Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

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Charles Poliquins‘ Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

Von Menno Henselmans | Benötigte Lesezeit: 18 Minuten |


Es gibt eine wahre Geschichte hinter diesem Artikel. Das Original wurde in Niederländisch auf dem Blog von Guy Droog, einem Men’s Health Cover Model und Personal Trainer, veröffentlicht, der ein langjähriger Klient bei mir war. Guy und ich teilen eine Verpflichtung gegenüber der Wahrheit und das selbst dann, wenn es einige Leute verärgert und karrieretechnisch vielleicht auch nicht die beste Entscheidung darstellt.

Dieser Artikel im Speziellen beschwor eine solche Kontroverse herauf, so dass die Betreiber von Overload Worldwide darin involviert wurden. Bei Overload Worldwide handelt es sich um eine Organisation, die die Lehren von Charles Poliquin vertritt und durch das Ausstellen von Zertifikaten eine Menge Geld scheffelt (und andere wiederum dazu bringt, diese Lehren zu verbreiten). So wie auch eine Tonne anderer Personal Trainer, die als „Personal Hormonal Profiling“ (PHP) Trainer zertifiziert wurden.

Sie haben Guy zu einer Diskussion herausgefordert. Und da Guy und ich ein reines Gewissen haben und uns gerne einer neuen Herausforderung stellen, um unsere eigenen Ansichten in Frage zu stellen, haben wir diese Herausforderung natürlich angenommen. Funkstille. Rob Trousselot, der Besitzer von LIJFSTIJL Coaches, stolperte über diese Story und lud Overload Worldwide, Guy, mich und Chi L. Chiu (Repräsentant von Chivo, einem wissenschaftlichen Gesundheitsinstitut) zu einer öffentlichen Debatte zu seinen eigenen Kosten ein.

Guy, ich und Chi akzeptierten die Einladung. Bis zum heutigen Tag haben wir von Overload Worldwide keine Rückmeldung erhalten.

Eine wissenschaftliches Review zu Charles Poliquins BioSignature Modulation

Hartnäckiges Fettgewebe (engl. stubborn fat). Frauen können das Fett an den Hüften nicht loswerden, was dazu führt, dass sie mit einem dicken Hintern herumlaufen, während Männer es nicht am Bauch verlieren können, so dass das glorreiche Sixpack darunter zwangsweise im Verborgenen bleibt. Aber keine Angst, denn es gibt eine Lösung. Die Verteilung von Fett am Körper wird durch die hormonelle Balance entschieden. Stelle die hormonelle Balance wieder her und das hartnäckige Körperfett wird so schnell verschwinden, wie Tränen in einem Blizzard. Und das Beste daran ist: Du musst nicht einmal weniger dafür essen.

So oder so ähnlich lautet das Versprechen einer exponentiell-steigenden Anzahl an Vereinigungen, welche den perfekten Strandkörper versprechen, indem sie hormonelle Dysbalancen beheben – allen voran die BioSignature Modulation von Charles Poliquin und Overload Worldwides Personal Hormonal Profiling. Aber wie wissenschaftlich fundiert sind diese Theorien und wie wirkungsvoll ist ihre Anwendung wirklich?

Der folgende Artikel konzentriert sich auf BioSignature, weil es der Stammvater aller weiteren Varianten ist.

Charles Poliquins‘ Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

Die Grundidee hinter BioSignature ist wie folgt: Du kannst die Serumspiegel der wichtigsten Hormone im Körper ohne einen Bluttest ermitteln. Das tust du, indem du die Hautfaltendicke an zahlreichen Stellen des Körpers – mit Hilfe eines Fettkalipers – herausfindest. Deine regionalen Fettreserven an den jeweiligen Stellen weisen auf eine fehlende Balance spezifischer Hormone hin.

Zum Beispiel: Wenn du eine überproportionale Menge an Fett in der Nähe des Unterschulterblatts (subscapular) einlagerst, dann bedeutet dies, dass du zu viel Insulin produzierst. Wenn du also weißt, welche Hormone aus der Balance gefallen sind, dann kannst du dies durch ein spezifisches Training, eine spezifische Ernährung, Ergänzung sowie bestimmte Lifestyle Interventionen beheben. Das Ergebnis ist, dass das unliebsame Fetteinlagerungsmuster sich in der Folge korrigieren wird.

Das folgende Bild fässt die hormonelle Ermittlung des BioSignature Modulation Programms zusammen. Das darauffolgende Bild zeigt das Personal Hormonal Profiling, welches im Prinzip ein- und dasselbe ist.

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

BioSignature / Personal Hormonal Profiling, basierend auf Messergebnissen von 12 Hautfaltendicken wird deine hormonelle Balance ermittelt.

Teile und erobere bleibe fett

Bevor wir tiefer in die Forschung eintauchen, können wir bereits eines der Hauptprobleme von BioSignature identizifieren. Deine Fettverteilung und deine Fettmasse sind zwei distinkte anthropometrische (wortwörtlich: „körperliche Messungen“) Charakteristiken. Die Fettmasse ist die Gesamtmenge an Fett, die dein Körper mit sich herumträgt und die Verteilung definiert, wo es eingelagert wird. Wenn du also deine Fettverteilung mit Hilfe einer hormonellen Korrektur veränderst, ohne dabei auch nur ein Gramm an Körperfett zu verlieren, tust du im Grunde genommen nichts anderes, als das Fett von A nach B in deinem Körper herumzuschieben.

Ein Beispiel: Während der Menopause „verlieren“ Frauen aufgrund hormoneller Veränderungen an Fett in der Hüft- und Beinregion. Dieses Fett verlagert sich primär in die Bauchgegend (1)(2). Das Ergebnis ist ein flacher Hintern und ein dicker Bauch dass würde ich nicht gerade als die Wunderlösung für Fettverlust bezeichnen.

Ein Körnchen Wahrheit

Die Neuverteilung deiner Fettmasse ist folglich nicht immer erstrebenswert, doch manchmal ist sie es doch. Die meisten Männer hätten nichts dagegen, wenn sie das Körperfett am Bauch zu ihren Beinen hinverlagern könnten. Kann dies durch eine Veränderung der hormonellen Balance erreicht werden? Sehr wahrscheinlich schon. BioSignature ist nichts, dass sich Charles Poliquin einfach aus dem Nichts erdacht hat. Die wissenschaftliche Literatur ist zweifelsfrei, wenn es um die Tatsache geht, dass die regionale Fettverteilung durch die Aktivität unterschiedlicher Hormone beeinflusst wird (7)(9).

Dies ist allerdings noch nicht das Ende der Hormongeschichte. Wie Hormone deine lokale Fetteinlagerung beeinflussen entspricht nicht den Behauptungen, die durch BioSignature aufgestellt werden.

Die Sexualhormone

Die meisten Menschen sind bestens mit der Volksweisheit vertraut, dass Männer ehe eine Apfelform haben (d.h. relativ viel Viszeralfett und Fettgewebe in der Bauchfellgegend), während Frauen eher eine Birnenform aufweisen (d.h. eine verstärkte Einlagerung von Fett in Hüft- und Schenkelgegend). Das nachfolgende Bild aus einem wissenschaftlichen Journal stellt den Sachverhalt bildlich einmal dar (7).

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

Schlüsselunterschiede im Fettgewebe. Verglichen zu Männern, werden Frauen durch eine erhöhte Menge an braunem Fettgewebe (BAT) und vergrößerten peripheren Fettdepots charakterisiert, während intra-abdominale Fettdepots bevorzugt in Männern erhöht sind (Bildquelle: (7))

Die Geschlechterunterschiede im Fetteinlagerungsmuster sind Fakten, die jedermann im täglichen Leben selbst beobachten kann. Natürlich wäre es ein Leichtes an dieser Stelle zu denken, dass dies aufgrund erhöhter Testosteronspiegel in Männern und erhöhter Östrogenspiegel in Frauen so ist – schließlich handelt es sich hierbei um die Hormone schlechthin, die für die sexuelle Differenzierung verantwortlich sind.

Dies ist allerdings ein Trugschluss und wie so oft würde man damit Korrelation mit Kausalität verwechseln. Die Wahrheit ist, dass beide Unterschiede in der Hormonproduktion und Unterschiede im Fetteinlagerungsmuster genetisch bedingt sind. Zirka 50% der Differenz im Fetteinlagerungsmuster zwischen Männern und Frauen kann allein durch unsere DNA erklärt werden. Innerhalb der Geschlechter sind es sogar 70% (6)(7). Auf Transsexualität und Fettverteilung kommen wir später noch einmal zu sprechen, doch für den Augenblick nehme ich stark an, dass die Leute nicht an einer Geschlechtsumwandlung interessiert sind, nur um ihr hormonelles Profil „auszubalancieren“.

Die verbliebenen 30% der Unterschiede in der Fettverteilung zwischen Individuen desselben Geschlechts, Alters und Ethnizität erklären die Mehrheit (6)(7). Dies impliziert bereits die Rolle, welche die Hormone in der Beeinflussung des Einlagerungsmusters spielen, die gegenüber den Differenzen, die wir zwischen Individuen beobachten können, marginal ausfallen. Auf dem individuellen Level können Hormone, wie ich bereits weiter oben angemerkt habe, dennoch einen großen Unterschied in der Fettverteilung einer Person spielen.

Testosteron

Beginnen wir mit einem kurzen Review zu Testosteron. Bei Männern verändert Testosteron, selbst bei supra-physiologischen Leveln (z.B. 10 Mal so hohe Testosteronmenge) und bei einem Shutdown der körpereigenen Testosteronproduktion, nicht den Ort, an dem bevorzugt Fett eingelagert wird (8). Jedoch beeinflusst Testosteron die Tiefe der Fetteinlagerung (aber eben nicht den Ort), insofern kannst du nicht vom Fetteinlagerungsmuster auf den Testosteronwert eines Mannes schließen, so wie es das Bio Signature Konzept vermittelt.

Wenn Testosteron die regionale Fettverteilung beeinflussen würde, dann würdest du erwarten, dass Männer und Frauen an exakt den gegenteiligen Körperpartien Fett einlagern würden. Das männliche Sexualhormon wirkt über androgene („männlich machende“) Rezeptoren und stimuliert die Lipolyse (auch bekannt als Fettverbrennung). Die Dichte der androgenen Rezeptoren ist im Oberkörper weitaus höher, als im Unterkörper, insofern würde dies implizieren, dass Männer das Fett tendenziell im Unterkörper einspeichern würden, während Frauen es eher im Oberkörper einlagern müssten (6)(9). Glücklicherweise ist dies nicht der Fall (und deswegen haben Männer keine weiblichen Kurven).

Stress

Testosteron kann indirekt beeinflussen, wo das Fett eingelagert wird – das ist der Punkt, an dem es kompliziert wird, denn das männliche Sexualhormon bekämpft die Effekte des Stresshormons Cortisol.

Cortisol ist ein Hormon mit sehr starker Beziehung zur Fettverteilung in beiden Geschlechtern. Es agiert via Glucocorticoid-Rezeptoren zur Stimulation von Lipoprotein Lipase (LPL; für mehr Infos zu LPL siehe unseren Artikel hier). Einfach ausgedrückt: LPL ist ein Enzym, welches Fettzellen bereit zum einlagern (von Fett) macht. Das notorische Fett zwischen den Organen in deiner Bauchgegend besteht hauptsächlich aus Fettzellen, die man viszerale Adipozyten nennt. Viszerale Adipozyten haben mehr Glucocorticoid-Rezeptoren als andere Fettzellen. Fettzellen im Torso haben weniger Glucocorticoid-Rezeptoren und subkutane Fettzellen, die man überall anders am Körper findet, haben noch weniger. Die Fettzellen an deinen Hüften und oberen Beinen haben am wenigsten Glucocorticoid-Rezeptoren (9).

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Chronisch erhöhte Cortisolspiegel wirken zentralisierend auf die Fetteinlagerung. (Bildquelle: Pixabay.com / geralt ; CC Lizenz)

Und das heißt: Cortisol sorgt primär für eine Fetteinlagerung in der Bauchgegend, gefolgt vom Torso und nur minimal am Unterkörper. Die Behauptung innerhalb des Bio Signature Konzepts, wonach eine hohe Fetteinlagerung am Bauch ein Indikator für (zu) hohes Cortisol ist, besitzt demnach ein Fünkchen Wahrheit.

Testosteron ist ein Cortisol-Antagonist (Cortisol-Gegenspieler). Beide Hormone befinden sich in einem fortwährend Kampf um die LPL-Aktivität (das Enzym, welches Fettzellen zur Einlagerung vorbereitet). Cortisol stimuliert LPL und Testosteron hemmt LPL. Auf diesem Wege gewährt Testosteron die Wirkung von Cortisol. Das Stresshormon sorgt für eine Anhäufung von Fett am Bauch, sofern nicht genügend Testosteron vorhanden ist, um es zu stoppen.

Östrogen

Bei Männern ist der Effekt von Östrogen natürlicherweise in der Auswirkung von Testosteron eingebaut. Die Östrogenproduktion (Östradiol + Östron + Östriol) ist stets proportional zur Produktion der Androgene in gesunden Männern. Der Hauptproduzent von Östrogen ist das Enzym Aromatase (siehe hierzu auch unseren Artikel „Aromatase & Aromatase-Hemmer“ für ausführlicheren Input).

Kurz erklärt: Aromatase konvertiert einen Teil der Androgene in Östrogene. Das meiste Östrogen entsteht via Aromatase über Testosteron (welches zu Östradiol umgewandelt wird). Die komplette Biosynthese von Östrogen durch Aromatase aus androgenen Hormonen wird im nachfolgenden Bild kurz dargestellt (4):

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

In Männern verhält sich die Östrogenproduktion stets proportional zur Androgenproduktion.

Wie man es auch dreht und wendet – Östrogen ist stets proportional zu Testosteron. Beide steigen gemeinsam in ihrer Konzentration, beide sinken gemeinsam in ihrer Konzentration. Daher ist es auch unmöglich zwischen den fetteinlagernden Eigenschaften von Testosteron und Östrogen in gesunden Männern zu unterscheiden. Auch dies steht im Widerspruch zum Bio Signature Konzept.

Die weibliche Perspektive

Was das Testosteron für den Mann ist, ist das Östrogen für die Frau. In Frauen agiert Östrogen primär als Cortisol-Antagonist zur Reduktion der LPL-Aktivität. Hierbei handelt es sich um einen dosis-abhängigen Effekt, anstelle eines Gewährenden, wie es bei Testosteron im Mann der Fall ist. Eine Frau mit hohem Östrogenspiegel lagert Fett hauptsächlich in der bekannten „Birnen-Form“ ein. Parallel dazu lagert eine Frau mit einem niedrigen Oströgengehalt das Fett eher gleichmäßig ein, wobei sich mehr Fett in der Bauchgegend und am Torso ansammelt (und dafür weniger am Unterkörper).

Also…das Bio Signature Konzept behauptet nun, dass ein hoher Östrogenspiegel mit einer Fetteinlagerung im Unterkörper einhergeht (was auch stimmt – allerdings nur bei Frauen). Man könnte allerdings auch sagen, dass Östrogen mit einer mangelnden Fetteinlagerung in der Bauchgegend in Verbindung steht (6)(9)(12)(14).

Testosteron hat in der Frau einen gegenteiligen Effekt zur Wirkung von Östrogen – und sorgt daher für eine zentralisierte Fetteinspeicherung wie Cortisol. Der exakte Mechanismus ist noch nicht bekannt, allerdings können wir die Folgen in Frauen beobachten, welche die Menopause durchlaufen (wo der Testosteronspiegel steigt und der Östrogenspiegel sinkt). Das Fett verlagert sich vom Unter- zum Oberkörper. Dasselbe passiert bei Frauen, die sich zum Mann umoperieren lassen (Transsexuelle) und eine Testosterontherapie erhalten: Das Fettverteilungsmuster nimmt maskuline Züge an (Von der Birne zum Apfel). Östrogen verhindert den Effekt von Testosteron, indem es die Dichte der androgenen Rezeptoren senkt – und es stimuliert die Produktion von Wachstumshormon (6)(9)(12)(14).

Fett minimieren mit Wachstumshormon

Konträr zu dem, was der Name vermuten lässt, entfaltet Wachstumshormon einen minimierenden Effekt auf Fettzellen (via Lipolyse). Wachstumshormon gehört ebenfalls zu den Cortisol-Antagonisten und es erhöht die Anti-Cortisol Aktivität von Testosteron in Männern und von Östrogen in Frauen. Ein hoher Wachstumshormonspiegel wird daher bevorzugt Bauchfett, gefolgt von Fett am Torso und schließlich Fett am Unterkörper verbrennen/abbauen (8)(9).

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

(Bildquelle: Flickr / 95Berlin ; CC Lizenz)

In Poliquins‘ Bio Signature Modulation sind die Waden und Knie die Körperpartien, anhand dessen der Wachstumshormonspiegel des Individuums festgemacht wird. Diese Praktik wurde 1981 von einer Gruppe Doktoren von der Emory University entwickelt (13). Sie haben eine Z-Formel, basierend auf Messungen der Hautfaltendicke konstruiert, die mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90% in der Lage war einen Mangel an Wachstumshormon zu identifizieren. Aber es gibt einen Wermutstropfen – oder genauer gesagt: Zwei.

Erstens war die Fettverteilung im Zuge eines Wachstumshormonmangels genau so, wie du es erwarten würdest, wenn du all die oben genannten Dinge begriffen hast: das zentralisierte Fettverteilungsmuster, welches mit hohen Cortisolspiegels assoziiert ist. Die Regionen, die bei der Hautfaltendicke in Personen mit einem Mangel an Wachstumshormon höher lagen, als bei jenen ohne einen Mangel, waren der Abdomen (suprailac, abdominal tief und hoch), Brust (pektoral) und Rücken (subscapular). Die Knie und Waden zählten nur zu den viert- und fünftbesten Variablen zur Vorhersage.

Das heißt also: Dieses Fetteinlagerungsmuster könnte nicht nur mit einem Wachstumshormonmangel assoziiert sein, sondern auch mit einem hohen Cortisolwert oder – in Frauen – niedrigem Östrogenspiegel bzw. hohen Testosteronspiegel. Die Wissenschaftler schlossen nur auf einen Wachstumshormonmangel, weil es sich hierbei um eine Studie handelte, deren Probanden kurzwüchsige Kinder waren. Körpergröße, bzw. Kurzwüchsigkeit, war die Nummer 1 Variable zur Vorhersage einer erniedrigten Produktion an Wachstumshormon und nur die Kombination einer kurzen Statur sowie eines zentralisierten Fetteinlagerungsmusters war dazu in der Lage Kinder mit Wachstumshormonmangel eindeutig zu identifizieren.

Kennst du diese Ausschlussklauseln (Disclaimer), wo du dich fragst, wieso man diese zum Henker unbedingt mit reinnehmen musste – etwa solche Dinge wie „Das Surfen auf dem Zug ist verboten“ oder „Ungeeignet zum Trocken von lebenden Tieren“ bei Mikrowellen? Die Forscher der obigen Studie taten etwas Ähnliches: „diese spezielle Formel, die hier entwickelt wurde, ist nicht für den Allgemeingebrauch geeignet“.

Und es wird noch viel schlimmer. Wie du vielleicht bei einem solchen zentralisierten Fetteinlagerungsmuster erwarten würdest, wiesen Kinder mit einem Wachstumshormonmangel niedrigere Hautfaltenmessungen bei Waden und Knien auf, als gesunde Kontrollprobanden. Es handelt sich also um das absolute Gegenteil von Poliquins Bio Signature Vorhersage.

Progesteron: Die Mutter der Komplexizität

Progesteron ist ein Hormon, welches die Komplexizität der Frau verkörpert. Die Effekte von Progesteron sind vollständig von der begleitenden physiologischen Situation abhängig. Progesteron stimuliert LPL und kann so die Fetteinlagerung begünstigen, aber es blockt auf der anderen Seite den Glucocorticoid-Rezeptor und verringert dadurch die fettzentralisierenden Effekte des Cortisols.

Und um die Dinge noch komplexer zu machen: Progesteron senkt die Aromatisierung (=Umwandlung) von Testosteron zu Östrogen. Mehr Progesteron bedeutet daher im Allgemeinen auch weniger Östrogen – insbesondere bei Männern. Weniger Östrogen kann allerdings auch die Effekte von Progesteron selbst reduzieren, da beide Hormone sehr stark via Cross Talking an Östrogen- und Progesteron-Rezeptor Stellen interagieren (15)(16)(21).

Diese Komplexizität ist vermutlich der Grund dafür, wieso Progesteron im Bio Signature Modulation Programm nicht thematisiert wird…obwohl es einen sehr starken Effekt auf die regionale Fetteinlagerung ausüben kann.

Schilddrüsenhormon: Volles Rohr, Pseudowissenschaft!

Charles Poliquins Bio Signature Modulation behauptet, dass eine exzessive Fetteinlagerung am Brustkorb (midaxilläre Hautfalte) eine schlechte Schilddrüsenfunktion impliziert. Die Wissenschaft ist zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen: Zentrales Übergewicht ist positiv mit der Aktivität der Schilddrüse korreliert.

Genauer gesagt weisen Menschen mit einer großen Menge Fett in ihrer Mitte signifikant erhöhte Konzentrationen des aktivsten Schilddrüsenhormons auf – dem freien T3 (Triiodothyronin). Es gibt zahlreiche Mechanismen, durch welche die Schilddrüsenaktivität in Folge von Übergewicht ansteigt. Nehmen wir beispielsweise Mal das Leptin, ein Hormon, welches von den Fettzellen synthetisiert wird.

Leptin stimuliert die Konversion von T4 (Thyroxin) zum aktiveren T3, indem es die Aktivität von Deiodinasen verändert. Zusätzlich dazu setzt Leptin durch die Transkription von Thyreoliberin (TRH, vom engl. thyreotropin releasing hormone) die komplette Produktionskette von Schilddrüsenhormon in Gang (22)(23)(24).

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

Das Schilddrüsen-System (Source: Wikimedia.org / Mikael Häggström ; CC Lizenz)

Die Veränderung in der Schilddrüsenfunktion – und damit konsequenterweise auch vom Stoffwechsel – ist weiterhin ein thermo-adaptiver Mechanismus mit evolutorischem Zweck. Wenn du an Gewicht verlierst, geht die Schilddrüsenaktivität runter, um den Energieverbrauch zu senken und dich vor dem Hungertod zu bewahren. Wenn du an Gewicht zulegst, dann geht die Schilddrüsenaktivität hoch, um zu verhindern, dass du fettleibig wirst. Wenn dir der evolutionsbedingte Vorteil des Schlankbleibens nicht sofort deutlich wird, dann bedenke, dass Übergewicht nahezu mit allen Pathologien und Krankheiten korreliert ist, die der Menschheit bekannt sind, darunter auch Unfruchtbarkeit (22)(23)(24).

Insulin: Die Wahrheit unter der Fettschicht

Insulin wird oftmals als Speicherhormon bezeichnet – und das aus gutem Grund. Insulin interagiert sehr stark mit LPL zur Einlagerung von Fettsäuren aus dem Blut ins Fettgewebe. Da Cortisol die Produktion von LPL stimuliert, verstärkt Insulin den Effekt von Cortisol. Hohe Insulinspiegel können daher zu einer bevorzugten Einlagerung in der Körpermitte beitragen (6)(9).

Die Behauptung, die durch Bio Signature aufgestellt wird – nämlich dass der Insulinspiegel mit der Fetteinlagerung an den Hüften („Rettungsringe“) und Rücken begünstigen, liegt der Wahrheit also gar nicht so fern. Beide Partien sind immerhin Teile der Körpermitte. Die Wahl auf diese spezifischen Regionen fiel vermutlich aufgrund veralteter Forschungsergebnisse. Damals, in den guten alten Tagen (also bevor die Jugend von der Gesellschaft verdorben wurde), nutze man die Hautfaltendicke am Trizeps zur Einschätzung des Körperfettanteils einer Person (17). Das ist das, was Ärzte eine non-invasive Stelle nennen (und die Rückseite des Arms speichert generell genug Fett, um sie zu kneifen).

Die Alternative? Christians Freundin besucht die Praxis des Doktors. Der unheimliche Doktor sagt ihr, sie solle ihre Kleidung ablegen, damit er ihre „umbilikale Hautfalte“ messen kann. #verstörendesituation

Als die Forschung gezeigt hat, dass die subscapulare Hautfalte ein besserer Schätzer für Insulinprobleme war, frohlockten die Ärzte natürlich. „Nun können wir die Diabetes-Karte spielen. Vielleicht können wir sie auch dazu bringen den BH auszuziehen“. Nachfolgende Untersuchungen zeigten, dass die Beziehung zwischen Insulinsensitivität und Rückenfett verschwindet, wenn man das abdominale Fett (Bauchfett) berücksichtigt (18). Hohe Insulinspiegel werden schließlich mit einer zentralisierten Fetteinlagerung assoziiert und die subscapulare Hautfalte am Rücken ist weitaus zentralisierter gelegen, als der Trizeps (aber weniger zentral, als der Bauch).

Zusammenfassung: Hormonelle Regulation von regionaler Fetteinlagerung

Wie Hormone den Ort, an dem du Fett einlagerst, beeinflussen ist relativ simpel zu erklären. Generell speichern Männer das Fett gelichmäßig verteilt am Körper, was ihnen eine „Bananen-Form“ beschert. Frauen neigen eher zu einer Birnen-Form, bei der das Fett bevorzugt an Hüften und Beinen eingelagert wird. Die natürliche Figur beider Geschlechter wird nur auf einem Wege von Hormonen verändert: Cortisol zentralisiert die Fetteinlagerung und verändert das Fetteinlagerungsmuster zu einer Apfel-Form. Andere Hormone verändern lediglich den Effekt des Cortisols. Hormone beeinflussen nicht die Fetteinlagerung an speziellen Körperpartien – sie zentralisieren oder dezentralisieren das Fetteinlagerungsmuster des gesamten Körpers.

Die hormonelle Regulation der regionalen Fetteinlagerung in Männern wird mit dem nachfolgenden Bild zusammengefasst. Die geraden Pfeile stellen stimulatorische Effekte dar. Die lückenhaften Pfeile stellen hemmende Effekte dar. Viszerales Fettgewebe repräsentiert ein zentrales Fetteinlagerungsmuster mit sehr viel Fett in der Körpermitte, weniger am Torso und am wenigsten im Unterkörper. Bei Frauen haben Östrogen, Progesteron und Testosteron unterschiedliche Effekte (wie eben diskutiert)

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

(Bildquelle: BayesianBodybuilding.com)

BioSignatrue Vs. Wissenschaft

Die wissenschaftliche Datenlage unterscheidet sich signifikant von Poliquins Bio Signature Modulation, wo jedes Hormon einen anderen Quadratzentimeter am Körper übernimmt und angeblich die Fetteinlagerung beeinflusst. Das Bio Signature Programm berücksichtigt keine großen Unterschiede bei den Geschlechtern in den hormonellen Effekten von Testosteron, Östrogen und Progesteron – letzteres wird darin überhaupt nicht berücksichtigt. Bio Signature berücksichtigt auch nicht die starke Interaktion zwischen den Hormonen, die am Werke ist. Die nachfolgende Tabelle fasst die Diskrepanzen zwischen der Bio Signature Modulation und der wissenschaftlichen Lage einmal zusammen.

Hormon Bio Signature sagt ausWissenschaft sagt aus
TestosteronBeeinflusst die Fetteinlagerung in Brust & TrizepsDezentralisierte Fettverteilung in Männern, situationsbedingt bei der Cortisol-Konzentration, milde Zentralisation bei Frauen
Östrogen Beeinflusst die Fetteinlagerung an Hüften und OberschenkelnUnterdrückt den Testosteronspiegel bei Männern; Dezentralisation in Frauen
CortisolBeeinflusst die Fetteinlagerung am BauchZentralisiert die Fettverteilung
WachstumshormonBeeinflusst die Fetteinlagerung an Knien und Waden Dezentralisiert die Fettverteilung
ProgesteronGar nichtsDezentralisiert die Fetteinlagerung, situationsbedingt bei Östrogen und Cortisol-Konzentration
SchilddrüsenhormonBeeinflusst die Fetteinlagerung am BrustkorbBeeinflusst nicht die Fettverteilung
InsulinBeeinflusst die Fetteinlagerung an den Hüften und am RückenVerstärkt den Einfluss von Cortisol

Andersherum wird ein Schuh draus

Das Bio Signature Programm liegt bei so vielen Punkten – darüber, wie Hormone die Fetteinlagerung beeinflussen – falsch. Aber es liegt auch auf einem fundamentalen Level falsch. Fett übt einen viel stärkeren Einfluss auf Hormone aus, als Hormone auf Fett. Dieses Topic haben wir weiter oben bereits diskutiert: Fett reguliert die Schilddrüsenfunktion, doch Schilddrüsenhormon beeinflusst nicht, wo du Fett einlagerst. Selbstverständlich beeinflusst Körperfett nicht nur die Regulation der Schilddrüse.

Fett mit der Lupe betrachtet

Konträr dazu, was die durchschnittliche Person denkt, handelt es sich bei Fett nicht nur um ein Speichermedium. Fettgewebe ist tatsächlich sogar sehr komplex und Wissenschaftler sind immer noch dabei herauszufinden, wie unterschiedliche Fettzelltypen (Adipozyten) funktionieren. Nehmen wir als Beispiel mal beige Fettzellen, die eine distinktive Physiologie aufweisen und erst kürzlich von braunen Fettzellen unterschieden werden konnten (welche bereits im 16. Jahrhundert entdeckt wurden) (3).

Noch viel wichtiger: Fettgewebe ist alles andere als inaktiv. Fettzellen besitzen ihre eigene vaskuläre Zirkulation, Nervenzellen und Immunzellen. Fettgewebe ist metabolisch aktiv und dient als wichtiges endokrines Organ. Es reguliert die Ausschüttung vielzähliger Hormone und Wachstumsfaktoren – darunter (4)(5):

  • Adiponectin – reguliert den Blutzucker
  • Resistin – reguliert den Aufbau von Cholesterin in deinen Arterien
  • Adipokine – regulieren des Immunsystem
  • PAI-1 – reguliert Blutgerinnung
  • Leptin – reguliert den Stoffwechsel und Appetit
  • TNF und Interleukine – regulieren Entzündungsprozesse
  • IGF-1 – reguliert Zellteilung und –wachstum
  • Aromatase – konvertiert Androgene wie Testosteron zu Östrogenen
  • Östrogen – Frauen nach der Menopause sind bis zu 100% auf das Fettgewebe als Östrogenproduzenten angewiesen
  • Testosteron – die Hälfte aller Frauen produziert ihr Testosteron über Fettgewebe

Böses Viszeralfett und Diabetes

Wie du sehen kannst ist Fettgewebe aktiv in der Regulation der wichtigsten Systeme deines Körpers involviert. Von besonderem Interesse ist der Aspekt, dass die Funktion des Fetts und seine Komposition abhängig ist von der Region, wo es im Körper vorkommt.

Das Fett in deinem Abdomen besitzt eine sehr hohe Resistenz gegenüber des einlagernden Effekts von Insulin. Sehr viel Insulin ist notwendig, damit Fettsäuren in die Zirkulation des Bauchs absorbiert werden. Das ist schlimm, denn das viszerale Fettdepot des Bauches ist direkt mit der Leber – über die hepatische Portalvene – verbunden. Wenn du also über ein großes viszerales Fettdepot AKA Bierbauch verfügst, wird deine Leber regelrecht mit Fettsäuren geflutet, die insulinresistent sind. Deine Leber muss dies dann kompensieren, indem sie weniger Insulin aus dem Blutkreislauf herausfiltert. Das Ergebnis sind chronisch erhöhte Insulinspiegel.

Dieses Prozess wird noch weiter durch die Produktion von TNF (tumor necrosis factor) und weitere Interleukine im Fettgewebe verstärkt (insbesondere durch viszerales Fettgewebe), welches Entzündungsprozesse und Insulinresistenz fördert. Das senkt wiederum die Adiponectin-Gen Expression, was deine Blutzuckerregulation noch stärker durcheinander bringt. Diese Spirale des Übergewichts endet im Diabetes (Typ 2) (19)(25).

Übergewicht: König der Krankheiten

Wir sind noch nicht am Ende – es wird noch schlimmer. Die chronisch erhöhten Insulinspiegel stimulieren Aromatase und damit die Umwandlung von Testosteron zu Östrogen. Fettgewebe produziert größere Mengen an Testosteron in Frauen und Östrogen in Männern. Das Ergebnis ist, dass das Hormonprofil von fetten Männern dem von Frauen zu ähneln beginnt: Höheres Östrogen, niedrigeres Testosteron. Dem gegenüber produziert der Körper dicker Frauen mehr Testosteron (6)(20).

Bio Signature: Sind Hormone der Schlüssel zum Gewichtsverlust?

Das Fett in der Bauchgegend ist überaus hartnäckig und resistent (Bildquelle: Wikimedia.org / Victovoi ; CC Lizenz)

Diese hormonellen Profile sorgen für eine Hyperaktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Achse. Oder einfacher ausgedrückt: Dein Gehirn verliert die Kontrolle über das hormonelle Gleichgewicht, was auch der Grund dafür ist, wieso übergewichtige Frauen eine unregelmäßige Menstruation haben. Die überaus sensitive Hypothalamus-Hypophysen-Achse reagiert exzessiv auf Stress und kurbelt die Cortisol-Produktion an. Die Wachstumshormon-Produktion wird passenderweise gedrosselt (6)(20).

Wenn du verstehst, wie die Hormone die Fettverteilung steuern, dann wirst du sehen, dass Übergewicht ein relativ einseitiges Hormonprofil für deine Fettverteilung schafft. Alle Hormone, die deine Fettverteilung dezentralisieren, werden unterdrückt und alle Hormone, die sie zentralisieren, werden stimuliert und verstärkt. Übergewicht sorgt daher in beiden Geschlechtern, dass der Körper eine Fetteinlagerungsmuster aufweist, welches zu einer Apfel-From und dem metabolischen Syndrom führt.

Fett ist die Ursache, nicht das Ergebnis

Am wichtigsten ist, dass die kausalen Mechanismen, welche eine Beziehung zwischen Übergewicht zu und der De-Regulation der Hormone herstellen, viel stärker wirken, als die Effekte der Hormone hinsichtlich der Region, wo dein Körper Fett einspeichert. Der basale Insulinspiegel in gesunden Individuen beeinflusst den Ort der Einlagerung nur auf minimale Art und Weise, doch Übergewicht führt unweigerlich zu einer Insulinresistenz (26). Ein gesunder Körper verfügt über eine akribische homeostatische Maschinerei, die ihre Systeme – wie etwa den Blutzuckerspiegel – reguliert. Das ist der Grund, wieso Insulin und der glykämische Index deiner Lebensmittel irrelevant sind, wenn du gesund bist.

Das Gleiche gilt für die anderen Hormone. Nur ernsthafte Erkrankungen, bei denen der natürliche Feedback-Mechanismus des Körpers gestört ist (wie z.B. Übergewicht), beeinflussen den Ort, an dem der Körper Fett speichert. Denke hier auch an die Menopause (sinkender Östrogenspiegel, steigender Testosteronspiegel), Cushing Syndrom (exzessives Cortisol), Akromegaly (exzessives Wachstumshormon) und eine hormonelle Geschlechtsumwandlung. Die Auswirkungen von kleinen Veränderungen in der Ernährung, Training und Supplementation haben einen vernachlässigbaren Effekt, wenn es um den Ort der Fetteinlagerung geht (sofern du bereits schlank und gesund bist) (4)(9).

BioSignatures sich selbst erfüllende Prophezeiung

Wie kommt es dann, dass das Bio Signature Programm dann „funktioniert“? Das Internet ist voll von Vorher-Nachher-Fotos und Testimonials. Abseits dessen, dass Vorher-Nachher-Fotos und Testimonials häufig Opfer von Manipulationen sind, ist der Erfolg von Bio Signature sehr einfach zu erklären.

Man nehme jedes beliebige dicke Individum. Nun wähle man zufälligerweise eine Hautfalte aus und bringe diese mit einem Hormon in Verbindung. Jetzt sage man der Person, dass das Hormon die Ursache für ihr gestörtes Fetteinlagerungsmuster verantwortlich ist und dass dieses unbedingt korrigert werden müsse. Hierfür musst du nicht zwangsweise eine Kalipermessung durchführen – du kannst dem übergewichtigen Mann sagen, dass er an erniedrigtem Testosteron, erhöhten Östrogen, geringem Wachstumshormon sowie einem hohen Insulin- und Cortisolspiegel leidet (und das basierend auf jeder beliebigen Hautfaltenmessung, die überall hoch ausfällt). Du wirst immer richtig liegen, weil alle Hautfalten sehr dick sind und dies durch das Hormonprofil, welches begleitend zum Übergewicht daherkommt, bedingt ist.

Nun gibst du der betreffenden Person allgemein gehaltene Abnehmtipps und als Bonus dazu überzeugst du sie, dass sie ein Problem habe, von dem sie vorher noch nichts gewusst hatte … und verkaufst gleichzeitig eine Tonne an Nahrungsergänzungsmitteln, um das Problem zu beheben.

Im Falle der Schilddrüsen- und Sexhormone bei Frauen könntest du bezüglich der Schätzung der Serum-Hormonkonzentration auf gehörig auf dem Holzweg sein, aber das macht rein gar nichts, denn die Lösung lautet immer „Abnehmen und „Gewichtsreduktion“ – und das wird immer die Hautfaltendicke reduzieren. Danach kannst du immer sagen: „Na, gesehen? Wir mussten nur deine hormonelle Dysbalance beheben“. Es ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Guy Droog und ich haben zahlreiche Bio Signature zertifizierte und Personal Hormonal Profiling Praktizierende gefragt, wie viele Personen bei den Kalipermessungen als Ergebnis ein „Herzlichen Glückwunsch, all ihre Serum-Hormonkonzentrationen sind im physiologischen Referenzbereich. Sie könnten ein wenig Fett verlieren, aber dies hat nichts mit ihren Hormonen zu tun“ bekommen haben. Null, nichts, nada, zero – gemäß Mitchell von Undisputed und einem Trainer, der lieber anonym bleiben möchte, lautet die Antwort No comment“ (Kein Kommentar).

Das Urteil bezüglich Poliquins BioSignature Modulation

Dicksein ist ungesund und unästhetisch. Gewichtsreduktion heißt die Lösung. So einfach ist das, doch die Wahrheit ist oft nicht sexy genug und kann auch nicht so gut vermarktet werden. Menschen möchten die Ursache für Gewicht an etwas Bestimmten festmachen, anstatt gesagt bekommen, dass sie weniger essen (oder sich mehr bewegen) sollen. Die Leute möchten hören, dass es da ein neues Programm gibt, welches auch gleichzeitig eine coole Story und  (pseudo-)wissenschaftliche Techniken hat, dass alles viel besser macht, ohne das man die traditionellen Essgewohnheiten verändern muss. Und wenn dieses Programm parallel dazu mit einer Tonne an Nahrungsergänzungsmitteln daherkommt, umso besser. Der Erfolg aus der Pille ist immer leichter zu schlucken, als die harte Wahrheit.

Um diese komplexe Geschichte mit einer einfachen Antwort abzurunden: Sei realistisch hinsichtlich deines Körpers und lass dich nicht von Marketing und Verkaufsstrategien verarschen. Du musst keine Wagenladung an Supplementen kaufen, um großartig auszusehen und gesund zu sein. Wenn du einen ernsthaften Grund zur Annahme hast, dass du an einer hormonellen Dysbalance leidest, solltest du einen Bluttest durchführen lassen. Und wenn du Hilfe beim Erreichen deiner Fitnessziele benötigst (und es nicht aus eigener Kraft schaffst), dann besorge dir einen kompetenten Personal Trainer, der weiß wovon er redet, anstatt eines Poliquin Jüngers, dem das Gehirn gewaschen wurde und der deine Hautfaltenmessungen in ein Stück Software eingibt, welches ein allgemeingehaltenes Programm und eine Einkaufsliste an Supplementen ausspuckt.

Lasse dein Fitnessprogramm auf echter Wissenschaft basieren, anstatt auf Märchen aus dem Abendland – und dein Traumkörper wird zur Realität.

Quellen & Referenzen

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Bildquelle Titelbild: Flickr / Tony Alter ; CC Lizenz


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1 Kommentare

  1. Ein wahnsinnig gut geschriebener Artikel. Es werden zu jeder “Problematik” beide Geschlechter diskutiert, Zusammenhänge einfach erklärt oder zumindest nochmal einfach zusammen gefasst. Ich würde mich freuen, wenn mir vielleicht jemand eine Frage beantworten könnte, die mich persönlich betrifft und zum Thema passt.: Ich bin weiblich, 42 Jahre alt und Mutter von zwei Töchtern. Ich bin 177cm groß und habe im Erwachsenenalter die 60kg-Grenze nur dreimal überschritten. Das erste Mal im Alter von 19 Jahren bis, zwei Jahre später eine Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert wurde. Ich wog damals 80kg und hatte bereits zwei Monate nach der erstmaligen Einnahme von Schilddrüsenhormon 20kg verloren. Seitdem nahm ich nur während der beiden Schwangerschaften zu. Beide Male hatte ich max. 3 Monate nach Entbindung wieder mein Ausgangsgewicht. Und beim zweiten Kind mussten sogar 30 kg wieder runter. Ich habe schon immer sehr moderat Sport gemacht, für einen straffen Bauch auch Mal mehr. Noch nie (außer in besagten Umständen) hatte ich einen Taillenumfang größer 60cm. Und jetzt kommt’s: Im Mai 2019 habe ich eine Liposuktion (Fettabsaugung) der Beine durchführen lassen, da ich zwar nie dicke Beine aber leider ein Lipödem ersten Grades hatte/habe, welches mir auch schon in diesem Stadium stärkste Schmerzen bereitete. Entwickelt hat sich diese Fettverteilungsstörung innerhalb von zwei Jahren nach der Entfernung der Schilddrüse (komplett, Verdacht auf Krebs) und der Gebärmutter und des rechten Ovars (Eierstock, ebenfalls Verdacht auf Zell-Entartung). Seit dieser Liposuktion vor 8 Monaten, bei der mir 2,5 Liter Fettgewebe an den Beinen entfernt wurde, lagere ich sehr stark Fett am Abdomen ein. Der BH schneidet am Rücken ein, sodass darunter ein kleiner, mir bisher unbekannter Wulst entsteht. Am unteren Rücken, der immer gut definiert war, bilden sich kleine Fettbeulen. Und das- für mich Schlimmste- mein Bauch ist nicht mehr flach/gerade sondern bildet eine kleine “Murmel”, und meine Bauchmuskeln sind kaum noch zu sehen. Seit der Liposuktion habe ich nichts an Gewicht wieder zugelegt. Trotzdem ist eindeutig, dass sich das Fett plötzlich zentralisiert. Warum lagert sich das Fett auf einmal am Bauch und am Rücken ein? Ich ernähre mich kohlehydrat-arm und proteinreich mit wenigen Insulinspitzen am Wochenende (lecker Schoki). Ich überlege schon manchmal, ob durch das fehlende Fett an den Beinen, das hormonelle Gleichgewicht gestört sein könnte. Was denkt ihr, kann mir jemand was dazu sagen? Liebe Grüße Susann

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