Optimierter Muskelaufbau & sportspezifisches Training: Die perfekte Wiederholung

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Optimierter Muskelaufbau & sportspezifisches Training: Die perfekte Wiederholung

Von Bret Contreras | Benötigte Lesezeit: 4 Minuten |


Wir hören oft, dass man jede Wiederholung so explosiv wie möglich ausführen sollte. Eine solche Herangehensweise ans Training wurde von Autoren empfohlen, welche sowohl Artikel über Hypertrophie, als auch sportspezifisches Training schreiben.

Die Theorie besagt, dass man durch die Maximierung der „Explosivität“ die Motorneuronen mit hoher Reizschwelle (High Threshold Motor Units, kurz:: HTMUs) aktiviert, was zu einer stärkeren Hypertrophie und Kraftentwicklungsrate (Rate of Force Development, kurz: RFD) führt.

In Wahrheit gibt es nicht besonders viele Beweise, die belegen, dass explosives Training die sportliche Leistung gegenüber kontrolliertem Training fördert.

Optimierter Muskelaufbau & sportspezifisches Training: Die perfekte Wiederholung

Tatsächlich schrieben Bruce-Low und Smith ein ganzes Paper über dieses Thema (1), welches übrigens sehr empfehlenswert ist.

Weiterhin scheinen die Beobachtungen von Hay et al., die das Gelenksdrehmoment von drei Männern gemessen haben, während diese einen Bizeps-Curl ausführten, diese Ansicht ebenfalls zu unterstützen (2).

Hay et al. fanden heraus, dass bei kurzzeitigen Bewegungen (<2 Sekunden) sehr wenig Drehmoment nötig ist, um das Gewicht durch den Großteil des Bewegungsumfangs (Range of Movement – ROM) zu bewegen, da das Gewicht nach der anfänglichen Beschleunigung teilweise durch den Schwung bewegt wird. Daher bieten schnelle Bewegungen weniger Muskelspannung als langsame Bewegungsausführungen – was bedeutet, dass schnellere Bewegungen, wie diese „explosiv“ ausgeführten Übungen, keinen optimalen Kraftanstieg durch die volle ROM des Muskels zustande bringen.

Dies würde ebenfalls auf die Hypertrophie zutreffen. Einzelne Muskel, die an der anfänglichen Bewegung beteiligt sind. würden bei der explosiven Ausführung sehr gut beansprucht werden, wohingegen andere Muskeln am Ende der ROM einen geringeren Reiz abbekommen.

Es wurde gezeigt, dass isometrische Protokolle „bereichsspezifisch“ sind, was bedeutet, dass sie nur für eine bestimmten Teil der ROM funktionieren, aber nicht für die gesamte Bewegung optimal sind. Aus der obigen Forschung können wir sehen, dass die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Wiederholungen ebenfalls „bereichsspezifisch“ sind.

Zu guter Letzt zeigen EMG Daten, dass bestimmte Übungen unterschiedliche Muskel auch an bestimmten Punkten der Übungen maximal beanspruchen. Beispielsweise zeigt eine Kniebeuge mehr Aktivierung des Gluteus am unteren Ende der Bewegung, wohingegen der Hip Thrust mehr Aktivierung dieses Muskels am oberen Ende der ROM zeigt. Aus diesem Grund nenne ich die Kniebeuge eine „Stretch-Positions“-Übung und den Hip Thrust eine „Kontrahierte-Positions“-Übung.

Entgegen der landläufigen Meinung sind dieselben Muskel nicht im selben Teil der ROM aktiv und unterschiedliche Teile eines Muskels werden weiterhin in verschiedenen Bereichen der Bewegung bearbeitet.

In Supertraining erklärt Siff die beliebte, jedoch falsche Sicht:

  • Dieselbe Bewegung wird immer durch denselben Muskel ausgeführt.
  • Dieselben Muskeln führen immer dieselbe Bewegung aus.
  • Dieselben Muskeln dominieren durch die gesamte ROM hinweg.
  • Muskeln arbeiten nur als aktives Gewebe.
  • Muskeln arbeiten nur als Beweger oder Stabilisator.
  • Muskeln sind nur wichtige Gewebe, welche die Bewegung kontrollieren.

Diese Fehlannahmen entsprechen jedoch einfach nicht der Wahrheit

Manche Muskeln beteiligen sich nicht, bis sich die Hebel- und Dehnungs-Spannungs-Verhältnisse während einer Bewegung verändern. Weiterhin sorgt die Richtung, aus der die Last kommt, für eine Beeinflussung – das gilt besonders für Grundübungen und Übungen die das Hüftgelenk involvieren. Tatsächlich können manche Muskeln gegensätzliche Rollen innerhalb einer Bewegung einnehmen. Man nennt das „Inversion der Muskelaktivierung“.

Ein gutes Beispiel sind die Adduktoren: Sie sind Hüftstrecker, wenn die Hüfte kontrahiert ist und Hüftbeuger, wenn sie gedehnt ist. Wenn du also  Muskelwachstum (Hypertrophie) maximieren willst und/oder das Krafttraining auf andere Sportarten übertragen möchtest, solltest du beachten, welcher „Bereich“ des Muskels in jeder Übung und Art der Ausführung belastet wird.

Beim sportspezifischem Training geht es nicht nur um „die Bewegung“ – es geht um Muskeln, Gelenkwinkel, Lastvektoren, Energiesysteme, Übertragung durch andere Körperteile, usw. Im Sport powerst du durch Bewegungen, wie Sprints oder Sprünge, also musst du in jedem Bewegungsumfang kraftvoll sein.

Es gibt Vor- und Nachteile zu jeder Art von Wiederholung und Übung. Ich werde nur einige dieser Vor- und Nachteile zu einer Reihe verschiedener Wiederholungsarten auflisten.

Über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Trainingsprinzipen, Bewegungen & Übungen

  • Vorteile von explosiven Bewegungen: Gesteigerte Kraft in der gedehnten Position, beste Methode für den Beginn der Bewegung, beste Methode für RFD, wahrscheinlich mehr Gewebszerstörung aufgrund der gesteigerten Belastung in der gedehnten Position – gut für Hypertrophie in Muskeln die die Bewegung einleiten.
  • Nachteile von explosivem Training: Entschleunigung zur kontrahierten Position hin, nicht so gut für den Schluss der Bewegung, nicht gut um konstante Spannung zu produzieren, welche wichtig für die Hypertrophie ist.
  • Vorteile von kontrollierten Bewegungen: Gesteigerte Kraft über die gesamte ROM, keine „Unterstützung“ vom Schwung, was viel mehr Muskelspannung in allen Bereichen der Bewegung erfordert, mehr „konstante Spannung“, was zur Okklusion und Hypoxie führt, was großartig für die Hypertrophie ist.
  • Nachteile von kontrolliertem Training: Geringe Bewegungsgeschwindigkeit, submaximale Beschleunigung.
  • Vorteile von ansteigendem Wiederstand (Ketten und Bänder): Beschleunigung, gute Methode für die Endphase der Bewegung.
  • Nachteile von ansteigendem Wiederstand (Ketten und Bänder): Submaximaler Stress in der gedehnten Position verglichen mit gleichbleibender Lasst, weniger stabil, entspricht nicht immer wirklich der „Kraftkurve“.
  • Vorteile von Gewichtsfreisetzern: Betonte exzentrische Bewegung.
  • Nachteile von Gewichtsfreisetzern: Funktioniert nur bei einer Wiederholung.
  • Vorteile von isometrischen Wiederholungen: Kann jeden Bereich einer Bewegung verbessern.
  • Nachteile von isometrischen Wiederholungen: Spezifisch für einen Bewegungsbereich; überträgt sich nicht gut auf andere Bereiche, könnte mit der Elastizität und Kraftproduktion interferieren.
  • Vorteile von exzentrischen Wiederholungen: Großartig für die Agilität, Entschleunigung und Hypertrophie.
  • Nachteile von exzentrischen Wiederholungen: Extremer Muskelkater, überträgt sich nicht immer ganz auf die konzentrische Kraft, benötigt manchmal einen Spotter.
  • Vorteile von ballistischen Wiederholungen: Großartig für RFD und Reaktivität/Elastizität.
  • Nachteile von ballistischen Wiederholungen: Nicht gut für Hypertrophie oder Maximalkraft.
  • Vorteile von nur-konzentrischen Übungen (z.B. Schlitten schieben): Reduzierter Muskelkater.
  • Nachteile von nur-konzentrischen Übungen (z.B. Schlitten schieben): Keine exzentrische Phase, submaximal für Hypertrophie.
  • Vorteile von Übungen in gedehnter Position: Verbesserte Anfangskraft.
  • Vorteile von Übungen in kontrahierter Position: Verbesserte Endkraft.
  • Vorteile von quasi-isometrischen Wiederholungen: Großartig für gleichzeitig Mobilität und Stabilität, gut für die Anfangskraft.
  • Nachteile von quasi-isometrischen Wiederholungen: Nicht sehr gut für Hypertrophie oder Maximalkraft
  • Vorteile von Teilwiederholungen: Gut für Hypertrophie, Kraft und Abwechslung, stimuliert einzigartig das ZNS und Bindegewebe auf eine Art wie es leichtere Bewegungen mit voller ROM nicht schafft.
  • Nachteile von Teilwiederholungen: Spezifisch für Bewegungsbereiche; überträgt sich nicht gut auf andere Regionen der Bewegung, nicht optimal für Hypertrophie.

Abschließende Worte

Daher glaube ich, dass Trainierende, die Hypertrophie und Athletik wollen, eine Kombination verschiedener Übungen und Wiederholungsgeschwindigkeiten anwenden sollten. Man kann einfach keine optimale Entwicklung von nur einer Methode erlangen: Bestimmte Übungen sind besser für explosive Wiederholungen geeignet und andere für kontrollierte Bewegungsmuster. Man sollte in seinem Training Abwechslung in Bezug auf die Übungsauswahl, sowie der Art der Wiederholung haben um alle Bewegungsbereiche maximal zu stärken, wenn es das Ziel ist so große und kraftvolle Muskeln wie möglich aufzubauen

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Quellen & Referenzen

(1) Bruce-Low, S. et al. (2007): Explosive Exercises in Sport Training: A Critical Review. In: J Exer Phys Online. URL: https://www.asep.org/asep/asep/Bruce-LoweFeb2007.pdf.

2) Hay, JG. / Andrews, JG. / Vaughan, CL. (1983): Effects of lifting rate on elbow torques exerted during arm curl exercises. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6843322.

Siff, M. (2003): Supertraining. 5. Auflage. Supertraining Institute: 2003: S. 194. Erhältlich auf Amazon unter: http://amzn.to/2s2iodB.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / blackday


Über

Bret Contreras (PhD, CSCS) wird vielfach als der führende Experte auf dem Gebiet Gesäßmuskeltrainings angesehen, was ihm unter anderem den Beinamen „The Glute Guy“ eingebracht hat. Auf seiner Seite BretContreras.com informiert der Personal Trainer seine Leser über effiziente Trainingsmethoden und Fitnesstraining.
Zusammen mit Chris Beardsley betreibt Bret darüber hinaus die Plattform Strength & Conditioning Research, die Abonnenten monatlich über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse im Trainingsbereich informiert.
Bekannt ist Bret unter anderem auch durch seine regelmäßigen Beiträge in einschlägigen On- wie Offline-Magazinen, darunter Flex, Men’s Health, Muscle & Fitness, T-Nation.com, Bodybuilding.com und viele andere.

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