Von Simon Wetzel | Benötigte Lesezeit: 13 Minuten |
*Dieser Artikel richtet sich vor allem an die eher fortgeschrittenen Sportler unter Euch (also vermutlich an die meisten der AesirSports Leser), da es wirklich eher um Feintuning von Training geht. Vieles, was hier besprochen wird, ist zumindest für Beginner noch weniger relevant.
Das Thema der „Periodisierung“ wird in der Welt des Kraftsports manchmal wild debattiert. Wellenförmig sei besser als linear, Block Periodisierung effektiver als eine konkurrente Planung und wenn man es ganz genau nimmt, ist ein nicht-periodisiertes Training eigentlich gleich gut wie ein periodisiertes Training. Dabei lässt sich nicht pauschal sagen, dass ein Periodisierungsmodell „besser“ sei als alle andere – denn es ist eher eine Sache dessen, was für wen in welcher Situation geeignet ist.
Neben diesen bestehenden Diskussionen ist bei vielen Kraftsportler in den vergangenen Monaten und Jahren eine Form ganz besonders in den Vordergrund gerückt: die sogenannte „Daily Undulating Periodization“ (DUP).
Artikelinhalte
Daily Undulating Periodization („Tägliche wellenförmige Periodisierung“)
Der Fokus auf DUP kam vor allem durch ein erneutes Aufleben eines Trainings mit einer höheren Frequenz zustande. Was ursprünglich in den 60er und 70er Jahren durch die bulgarischen Gewichtheber, die bis zu 3x täglich trainierten, bekannt geworden ist und zwischenzeitlich vollkommen aus dem Training verbannt wurde, hat mittlerweile wieder Eingang in das Training vieler Sportler gefunden – und das auch nicht ganz unbegründet.
Denn auch wenn ein einmaliges Training pro Woche für jeden Muskel oder jede Übung für Fortschritte sorgen kann, zwei (evtl. sogar drei) Einheiten scheinen für den Großteil der Sportler optimaler, um die besten Zuwächse an Kraft- und Muskelmasse zu erfahren (ob das an der höheren Frequenz an sich oder einfach an der Tatsache liegt, dass mit mehreren Einheiten leichter mehr Volumen generiert werden kann, ist eine Sache für einen anderen Artikel) (1)(2)(3)(4)(5)(6)(7).
Wenn es also besser ist, häufiger zu trainieren, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie man ein solches Training in der Praxis umsetzen kann. Einmal wöchentlich zu beugen, drücken und heben lässt sich noch relativ einfach planen. Bei einer höheren Trainingsfrequenz für jeden Muskel oder jede Übung muss man sich jedoch zusätzlich noch damit befassen, wie die einzelnen Trainingseinheiten innerhalb einer Woche aussehen sollen.
Sollten alle Einheiten schwer sein? Ergibt es Sinn, die Intensitäten und Wiederholungen zu variieren? Oder ist es doch besser, einfach jedes Mal dasselbe Schema zu verwenden? Und genau hier kommt DUP ins Spiel: Es ist eine Möglichkeit, sein Training unter diesen Umständen zu planen und scheint teilweise als die „beste Methode“ bei einem höherfrequenten Training akzeptiert zu werden.
Aber ist DUP wirklich so effektiv?
Lineare Periodisierung Vs. Wellenförmige Periodisierung: Gibt es einen Sieger?
Diese blöden Begrifflichkeiten! Was soll das alles bedeuten?
Für Viele von Euch ist es wahrscheinlich eine Wiederholung, trotzdem möchte ich vorab nochmal kurz einige Begriffe klären, damit wir auch alle die gleiche Sprache sprechen. Hinter dem Begriff „Periodisierung“ verbirgt sich im Grunde genommen eine relativ simple Definition. Es geht um die Organisation von Training in einzelnen Phasen, in denen verschiedene Variablen (Satzanzahl, Intensität, Frequenz usw.) variiert werden (8)(9)(10)(11)(12).
Von einem periodisierten Training spricht man also immer dann, wenn irgendwelche dieser Variablen im Laufe der Zeit verändert werden. Ein nicht-periodisiertes Training sieht dementsprechend keine solche Änderung vor. Wenn du z.B. einem Programm folgst, das jede Woche die exakt gleiche Frequenz, dieselben Übungen, Satz- und Wiederholungsschemata usw. vorsieht, dann würde man in diesem Fall von einem nicht-periodisierten Training sprechen.
Der Gedankengang hinter einer Periodisierung ist, dass Sportler dadurch ihren Fokus phasenweise auf verschiedene Leistungsaspekte legen können (in unserem Falle z.B. Hypertrophie oder Maximalkraft). Gleichzeitig soll das Training dadurch so strukturiert werden und die Phasen so aufeinander aufbauen können, dass die Leistung am Wettkampftag am höchsten und der Athlet maximal erholt ist (9).
Wie bereits angesprochen, gibt es nun verschiedene Formen der Periodisierung. Zwei der Bekanntesten und am Meistverwendeten sind die der linearen und der wellenförmigen (=undulating) Periodisierung, um die es heute auch gehen soll.
Lineare Vs. Wellenförmige Periodisierung | Möglichkeiten, um sein Training zu planen
Die lineare Periodisierung (LP) ist das „klassische“ Modell, bei dem das Volumen im Trainingsverlauf ab- und die Intensität (in % des 1RM) zunimmt.
Beispielhafter Verlauf einer Linearen Periodisierung: Alle 3 Wochen sinkt das Volumen, während die Intensität steigt.
Bei einem nicht-linearen Training hingegen werden Intensität und Volumen häufiger variiert. So auch im Falle einer DUP, bei der Intensität, Satz- und Wiederholungszahlen täglich, von Training zu Training, verändert werden (8)(9)(10)(11)(12). Es lässt sich also nur einsetzen, wenn eine Übung (oder Körperpartie) auch tatsächlich mehrmals pro Woche trainiert wird.
Abb. 2 zeigt eine Beispielwoche in Form einer wellenförmigen Periodisierung (DUP), bei der jede Einheit etwas anders aussieht.
Beispiel eines wellenförmigen Periodisierung (DUP): Alle Einheiten werden innerhalb einer Trainingswoche absolviert, wobei Volumen und Intensität von Training zu Training variieren.
Im Falle eines solchen mehrmaligen Trainings pro Woche besteht der wesentliche Unterschied zwischen LP und DUP also darin, dass bei einer reinen LP keine Veränderungen an den Trainingseinheiten innerhalb einer Woche vorgenommen werden, bei einer reinen DUP hingegen schon.
Dabei ist keines der beiden Modelle ein spezifisches Trainingspogramm – es gibt nicht den DUP-Plan. LP und DUP sind einfach Konzepte, die angewandt werden können, um damit einen Plan zu erstellen. Nun bleibt immer noch die Frage: Ist die eine Methode besser als die andere? Schauen wir uns zuerst an, was die Wissenschaft dazu sagt.
Wellenförmige Periodisierung (DUP): Der beste Ansatz? Aus Sicht der Wissenschaft
Wenn man eines aus der aktuellen Studienlage zum Thema Periodisierung mitnehmen kann, dann das: Alle Formen, ob linear oder nicht-linear, funktionieren. Training kann auf unterschiedliche Art und Weise effektiv geplant werden und keine Form scheint einer anderen vollkommen überlegen zu sein. Egal für welche du dich in deinem eigenen Training letztendlich entscheidest – befindest du dich nicht mehr im Stadium eines absoluten Beginners und dein Ziel besteht darin, stärker zu werden, dann bist du wahrscheinlich allein schon dann auf dem richtigen Weg, wenn du dein Training überhaupt periodisierst (8)(2)(13). Alles darüber hinaus hat den Zweck, das passende Training für das jeweilige Individuum zu gestalten – das solltest du bei den folgenden Überlegungen immer im Hinterkopf behalten.
Genau das zeigt auch eine relativ aktuelle Meta-Analyse von Harries et al. Ein Training sowohl mit einer reinen LP als auch mit einer DUP kann die Kraft eines Sportlers signifikant erhöhen (15). Wenn man etwas genauer hinsieht, fällt allerdings auf, dass DUP meist in den Studien zu einer größeren Leistungsverbesserung führte, in denen erfahrene Kraftsportler untersucht wurden. Zumindest für fortgeschrittene Athleten könnte sich also ein leichter Vorteil beim Einsatz eines DUP-Ansatzes gegenüber einer reinen LP ergeben (15)(16)(17)(18)(19).
Die wohl extremsten Differenzen zwischen den beiden fanden Rhea et al. in ihrer Studie von 2002 (15). 20 junge Männer mit einer durchschnittlichen Trainingserfahrung von 5 Jahren wurden rekrutiert und per Zufall entweder einer LP- oder einer DUP-Gruppe zugeteilt. Trainiert wurde 12 Wochen lang, drei Mal pro Woche, wobei beide Gruppen in jeder Einheit die gleichen Übungen absolvierten. Das Bankdrücken und die Beinpresse dienten als Referenzübungen, in denen zu Beginn, nach 6 und nach 12 Wochen ein 1RM Test durchgeführt wurde, um Veränderungen in der Kraftleistung zu ermitteln. Die Körperkomposition wurde ebenfalls berücksichtigt.
Zusätzlich wurden Intensität und Volumen zwischen den Gruppen angeglichen, sodass wirklich nur die Reihenfolge der Trainingstage unterschiedlich war und beide Gruppen gleich viel Arbeit verrichteten.
Woche 1-4 | Woche 5-8 | Woche 9-12 | |
---|---|---|---|
♦ LP Gruppe | 3 Sätze 8 RM | 3 Sätze 6 RM | 3 Sätze 4 RM |
Trainingstag 1 | Trainingstag 2 | Trainingstag 3 | |
♣ DUP Gruppe | 3 Sätze 8 RM | 3 Sätze 6 RM | 3 Sätze 4 RM |
Tabelle 1: Adaptiert nach Rhea et al. (2002) mit identischem Trainingsvolumen für beide Gruppen über den gesamten Zeitraum. ♦ = lineare Periodisierung; ♣ wellenförmige Periodisierung; RM = Wiederholungsmaxima
Die beiden Trainingsprotokolle der LP und DUP Gruppe für das Bankdrücken und die Beinpresse. Über die gesamten 12 Wochen ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich Volumen und Intensität. Die LP Gruppe veränderte Intensität und Wiederholungsschema erst nach mehreren Wochen, die DUP Gruppe trainierte jede Woche in verschiedenen Intensitäts- und Wiederholungsbereichen.
Die Resultate sind ziemlich beeindruckend: Beide Gruppen konnten ihre Leistung im Bankdrücken und in der Beinpresse in den 12 Wochen signifikant erhöhen. Genauer gesagt verbesserte die LP-Gruppe ihre Bankdrückwerte um knapp 14% und die Kraft in der Beinpresse um ~25%.
Und die DUP-Gruppe? Um das Doppelte! Die Probanden konnten sich um ~28% auf der Bank und um ~55% in der Beinpresse steigern. Bereits beim Zwischentest nach 6 Wochen waren die Kraftsteigerungen der DUP Gruppe signifikant höher als die der LP-Gruppe.
Hinsichtlich der Körperkomposition gab es keinerlei Veränderungen in den 3 Monaten.
Ein Nachteil der Studie ist jedoch, dass die Probanden angaben, zuvor alle einem LP-Modell in ihrem eigenen Training gefolgt zu sein. Das heißt, die LP-Gruppe der Studie trainierte weiterhin ähnlich, wie sie es bereits zuvor getan hat. Nur für die DUP-Gruppe war das Training wirklich neu, was die Ergebnisse beeinflusst haben könnte.
Eine andere ziemlich coole Studie zum Thema kommt aus Deutschland (16). Der große Vorteil hier ist die schiere Anzahl an Probanden, die sich an dieser Feldstudie beteiligten (die Studie fand also „im Feld“, in diesem Fall direkt im Fitnessstudio der Probanden, statt). Die 200 Sportler mit einer durchschnittlichen Trainingserfahrung von 5 Jahren wurden zu je 50 auf vier Gruppen verteilt, die jeweils einem anderen Trainingsprotokoll für 6 Wochen folgten:
- „CL – constant load“: die Intensität und das Volumen blieben in dieser Gruppe den ganzen Zeitraum über identisch.
- „IL – increased load“: die Intensität nahm im Abstand von 2 Wochen zu, das Volumen ab (=LP).
- „DL – decreased load“: genau umgekehrt: die Intensität nahm kontinuierlich ab, das Volumen dafür zu.
- „DCL – daily changing load“: die Intensität und das Volumen variierten von Tag zu Tag (=DUP).
Pausenzeiten, Übungen, die Übungsreihenfolge, als auch die Anzahl an ausgeführten Wiederholungen wurden zwischen den Gruppen angepasst. Wie bei Rhea et al. diente ein 1RM Test und zusätzlich ein 10RM Test zu Beginn und am Ende der 6 Wochen dazu, Veränderungen in der Kraft der Teilnehmer festzustellen.
Am Ende führte auch hier das DUP-Training zu signifikant stärkeren Verbesserungen als alle anderen Modelle. Für den 10RM Test ergaben sich im Durchschnitt:
- CL: +21.50% (+-15,06%)
- IL: +24.60% (+-15,03%)
- DL: +21.83% (+-14,93%)
- DCL: +34.20% (+-16,85%)
Durchschnittliche Veränderung der Kraft im 10RM Test: Alle Teilnehmer verbesserten sich, aber die DCL-Gruppe (=DUP) verzeichnete signifikant höhere Kraftzuwächse als als alle anderen Gruppen. (Bildquelle: Eifler et al. (2015))
Und für den 1RM Test:
- CL: +15,26% (+-9,58)
- IL: +18,49% (+-10,99)
- DL: +18,90% (+-13,20%)
- DCL: +28,18% (+-13,80%)
Durchschnittliche Veränderung der Kraft im 1RM Test: Wie beim 10RM test verbesserten sich alle Teilnehmer mit signifikanten höheren Kraftsteigerungen der DCL-Gruppe (=DUP). (Bildquelle: Eifler et al. (2015))
Auch Eifler’s Studie ist natürlich nicht frei von Faktoren, die die Ergebnisse eventuell beeinflusst haben. Beispielsweise wurde weder die Ernährung der Probanden kontrolliert, noch konnten sogenannte „Hawthorne Effects“, also Veränderungen im Verhalten der Teilnehmer (dass sie z.B. im Zeitraum der Studie wesentlich motivierter trainierten als üblich), ausgeschlossen werden.
Wieso die Sportler in Studien wie diesen mit DUP bessere Kraftzuwächse verzeichnen konnten, ist nicht ganz klar. Da sich die Körperzusammensetzung der Probanden im Zeitraum nicht wesentlich veränderte, wird vermutet, dass durch das häufigere Wechseln der Trainingsvariablen bei einer DUP eine größere Anzahl verschiedener Reize gesetzt werden und es so zu Anpassungen auf neuronaler Ebene kommen könnte (nicht gleichzusetzen mit „du musst den Muskel verwirren, bro!“) (15)(16)(20).
Aber es gibt, wie zuvor erwähnt, eben auch solche Untersuchungen, die kaum Unterschiede zwischen den Modellen feststellen konnten (21)(22) Buford et al. haben beispielsweise eine Studie ausgetragen, die der von Rhea et. al sehr ähnlich war, aber nicht zum selben Ergebnis kam (23). Die Probanden verbesserten ihre Leistung in der Beinpresse und im Bankdrücken, egal nach welchem Modell sie trainierten. Die LP Gruppe konnte sogar etwas besser Kraftzuwächse verzeichnen. Die Teilnehmer dieser Studie hatten allerdings auch weniger Kraftsporterfahrung, was die unterschiedlichen Ergebnisse erklären könnte.
Wellenförmige Periodisierung (DUP): Der beste Ansatz? Aus Sicht des Sportlers
Neben der aktuellen Studienlage gibt es aber auch noch weitere Aspekte, die man berücksichtigen sollte. Der erste ist die Psyche des Trainierenden.
Angenommen, jemand möchte seine Bankdrückleistung steigern und entschließt sich dazu, die Übung zwei bis drei Mal pro Woche zu trainieren. Erfahrungsgemäß gibt es nun zwei Arten von Sportlern.
Für die einen ist es mental sehr hart, mehrmals pro Woche das exakt selbe Satz- und Wiederholungsschema bei gleiche Intensität auszuführen. Vor allem dann, wenn die Gewichte schwer werden. Wenn der Trainierende beispielsweise 100kg für 3×8 in der ersten Einheit bewältigen konnte, die Sätze aber nahe am Limit waren, dann könnte es psychisch schwierig werden, dieselbe Leistung an einem oder sogar an zwei anderen Tagen in der gleichen Woche nochmal zu erbringen. In diesem Fall könnte ein DUP Ansatz helfen, das Training insgesamt weniger nervenaufreibend zu gestalten.
Die anderen bevorzugen hingegen ein Training, dass eine ganz klare Struktur mit möglichst wenig Variation vorsieht. Diese Personen lieben in der Regel den direkten Vergleich von Training zu Training, was eine LP in Kombination mit einem höherfrequenten Training bietet.
Der zweite Aspekt bezieht sich auf vor allem auf Wettkampf-Kraftsportler. Bei einer LP befindet sich ein Athlet zu Beginn eines Trainingszyklus‘ normalerweise in relativ niedrigen Intensitäts- und höheren Wiederholungsbereichen. Erst nach mehreren Wochen stehen auch wieder schwerere Gewichte auf dem Programm (einer der Hauptkritikpunkte am klassischen Modell). Da maximale Gewichte zu bewegen aber eine Fähigkeit an sich ist, die geübt werden muss, bietet DUP hier den Vorteil, bereits früher in etwas höheren Intensitätsbereichen trainieren zu können. Denkbar wäre ein Szenario, in dem ein Athlet keine monatelange Pause zwischen zwei Wettkämpfen hat. In diesem Fall für viele Wochen sämtliche höheren Gewichte aus dem Training zu streichen, wäre eher suboptimal.
Zwischenfazit: Wellenförmige Periodisierung (DUP) oder Lineare Periodisierung (LP)?
Für eine klare Aussage, DUP sei besser als LP oder vice versa, reichen die derzeitigen Erkenntnisse als Grundlage nicht aus. Die ausgeführten Studien sind teilweise relativ kurz, sodass nicht klar ist, wie die sich das Ganze langfristig auswirken könnte. In manchen Studien wurde außerdem das Volumen nicht angepasst oder die Teilnehmer hatten keinerlei bzw. kaum Trainingserfahrung, sodass die Ergebnisse damit für den Großteil der ernsthaft Trainierenden irrelevant wären.
Zumindest spiegelt sich auch hier wieder, dass bei Anfängern erst einmal fast alles funktioniert und auch für Fortgeschrittene beide Modelle gut geeignet scheinen, um stärker zu werden. Lediglich leichte Tendenzen weisen darauf hin, dass fortgeschrittene Sportler von einer Planung im DUP-Stil profitieren könnten. Denn auch wenn nicht alle Studien signifikante und zum Teil nur geringe Differenzen von wenigen Prozenten zeigen (z.B. Prestes et al., 2009), für Wettkampfsportler könnte dieser kleine Unterschied bereits den Sprung vom 3. auf den 1. Platz bedeuten.
Zusätzlich spielen auch individuelle Faktoren eines Sportlers eine Rolle. Ein noch so ausgeklügelter Plan wäre nicht effektiv, hätte der Trainierende keinen Spaß daran. Wer an Wettkampftermine gebunden ist, muss sein Training zusätzlich zeitlich anpassen. Welches Modell „besser“ ist, hängt also immer von mehreren Faktoren ab.
Wellenförmige Periodisierung (DUP) in der Praxis: 4 Dinge, die du bedenken solltest
Wenn du dich dazu entschlossen hast, DUP in deinem Training einzusetzen, gibt es ein paar Dinge, die du bedenken solltest und dir helfen können, dein Training möglichst effektiv zu gestalten.
Punkt #1: DUP kommt selten allein
Auch wenn hier bislang die Rede von DUP oder LP war, es ist selten so, dass sich ein Training nur ein Modell zunutze macht. Meistens werden mehrere Ansätze in einem Programm kombiniert.
Wieso?
DUP ist ein sehr kurzfristiger Ansatz, der immer nur eine einzelne Woche betrachtet. Was von Woche zu Woche oder von Monat zu Monat geschieht, bleibt unberücksichtigt. Zu Beginn kannst du absolut einfach wöchentlich versuchen, das Gewicht zu erhöhen und die Intensitäten, Satz- und Wiederholungsschemata unverändert lassen. Ab einem gewissen Punkt wird es dir aber schlichtweg nicht mehr möglich sein, jede Woche mehr Last auf die Hantel zu packen.
An diesem Punkt musst du dein Training langfristiger planen und es gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie du das tun kannst.
Eine davon wäre, LP und DUP in einem Trainingsprogramm zu kombinieren. Du trainierst eine Übung weiterhin mehrmals pro Woche und änderst von Einheit zu Einheit das Volumen und die Intensität (=DUP). Zusätzlich erhöhst du von Woche zu Woche die Intensität und senkst das Volumen (=LP). Etwas in dieser Form könnte dann beispielsweise so aussehen:
Eine Kombination aus wellenförmiger Periodisierung (DUP) und linearer Periodisierung (LP) für fortgeschrittene Sportler, bei denen ein wöchentliches Steigern der Gewichte nicht mehr möglich ist.
Ebenso wäre es möglich, dass du dich über mehrere Wochen auf das Erhöhen des Volumens konzentrierst (via mehr Sätze und Wiederholungen), während du die Intensität beibehältst.
Punkt #2: Das richtige Wochen-Setup
Wie du in der Trainingswoche dein Volumen und deine Intensitäten verteilst, ist ebenfalls wichtig.
Zourdos et al. (2015) haben genau das anhand von 18 erfahrenen Kraftdreikämpfer in einer 6-wöchigen Studie getestet (20). Das Training der einen Gruppe hat sich an dem „traditionellen“ DUP-Modell orientiert, dass Trainingseinheiten in einer Reihenfolge „Hypertrophy-Strength-Power“ (HSP) vorsah. Das schwerste Training der Woche (Strength) folgte hier also knapp 48 Stunden nach der Einheit mit dem höchsten Trainingsvolumen (Hypertrophy).
Die andere Gruppe trainierte nach einem modifizierten Plan und einem „Hypertrophy-Power-Strength“ Setup (HPS). Zwischen die beiden härtesten Einheiten wurde also eine leichtere Einheit geschoben, sodass sich die Athleten einfach länger zwischen Einheit 1 und Einheit 3 erholen konnten.
Aufbau des Trainings nach Zielen: Hypertrophie, Kraft und Power. (Bildquelle: Zourdos et al. (2015))
Das Training beider Gruppen bestand aus der Kniebeuge, dem Bankdrücken und dem Kreuzheben und die Intensitäten, Satz- und Wiederholungszahlen am Hypertrophy- und am Power-Tag waren identisch. Nur am „Strength“-Tag wurden 3 Sätze bis zum Muskelversagen absolviert, um zu erkennen, wie sich der wöchentliche Aufbau auf die Leistung an diesem Tag auswirkte.
Am Ende der Studie waren die Kraftzuwächse in der HPS-Gruppe in allen drei Übungen größer als beim HSP-Setup (wobei nur beim Bankdrücken ein signifikanter Unterschied festgestellt wurde). Das könnte daran liegen, dass die HPS-Gruppe in der Lage war, am „Strength“-Tag mehr Wiederholungen zu absolvieren und damit ein wesentlich höheres Trainingsvolumen generierte als die HSP-Gruppe. Ein klarer Vorteil, wenn man bedenkt, dass das Trainingsvolumen einer der wichtigsten Faktoren für Kraft-und Muskelaufbau ist.
Das bedeutet also: Wie im Beispiel oben bestünde eine Möglichkeit darin, den größten Teil des Volumens und die schwersten Gewichte auf zwei Einheiten zu verteilen, die dann möglichst weit voneinander entfernt in der Woche platziert werden. Trainierst du drei Mal pro Woche, könntest du zwischendurch einen leichten Tag einbauen.
Eher suboptimal wäre es, würdest du diese beiden schweren Tage auf Montag und Mittwoch legen, sodass nach einer umfangreichen Trainingseinheit schon nach 48 Stunden das Training mit den höchsten Intensitäten der Woche folgt.
Punkt #3: Angemessene Variationen
Ein weiterer Punkt, den du beachten solltest, ist der Grad an Variation, den du in deinen Einheiten einbaust. In Training 1 Sätze mit 30 Wiederholungen und 40%, in der nächsten Einheit 10er Sätze mit 70% und im letzten Training der Woche nahezu maximale Gewichte mit 95% deines 1RM zu bewegen, ist vermutlich weniger zielführend.
Passender wären Wiederholungsbereiche und Intensitäten, die deinem aktuellen Ziel entsprechen. Willst du primär Muskelmasse aufbauen und dementsprechend ein relativ hohes Volumen erreichen, wären 5-12 Wiederholungen gut geeignet. Bist du mehr am Aufbau von Kraft in niedrigen Wiederholungsbereichen interessiert, würde sich ein Bereich von 2-6 anbieten.
Punkt #4: DUP ist nicht begrenzt, aber fokussiert auf die „großen Drei“
DUP wird normalerweise bei Grundübungen und deren Variationen, die am Anfang des Trainingstages anstehen, eingesetzt. Die gesamte Einheit muss oder sollte nicht dem gleichen Schema folgen. Wenn du beispielsweise Bankdrücken als erste Übung ausführst und dabei 3×3 mit 80% machen möchtest, gilt das nicht auch für alle Übungen im Anschluss. Ich denke, keiner würde auf die Idee kommen, Seitheben oder Fliegende mit Kurzhanteln nach einem 3×3 Schema auszuführen.
Was aber durchaus möglich ist, ist DUP auch im Rahmen anderer Übungsvariationen einzusetzen – es muss nicht die normale Kniebeuge, das reguläre Bankdrücken und das konventionelle Kreuzheben sein. Frontkniebeugen, Schrägbankdrücken, Schulterdrücken usw. wären alles mögliche Variationen, die du einsetzen könntest.
Zum Beispiel könntest du in Einheit 1 Schrägbankdrücken mit relativ hohem Volumen und niedrigeren Intensitäten, in der zweiten Einheit pausiertes Bankdrücken mit moderatem Volumen und moderaten Intensitäten und in der letzten Einheit reguläres Bankdrücken mit niedrigem Volumen und hohen Intensitäten ausführen. Die Möglichkeiten sind vielfältig.
Lineare Vs. Wellenförmige Periodisierung | Abschließende Worte
Viele Wege führen zum Erfolg. DUP ist einer LP weder unterlegen noch haushoch überlegen – es ist einfach eine sinnvolle Möglichkeit, wie du dein Training planen kannst, die dir dabei unglaublich viele Gestaltungsspielräume lässt. Du kannst daraus einen sehr simplen Aufbau basteln, wie oben gezeigt, es wäre aber ebenso möglich, noch viele weitere Elemente mit einzubauen (z.B. APRE oder RPE).
Das Einzige, was sich derzeit observieren lässt, ist, dass ein DUP-strukturiertes Training bei erfahrenen Kraftsportlern vielleicht zu etwas besseren Kraftzuwächsen führen könnte, als ein rein linearer Aufbau. In der Praxis kommt es aber meist sowieso zu einer Vermischung mehrerer Planungsansätze, sodass ein Training selten rein linear oder rein wellenförmig verläuft. Solltest du das nicht sowieso schon tun, dann könnte es sinnvoll sein, irgendein DUP-Element in dein Training zu integrieren.
Am Ende des Tages läuft es aber immer auf eines hinaus: steckst du die nötige Arbeit in dein Training, versuchst nach und nach mehr zu leisten und folgst einem halbwegs strukturierten Programm, das dir Spaß macht – dann werden die Erfolge kommen.
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Bildquelle Titelbild: Pixabay.com / skeeze ; CC Lizenz
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