Nachdem mir der gute t r a x aus dem Wille-zur-Kraft-Board eher beiläufig ein Buch empfohlen hat, welches ich bis dato noch nicht auf dem Schirm hatte, kam ich nicht umhin die Suchmaschine anzuschmeissen und einmal genauer zu recherchieren. Der Autor des handlichen 100-seitigen Werkes, Peter Mersch, war mir so gar kein Begriff – aber damit schien ich bei weitem nicht der einzige zu sein, denn absolut niemand schien den Mann zu kennen. Dennoch: die Ausführungen von t r a x haben mich neugierig gemacht, denn der gute Herr Mersch schien eigentlich nicht vom Fach zu sein, insofern war sein Ansatz und die damit verbundende Perspektive auch eine völlig andere, als man es von einschlägigen Literaten gewöhnt war.
Einige von euch werden sich nun fragen, was dieses Buch so besonders macht und wenn ich meinen kompletten Eindruck auf wenige Variablen herunterbrechen müsste würde ich sagen:
- Es ist günstig (Hardcopy: ~9 € ; Kindle-Edition: 2,99 € (!))
- Es ist kompakt (100 Seiten!)
- Es liefert eine interessante Perspektive (nämlich die eines Informatikers), der das Problem „Übergewicht“ von einem evolutorischen Standpunkt aus tackled
- Die geschilderten Punkte sind einleuchtend und leicht nachzuvollziehen
Ohne das Review nun vorweg zu nehmen, würde ich jedem Abnehmwilligen, der auf wenigen Seiten, viel Informationsmaterial haben möchte, auf das er immer zurückgreifen kann, dieses Buch empfehlen. Es enthält alles wichtige im Bezug auf Insulin und die Energiebereitstellung des Körpers und enthält einige Passagen, die einen zum Nachdenken anregen. Mit 100 Seiten überfordert man absolut niemanden und auch der Preis ist für ein Book-on-Demand-Werk annehmbar.
Kurzum: Es eignet sich ideal zum verschenken an Freunde und Familie.
Die oben erwähnten Punkte rechtfertigen deswegen auch ein umfassendes Review (immerhin hat das Buch in meiner Wertung 10/10 Punkten abgesahnt). Ein Task, den ich gerne an Marco aka Juan aus dem AS-Forum weiterleite, der keine Mühe und Arbeit gescheut hat, um die Thematik von Mersch‘ kleinem Ernährungskompendium darzulegen. (Lasst euch nicht von dem unscheinbaren & nichts-sagenden Cover blenden!)
Mit Freude möchte ich euch daher das von Marco (in Zusammenarbeit mit Furor Germanicus) verfasste Review zu „Wie Übergewicht entsteht…und wie man es wieder los wird“ vorstellen.
Buchrezension: Wie Übergewicht entsteht…und man es wieder los wird von Peter Mersch
Von Marco „Juan“ D. / copyright by AesirSports.de
Der Autor: Peter Mersch
Peter Mersch, der zirka 10 Jahre unter Migräneanfällen litt und sich aufgrund unzureichender Lösungsvorschläge und Ratschläge diverser Mediziner selbst auf die Suche nach den Ursachen seiner Anfälle machte – und die Lösung schließlich in einer kohlenhydratarmen, ja ketogenen Ernährung fand, setzt eine Vielzahl der heutigen Zivilisationskrankheiten wie z.B. Migräne, Epilepsie und die voranschreitende Übergewichtsproblematik in einen dichten Zusammenhang mit dem Ernährungskonzept der heutigen Generationen. Doch das breit gefächerte Interesse des IT Systeminformatikers beschränkt sich nicht nur auf ernährungsbedingte Probleme der Menschheit – einige seiner weiteren Interessen beschäftigen sich mit der Evolutionsforschung, Demografie und Soziologie. Bereiche, in denen er bereits zahlreiche Werke und Schriften veröffentlicht hat. Das wohl ungewöhnliche an seinen Büchern ist aber die fachfremde Perspektive, die bereits weiter oben erwähnt wurde: die Lektüre wird vornehmlich aus dem Blick des Mathemathikers, Informatikers und Systemanalytikers betrachtet – ein Bereich, in dem er ausgiebig studiert und gearbeitet hat (Spacelab-Projekt und Projekte der Finanzindustrie lassen Grüße ausrichten).
Das Buch: Wie Übergewicht entsteht …
Das Buch (2. Auflage) ist ein angenehm zu lesendes Book-on-Demand Werk, dass vom Schrifttyp ein wenig nach Word-Standartformatierung aussieht. Es ist allerdings sehr übersichtlich, pragmatisch und unterstreicht den Verwendungszweck: Kompakte Vermittlung von Wissen.
Man sollte sich nicht von dem relativ nichts-sagenden Cover täuschen lassen, von dem man durchaus annehmen könnte, dass es sich um ein Diät-Buch für Hausfrauen handeln würde, denn das Cover zeigt ein Frau mit einem leichten Rotstich, die – wie Gott sie schuf – mit einem Maßband in der Hand abgelichtet wurde. Keine Sorge, die meisten Bilder im Inneren des Buches sind weitaus weniger spektakulär und dürften den angehenden Biochemiker und Kennern von Ernährungsliteratur nicht unbekannt sein (z.B. Aufbau von Trygliceriden etc.)
Der Einband ist solide verarbeitet, das Format zum gemütlichen Lesen geeignet, die Fülle überschaubar und nicht erschlagend, und das Beste: Quellenangaben sind jeweils zur Überschaubarkeit am Ende eines jeden Kapitels angehängt, großes Lob! Ein kleiner Hinweis zur Vitae des Autors ist ebenfalls vorhanden. Obwohl der Autor schon mindestens eine ganze Menge Bücher geschrieben hat, existiert nur ein Werbehinweis, welcher auf ein anderes Buch von Mersch verweist.
Der Inhalt – Wie Übergewicht entsteht …
Peter Mersch, der Autor von „Wie Übergewicht entsteht…,“ ist der Überzeugung, dass das Problem Fettabbau bei vielen Diäten von der falschen Seite aus angepackt wird. Eines ist für ihn jedenfalls sicher: ein Gros der Diäten zielt lediglich darauf ab, die weitere Fettakkumulation zu minimieren (Schadensbegrenzung, Symptombekämpfung), anstatt sich mit den Ursachen des Übergewichtes zu beschäftigen. Salopp gesprochen heisst das, dass die heutige Generation der Menschen über ausreichende Energiereserven in Form von Fett (abertausende von Kalorien…) verfügt, aber unser Körper permanent daran gehindert wird, diese Energie auch zu nutzen. Allein dadurch verkommt der Prozess der Energiezufuhr und des Energieverbrauches zu einer fortwährenden Einbahnstraße, in der die Menschen dazu gezwungen sind – wie Mersch es so schön formuliert – über „Netzbetrieb“ (Glukose/Glykogen) zu laufen, anstatt sich auf die „vollaufgeladene Batterie“ (Freie Fettsäuren/Fettspeicher) zu verlassen.
Doch warum gestaltet sich die Situation derart? Nun, dieses grundsätzliche Problem liegt in der Auf- und Zubereitung unserer Nahrungsmittel begründet, die den Körper fortlaufend darauf trimmen, seine Fettdepots aufzuwerten. Gleichzeitig wird der Körper aber durch die stetige Zufuhr von insulin-stimulierenden, kohlenhydratlastigen Lebensmitteln in eine gewisse Abhängigkeit von diesem Energieträger gesetzt, damit der Körper – und vor allem das egoistische Gehirn – möglichst störungsfrei funktioniert.
Inhaltsverzeichnis – Wie Übergewicht entsteht … (mit roter Fadengarantie!) [1]
- Überblick
- Gehirn und Gehirnstoffwechsel
- Expensive-Tissue-Ketosis-Hypothese
- Der Fettstoffwechsel
- Der Proteinstoffwechsel
- Der Kohlenhydratstoffwechsel
- Das Zusammenspiel der Energiestoffwechsel
- Der Hungerstoffwechsel
- Der Energiestoffwechsel unter Belastung
- Übergewicht und Fettstoffwechsel
- Vom Segen der Unregelmäßigkeit
- MaßnahmenFazit
- Grundsätzliches
- Diäten mit Kohlenhydratbeschränkung
- Ketogene Diäten
- Anabole Diäten
- Niedrigglykämische Diäten
- Sears- oder Zone-Diät
- Trennkost
- Dukan-Diät
- 17-Tage Diät
- Steinzeiternährung
- Basen bildende Diäten
- Vegetarische Ernährung
- FDH
- Heilfasten
- Fastentage
- Literatur
Im Verlauf des Buches werden vier Thesen aufgestellt, denen Mersch nachspürt. Der Vollständigkeithalber (und um euch zu zeigen, was euch erwartet) sollen diese Passagen einmal zitiert werden:
These 1
„Die Fähigkeit des menschlichen Gehirns zur Ketolyse (zur Nutzung von Ketonkörpern für die Energiegewinnung) ist Teil der normalen Energieversorung des Gehirns und nicht nur eine Notfallmaßnahme in Energiemangelsituationen.“ [2]
These 2
„Allgemeine Ernährungsempfehlungen für kohlenhydratreiche Diäten haben meist einen erhöhten Konsum an Zucker und Weißmehl in der Bevölkerung zur Folge.“ [3]
These 3 (Expensive-Tissue- Hypothese)
„Das menschliche Gehirn konnte im Laufe der Evolution nur durch energetische Einsparungen bei anderen Körperteilen (konkret: den Verdauungsorganen) und der gleichzeitigen direkten Nutzung des kalorienreichsten und fehlertolerantesten Energieträgers (Fett) in Form von Ketonkörpern wachsen.“[4]
These 4
„Maßgebliche Ursache der globalen Übergewichtsepidemie ist die allgemein verkümmerte Ketolysefähigkeit (Anm. des Aut.: Die Nutzung von Ketonkörpern als Energieträger) des Gehirns als Folge der üblichen kohlenhydrat- und energiereichen Ernährungsweise.“ [5]
Übersicht
Der Menschen – als Organismus – wird im Buch ganz nüchtern als energieverarbeitendes System betrachtet und somit folgt die Suche nach einer optimalen Energieform, die Mersch im Energieträger Fett gefunden haben will. (Okay, seien wir mal ehrlich: Nicht nur er ist dieser Ansicht!)
Eine kleine Tabelle, die dem Leser veranschaulichen soll, wo und welche Größe die Energiereserven im menschlichen Körper vorhanden sind, wurde relativ am Anfang des Buches platziert:
- 840 kcal in Form von „Kohlenhydraten“
- 24000 kcal in Form von „Protein“
- 105000 kcal in Form von „Fetten“
Wir wir bereits aus den ideellen Zahlen sehen können, verfügt der menschliche Organismus über eine relativ geringe Speicherfähigkeit, was Glukose („Zucker“) betrifft. De facto kann unser Blut nur eine geringe Menge an Zucker „speichern“ – der Großteil der eisenern Reserve wird daher entweder in den Muskeln oder der Leber eingelagert. Abgesehen von der geringen Speicherfähigkeit, ist der einmal eingelagerte Zucker („Glykogen“) in der Muskulatur nicht wieder in den Blutstrom überfühbar. Lediglich die Leber kann also z.B. bei einem starken Abfall von Blutzucker, für einen Ausgleich sorgen, in dem sie Glukose in den Blutstrom abgibt. Die Problematik, der Mersch hier nachspürt, rührt in der kohlenhydrathaltigen Ernährung der heutigen Menschheit her, die letzendlich dafür sorgt, dass unser Körper Insulin – ein Speicherhormon – ausschüttet. Das Insulin sorgt dafür, dass der Zucker aus dem Blut in die Zellen geschafft wird, doch leider ist dies gleichzeitig eine Einbahnstraße: Wenn Ware (Zucker) eingelagert wird, kann keine andere Ware (Fett) das Lager verlassen. Dies führt in letzter Instanz dazu, dass der an Kohlenhydrate gewöhnte Mensch im Laufe der Zeit überschüssige Energie (jedes Kalorienplus bei gefüllten Glykogenspeichern) in Form von Fett einlagert, ohne dem Körper die Gelegenheit zu geben, diese Fettenergie (dank permanent erhöhtem Insulinspiegel) zu nutzen.
Erschwerend kommt hinzu, dass der lokal gespeicherte Zucker in Form von Muskelglykogen nicht mehr dazu dienen kann, andere Teile des Körpers mit Glukose – z.B. das energiehungrige Gehirn – zu versorgen. Ein Gehirn aber, welches mittels einer kohlenhydrathaltigen Ernährung darauf “trainiert” (oder sagen wir lieber: konditioniert) wurde sich über Kohlenhydrat zu versorgen, wird schon bald nach mehr Energie (aka Heisshunger) schreien, obwohl der Körper eigentlich energetisch gut ausgestattet ist (“selfish brain”-Hypothese)
Fett wird in einem solchen hormonellen und kohlenhyratabhängigen Umfeld zu einem Energieträger zweiter Klasse degradiert. Der Mensch verlässt sich primär auf den Energieträger Kohlenhydrat (was auch eine gewisse Adaption der Organe, insbesondere des Gehirns, zur Folge hat) – eine Energieart, für die er nur geringe Reserven – im Vergleich zur Energieart Fett – zur Verfügung hat. Wenn dieser Energieträger nun zur Neige geht, setzt dies eine ganze Kaskade an Reaktionen in Gang, die zu Leistungseinbrüchen, Herzrasen und Schweißausbrüchen führen (größtenteils initiiert vom Gehirn).
Laut Merschs Ansicht hängt der Mensch an der Steckdose (Glukose, geringe Speichermöglichkeit) und muss kontinuierlich für Nachschub an Kohlenhydraten sorgen, um sich nicht mit Leistungseinbrüchen und anderen negativen Zuständen konfrontiert zu sehen. Eine recht eindrückliche Passage aus dem Buch:
„Stellen Sie sich vor, Sie sind Rambo, haben gerade ein halbes Dutzend Kriegsgefangene aus einem gegnerischen Lager befreit und treiben die geschwächten und gefolterten Soldaten nun durch die Wildnis zu einem entfernt liegenden vereinbarten Treffpunkt voran, hinter ihnen schwer bewaffnete feindliche Soldaten, die nur eins im Sinn haben, nämlich Ihnen an die Gurgel zu gehen.
Plötzlich klingelt in Ihrer Jackentasche ein kleiner, von Ihrem Arzt zur Verfügung gestellter Timer, der Sie daran erinnern soll: Es sind zwei Stunden seit Ihrer letzten Nahrungsaufnahme vergangen. Damit Sie nicht wieder einen Ihrer schrecklichen Migräne- oder Epilepsieanfälle bekommen, wird es jetzt dringend Zeit, innezuhalten und zum Beispiel einen Marsriegel oder eine Lila Pause zu verzehren.
Vielleicht können Sie sich aber auch schon bald nicht mehr angemessen konzentrieren, sodass sie gefährliche Stellen im Gelände übersehen oder gar die Orientierung vrlieren. Oder sie müssen vor lauter Erschöpfung ständig Pausen einlegen.
Was läuft bei Ihnen schief? Warum haben Sie so etwas nötig, während der Original-Rambo offenkundig stundenlang unter schwersten Strapazen, bei großer Hitze und in Lebensgefahr weiter rennen konnte? Warum hört man immer wieder von Menschen, die trotz fehlender Nahrung unter extremsten Witterungsbedingungen tage- bis wochenlang sehr große körperliche Leistungen vollbracht haben? Was unterscheidet dies Menschen von Ihnen? Genetische Faktoren? Dass Sie ein Weichei sind und solche Menschen eben nicht? […]
Heute gilt es zwar als modern, sportlich und fit zu sein, und deshalb widmen viele Menschen auch einen Großteil ihrer Freizeit sportlichen Betätigungen, bei denen sie das isotonische Sportgetränk mit den leicht resorbierbaren Kohlenhydraten stets in greifbarer Nähe haben. Dass zur Fitness jedoch auch die Fähigkeit gehört, einmal längere Zeit ohne Nahrung und speziell ohne Zucker zu bleiben, wird meist nicht gesehen und folglich auch nicht trainiert.” – Wie Übergewicht entsteht … , S. 55 f.
Gehirn & Gehirnstoffwechsel und Expensive-Tissue-Ketosis-Hypothese
In den nachfolgenden Kapiteln, geht Mersch auf die Abhängigkeit von Kohlenhydraten ein, der meisten Menschen heutzutage unterliegen. Die Theorie wird aus einer evolutorichen Perpektive beleuchtet, in der es um die Entwicklung des menschlichen Gehirns geht, die – so Mersch – nur dank der fettreichen und proteinbetonten Kost unserer Vorfahren möglich war. Hierzu muss man wissen, dass auch der prenatale Fötus sämtliche Phasen der Evolutions im Leib der Mutter durchläuft. Und wenn das Baby nun das Licht der Welt erblickt und fleißig an Mutters Brust saugt, sich noch immr ein gewisser „Status Quo“ im Stoffwechsel des noch jungen Geschöpfes herrscht, d.h. das noch kleine Hirn des Säuglings einen großen Teil seiner Energie aus Ketonkörper bezieht oder anders ausgedrückt: Das kindliche Gehirn ist in diesem Stadium – wie unsere Vorfahren – dazu in der Lage via Ketonkörpern, zu funktionieren. ( Ketonkörper werden werden in der Leber aus Fettsäuren bereitgestellt). Erst zur Abstillung wird der menschliche Stoffwechsel zu großen Teilen von Ketonkörpern auf Glucose (= Kohlenhydrate) umstellen, nämlich dann, wenn auch die Ernährung des Kindes an die der restlichen Familie angepasst wird.
Die “Expensive-Tissue-Hypothese” als adäquate Erklärung für die Evolution des menschlichen Gehirns zu Lasten der Verdauungsorgane. Energiereiche und kompakte Nahrung (überwiegend Fett + Protein) lieferte die nötige Energie, damit das Gehirn wachsen konnte. Anders als bei unseren nahen Verwandten, den Primaten, die noch immer über überdimensionierte, rohkostangepasste Verdauungsorgane verfügen (großer Torso) und sich noch zu großen Teilen auf pflanzlicher Basis ernähren.
Man sollte ferner wissen, dass – während unsere restlichen Organe durchaus auch nach einer kohlenhydratlastigen Ernährung dazu in der Lage sind, Ketonkörper bei Energieengpässen zu nutzen – das Gehirn sowas wie das „egoistische, verdorbene Kind“ der „Organ-Familie“ ist. Es kann durchaus die Ketolysefähigkeit – also die Nutzung von Ketonkörpern bei kontinuierlicher Anwesendheit von „Glukose“-Energie verlernen. Wenn man nun bedenkt, dass das menschliche Gehirn auf seine Größe gerechnet der Energiefresser No.1 ist und rund 120-150g Kohlenhydrate pro Tag für sich beansprucht, dann ist man nicht mehr weit davon entfernt, die drogenähnliche Wirkung der Kohlenhydrate bei Glukosemangel zu erklären.
Fällt der Blutzuckerspiegel ab, setzt das an Kohlenhydrate Gehirn (welches die Ketolysefähigkeit eingebüßt hat…) alles erdenkliche daran, den Energieengpaß zu beseitigen in dem es auf sich aufmerksam macht und seinem „Körper“ keine andere Wahl lässt: Zittrigkeit, Herzrasen, Schweißausbrüche. Nun dürfte auch der „Körper“ verstanden haben: Iss was Glukosehaltiges!
Was hat das alles nun mit der Expensive-Tissue-Hypothesis zu tun?Marco: “Als ehemaliger Veganer (1,5 Jahren Veganer und ein halbes Jahr bei vegetarischer Ernährung) habe ich schon früher davon gehört, dass der Affe erst dadurch zum modernen Menschen wurde, weil er angefangen hat Fleisch zu essen. „Welch ein Frevel,“ dachte ich bis zu diesem Tag, doch Mersch geht in diesem Kapitel ausführlich auf diese in der Wissenschaft vorherrschende Theorie ein und eräutert dies durchweg plausibel.”
Ebenfalls wird aufgezeigt, dass zur Zeit der Einführung des Ackerbaus, also der Sesshaftigkeit des Menschen, Karies und andere schädliche gesundheitliche Defizite signifikant angestiegen sind. Ein Punkt der anfangs vielleicht nicht ganz nachvollziehbar ist, beinhaltet die Tatsache das Ballaststoffe (in Massen) in der Lage sind unsere Verdauungsorgane der Art stark zu belasten, weshalb viele intuitiv zu ballaststofffreien Produkten (geschälter Reis, Weißmehlprodukte) greifen. Einen interessanten Beitrag hierzu, lieferte Jared Diamond 1999 im Discover Magazine unter dem Titel „The Worst Mistake in the History of the Human Race,“ wovon ich einen kurzen Auszug beifüge:
“There are at least three sets of reasons to explain the findings that agriculture was bad for health. First, hunter-gatherers enjoyed a varied diet, while early fanners obtained most of their food from one or a few starchy crops. The farmers gained cheap calories at the cost of poor nutrition, (today just three high-carbohydrate plants — wheat, rice, and corn — provide the bulk of the calories consumed by the human species, yet each one is deficient in certain vitamins or amino acids essential to life.) Second, because of dependence on a limited number of crops, farmers ran the risk of starvation if one crop failed. Finally, the mere fact that agriculture encouraged people to clump together in crowded societies, many of which then carried on trade with other crowded societies, led to the spread of parasites and infectious disease. (Some archaeologists think it was the crowding, rather than agriculture, that promoted disease, but this is a chicken-and-egg argument, because crowding encourages agriculture and vice versa.) Epidemics couldn’t take hold when populations were scattered in small bands that constantly shifted camp. Tuberculosis and diarrheal disease had to await the rise of farming, measles and bubonic plague the appearnce of large cities.
Besides malnutrition, starvation, and epidemic diseases, farming helped bring another curse upon humanity: deep class divisions. Hunter-gatherers have little or no stored food, and no concentrated food sources, like an orchard or a herd of cows: they live off the wild plants and animals they obtain each day. Therefore, there can be no kings, no class of social parasites who grow fat on food seized from others. Only in a farming population could a healthy, non-producing elite set itself above the disease-ridden masses. Skeletons from Greek tombs at Mycenae c. 1500 B. C. suggest that royals enjoyed a better diet than commoners, since the royal skeletons were two or three inches taller and had better teeth (on the average, one instead of six cavities or missing teeth). Among Chilean mummies from c. A. D. 1000, the elite were distinguished not only by ornaments and gold hair clips but also by a fourfold lower rate of bone lesions caused by disease.” Quelle: The Worst Mistake in the History of Human Race
Der Fett-, Protein- , Kohlenhydratstoffwechsel und das Zusammenspiel der Energiestoffwechsel
Einen näheren Einblick in die Prozesse der Energiebereitstellung geben die anschließenden Kapitel zum besten: Lipogenese, Lipolyse, Glukoneogenese, Glykogenolyse, ketoplastische Aminosäuren, cAMP-Spiegel, Beta-Ketoacyl-CoA-Transferase…ja genau, es geht fachlich in die Tiefen der Körperchemie! Der Autor ist so gütig und wiederholt des Öfteren was mit den Fachausdrücken gemeint ist, so dass auch Laien an dieser Stelle mitkommen können. Für den Pro mag es lästig sein, doch für einen Neuling ist es ein wahrer Segen. (Ich habe mir sagen lassen, dass dieses Buch von Mersch weniger technisch ist und im Grunde die gleichen Infos in leicht verständlicher Sprache präsentiert. Nichtsdestotrotz würde ich für Ernährungsfanatiker die „biochemischere Version“ hier empfehlen)
Geklärt wird u.a. wie ist eine Fettzelle aufgebaut, wie sie Energie speichert und wie diese wieder zur Nutzung freigesetzt wird. Darüber hinaus liefern die Kapitel Hinweise auf die verschiedenen Arten von Aminosäuren und wie sie eingeteilt werden. Drittens geht Mersch der Frage nach, wie die verschiedenen Kohlenhydratformen (Glukose, Fruktose, Galaktose) verarbeitet werden und wie diese drei Stoffwechelprozesse es zum Henker nochmal schaffen (mehr oder weniger) zusammen zu arbeiten bzw. sich bei der Arbeit zu behindern. Wie bereits gesagt: Allumfassender Rundumschlag auf kompakten 100 Seiten!
Der Hungerstoffwechsel, der Energiestoffwechsel unter Belastung, Übergewicht und Fettstoffwechsel
Hier wird erläutert wie der Stoffwechsel in bestimmten Situationen (z.B. Energiemangel) arbeitet und welche positiven wie auch negativen Auswirkungen das Ganze haben kann. Vor allem wird hier auf die vierte These (die heutzutage vorherrschende mangelnde Ketolysefähigkeit des Gehirns) eingegangen. Dies führt Mersch schließlich zu diversen Schlussbetrachtungen – und damit auch Lösungsvorschlägen, die in seinen Augen nötig sind. Einige werden nun vermuten, dass er eine rigorose Abstinenz von Kohlenhydraten oder eine ketogene Lebensweise predigt. Nun, das stimmt nicht ganz. Ein entscheidendes Schlüsselkonzept, was er hier anführt (und der Menschheit schon seit Äonen dazu verholfen hat, zu überleben) ist „der Segen der Unregelmäßigkeit.“
Laut Mersch muss dass das Gehirn nicht zwangsweise permanent über Ketonkörper laufen. Das Ziel läge eher darin, es dermaßen zu trainieren, dass es problemlos von Glukose zu Ketonkörper – quasi – hin und her switchen zu können. Wir erinnern uns:
„Dass zur Fitness jedoch auch die Fähigkeit gehört, einmal längere Zeit ohne Nahrung und speziell ohne Zucker zu bleiben, wird meist nicht gesehen und folglich auch nicht trainiert.” – Wie Übergewicht entsteht … , S. 55 f.
Dies kann nach Ansicht von Mersch über verschiedene Ansätze verfolgt werden, z.B. periodische Fastentage, zeitweise ketogene Lebensweise (weniger als 30g Kohlenhydrate pro Tag – Ultra-Low-Carb [ULC]). Die Adaption hat man (nach meiner Erfahrung) geschafft, wenn man nicht gleich nach dem Auslassen mehrere Mahlzeit wie ein nasser Sack aufgrund von Unterzucker umkippt oder wie ein ausgehungerter Wolf im Käfig herum rennt und sichli style=”text-align: justify;” alles reinzieht, was gerade greifbar ist. (Wer sich hierfür interessiert: genauer im Buch nachlesen ;-))
Des Weiteren zeigt Mersch auf in welcher Art und Weise sich Kohlenhydrate mit Drogen vergleichen lassen (z.B. durch das Vorhandensein der üblichen Symptomen eines Suchtkranken, wenn dieser einen Entzug durchlebt; Bro-Tip: Suchanfrage bei Suchmaschinen mit den Schlagwörtern „Ratte + Sucht + Kohlenhydrate“ ergibt einige Treffer[7] ;)
Eine Interessante Doku zu der Thematik findet ihr übrigens auch im Forum: NDR: Zeitbome Zucker Dort gibt es einige interessante H/ainweise, welche feinen Effekte Kohlenhydrate im Gehirn auslösen können. [8])
Von Mersch vorgeschlagene Maßnahmen
Kaum bis gar nicht industriell verarbeitete Nahrungsmittel sollten die erste Wahl sein. Darin erläutert Mersch auch Ausnahmesituationen und wie man sich z.B. bei Festtagsessen und Co verhalten sollte (Qualität vor Quantität!).
Außerdem erläutert er die Vor- und Nachteile einzelner Diäten mit Bezug auf die gewonnen Erkenntnissen auf Basis persönlicher Erfahrung und Einschätzung. Hauptsächlich wird bemängelt, dass die meisten Diäten einen falschen Ansatz wählen, in denen der Fokus nicht auf der Nutzung der Fettreserven, sondern lediglich in der Verhinderung von weiterer Fettspeicherung liegt. (Symptome Vs. Ursache, y’know?!). Darüber hinaus findet sich hier auch ein interessantes Kapitel zum Thema „Säure-Basen-Haushalt“ mit den in der Wissenschaft vorherrschenden Theorien (die sich z.T. heftig widersprechen!)
(Abseits des Buches: Das mache Obst- und Gemüsesorten möglicherweise gar nicht für den Mensch attraktiv wirken soll wird am Beispiel der Chili deutlich:
- Nicht scharf für Vögel – scharf für Säugetiere
- Vögel zermahlen die Samen nicht – Säugetiere könnten die Samen beim Kauen zermahlem
- Im Darm von Vögeln werden die Samen optimal gequollen und mit Stickstoff gedüngt – bei Säugetieren ist das nicht der Fall)[9][10]
Es gibt im Buch keine detaillierten Ernährungspläne oder großzügige Mengenangaben was die Zusammensetzungen der Nahrungsmittel betrifft, dafür auch keine wirklich rigorosen Restriktionen. Es werden Empfehlungen für die kritisierten Diäten (u.a. Fastendiäten, Atkins etc.) ausgesprochen und wie man diese modifizieren kann, um die hier präsentierten Infos in seine Überlegungen einfließen zu lassen. Es ist eine kritische Auseinandersetzungen mit populären Konzepten und wie man bestimmte Mängel der jeweiligen Diät ausbügeln kann bzw. bei welchen Diäten nicht mal mehr einige Veränderungen einen dauerhaften Erfolg garantieren werden.
Fazit
Es wird kurz konkludiert und die wichtigsten Punkte werden in Erinnerung gerufen.
Persönliche Bewertung von Juan
Für ca. 10 Euro bekommt man unschlagbar geballtes Wissen. Der Schreibstil und die prägnanten trivialen Vergleiche sind auch für Laien nachvollziehbar,treffend gewählt und werten die fachlichen Passagen auf. Positiv aufgefallen ist mir ebenfalls das häufige Wiederholen – und Erläutern – der Fachbegriffe, was für mich eine Unterstützung darstellt. Das Buch ist gut durchstrukturiert und mit reichlich Quellenangaben gespickt. Ebenfalls ist die Betrachtungsweise auf den menschlichen Organismus für ein Ernährungsbuch einzigartig. Es ist eine interessante Perspektive in der die ungewöhnliche Vitae des Autors zur Geltung kommt – nämlich die eines nüchternen Informatikers.
Die Arbeit von Mersch kann besonders für CBLer, CNSler und all jenen, die Kohlenhydrate strategisch timen und in ihre Ernährung einbauen möchten, (lowcarb/ketogen) als Fundus dienen und vor allem ergänzend wirken. So kann man das LOADING/LADEN genau als das betrachtet werden, was es ist ;) Weder gut, noch böse, sondern vor allem an einem bestimmten Zweck gebunden.
Desweiteren kann ich das Buch „Evolution, Zivilisation und Verschwendung“ des Autors empfehlen: Eine These zur Evolution von Allem. Aber das ist Abseits des Themenspektrums des Blogs.
Juan
Persönliche Bewertung von Furor Germanicus
Die Rezension ist einwenig umfangreicher geworden, als es ursprünglich beabsichtigt war und doch weiß ich jetzt schon, dass wir nicht all die wichtigen Details reinbringen konnten, die eine umfassende Betrachtung des literarischen Werkes bedurft hätte – aber hey: dieser Artikel soll euch lediglich als kleiner Vorgeschmack auf das dienen, was euch mit dem Buch erwartet.
Juan hat das wichtigste schon gesagt: für weniger als zehn Euro bekommt ihr ein (alles in allem) 137-seitiges Buch. Was vielleicht von vielen als negativer Aspekt betrachtet werden kann (je mehr man zahlt, umso mehr Seiten möchte man schließlich haben) ist bei Mersch’s Werk gerade nicht anwendbar. Der Autor schafft es einen totalen Rundumschlag über die Abäufe des menschlichen Körpers auf derart wenige Seiten zu pressen, dass man gar nicht sagen kann, welche Kapitel jetzt die Highlights im Buch darstellen.
Für mich ist jetzt schon klar, dass ich dieses Buch jedem empfehlen werde, der wenig Zeit mitbringt, aber wissen möchte, was zu tun ist, um vielleicht langfristig ein paar überschüssige Kilos abzunehmen. Das Buch vermittelt die Basics der Biochemie und der Funktionalität des Körpers und liefert dem Leser damit ein Rüstzeug, um bestimmte Ernährungskonzepte rational zu bewerten.
Man kann nicht leugnen: die Menschen laufen mit massiven Energiereserven herum und trotzdem scheint unser Körper oftmals nicht in der Lage zu sein, diese Energie sinnvoll zu nutzen – er bereitet sich quasi auf eine massive Periode des Energiemangels vor, die so vermutlich niemals wieder in der westlichen Zivilisation auftreten wird. Die fortschreitende Technisierung und der Übergang zu einer kohlenhydratreichen Ernährung (und damit permanent erhöhte Insulinspiegel) , sorgt letzlich dafür, dass die Energiezufuhr quasi zu einer Einbahnstraße verkommt und die Menschen immer dicker werden lässt. Es ist so, als würden die Leute ihre Batterien (Fettdepots) aufladen und parallel dazu über die Steckdose (Glukose & Glykogen) weiterlaufen. Anders als herkömmliche Batterien, die irgendwann vollgeladen sind, verfügt der Mensch jedoch um quasi Endlos-Batterien ohne Limit.
Die Folge? Die Menschen werden immer dicker. Die Lösung? Weg von der Steckdose und hin zum Batteriebetrieb – hierin hat Mersch recht, dass ein Gros der populären Diäten das Pferd von der falschen Seite her aufzäunen und somit auch nur temporäre Erfolge produzieren werden.
Greetz
- Ein paradoxer Effekt: Die kurz- & langfristigen Auswirkungen einer Creatin Monohydrat Supplementation auf die Entstehung von Muskelschäden -
- Buchrezension: Powerlifting Training – Eine Einführung in die wichtigsten Programme aller Zeiten von Markus Beuter -
- Adaptogene: Wie sie wirken und welche es gibt -
- Natürliche Testosteronproduktion steigern: Lebensmittel & Nährstoffe -
Abonniere unseren Newsletter und erhalte - neben weiteren hochwertigen und einzigartigen Infos rund um Fitness, Gesundheit & Ernährung - regelmäßige Updates und Neuigkeiten rund um Aesir Sports.
danke für die sehr informative review, sehr schön und aufschlussreich geschrieben und bringt mich dazu das buch nun zu kaufen, danke euch! thumbs up! :)
Hallo Michael,
du hast Recht, dass bzgl. der “Erlangung” dieser Fähigkeiten nur eine unzureichende Darstellung im Buch vorkommt – das kann ein 100-Seiten-Büchlein einfach nicht leisten und es ist auch nicht so, als gäbe es nur den einen Weg.
IF, ketogene Ernährung, nüchternes Training oder temporäre Kohlenhydrateingrenzung sind aber schon die richtigen Methoden, um die metabolische Flexibilität zu schulen. Vielleicht hilft dir ja eines unserer Videos, die wir zum Thema “metabolische Flexibilität” erstellt hatten.
https://www.youtube.com/watch?v=ZBwSeHOwfyY
Was die Anleitungen für all diese Dinge betrifft: Der ganze Blog dreht sich um diese Thematik. Carb Backloading, CarbNite Solution, Intermittent Fasting (in unterschiedlichen Variationen), Ketogene Ernährung / Zyklische Ketogene Ernährung – sind alles Stich- & Suchwörter, die du nutzen kannst, um die entsprechenden Artikel bei uns zu finden (insofern hast du da schon Recht, als du schreibst, dass ich als Rezensent bereits wusste, was der Autor meint).
Hoffe das hilft dir ein wenig weiter, Michael!