Cardio an Trainingstagen oder an trainingsfreien Tagen?

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Cardio an Trainingstagen oder an trainingsfreien Tagen?

Von Anoop Balachandran | Benötigte Lesezeit: 4 Minuten |


Ausdauertraining (häufig auch einfach nur „Cardio“ genannt) sorgt dafür, dass der Körper effizienter wird. Effizienter in Sachen Energieproduktion und –nutzung, vergleichbar mit einem Auto, welches mit steigender zurückgelegter Strecke immer besser und besser wird.

Auf der anderen Seite sorgt Krafttraining dafür, dass du schneller, stärker und größer wirst, aber in Sachen Treibstoffnutzung keine Effizienzsteigerung erfährst.

Das Problem der Kombination von Kraft- & Ausdauertraining

Bis auf einige wenige Studien konnte gezeigt werden, dass die Adaption an das Widerstandstraining (Muskel- sowie Kraftaufbau) darunter leidet, wenn es mit Ausdauertraining kombiniert wird – siehe hierzu auch Damians Artikel „Diät, Muskelaufbau & Cardiotraining“.

Zur Erklärung dieses Phänomens wurden zahlreiche Mechanismen vorgeschlagen, welche den limitierenden Effekt des Ausdauertrainings auf Kraftzuwächse zu erklären versuchen.

  • Konkurrierendes Kraft- und Ausdauertraining führt zu einer Erhöhung des Workloads und begünstigt einen Zustand des Overreachings/Übertrainings, was zu einer schlechteren Ausbeute in Sachen Kraftzuwachs resultiert.
  • Ein weiterer Mechanismus des Ausdauertrainings sorgt für eine Umwandlung von schnell-zuckenden Muskelfasern zu langsam-zuckenden Muskelfasern. Dies reduziert die absolute Anzahl schneller Muskelfasern im Körper und könnte einen limitierenden Faktor bei der Entwicklung von Muskelmasse und Kraft darstellen.
  • Unzureichende Glykogenspeicher wurden als weitere Erklärung für dieses Phänomen vorgeschlagen.

Cardio an Trainingstagen oder an trainingsfreien Tagen?

Nachdem ich also das Grundkonzept und die Mechanismen erläutert habe, möchte ich wieder zurück zur ursprünglichen Frage zurückkehren und klären, ob Cardio an Trainingstagen oder eher an trainingsfreien Tagen absolviert werden sollte (sofern Cardio überhaupt ein Thema bei dir ist).

Die oben beschriebenen Mechanismen können uns bei der Klärung dieser Frage nicht wirklich weiterhelfen, weil es um chronische Adaption geht und ihr Einfluss sich nicht verändert, sofern du lediglich die Tage, an denen du Cardio absolvierst, durchswitcht.

Insofern bleibt die Frage bestehen: Was ist die Lösung für dieses Dilemma?

AMPK, der Energiesensor der Zelle

ATP ist die Energiewährung der Zelle und so, wie Geld für uns wichtig ist, ist das ATP wichtig für die Zelle. Wir behalten unseren Kontostand stets im Auge, doch wer kontrolliert den Kontostand der Zelle?

Dieser überaus wichtige Job wird von einem ganz speziellen Enzym erledigt, dem AMPK, der auch als Energiesensor der Zelle bezeichnet wird.

Die gute Nachricht ist nun, dass AMPK während der Ausdauerbelastung, aufgrund des erhöhten Energiebedarfs (ATP), fortwährend aktiviert ist. Man geht sogar davon aus, dass die meisten Adaptionen, die aus dem Ausdauersport heraus resultieren, durch die Signalgebung von AMPK heraus resultieren.

Die schlechte Nachricht ist dass AMPK, wenn es aktiv ist, sämtliche anabolen Prozesse in der Zelle (z.B. die Muskelproteinsynthese) abschaltet, um einen (unnötigen) Energieverlust zu vermeiden.

Es konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung von AMPK in Tier wie Mensch (im Menschen ist der Vorgang noch nicht gänzlich geklärt) eine entscheidende Rolle bei der Reduktion der Proteinsynthese spielt. Ein Absinken, wie wir es bei Kraft- und Ausdauertraining erleben, scheint zumindest teilweise der Aktivität von AMPK geschuldet zu sein (5).

Cardio an Trainingstagen oder an trainingsfreien Tagen?

AMPK ist der Energiesensor der (Muskel)-Zelle. Das Enzym hemmt eines der wichtigen Signalproteine für Muskelaufbau: mTOR. (adaptiert nach ExerciseBiology.com)

Falls dies – also die Aktivierung von AMPK infolge von Ausdauertraining – Sinn ergibt, sollte es dann nicht logisch erscheinen, wenn man den zeitlichen Abstand zwischen Cardio und Krafttraining so groß wie möglich ausfallen lässt?

Ja, das würde sogar sehr viel Sinn ergeben, sofern AMPK aktiviert wird, aber nur für wenige Stunden auf einem erhöhten Level operiert. Glücklicherweise konnten menschliche Versuchsreihen zeigen, dass es nur für kurze Zeit aktiv ist und bereits nach 1-3 Stunden auf den Basisausgangswert nach einer Ausdauerbelastung absinkt (2) – für eine ausführliche Diskussion siehe Nader, 2006.

       

Abschließende Worte & Praxis

Auch wenn hier sicherlich noch andere Prozesse am Werke sind, so scheint die Aktivierung von AMPK, welche im Zuge des Ausdauertrainings ansteigt, einen wesentlichen Faktor bei der Beeinflussung der Adaption (und der Proteinsynthese im Speziellen) zu spielen – insofern solltest du es, sofern du Cardio überhaupt in Betracht ziehst, mit einem großzügigen zeitlichen Abstand zum Krafttraining einplanen.

Denkbar wäre zum Beispiel das Aufteilen auf unterschiedliche Tage oder das Absolvieren des Cardios am Morgen und einer Krafteinheit am Abend.

Bedenke: Die AMPK-Aktivierung findet lokal statt, wie einige Studien zeigen konnten, wo die Beine unilateral trainiert wurden (3). Insofern könnte es auch ausreichen, wenn du dein fußlastiges Cardio einfach auf Tage beschränkst, an denen du den Oberkörper trainiert hast.

Weiterhin solltest du HIIT-artiges Cardio am besten an trainingafreien Tagen (trainingsfrei im Sinne von kein Krafttraining) absolvieren, da die AMPK-Aktivierung nicht nur zeit- sondern auch intensitäts-gesteuert ist.

Achte ebenfalls darauf, dass du genügend Kalorien und Nährstoffe zu dir nimmst, um den Extraverbrauch, der aus dem Ausdauertraining resultiert, zu kompensieren. Das ist insbesondere im Falle der Protein- und Kohlenhydratzufuhr (Glykogen) ein wichtiger Faktor (4). Ein Pre oder Intra–Workout Shake könnte sinnvoll sein, sofern die letzte feste Mahlzeit länger zurückliegt.

Und falls du zu den Ausdauersportlern gehörst und einen besseren Trainingseffekt wünscht (bessere Ausdaueradaption) solltest du darüber nachdenken vor und nach dem Training mit der Zufuhr von Kohlenhydraten zu experimentieren, da diese die AMPK Aktivierung minimieren (kann im Übrigen auch für Kraftathleten gelten!).

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Quellen & Referenzen

(1) Nader, GA. (2006): Concurrent strength and endurance training: from molecules to man. In: Med Sci Sports Exerc. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17095931?ordinalpos=2&itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_RVDocSum.

(2) Jones, TW., et al. (2016): Signaling Responses After Varying Sequencing of Strength and Endurance Training in a Fed State. In: Int J Sports Physiol Perform. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26694228.

(3) Lundberg, TR. / Fernandez-Gonzalo, R. / Tesch, PA. (2014): Exercise-induced AMPK activation does not interfere with muscle hypertrophy in response to resistance training in men. In: J Appl Physiol. URL: http://jap.physiology.org/content/116/6/611.

(4) Knuiman, P. / Hopman, MT. / Mensink, M. (2015): Glycogen availability and skeletal muscle adaptations with endurance and resistance exercise. In: Nutr Metab. URL: https://nutritionandmetabolism.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12986-015-0055-9.

(5) Makanae, Y. / Ogasawara, R. / Fujita, S. (2015): Skeletal muscle signaling response to concurrent endurance and resistance exercise. In: J Phys Fitness Sports Med. URL: https://www.jstage.jst.go.jp/article/jpfsm/4/2/4_217/_pdf.



Bildquelle Titelbild: Flick / Elisa Campbell ; CC Lizenz


Über

Anoop Balachandran verfügt über einen PhD in Exercise Physiology, einen Masterabschluss in Human Performance und ist ein ACE und NSCA zertifizierter Personal Trainer und Kraftcoach.

Fitness ist seine leidenschaftliche Passion. Auf seiner Seite ExerciseBiology.com lässt sich Anoop zu einer Vielzahl von Themen aus, die sich um Kraftsport, Leistungssteigerung, Ernährung und eine Verbesserung der Körperkomposition drehen.

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