Die richtige Kohlenhydrat- & Fettzufuhr zu Optimierung deiner Gesundheit

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Die richtige Kohlenhydrat- & Fettzufuhr zu Optimierung deiner der Gesundheit – Teil 1

Von Lyle McDonald | Benötigte Lesezeit: 12 Minuten |


Auch heute noch gibt es viele hitzige Diskussionen zum Thema Eiweiß (normalerweise bezüglich der Nieren- und Knochengesundheit etc.), dennoch herrscht auf diesem Gebiet vermutlich mehr Konsens innerhalb der Fitness- und Ernährungsgemeinde, als wenn es darum geht die richtige Kohlenhydrat- und Fettzufuhr zu bestimmen.

In diesem Artikel möchte ich in Bezug auf diese Debatte einen Blick auf dieses Thema werfen.

Der größte Streitpunkt besteht in der Regel darin, welche Mengen an Kohlenhydraten/Fetten optimal für die Gesundheit sind, weshalb dies heute auch mein Hauptfokus sein. Mit der Auswirkung auf die Körperkomposition werde ich mich hier nicht explizit beschäftigen (dies wird ein Thema für einen anderen Artikel).

Die richtige Kohlenhydrat- & Fettzufuhr zu Optimierung deiner Gesundheit

Es gibt 2 (oder 3) Ernährungs-Camps

Die ersten beiden Camps

Generell fallen wahrscheinlich die meisten Leute in eines der Camps: Kohlenhydrate ODER Fette sind ENTWEDER gut oder schlecht. Einer der am häufigsten gegebenen Ratschlägen innerhalb des Mainstreams der letzten Jahrzehnte ist jener, dass Fette böse und Kohlenhydrate gut sind. Seit einigen Jahren wird auch der umgekehrte Fall häufiger gepredigt).

Viele „High Fat, Low Carb“-Ansätze wurden als bloße Marketingstrategien enttarnt, auch wenn eine wachsende Anzahl an Studien darauf hindeutet, dass eine solche Ernährungsweise bei manchen Individuen (zum Beispiel solchen mit Insulinresistenz) durchaus förderlich und empfehlenswert sein kann.

Größtenteils würde ich sagen, dass die Mainstream-Empfehlung für eine normale Ernährung noch immer eher „High Carb, Low Fat“ lautet, während die Low Carb Varianten normalerweise eher bei den Diäten angesiedelt werden.

Beide Camps sind in der Lage – durch eine tendenziöse und einseitige Auswahl an Studien – eine beeindruckende Anzahl an ihre Ansicht unterstützenden Daten vorzuweisen; wie bei den meisten Diskussionen liegt jedoch auch hier die Wahrheit nicht an einem Ende der Extreme, sondern eher in der Mitte.

Das dritte Camp

Das dritte Camp, zu dem ich mich auch selber zähle, hat erkannt, dass es immer auf den Kontext ankommt, wann Kohlenhydrate oder Fette „gut“ oder „schlecht“ sind. Die Nahrungsquelle, die restliche Ernährung, das individuelle Ziel, die Genetik, eventuelle Pathologien, das Aktivitätslevel etc. sind alles Faktoren, die eine Empfehlung mit beeinflussen sollten. Es ist deshalb falsch bei einem Thema wie der optimalen Kohlenhydrat- und Fettzufuhr pauschale Aussagen wie „X ist schlecht, Y ist gut“ zu treffen – auch wenn es einem das Leben natürlich viel einfacher machen würden.

Die vielleicht bündigste Art, um meine Ansichten, die ich im weiteren Verlauf darlegen werde, beschreiben, wäre es zu sagen, dass kein Lebensmittel oder Makronährstoff per se gut oder schlecht sei, sondern immer nur die gesamte Ernährung eines Individuums ausschlaggebend ist. Unter einem ganz bestimmten Kontext kann ein bestimmtes Lebensmittel, das ansonsten eine gute Wahl wäre, hinderlich sein, und umgekehrt.

Was benötigt der Körper?

Damit meine folgenden Ausführungen Sinn ergeben, muss ich zunächst eine kleine Basis in Ernährungsphysiologie legen, welche vor allem den Kohlenhydrat-„Bedarf“ betrifft.

Über den Kohlenhydratbedarf des Körpers

Wie ich bereits in jedem einzelnen meiner Bücher ausgeführt habe, sind Kohlenhydrate nicht essentiell. Das heißt: Es gibt keinen physiologischen Bedarf für sie (ein Fakt, den Low-Carb-Anhänger gerne als Rationale für ihren Ansatz verwenden). Die meisten Gewebe des Körpers können auch Fettsäuren als Energiequelle nutzen. Das Gehirn und rote Blutkörperchen stellen zwar eine Ausnahme dar, doch die von ihnen benötigte Glukose, allerdings kann der Körper aus anderen Metaboliten selbst herstellen.

Das Gehirn ist noch wegen einer anderen Eigenheit besonders: Da Fettsäuren die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können, ist es dem Gehirn in Zeiten mangelnder Glukoseverfügbarkeit nicht möglich seine Energie direkt aus Fettsäuren zu erhalten; es kann jedoch fast vollständig mit Ketonkörpern versorgt werden, welche aus dem Endprodukt der Fettoxidation, Acetyl-CoA, synthetisiert werden können (siehe hierzu den Ketose-Guide). Nach etwa 3 Wochen Anpassungszeit benötigt das Gehirn dann nur noch etwa 25 Gramm Glukose pro Tag, welche in der Leber und den Nieren aus Pyruvat, Laktat, Glycerin und einigen Aminosäuren hergestellt werden.

Auch das RDA Handbuch (RDA = Recommended Daily Allowance; täglich empfohlene Zufuhrmengen) gibt an, dass Kohlenhydrate nicht essentiell seien. Jedes gute Lehrbuch wird dasselbe behaupten. Aber trotz dieses biologischen Faktes bestehen immer noch viele Forscher und Ernährungsberater darauf, dass ein Großteil der menschlichen Ernährung aus Kohlenhydraten stammen muss.

Ich habe Arbeiten gesehen, in denen die Forscher zunächst meinen, es gäbe keinen physiologischen Bedarf für Kohlenhydrate, bevor sie im gleichen Atemzug behaupten, eine gute Ernährung solle zu mindestens 50% aus Kohlenhydraten bestehen. Es macht nicht wirklich viel Sinn.

Über den Fettbedarf des Körpers

Auf der anderen Seite braucht der Körper – von einer geringen Mindestzufuhr an essentiellen Fettsäuren (ein paar Gramm EPA/DHA) einmal abgesehen – auch Fett nicht so wirklich. Für die Energieversorgung verwendet der Körper sowieso lieber Glukose, wenn dieses vorhanden ist (bis auf wenige Ausnahmen wie das Herz, welches seine Energie fast ausschließlich aus Fetten bezieht) und die meisten Fettsäuren kann der Körper zudem selber herstellen, wenn sie benötigt werden (ein Stoffwechselweg, der im Menschen zwar nicht viel genutzt wird, in einigen Situationen jedoch essentiell ist).

Abgesehen vom grundlegenden Bedarf an essentiellen Fettsäuren könnte man also sagen, dass es darüber hinaus auch für Fette keinen physiologischen Bedarf gibt.

Welche Vitalstoffe sind wirklich essentiell?

Was braucht der Körper dann überhaupt, wenn schon keine Kohlenhydrate und (fast) kein Fett? Nun, abgesehen von Wasser, Luft, Vitaminen, Mineralien und einer kleinen Menge essentieller Fettsäuren braucht der Körper noch 8 Aminosäuren, welche er nicht selber herstellen kann. Alles andere ist streng genommen optional.

Man sollte dabei erwähnen, dass man natürlich eine ausreichende Anzahl an Gesamtkalorien benötigt, um sich nicht zu Tode zu hungern. Da es unrealistisch ist, all seine Kalorien aus Eiweiß zuzuführen, werden Kohlenhydrate und Fette vor allem einfach als Energieträger benötigt. Auch ohne physiologischen Bedarf für explizit einen dieser Nährstoffe braucht man sie in der Praxis also irgendwie doch, einfach, damit man nicht verhungert.

Wie bereits erwähnt sind die meisten Gewebe des Körpers aus energetischer Sicht sehr flexibel, hängen also in ihrer Energiegewinnung nicht von  einem ganz bestimmten Nährstoff ab, sondern nutzen einfach dasjenige Energiesubstrat, welches gerade zur Verfügung steht. Es sollte zudem erwähnt werden, dass der Körper ja für alle Fälle noch eigene Energiespeicher hat – vor allem in Form von Körperfett – welche angezapft werden können, wenn ansonsten nicht genügend Nährstoffe zugeführt werden.

Warum sagen also alle dass Kohlenhydrate gut und Fette schlecht seien?

Trotz des Faktes, dass Kohlenhydrate aus physiologischer Sicht nicht zugeführt werden müssen, ist wie schon gesagt die wahrscheinlich am häufigsten gehörte Ernährungsempfehlung, man solle die Fettzufuhr im Verhältnis zur Kohlenhydratzufuhr reduzieren.

Von dieser Basis ausgehend muss man sich zunächst fragen, warum denn dieser Standpunkt eingenommen wird. Auch wenn ich keine Gedanken lesen kann, ist die Grundlage der Empfehlung wahrscheinlich relativ simpel: Fett ist schlecht und wir müssen eben irgendetwas essen. Und das sind wiederum die Kohlenhydrate.

Es gibt eine Grenze, wieviel Eiweiß vernünftigerweise konsumiert werden sollte, was bedeutet, dass der Rest der benötigten Kalorien entweder aus Kohlenhydraten oder Fetten kommen muss.

Der Kampf gegen das Nahrungsfett begann in den 70ern. Plötzlich wurde Fett (teils mit, teils ohne Berechtigung) für kardiovaskuläre Erkrankungen, Fettleibigkeit und so ziemlich alles andere verantwortlich gemacht und eine hohe Fettzufuhr infolge dessen verteufelt.

Da die Kalorien ja von irgendwo stammen müssen und eine hohe Fettzufuhr somit nicht drin ist, wird seitdem eben pauschal einfach eine kohlenhydratreiche Ernährung empfohlen.

Die große Frage, die sich nun stellt, ist, ob diese Position auch mit der Wissenschaft vereinbar ist. Dieser Frage werde ich im zweiten Teil dieser Serie nachgehen.

Ein weiterer Blick auf gängigen Meinungen

Wie bereits erwähnt ist die Meinung, wonach fettreiche Ernährungsweisen zu einem erhöhten Cholesterinspiegel, Herzerkrankungen, Krebs, Fettleibigkeit und vieles mehr führen würden, weit verbreitet. Nicht zuletzt deswegen, weil all diese Krankheiten in modernen Gesellschaften, in denen typischerweise viel Fett konsumiert wird, häufig auftreten. Diese Schlussfolgerung ist jedoch problematisch.

Moderne Ernährungsweisen sind normalerweise auch sehr kohlenhydratreich (vor allem reich an stark verarbeiteten Kohlenhydratquellen mit hohem glykämischen Index und wenig Ballaststoffen), arm an Obst und Gemüse und enthalten minderwertige Fettquellen (meist exzessive Mengen an gesättigten- und Transfettsäuren und/oder zu wenige gesunde – besonders Omega 3 – Fettsäuren). Dies findet man dann noch häufig in Kombination mit einem inaktiven Lebensstil, Übergewicht, Alkoholkonsum, Rauchen etc. Es ist also wichtig, zu erkennen, dass hier viele Faktoren miteinander interagieren.

Es liegt nicht allein am Fett…

Behauptungen, dass das Nahrungsfett an allem schuld sei und dass nur eine Reduktion der Fettzufuhr das Problem lösen könne, sind einfach kurzsichtig: Es gibt noch viel mehr verantwortliche Variablen. Manche Forschungsarbeiten legen zum Beispiel nahe, dass das Problem vor allem der exzessive Konsum an gesättigten Fettsäuren existiert, während andere Variablen (Aktivitätsgrad, Obst- und Gemüsekonsum etc.) eine untergeordnete Rolle spielten. Es ist unglaublich schwer bei einem so komplexen Zusammenspiel die ausschlaggebenden Faktoren herauszufiltern.

Gerade in Sachen Fettleibigkeit halten sich die einseitigen Meinungen hartnäckig. Fett hat eine höhere Kaloriendichte als Kohlenhydrate; Studien, die das Essverhalten bei fettreicheren (40%) und fettärmeren (25%) Mahlzeiten verglichen, fanden heraus, dass man dazu neigt, mit fettreicheren Mahlzeiten unbewusst mehr Kalorien zuzuführen; dieser sogenannte „passive Überkonsum“ führe langfristig zu einer exzessiven Kalorienaufnahme. Solchen Studien, die punktuell spontane Energiezufuhren messen, sollte man jedoch immer kritisch begegnen, da sie nicht in der Lage sind, längerfristige Effekte zu belegen.

Zweifellos nachgewiesen ist, dass Fett als Geschmacksträger die Nahrung oft wohlschmeckender macht. Und da Menschen verständlicherweise dazu tendieren, viel von den Dingen zu essen, die ihnen schmecken, erhöht das natürlich das Risiko, unangemessen viele Kalorien zuzuführen; zu viele, dann landen sie eben zwangsläufig auf der Hüfte.

Fett macht nicht gleich fett

Nicht alle Forscher stimmen jedoch der These zu, fettreiche Ernährungsweisen seien schuld an der Fettleibigkeit. Einige Kulturen haben beispielsweise recht fettreiche Ernährungsweisen, jedoch keinerlei Probleme mit Fettleibigkeit. Dies hat Forschern zum Nachdenken angeregt und sie dazu gebracht, zu erkennen, dass Fett lange nicht das einzige Problem ist. Erhöhte Mengen verarbeiteter Kohlenhydrate (die in der Folge ebenfalls enorm zur Gesamtkalorienzufuhr beitragen), wenig körperliche Aktivität, generell zu große Essensportionen und viele andere Faktoren spielen mit herein.

Ein exzessiver Fettkonsum ist definitiv ein Risikofaktor für Fettleibigkeit, aber eben nicht der Einzige. Da ich nicht noch tiefer in die Frage eindringen möchte, ob Kohlenhydrate oder Fette zu einer höheren Gesamtkalorienzufuhr führen, komme ich nun zur Frage nach der Gesundheit.

Ernährung damals und heute

Es ist eine Tatsache, dass lange nicht alle Studien eine Verbindung zwischen hoher Fettzufuhr und erhöhten Erkrankungsrisiken fanden. Die Ernährung, welche die Menschen zu 99,9% der Evolution aßen, bestand aktuellen Analysen zu Folge aus ziemlich viel Fett und vergleichsweise wenigen Kohlenhydraten („Paleo“). Die exakten Zahlen variieren je nach verwendeten Basisannahmen, aber Kohlenhydrataufnahmen von 20-40% (hauptsächlich aus Quellen mit niedrigem glykämischen Index – ballaststoffreiche Früchte und Gemüse; Getreide gab es die meiste Zeit überhaupt nicht), Fettaufnahmen von 28-60% (wobei die Fettquellen eine ganz andere Qualität hatten, als diejenigen der meisten heutigen Ernährungsweisen) und Eiweißaufnahmen von 19-35% der Gesamtkalorien sind die aktuellen Schätzungen.

Studien an heutigen Jäger-und-Sammler-Kulturen konnten ebenfalls kein hohes Vorkommen typischer Krankheiten moderner Gesellschaften feststellen, was den Gedanken nahe legt, dass die Ernährung der Evolution NICHT atherogen (Herzerkrankungen fördernd) war, trotz der vergleichsweise hohen Fettzufuhr.

Die Gründe dafür sind vielfältig, und genau das ist auch das Wichtigste, was man sich klarmachen sollte, wenn man versucht die Fettzufuhr mit Gesundheitsrisiken in Verbindung zu bringen. In der „Ur-Ernährung“ war beispielsweise die Ballaststoffzufuhr mit ca. 100-150 g/Tag enorm hoch. Die Fettquellen von damals waren komplett andere, als diejenigen, die wir in der modernen Ernährung haben. Im Schnitt ist der Hauptunterschied hier, dass damals weitaus mehr einfach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren und weniger gesättigte Fettsäuren zugeführt wurden. Die Aktivitätslevels waren durchschnittlich weitaus höher und die Menschen waren im Allgemeinen nicht sonderlich dick. Alkohol- und Tabakkonsum waren vergleichsweise selten. Und unsere Ahnen kannten auch noch nicht die Form des chronischen Stresses, der in modernen Gesellschaften allgegenwärtig ist.

Studien, bei denen hohe Fettmengen verzehrt wurden

Studien zur mediterranen Ernährung fanden ebenfalls wenige Anhaltspunkte dafür, dass deren recht hohe Fettzufuhr (um die 40% der Gesamtkalorien) irgendwelche Probleme in Bezug auf die Herzgesundheit mit sich bringe. Auch wenn hier die Gründe natürlich ebenfalls nicht auf eine Sache zu beschränken sind, ist ein wesentlicher Faktor wahrscheinlich, dass die Qualität ihrer Fettquellen (beispielsweise Olivenöl) vergleichsweise hoch ist.

Zudem werden typischerweise eine Menge frisches Gemüse und wesentlich weniger verarbeitete Kohlenhydrate gegessen. Andere Faktoren wie das Aktivitätslevel, das Körpergewicht, der moderate Alkoholkonsum und die vergleichsweise geringen Stressmengen spielen jedoch sicherlich ebenfalls eine Rolle.

Studien an Inuit in Alaska fanden Ähnliches heraus; trotz der extrem hohen Fettzufuhr sind Herzerkrankungen dort im Grunde genommen nicht-existent. Zum hohen Fischölkonsum und den bereits genannten Faktoren kommen hierbei auch noch genetische Adaptationen als ein möglicher Erklärungsansatz.

Studien in denen die Effekte von Low Carb Diäten (welche normalerweise eher fettreich sind) untersucht wurden, konnten erhebliche Verbesserungen der Blutfettwerte zeigen; besonders signifikant war dies bei Individuen mit Insulinresistenz. Dabei sollte erwähnt werden, dass diese Effekte nur dann auftraten, wenn die Kalorienbilanz negativ war und die Leute somit Gewicht verloren. Leute, die trotz einer Low Carb Ernährung zunehmen, können im Gegenteil sogar mit erhöhten Blutfettwerten rechnen.

Die Effekte einer fettreichen Ernährung hängen auch von der Gesamtkalorienzufuhr ab

Die Rolle, die Fett in Bezug auf die Gesundheit spielt, wird also durch die Energiebilanz beeinflusst. Studien an Radfahrern fanden heraus, dass ein hoher Konsum gesättigter Fettsäuren keine negativen Effekte hatte, wenn die Athleten sich in einem Energiegleichgewicht befanden. Der Aktivitätsgrad kann natürlich große Auswirkungen auf die Energiebilanz und somit auch darauf haben, ob das zugeführte Fett eingelagert oder verbrannt wird.

Studien zeigten, dass eine Ernährung mit mehr (ungesättigten) Fetten und dafür weniger Kohlenhydraten besonders in Diabetikern erhebliche Vorteile bieten kann. Wieder trifft das jedoch nur dann zu, wenn die Kalorienzufuhr streng kontrolliert und eine Gewichtszunahme vermieden wird. Bei einer Gewichtszunahme erschwert sich die Kontrolle des Blutzuckers bei Diabetikern unabhängig vom diätetischen Ansatz.

Low Fat ist auch keine (langfristige) Alternative

Das Anti-Fett-Dogma führt oft zu extrem geringen Fettzufuhren, was eine ganz neue Dimension von Problemen mit sich bringt. Als allererstes finden die meisten Leute extrem fettarme Diäten einfach langweilig, was längerfristig zu Problemen im Einhalten der Diät führen kann (das gleiche Argument spricht jedoch gleichzeitig auch gegen eine zu hohe Fettzufuhr, da die Menschen von schmackhaften Lebensmitteln eher zu viel essen; ein Mittelmaß scheint deswegen die beste Lösung zu sein).

Und während die spontane Kalorienzufuhr sich zwar zunächst zu reduzieren scheint, ist es gut möglich, dass sie sich später wieder erhöht, wenn die Leute langfristig hungriger sind. Fett verlangsamt zudem die Verdauung (es hält die Nahrung länger im Magen), auch wenn dieser Effekt bei chronisch hoher Fettzufuhr zu verschwinden scheint. Extrem fettarme (genau wie extrem fettreiche) Diäten sind also in Sachen Hunger und Sättigung meistens auch nicht das Gelbe vom Ei.

Es gibt zudem Belege dafür, dass die Absorption fettlöslicher Vitamine unter einer zu geringen Fettzufuhr leiden könnte. Und auch wenn das Sinken des Gesamtcholesterins bei sinkender Fettzufuhr zunächst positiv erscheint, wurde festgestellt, dass nicht nur die LDL-, sondern auch die HDL-Spiegel (also sowohl das „schlechte“ als auch das „gute“ Cholesterin) sanken. Da das Verhältnis und nicht die Gesamtmenge des Cholesterins letztlich der Risikofaktor für die Herzgesundheit ist, bringt diese Senkung also letztlich keinen Vorteil. Zu alledem scheinen bei extrem fettarmen Diäten auch die Testosteronlevels zu sinke (siehe auch den Artikel: „Lebensmittel zur Steigerung der Testosteronproduktion“).

Ein weiteres Problem hat damit zu tun, dass man das fehlende Fett ja irgendwie kompensieren muss. Wenn die Leute das Fett auf ein Minimum reduzieren, essen die Leute dafür in der Regel mehr Kohlenhydrate. Die meisten Forscher würden nun sagen, dass das ja völlig okay sei, solange die Kohlenhydrate aus unverarbeiteten, ballaststoffreichen, komplexen Quellen stammen. Dies entspricht nur leider nicht der Realität.

Fette werden meist durch stark verarbeitete Kohlenhydratquellen ausgetauscht

Die simple Tatsache ist, dass die meisten Leute, die ihre Fettzufuhr reduzieren, die Kalorien nicht durch unverarbeitete, ballaststoffreiche und komplexe, sondern durch hochverarbeitete, ballaststoffarme und einfache Kohlenhydratquellen ersetzen. Besonders in den USA (für andere Länder kann ich nicht sprechen) bieten Unternehmen, die auf den „Low-Fat“-Wagen aufgesprungen sind, zwar tonnenweise fettarme, jedoch dafür industriell hochverarbeitete Produkte an.

Solche Produkte haben typischerweise mindestens genauso viele Kalorien wie ihre ursprünglichen, unverarbeiteten, aber fettreicheren Varianten. Und selbst wenn nicht, trickst einen die menschliche Psyche aus, indem man leider unbewusst dazu neigt, mehr von Produkten zu essen, die als besonders „gesund“ oder „fettarm“ gekennzeichnet sind.

Neue Studien zeigten, dass Probleme auftreten können, wenn viele Kohlenhydrate aus solch minderwertigen Quellen zu sich genommen werden. Zu Effekten auf das Cholesterin (sowohl das „Gute“ als auch das „Schlechte“ gehen hoch) kommt eine Erhöhung der Triglycerid-Levels sowie der kleinen LDL-Partikel im Blut; beides sind voneinander unabhängige Risikofaktoren für (unter anderem) kardiovaskuläre Erkrankungen. Chronisch hohe Insulinlevels – eine häufige Begleiterscheinung solcher Ernährungsweisen – fördern das Aufkommen einer Insulinresistenz und aller damit verbundenen Komplikationen.

Der neue Sündenbock für Fettleibigkeit und andere moderne Gesellschaftskrankheiten ist meiner Meinung die exzessive Kohlenhydratzufuhr aus den falschen Quellen, hauptsächlich aufgrund der Implikationen auf das Insulin. Da dies jedoch Stoff für einen einzelnen Artikel ist, werde ich dies nicht weiter ausführen.

Für die Zwecke dieses Artikels reicht es aus, zu sagen, dass es immer auf den Kontext ankommt, wann Kohlenhydrate oder Fette als „gut“ oder „schlecht“ bezeichnet werden können. Mit Pauschalaussagen macht man sich das Ganze zu einfach.

Fazit

Ich will ganz deutlich machen, dass ich nicht die Absicht habe, hieraus einen „Pro-Fett-Artikel“ zu machen und Low Carb Diäten zu propagieren. Meine Hauptaussage ist, dass beide Extreme ihre eigenen Probleme mit sich bringen. Sowohl extrem fettarme als auch extrem kohlenhydratarme Ernährungsweisen dürfen keine Pauschalempfehlungen sein.

Fett ist nicht generell schlecht und Kohlenhydrate sind nicht generell gut – und andersherum. Die Nahrungsquellen, die Zusammensetzung der gesamten Ernährung, die Gesamtmengen an Makronährstoffen, Mikronährstoffen und Kalorien, das Aktivitätslevel und viele andere Faktoren dürfen nicht unbeachtet bleiben. Fettleibigkeit – und allgemein der Gesundheitsstatus einer Person – ist immer multifaktoriell.

Im Kontext einer zu hohen Kalorienzufuhr, vielen verarbeiteten Kohlenhydraten (welche chronisch hohe Insulinlevels auslösen), einer schlechten Auswahl der Fettquellen (zu viele Transfett- und gesättigte Fettsäuren und/oder zu wenig ungesättigte Fettsäuren), zu wenig Obst und Gemüse, zu wenig Bewegung etc. ist eine hohe Fettzufuhr alles andere als förderlich. Bedauerlicherweise entspricht dies in modernen Gesellschaften einer recht typischen Diät (vor allem in den USA).

Im Kontext einer kalorienkontrollierten Diät, in der die Fette vor allem aus ungesättigten Quellen stammen (wobei beachtet werden muss, dass die chemische Instabilität mehrfach ungesättigter Fettsäuren ebenfalls Probleme mit sich bringt) und viel Obst und Gemüse konsumiert wird, sowie im Kontext von ausreichender Bewegung, eines recht niedrigen Körperfettanteils und eventueller Pathologien können höhere Fettzufuhren jedoch wahrscheinlich sogar einige Vorteile mit sich bringen.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Sashkin


     

Über

Lyle McDonald ist ein Forscher und Coach, der bereits mit einer Vielzahl von Bodybuildern, Powerliftern und anderen Athleten hinsichtlich aller möglichen Aspekte ihres Trainings, ihrer Ernährung und Nahrungsergänzung zusammengearbeitet hat. Er kombiniert eine mehrere Jahrzehnte andauernde Obession der menschlichen Physiologie mit der Fähigkeit seine Forschung in brandaktuelle Lösungen für etliche Probleme zu liefern, mit denen sich Athleten tagtäglich konfrontiert sehen.
Mittlerweile hat Lyle mehr als sechs verschiedene Bücher verfasst, darunter die Ultimate Diet 2.0, das Rapid Fat Loss Handbook, Stubborn Fat Solution und weitere mehr. Besuche Lyle auf seiner Seite Bodyrecomposition.com.

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