Von Bret Contreras | Benötigte Lesezeit: 14 Minuten |
Das Kreuzheben ist im Trainingsraum wahrscheinlich der ultimative Test der Männlichkeit und wird auch häufig als „König aller Übungen“ bezeichnet.
Die Aufgabe ist denkbar einfach – siehst du die schwere Langhantel da drüben? Jetzt geh‘ hin und heb‘ sie hoch.
Oberflächlich betrachtet erscheint das simpel und wie etwas, das nicht besonders viel Denken oder Technik erfordert. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein als das. Heruntergebrochen ist Kreuzheben eine technisch höchst komplexe Übung und es ist nicht gerade leicht, sie zu erlernen. Man könnte meinen, Kreuzheben sei einfach nur das Beugen und Strecken der Hüfte – eine Bewegung, die aus vielen Alltagssituationen bekannt ist. Bei sehr, sehr schwerem Gewicht ist das ganze jedoch nicht mehr so einfach.
Artikelinhalte
Kreuzheben ist eine brutale Bewegung
Es ist aufgrund der enormen Belastung des zentralen Nervensystems (ZNS) vielleicht die komplizierteste Übung, wenn es um deren Programmierung geht. Schweres Kreuzheben ist wie Everclear (95% Alkoholgehalt) auf eine Party mitzubringen; es kann richtig gut oder auch in einem völligen Desaster enden.
Einige Trainees holen das meiste aus sich heraus, wenn sie einmal pro Woche schwer heben, anderen reicht es bereits, nur alle zwei Wochen schwer zu heben. Manche bauen leichtere Kreuzhebeeinheiten in die Trainingswoche ein, während andere die Bewegung lieber völlig ruhen lassen, bis es wieder Zeit für eine schwere Einheit ist. Die für einen persönlich optimale Frequenz, Intensität und Assistenzübungswahl herauszufinden ist der Schlüssel zum Erfolg im Kreuzheben. Diesen Guide habe ich geschrieben, um dich dabei auf den richtigen Weg zu leiten.
In diesem einem Fall ist zum Glück noch mal alles gut ausgegangen. (Bildquelle: Bretcontreras.com)
Wie du deine Leistung im Kreuzheben verbesserst: Ein Guide für Deadlifts
Die Technik beim Kreuzheben
Die Technik der Übungsausführung ist von enormer Bedeutung, wenn man seine Leistung im Kreuzheben verbessern möchte. Bei vielen Anfängern steigt die Leistung im Kreuzheben in einem einzelnen Training um 20 oder mehr Kilogramm, nur indem sie mit einem Coach arbeiten, der sich in der Mechanik des Kreuzhebens auskennt.
Die optimale Technik im Kreuzheben hängt von der Kombinationen mehrerer Faktoren ab. Die Anthropologie des Individuums beeinflusst beispielsweise stark, wie die Bewegung aussehen wird. Man sollte verstehen, dass die Technik, mit der man vielleicht das meiste Gewicht bewegt, nicht unbedingt diejenige ist, die einem langfristig eine verletzungsfreie Trainingskarriere beschert. Das Ziel ist es also, den Sweetspot zu finden, bei dem man gleichzeitig viel Kraft hat und gleichzeitig eine Technik beibehalten kann, welche die Gelenk- und ZNS-Belastung minimiert.
Schlussendlich entscheidet zudem auch das individuelle Ziel darüber, wie die Form aussehen wird; ein wettkampforientierter Kraftdreikämpfer nimmt wahrscheinlich ein höheres Verletzungsrisiko in Kauf (vor allem auf der Wettkampfplattform) als ein Athlet mit Millionengehalt. Die folgenden Punkte sind einige allgemeine Empfehlungen bezüglich der Kreuzhebetechnik.
Fußposition (Standweite und Fußwinkel) beim Kreuzheben
Beim konventionellen Kreuzheben steht man in etwa schulterbreit und die Stange wird knapp außerhalb der Beine gegriffen. Bei manchen zeigen die Füße gerade nach vorne, während es andere bevorzugen, die Füße etwas nach außen zu drehen und eine Art Entenstand einzunehmen.
Der optimale Fußwinkel hängt von der individuellen Hüftanatomie ab, weshalb es wichtig ist, damit zu experimentieren, um die angenehmste Position für einen selbst herauszufinden. Wenn man Schwierigkeiten damit hat, eine angenehme Fußposition zu finden, ist es oft ein guter Startpunkt, einfach denselben Stand einzunehmen, mit dem man intuitiv einen vertikalen Strecksprung ausführen würde. Dies ist oft ziemlich genau der Stand, der auch im Kreuzheben am vorteilhaftesten ist. Von dort aus kann man dann weitere Anpassungen vornehmen.
Stangenposition relativ zum Schienbein
Auch die Stangenposition relativ zum Schienbein hängt stark vom Trainee ab, mit dem man es zu tun hat. Manche stellen sich gleich so nahe an die Stange, dass diese die Schienbeine berührt, andere ca. 5 cm und wieder andere ca. 10 cm von der Stange entfernt.
Generell möchte man mit jedem Setup erreichen, dass die Stange zu Beginn der Bewegung so nah wie möglich am Schienbein und in einer vertikalen Linie mit dem Körperschwerpunkt ist. Direkt von oben betrachtet sollte die Stange immer direkt über der Mitte des Fußes positioniert sein.
Die individuelle Anthropometrie bestimmt zu einem gewissen Anteil, wie nah die Stange liegen sollte, experimentiere deshalb, wie es sich für dich am besten anfühlt. Wenn die Stange zu nah liegt, kann dies den „Legdrive“ negativ beeinflussen, wenn sie zu weit weg liegt, verliert man oft das Gleichgewicht und es wirken unnötig hohe Drehmomente auf die Wirbelsäule. Beim Sumo-Kreuzheben sollte die Stange immer so nah wie möglich liegen und die Schienbeine berühren.
Griffarten beim Kreuzheben
Kreuzgriff
Der im Kraftdreikampf am häufigsten verwendete Griff ist der Kreuzgriff. Bei diesem hält der Trainee die Stange mit der einen Hand im Ober- und mit der anderen im Untergriff. Bei dieser Griffvariante entsteht ein gewisses Risiko, sich die distale (also am Unterarm ansetzende) Bizepssehne im supinierten Arm zu verletzen, weswegen ich es empfehle, die Arme von Satz zu Satz zu alternieren.
Hakengriff
Eine weitere Option ist die Daumenklemme bzw. der Hookgrip. Er wird vor allem von Gewichthebern verwendet und ist zunächst sehr schmerzhaft. Der Daumen wird dabei zwischen Zeige- und Mittelfinger und der Stange eingeklemmt, was das Herausrutschen der Stange verhindert. Nach einigen Wochen gewöhnt man sich jedoch an den Hookgrip und er erzeugt keine Schmerzen mehr.
Doppelter Oberhandgriff
Der doppelte Oberhandgriff ist eine weitere Option. Hierbei sind beide Hände proniert, die Handflächen zeigen also zum Körper hin. Ich empfehle, immer solange es geht den Oberhandgriff zu verwenden, um die Griffkraft zu stärken. Trotzdem wird man zwangsläufig auf eine der Alternativen umsteigen müssen, wenn das Gewicht sich dem Maximalgewicht oder der Satz sich dem Versagen annähert.
Kreuzheben mit Zughilfen
Die letzte Option sind Zughilfen. Im Kraftdreikampf und Gewichtheben sind Zughilfen im Wettkampf nicht erlaubt, während sie im Strongman oftmals zugelassen sind. Zughilfen nehmen die Griffkraft als limitierenden Faktor aus dem Spiel, weswegen sie spärlich eingesetzt werden sollten, wenn das Ziel auch die Stärkung der Griffkraft ist.
In jedem Fall sollte Kreide benutzt werden, um einen bessern Griff zu haben. Wenn die Griffkraft besonders schwach ist, kann zudem in Erwägung gezogen werden, ein gesondertes Griffkrafttraining zu absolvieren.
Oben links: Zughilfen. Oben rechts: Doppelter Oberhandgriff. Unten links: Kreuzgriff. Unten rechts: Hakenfriff. (Bildquelle: BretContreras.com)
Startposition der Hüfte beim Kreuzheben
Ein häufiger Fehler von Kreuzhebe-Anfängern ist, mit der Hüfte zu tief zu starten. Aus dem Kreuzheben eine kniebeugeähnliche Bewegung zu machen ist aus biomechanischer Sicht unvorteilhaft. Die optimale Starthöhe der Hüfte ergibt sich aus den relativen Längen von Torso und Gliedmaßen und den daraus entstehenden Hebelarmen.
Die Hüfthöhe sollte zu dem Zeitpunkt, an dem man die Bewegung initiiert, dieselbe sein wie zu dem Zeitpunkt, an dem die Stange den Boden verlässt. Bei unerfahrenen Trainees ist dies jedoch häufig nicht der Fall. Oft starten sie mit der Hüfte zu tief, weswegen die Hüfte zunächst hochschießt, bevor die Stange den Boden überhaupt verlassen hat. Dies ist ineffizient und sollte vermieden werden. Finde die richtige Startposition. Sie sollte gleich bleiben, wenn die Stange den Boden verlässt.
Allgemein gesagt befindet sich die Höhe der Hüfte von der Seite gesehen irgendwo zwischen der Schulter- und der Kniehöhe. Trainees mit gewissen anatomischen Gegebenheiten wie kurzen Oberschenkeln und langen Armen werden jedoch aufrechter sein, während Trainees mit langen Oberschenkeln, kurzen Torsos und kurzen Armen einen horizontaleren Oberkörper haben werden.
Links: Hüfte zu niedrig. Mitte: Hüfte zu hoch. Rechts: Hüfthöhe genau richtig! (Bildquelle: BretContreras.com)
Wirbelsäulenposition beim Kreuzheben
Die Wirbelsäule sollte während der gesamten Bewegung in einer neutralen Position sein, was durch die Verspannung der Rumpfmuskulatur unterstützt wird. Auch hier gibt es jedoch individuelle Unterschiede. Bei manchen Trainees fühlt sich eine leicht überstreckte Wirbelsäule besser an, bei anderen eine leicht eingerundete Position.
Bei Fortgeschrittenen bringt eine leicht eingerundete Brustwirbelsäule oftmals einen Leistungszuwachs, Anfängern würde ich dies jedoch nicht empfehlen. Über die Zeit entwickelt sich möglicherweise eine Art Toleranz gegenüber dem Kreuzheben mit rundem Rücken, so wie es auch viele der Spitzen-Kraftdreikämpfer und -Strongmen tun. Es gibt jedoch noch nicht viel Evidenz, die dies unterstützt.
Biomechanische Analysen und persönliche Anekdoten bestätigen bislang, dass die sicherste Position im Kreuzheben eine neutrale ist. Sicherlich gibt es dabei einen gewissen Spielraum, achte also einfach darauf, dass die Wirbelsäule so gerade wie möglich bleibt und vermeide beide Extreme ihres Bewegungsradius’, da sich diese unter schwerer Last schädlich auf Bänder, Bandscheiben und andere Strukturen der Wirbelsäule auswirken können.
Ein eingerundeter Rücken gilt als inakzeptable Kreuzhebetechnik. Das Desaster ist quasi vorprogrammiert. (Bildquelle: BretContreras.com)
Manche Trainer halten es für extrem wichtig, die Halswirbelsäule neutral zu halten. Manche sind der Meinung, man solle ein Doppelkinn machen, um die richtige Position zu erreichen. Ich persönlich halte die Debatte darum für überbewertet; folgende Aufnahmen der stärksten Kreuzheber der Welt zeigen die unterschiedlichsten Kopf- und Halspositionen. Meine allgemeine Empfehlung ist es dennoch, eine exzessive Überstreckung des Kopfes zu vermeiden, um die Scherkräfte auf die Halswirbel nicht unnötig zu vergrößern.
Links: Neutrale Lendenwirbelposition und eingerundeter Oberrücken . Rechts: Neutrale Wirbelsäulenposition (am sichersten!). (Bildquelle: BretContreras.com)
Der Lockout des Kreuzhebens geschieht durch eine Hüftstreckung. Der Lockout geschieht nicht, indem man in ein Hohlkreuz geht; stattdessen sollte die Hüfte kraftvoll nach vorne geschoben werden, indem vor allem die Gesäßmuskulatur aktiv kontrahiert wird.
Links: Gerader Hals (=gut). Rechts: Überstreckter Hals (=nicht so gut). (Bildquelle: BretContreras.com)
Schultern beim Kreuzheben
Zu Beginn der Bewegung sollten die Schultern über oder leicht vor der Stange sein. HIER kann man die Schulterpositionen bei Weltklasse-Hebern sehen. Dies erlaubt dem Trainee, seinen Körper am effizientesten über der Stange zu positionieren.
Ein häufiger Fehler ist es, die Schultern beim Kreuzheben nach hinten zu ziehen. Dies vergrößert lediglich die Strecke, welche die Stange bis zum Lockout zurücklegen muss. Behalte die Spannung im Lat und im oberen Rücken, aber zieh nicht absichtlich die Schulterblätter zurück. Sie werden in den meisten Fällen sowieso nach vorne gezogen werden, sobald ein schweres Gewicht an den Armen hängt.
Die aktive Kontraktion des Lats kann helfen, die Stange nah am Körper zu führen. Nicht bei jedem führt dies jedoch zu einer effizienteren Bewegung, weswegen du damit experimentieren und herausfinden solltest, ob es für dich funktioniert.
Links: Schultern sind vor der Hantel positioniert. Rechts: Schultern sind über der Hantel positioniert. Beides ist akzeptabel, also experimentiere herum und finde heraus, wo dein “sweet spot” liegt. (Bildquelle: BretContreras.com)
Entwicklung der Maximalkraft beim Kreuzheben
Die Maximalkraft aufzubauen bedeutet, das Gewicht zu erhöhen, das man in einer Wiederholung maximal heben kann. Es gibt mehrere Wege, dies zu erreichen; tagein und tagaus ins Gym zu gehen und jedes Mal auszumaxen ist keiner davon. Während das am Anfang für eine gewisse Zeit funktionieren mag, wird man irgendwann stagnieren und sich im schlimmsten Fall verletzen. Ein angebrachterer Weg involviert spezielle Satz- und Wiederholungsschemata, um dieses Ziel zu erreichen. Hier sind einige der effektivsten Methoden:
Möglichkeit #1: Tempo
Ich glaube nicht, dass man die Geschwindigkeit der Wiederholungen im Kreuzheben messen muss. Ich bin jedoch der Meinung, dass man die negative Komponente der Bewegung kontrollieren sollte, anstatt die Stange einfach fallen zu lassen (etwas, das im Vorhandensein von Plattformen und Bumper-Plates gerne gemacht wird). Dieses Thema wird unter Trainern kontrovers diskutiert, da die Exzentrik des Kreuzhebens für unerfahrene Trainees ein gewisses Verletzungsrisiko birgt.
Die Tatsache ist jedoch: Exzentrische Bewegungen machen stark. Zudem lehren sie eine gute Technik – die Abwärtsbewegung sollte durch das Zurückschieben der Hüfte initiiert werden, während die Stange senkrecht an den Oberschenkeln entlang heruntergelassen wird und die Beine zunächst senkrecht bleiben. Erst wenn die Stange die Knie passiert hat, können die Knie weiter gebeugt und der Schienbeinwinkel verkleinert werden.
Man muss die Stange nicht bei jeder Wiederholung akribisch langsam absenken, aber ich denke, dass eine kontrollierte Abwärtsbewegung die Kraftzuwächse fördern kann.
Möglichkeit #2: Straight Sets
Bei sogenannten „Straight Sets“ absolviert man über alle vorgeschriebenen Sätze hinweg die gleiche Anzahl an Wiederholungen mit dem gleichen Gewicht. 3 bis 5 Sätze á jeweils 1 bis 5 Wiederholungen halte ich in dieser Methode für am effektivsten. Das Gewicht sollte nahe am Limit sein, es sollten am Ende jedoch immer noch ein oder zwei Wiederholungen im Tank bleiben.
Häufig wird diskutiert, ob jede Wiederholung aus einem toten Punkt geschehen sollte oder ob touch-and-go-Wiederholungen benutzt werden sollten.
Ich empfehle, jede Wiederholung aus einem toten Punkt heraus zu starten. Vor jeder Wiederholung sollte die Hüftposition erneuert und neue Spannung aufgebaut werden. Dies ist besonders wichtig, wenn man auf einen Kraftdreikampf-Wettkampf hin trainiert, da dort ja das Ziel ist, in einer einzelnen Wiederholung möglichst viel Gewicht zu bewegen.
Touch-and-Go-Wiederholung können verwendet werden, wenn man beispielsweise auf einen Strongman-Wettkampf hin trainiert und Ausdauer und Spezifität die primären Ziele sind (natürlich vorausgesetzt, dass diese Technik im Wettkampf erlaubt ist).
Möglichkeit #3: Aufsteigende Sätze
Mit dieser Methode steigert man von Satz zu Satz das Gewicht. Dies ist extrem effektiv und nützlich, um sich an ein neues Gewicht heranzutasten, das man zuvor noch nie bewegt hat.
Man ermüdet mit dieser Methode weniger und das Risiko auszubrennen ist geringer als wenn man in jedem Satz das gleiche Gewicht verwendete. Bezüglich der Satz- und Wiederholungszahlen agiert man nach dem gleichen Prinzip wie bei Straight Sets. Sätze und Wiederholungen bleiben gleich, lediglich das Gewicht erhöht sich von Satz zu Satz.
Möglichkeit #4: Pyramidensätze (aufsteigend mit Backoffs)
Pyramidensätze bestehen aus einer Reihe von Sätzen, in denen das Gewicht jeweils steigt, während die Wiederholungszahl sinkt, wobei am Ende noch einer oder mehrere sogenannter Backoff-Sätze mit weniger Gewicht und mehr Wiederholungen ausgeführt werden.
Die Backoffs sind hierbei elementar wichtig. Nachdem man das Gewicht immer weiter gesteigert und die Muskeln bereits ermüdet hat, senkt man das Gewicht wieder und führt einen oder mehrere Sätze bis nahe ans Muskelversagen aus.
Möglichkeit #5: Pausierte Wiederholungen
Pausiertes Kreuzheben wird ausgeführt, indem die Bewegung nach dem Anheben der Stange etwa 5 cm über dem Boden für einige Sekunden pausiert wird. Nach der Pause wird die Bewegung so explosiv wie möglich fortgesetzt und beendet.
Die Pause eliminiert den Schwung des Zugs vom Boden und ist eine großartige Methode, um zu lernen, die Spannung und Kontrolle während der Bewegung aufrechtzuerhalten. Die Pausen machen die Bewegung wesentlich härter und man wird zwangsläufig weniger Gewicht verwenden können als beim regulären Kreuzheben, aber letztendlich wird man dadurch stärker und die Technik wird besser.
Möglichkeit #6: Teilbewegungen
Teilbewegungen erlauben es, mehr Gewicht zu verwenden, als wenn man vom Boden höbe. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn ein Trainee keine Probleme damit hat, das Gewicht vom Boden zu bekommen, jedoch Schwierigkeiten mit dem Lockout hat.
Zwei der häufigsten Varianten sind Block Pulls und Rack Pulls. Beide mögen zunächst ähnlich aussehen, sie fühlen sich jedoch ziemlich unterschiedlich an. Block Pulls sind dem Kreuzheben ähnlicher, da die Gewichtsscheiben statt auf dem Boden eben auf Blöcken ruhen. Bei Rack Pulls hingegen liegt die Hantel auf den Sicherheitsstreben eines Racks, weshalb der „Slack“ bereits aus der Stange genommen ist.
- Rack Pulls können aus jeder erdenklichen Höhe ausgeführt werden, am Häufigsten ist jedoch eine Höhe knapp unter den Kniescheiben.
- Block Pulls werden für gewöhnlich von ca. 7-13 cm hohen Blöcken ausgeführt. Höhere Blöcke erlauben zwar höhere Lasten, der Transfer der Leistung auf das reguläre Kreuzheben ist jedoch eher gering.
Setz dich nach hinten und halte deine Schienbeine in etwa vertikal, um den bestmöglichen Transfer von Teilwiederholungen auf das reguläre Kreuzheben zu erhalten; viele Trainees schieben ihre Knie zu weit nach vorne und bewegen das Gewicht so vor allem mit ihrem Quadrizeps nach oben, was nicht der Bewegung in diesem Bewegungsabschnitt des regulären Kreuzhebens entspricht.
Möglichkeit #7: Verlängerte ROM
Das Ausdehnen des Bewegungsradius‘ (ROM) erhöht die Schwierigkeitsanforderung an das Kreuzheben, da der Körper in eine unvorteilhafte Startposition gezwungen wird, und erhöht die verrichtete Arbeit. Das prominenteste Beispiel dafür ist das Defizit-Kreuzheben.
Defizit-Kreuzheben kann von einer Erhöhung von 3-10 cm erfolgen. Die Bewegung ist grundsätzlich die gleiche wie im konventionellen Kreuzheben, auch wenn die Hüftposition abhängig von der Anthropometrie des Trainees variieren wird.
Möglichkeit #8: Explosivkrafttraining
Eine der bekanntesten Methoden zum Verbessern der Maximalkraft ist das Verbessern der Explosivkraft, auch „Speed Work“ oder „Dynamic Effort“ genannt.
Dabei werden leichtere Gewichte verwendet, die jedoch so schnell, explosiv und technisch perfekt wie möglich beschleunigt werden. Im Kreuzheben könnte man beispielsweise 6 Sätze á 2 explosive Wiederholungen mit 70% seines 1RMs absolvieren, mit ca. 60 Sekunden Pause zwischen den Sätzen.
Leistungssteigerung beim Kreuzheben – Möglichkeit #9: Dynamische Widerstände – Bänder und Ketten
Viele Trainees runden bei Maximalversuchen im Kreuzheben leicht ein, was den Start der Bewegung vereinfacht, den Lockout jedoch erschwert. In diesem Fall benötigt man eine sehr starke Gesäßmuskulatur im letzten Bewegungsabschnitt.
Hier können dynamische Widerstände eine große Hilfe sein (ebenso wie Explosivkrafttraining, Teilwiederholungen und pausiertes Kreuzheben). Ketten und Widerstandsbänder erzeugen einen steigenden Widerstand, je weiter sich das Gewicht vom Boden entfernt. Wo die Bewegung am einfachsten ist, wird das Gewicht am schwersten. Gemeinsam mit einem Explosivkrafttraining erhöht das die Zeit, in der die Stange beschleunigt wird und vergrößert die Muskelaktivierung während der gesamten Bewegung.
Links: Kreuzheben mit Widerstandsbändern. Rechts: Kreuzheben mit Ketten. (Bildquelle: BretContreras.com)
Möglichkeit #10: Clustersätze
Clustersätze bestehen aus schweren Einzel- oder Doppelwiederholungen, die in einem Abstand von ca. zehn Sekunden ausgeführt werden. Auch wenn eine so kurze Pause keine vollständige Regeneration von den Mini-Sätzen zulässt, erlauben sie dem Trainee, ein Gewicht zu verwenden, das er normalerweise nicht am Stück für die gewünschte Wiederholungsanzahl absolvieren könnte.
Ein Beispiel für einen Clustersatz bei einem 230-kg-Heber wäre: 200 kg x 1, 10 Sekunden Pause, dann das gleiche noch dreimal. Dies wäre dann ein Clustersatz. Es können 3-4 Stück dieser Clustersätze durchgeführt werden.
Andere zu berücksichtigende Faktoren
Auch wenn Kreuzheben vor allem als Unterkörperübung gesehen wird, kräftigt es auch viele Muskeln des Oberkörpers. Es kann hilfreich sein, diese sekundären Muskeln extra zu trainieren, um seine Leistung im Kreuzheben zu verbessern.
Sogenannte Assistenzübungen unterscheiden sich von Trainee zu Trainee, da sie auf dessen Stärken und Schwächen abgestimmt sind und genutzt werden, um bestimmte Regionen zu stärken, in denen man für gewöhnlich langsamer wird oder versagt (auch bekannt als „Sticking Points“).
Ich mach’ hier nur ‘n paar Hip Thrusts! (Bildquelle: BretContreras.com)
Das Volumen der Assistenzübungen hängt vom aktuellen Kraftlevel und der generellen körperlichen Bereitschaft ab. Häufig werden von Anfang an viel zu viele Assistenzübungen gemacht, was Regenerationskapazität beansprucht, die ebenso genutzt werden könnte, um sich von mehr Kreuzheben zu erholen. Mach nicht diesen Fehler!
Die Griffkraft steigern
Wenn das Gewicht auf der Stange schwer wird, ist oftmals die Griffkraft der limitierende Faktor. Um dem entgegenzuwirken kann man ein gesondertes Griffkrafttraining in sein Programm mit einbauen.
Viele Übungen können die Griffkraft stärken, unter anderem schlichtweg
- das Kreuzheben im doppelten Oberhandgriff
- Ruderübungen
- Shrugs
- Klimmzüge
Abgesehen davon sind meine Favoriten: Farmers Walks, „Bankquetscher“, der einarmige statische Hang und Gripper.
Links: Gripper. Rechts: Bench Squeezes. (Bildquelle: BretContreras.com)
Links: einarmige Hangs. Rechts: Farmers Walk. (Bildquelle: BretContreras.com)
Assistenzübungen für den Unterkörper
Unterkörper-Assistenzübungen werden verwendet, um relative Schwächen bestimmter Muskeln auszumerzen. Meine Lieblings-Assistenzübungen für das Kreuzheben beinhalten:
- Kniebeugen
- Frontkniebeugen
- Block Pulls
- Defizit-Kreuzheben
- Hip Thrusts
- Beinpresse und
- Schwere Kettlebell Swings.
Links: Frontkniebeugen (Front Squats). Rechts: Klassischer “Back Squat”. (Bildquelle: BretContreras.com)
Links: Defizit-Kreuzheben. Rechts: Block Pulls. (Bildquelle: BretContreras.com)
Die Methoden zur Leistungssteigerung beim Kreuzheben
All diese Methoden werden bei jedem Fortschrittslevel funktionieren und ich empfehle, alles auszuprobieren und zu schauen, was für einen am besten funktioniert. Dennoch gibt es bestimmte Methoden, deren Effektivität von der Erfahrung im Kreuzheben sowie von Faktoren wie dem Trainingsalter, dem Fitnessstatus und der individuellen Anatomie abhängt.
Anfänger
Bei unerfahreneren Trainees sollte man Methoden nutzen, die vor allem darauf abzielen, die Technik zu üben und die Kraft aufzubauen. Mit auslaugenden Sätzen mit vielen Wiederholungen bis zum Muskelversagen ist bei Anfängern ein Desaster vorprogrammiert.
- Straight Sets: 100x3x4
- Aufsteigende Sätze: 90×3, 100×3, 120×3, 130×3
- Pyramidensätze: 100×6, 120×4, 130×2, 90×8
Fortgeschrittene Anfänger
Bei Fortgeschrittenen Anfängern und Fortgeschrittenen werden im Prinzip dieselben Techniken eingesetzt. Abhängig von den individuellen Stärken und Schwächen können sie alle von Nutzen sein.
- Teilwiederholungen: Block Pulls oder Rack Pulls
- Verlängerte ROM: Defizit-Kreuzheben
Fortgeschrittene
- Pausiertes Kreuzheben: 160x3x4, wobei man kurz nach dem Anheben pausiert und „einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig“ zählt
- Clustersätze: besteht ein Clustersatz aus 180×1, 10 Sekunden Pause und das gleiche viermal
- Explosivkrafttraining: 70% des 1RM für 6×2 mit 60 Sekunden Pause zwischen den Sätzen
- Dynamische Widerstände: Kreuzheben mit Bändern, Ketten oder einer Kombination aus beidem; auch mit verkürzter oder verlängerter ROM kombinierbar
Fazit
Einige dieser Methoden sind vielleicht neu für dich und andere nicht. In der Welt des Krafttrainings muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass der Weg kein Sprint, sondern ein Marathon ist. Nimm dir die Zeit, herauszufinden, welche Methoden bei dir am besten funktionieren und behalte immer ein Auge auf deiner Technik.
Stark im Kreuzheben zu sein ist nicht nur für die sportliche Leistung und den Muskelaufbau von Vorteil, sondern es überträgt sich auch auf Alltagsaktivitäten und schützt vor Verletzungen, wenn man Möbel schleppt oder sonstige schwere Arbeiten erledigt. Wenn du das Kreuzheben bereits abgetan hast, wird es Zeit für einen neuen Versuch. Erst kommt die Technik, dann das Gewicht.
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Bildquelle Titelbild: Fotolia / luckyguy123
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