken, H. (1983): Synergetics, an Introduction: Nonequilibrium Phase Transitions and Self-Organization in Physics, Chemistry, and Biology (3rd ed.). New York: Springer. URL: http://goo.gl/0XUY01.

[5] Taylor, JET. / Witt, JK. / Sugovic, M. (2011): When walls are no longer barriers: Perception of obstacle height in parkour. In: Perception. URL: http://docs.lib.purdue.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1056&context=psychpubs.

[6] Morton, T. (2013): Hyperobjects: Philosophy and Ecology after the End of the World. Minneapolis: University Of Minnesota Press. URL: http://goo.gl/cHS3u1.

[7] Van Orden, GC. / Hollis, G. / Wallot, S. (2012): The blue-collar brain. In: Frontiers in Physiology. URL: http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fphys.2012.00207/abstract.

[8] Wilson, AD. / Golonka, S. (2013): Embodied cognition is not what you think it is. In: Frontiers in Psychology. URL: http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fpsyg.2013.00058/abstract.

[9] Witt, JK. (2011): Action’s effect on perception. In: Current Directions in Psychological Science. URL: http://cdp.sagepub.com/content/20/3/201.abstract. [/toggles]

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2 Kommentare

  1. Richtig interessanter Artikel. Auch wenn ich Ihn jetzt rein praktisch noch nicht so einordnen kann, so liefert er doch für das allgemeine Verständnis dieser Prozesse wertvolle Infos.

  2. Eine sehr spannende Reihe. Der Erste Artikel hat mich direkt ‘erschlagen’. Das ist hier eine überaus fundamentale Sichtweise dargelegt und steigert meiner Einschätzung nach das eigene Denken im Alltag. Erwarte sehnlichst mehr!

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