Steinzeiternährung (Paleo Diet): Wie Pflanzen-lastig war sie wirklich? | Studien Review

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Steinzeiternährung (Paleo Diet): Wie Pflanzen-lastig war sie wirklich? | Studien Review

Von Damian Minichowski | Benötigte Lesezeit: 3 Minuten |


Anhänger der Steinzeiternährung (Neudeutsch: „Paleo Diet“) geben zu bedenken, dass der moderne in seinem genetischen Setup – auch heute noch – im Wesentlichen seinen Vorfahren gleicht. Die Evolution schreitet bekanntlich nur sehr langsam voran, so dass auch die Annahme besteht, dass wir hervorragend an eine steinzeitliche Ernährung angepasst sind, die man unter Umständen auch als „artgerecht“ bezeichnen könnte.

In einem schon leicht angestaubten (aber immer noch sehr lesenswerten) Aesir Sports Artikel hatte ich bereits erläutert, wie so eine Paleo-Ernährung – zumindest im Eiszeit-geplagten Europa – ausgesehen haben könnte – auf dem Speiseplan standen überwiegend tierische Bestandteile (fettreich und proteinbetont), die durch die Jagd erbeutet wurden sowie Wurzelgemüse, Nüsse und Beeren, die man hier und da gesammelt hat; klassische Jäger und Sammler Kultur also.

Eine erst kürzlich veröffentlichte Analyse von Melamed et al. (2016) rüttelt nun an dem Weltbild der klassischen Paleo-Ernährung, denn die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass unsere Vorfahren wohlmöglich mehr auf pflanzliche Nahrung angewiesen waren, als man bisher angenommen hatte.

Steinzeiternährung (Paleo Diet): Wie Pflanzen-lastig war sie wirklich? | Studien Review

The plant component of an Acheulian diet at Gesher Benot Ya‘aqov, Israel

Archeologen der Bar Ilan University untersuchten zu diesem Zweck eine Ausgrabungsstätte (Gesher Benot Ya’aqov), wo vor zirka 800.000 Jahren Humanoide gelebt haben sollen.

„Humanoide“ insofern, als dass der moderne Mensch (Homo sapiens sapiens) zu dieser Zeit noch nicht einmal in der Entstehung gewesen ist – denn der kam erst 600.000-640.000 Jahre später auf den Plan.

Zum Vergleich: Neanderthaler und Denisovans entstanden – nach dem heutigen Kenntnisstand – knapp 500.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, also paar hunderttausend Jahre vor dem modernen Menschen (ja, wir sind ziemlich spät zur Party erschienen).

Die Forschung bezieht sich also auf einen gemeinsamen Vorfahren (Homo antecessor), als sich die einzelnen Unterarten der Gattung Homo noch nicht voneinander abgespalten hatten.

Pflanzliche Nahrung als Grundnahrungsmittel – Das Studienergebnis

An der Ausgrabungsstätte, an der man zuvor auch Hinweise darauf fand, dass die Bewohner dieses Landstrichs allem Anschein nach Wild (Rehe/Hirsche) schlachteten, rösteten und verzehrten, wurden die Rückstände von insgesamt 55 pflanzlichen Nahrungsmitteln gefunden – darunter Bestandteile von Nüssen, Früchten, Samen, Gemüsen sowie Wurzelgemüsen.

„Dies,“ so die Forscher, „lässt auf eine abwechslungsreiche pflanzliche Ernährung, pflanzliche Grundnahrungsmittel, Saisonalitäten und ein Wissen bezüglich der Umwelt der Hominini sowie das Verwenden von Feuer zur Weiterverabreitung zurückschließen“ (1).

Steinzeiternährung (Paleo Diet): Wie Pflanzen-lastig war sie wirklich? | Studien Review

Ausgrabungen förderten eine breite Palette an pflanzlichen Bestandteilen zu Tage, welche den ansässigen Humanoiden von Gesher Benot Ya’aqov als Nahrungsquelle dienten. Aufgrund der gefundenen Mengen lässt sich darauf schließen, dass einige von ihnen zu den sogenannten „Grundnahrungsmitteln“ (etwa wie Reis und Brot heutzutage) gehörten; die X-Achse (V4-, V-5, V-6 usw.) zeigt unterschiedliche Gesteinsschichten an. (Bildquelle: Melamed et al, 2016)

Interessant ist zumindest, dass unter den Funden auch solche pflanzlichen Bestandteile waren, die im rohen Zustand als giftig angesehen werden können, jedoch unter Einwirkung von Hitze (Kochen, Braten) ihre Giftigkeit einbüßen.

Dies lässt darauf schließen, dass die ansässigen Urmenschen bereits zu der Zeit wussten, dass sie durch die Weiterverarbeitung ihren Speiseplan gefahrlos erweitern und so neue Lebensmittelquellen erschließen konnten.

The site, located in the Levantine Corridor through which several hominin waves dispersed out of Africa, provides a unique opportunity to study mid-Pleistocene vegetal diet and is crucial for understanding subsistence aspects of hominin dispersal and the transition from an African-based to a Eurasian diet.“ – (1)

Unter diesem Link kannst du einsehen, welche essbaren pflanzlichen Bestandteile in der Ausgrabungsstätte sichergestellt wurden und in welcher Saison diese üblicherweise gesammelt werden konnten.

Abschließende Worte  

Hardcore Paleo-Anhänger vertreten die Meinung, dass tierische Produkte, etwa (Organ-)Fleisch die Hauptnahrungsquelle unserer Vorfahren gewesen sind, während das Sammeln von Wurzeln, Nüssen oder gar Früchten eine eher untergeordnete Rolle in der Ernährung ausgemacht hat.

Die vorliegende Untersuchung deutet darauf hin, dass dem nicht zwangsweise so gewesen ist und das pflanzliche Bestandteile – zumindest in dieser Lokalität – über viele Jahrtausende einen großen Beitrag zur Ernährung geleistet haben.

In Europa herrschte von 115.000 – 10.000 vor unserer Zeitrechnung eine Eiszeit („Würm-Kaltzeit“ oder auch „Würm-Glazial“), die zumindest im Nordwesten dafür sorgte, dass sich unsere Vorfahren mit einer Tundra-ähnlichen Vegetation konfrontiert sahen. Natürlich kann man in so einer Periode davon ausgehen, dass der Anteil an pflanzlicher Kost zu Gunsten tierischer Nahrung gesunken ist.

Die Frage lautet nur: Wo zieht man nun die Grenze zwischen „Paleo-Konformität“? Ich denke, dass unsere Vorfahren am Ende des Tages weitaus weniger wählerisch gewesen sind, als es so mancher Paleo-Anhänger wahrhaben möchte, zumal sich die große Flexibilität als eine unserer Stärken im fortwährenden Überlebenskampf der Gezeiten erwiesen hat.

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Quellen & Referenzen

(1) Melamed, Y., et al. (2016): The plant component of an Acheulian diet at Gesher Benot Ya‘aqov, Israel. In: PNAS. URL: http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1607872113.

(2) Ergo-Log.com (2017): How plant based was the paleo diet? URL: http://ergo-log.com/how-plant-based-was-the-paleo-diet.html.



Bildquelle Titelbild: Fotolia / PrettyVectors


 

Über

Damian N. „Furor Germanicus“ Minichowski ist der Gründer und Kopf hinter dem Kraftsport- und Ernährungsmagazin AesirSports.de. Neben zahlreichen Gastautorenschaften schreibt Damian in regelmäßigen Abständen für bekannte Online-Kraftsport und Fitnessmagazine, wo er bereits mehr als 200 Fachartikel zu Themen Kraftsport, Training, Trainingsphilosophie, Ernährung, Gesundheit und Supplementation geschrieben hat.

Zu seinen Spezialgebieten gehört das wissenschaftlich-orientierte Schreiben von Fachartikeln rund um seine Passion – Training, Ernährung, Supplementation und Gesundheit.

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