Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

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Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

Von Steve Hall | Benötigte Lesezeit: 7 Minuten |


Hunger ist Scheisse. Müdigkeit ist Scheisse.

Manche Personen behaupten, dass du in einer Diät nicht unbedingt hungrig sein musst. Einige sagen, dass Diäthalten kinderleicht ist.

Das alles klingt zwar nett und es gibt durchaus einige clevere Dinge, die du tun kannst, um das Hungergefühl und den Mangel an Energie zu lindern, jedoch sind das Aspekte, die du in einer Diät einfach erwarten solltest.

Wieso?

Weil unser Körper möchte, dass wir (in einer Diät) hungrig sind und und weniger bewegen, damit wir kein Gewicht verlieren. Es ist ein Überlebensmechanismus. So einfach ist das.

Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

Adaption

Die Welt befindet sich in einem fortwährenden Zustand des Flusses – unsere Körper sind das ebenfalls. Sie sind dynamisch und passen sich permanent an ihre Umwelt an. Wenn wir Gewicht heben, dann werden unsere Körper stärker. Wenn wir uns aufheizen, dann versucht unser Körper uns durch vermehrtes Schwitzen abzukühlen. Auf die gleiche Art und Weise adaptiert sich unser Körper an die Menge an Kalorien, die wir zuführen und verbrennen.

Bodybuilder müssen das Prinzip des progressiven Overloads beachten, damit ihre Muskeln weiterwachsen. Einem Ausdauerläufer erlaubt das Prinzip der Adaption – durch eine Ökonomisierung der Bewegungen – Kalorien beim Laufen einzusparen. Und bei jemanden, der eine Diät einhält, bedeutet Adaption, dass die Nahrungszufuhr weiter gedrosselt werden muss, um Gewicht zu verlieren.

Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

 In einer Diät ist mit gewissen Adaptionen des Körpers stets zu rechnen. Je länger die Diät andauert, desto stärker manifestieren sich diese Veränderungen, die häufig darauf abzielen den Energieverbrauch zu senken und die Energieaufnahme zu erhöhen. (Bildquelle: ReviveStronger.com)

Unserem Körper geht es darum so effizient wie möglich zu sein.  Wenn wir eine Diät einhalten, dann werden einige Prozesse hochgefahren, während andere herunterreguliert werden. Dies sollte man erwarten. Viele Dinge verändern sich, wenn wir versuchen abzunehmen – doch am wichtigsten sind die folgenden Punkte.

1. Adaption von Leptin

Leptin ist etwas, dass unsere Fettzellen produzieren. In aller Kürze erläutert, ist Leptin für unser Gehirn das Stopsignal, wenn es ums Essen („Sattheit“) geht. Wenn wir Fett abbauen, dann sinkt auch der Leptinspiegel. Tatsächlich sinkt er sogar ausgesprochen schnell, sobald wir uns in einem Kaloriendefizit befinden. Und je größer das Kaloriendefizit ausfällt und je mehr Fett wir verlieren, desto stärker adaptiert sich der Leptinspiegel.

In einer Studie stelle man fest, dass der Leptinspiegel um bis zu 54% in der ersten Diätwoche absinkt. Danach sinkt die Konzentration eher graduell (2). Das bedeutet nichts anderes, als das die Leptinkonzentration ausgesprochen reaktiv auf eine Veränderung der Energiebilanz reagiert und dass man sie durch gezielte Diätpausen bzw. Refeeds wieder nach oben pushen kann.

Wenn wir uns eine Pause von der Diät genehmigen, dann spielen Nahrungsmenge und -art eine wichtige Rolle. Es ist vermutlich nicht optimal, wenn du dich nur mit Kuchen vollstopfst und es wird in der Regel auch nicht ausreichen, wenn du dir ein paar Nüsse mehr reinschiebst. Du brauchst Kohlenhydrate. Viele Kohlenhydrate. Unmengen an Forschung implizieren, dass es die Kohlenhydrate (und nicht die Proteine) sind, welche den Leptinspiegel wieder boosten (3). Das ist eine überaus wichtige Überlegung, wenn man sich mit Refeeds auseinandersetzt. Mit Kohlenhydraten erzielst du den stärksten und schnellsten Effekt. Wenn du aber stattdessen eine längere Diätpause einlegst, dann wird dieser Faktor weniger bedeutsam.

Wie stark sollte man die Kalorien erhöhen? Du willst eine Diätpause einlegen, dann solltest du zumindest eine ausgeglichene Kalorienbilanz erzielen.

  • Multipliziere, was auch immer du in Kilogramm in der Woche zuvor verloren hast, mit dem Faktor 1.000 oder multipliziere dein Körpergewicht in Kilogramm mit dem Faktor 29 – 34).
  • Lasse die Proteinzufuhr am besten so, wie sie ist (~1,8g/kg Magermasse) und reduziere die Fettzufuhr so tief, wie es geht (~0,5g/kg) oder belasse die Fettzufuhr identisch.
  • Fülle den Rest mit Kohlenhydraten auf, bis du bei deinem Erhaltungs-Kalorienbedarf angekommen bist.

Dies ist der Moment, wo eine sogenannte „Primer Phase“ sehr hilfreich sein kann:

Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

Mit zunehmender Diätdauer steigt auch das Risiko für Muskelmassverluste. Zudem wirst du erschöpfter und abgeschlagener. Eine “Primer Phase” mit anschließendem Diätneustart kann dir dabei helfen unterwegs neue Kraft zu tanken. (Bildquelle: ReviveStronger.com)

Bekämpfe den Leptinabfall

  • Lege Refeeds ein (3 Tage infolge)
  • Lege Diätpausen ein (+1 Woche)
  • Lass die Diät für längere Zeit ruhen (+1 Monat)

Es wird immer einen gewissen Abfall der Leptinkonzentration geben, wenn du eine Diät hältst, weil sich die absolute Fettmasse reduziert, doch die oben dargelegten Strategien können dir bei der Leptinkontrolle behilflich sein. Je mehr Gewicht (Fett) du verloren hast und je größer das Kaloriendefizit ist, desto länger wird es dauern, bis sich der Leptinspiegel wieder normalisiert hat.

2. Adaption des NEAT

Wenn wir dem Körper weniger Energie (in Form von Nahrung) bereitstellen, dann macht uns dies automatisch „bewegungsfauler“. Vermutlich kann da jeder, der sich schon mal auf Diät befunden hat, ein eigenes Lied von singen: Du fühlst dich lethargisch, willst am liebsten gar nicht aus dem Haus gehen, du nimmst lieber den Fahrstuhl statt der Treppe usw. usf.

Die Veränderungen können sehr klein und subtil sein; du sitzt nicht länger aufrecht im Stuhl bei der Arbeit, du sitzt mehr zwischen den Sätzen im Studio, anstatt stehenzubleiben, du liegst abends mehr auf der Couch. Wenn du dich in einem Kaloriendefizit befindest, dann sinkt deine körperliche Aktivität (sofern du keine bewusste Anstrengung dagegen unternimmst und z.B. dein Bewegungsverhalten trackst).

Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

In einer Diät reduzieren wir unbewusst unsere Tagesaktivität. Wir gehen lieber, statt zu laufen. Wir sitzen lieber, statt zu gehen, wir liegen lieber, statt zu sitzen. Die dadurch eingesparten Kalorien können einen weiteren Gewichts- und Fettverlust erschweren, wenn man den NEAT Wert nicht bedenkt. (Bildquelle: ReviveStronger.com)

Nicht jeder reagiert zu gleichen Teilen – es gibt große individuelle Differenzen.

1999 führten Levine et al. eine sogenannte „Overfeeding“-Studie durch, um die „Rolle der Nicht-Trainingsbedingten thermogenen Aktivität bei der Resistenz des Fettzuwachses bei Menschen“ zu untersuchen. Hierbei fanden die Forscher heraus, dass es starke unterschiedliche Wirkungen bei Individuen gibt (1). Einige Personen reagierten wie „Kinder auf Zucker“ (↑ Bewegungsdrang), während andere einfach nur fetter wurden. Im Verlauf der 8-wöchigen Studie nahm eine Person lediglich +0,5 kg zu, während eine andere bei + 5kg lag. Diese Differenz kam durch den NEAT-Wert zu Stande (NEAT steht übrigens für „Non-Exercise Activity Thermogenesis“).

Bekämpfe den NEAT-Abfall

  • Schärfe dein Bewusstsein dafür, wie viel du dich im Alltag bewegst.
  • Tracke deine Aktivität (z.B. mit einem Fit Bit Aktivitätstracker o.ä.)
  • Versuche dich bewusst mehr und öfter zu bewegen, gehe Spazieren, wenn du ansonsten im Alltag wenig aktiv gewesen bist.

3. Adaption der Sexhormone

Okay, machen wir uns nichts vor: Dies könnte ein eigenständiger Artikel sein. Tatsächlich könnte dies jeder der in diesem Artikel genannten Punkte, aber diese Hormone (Testosteron und Östrogen) sind überaus komplex in ihrer Natur – größtenteils deswegen, weil Männer und Frauen so unterschiedlich sind.

Wie auch bei Cortisol (siehe nächste Sektion), so gilt auch bei Testosteron und Östrogen, dass mehr (Testosteron) und weniger (Östrogen) nicht automatisch besser ist. Es kommt viel mehr auf die Balance an – und die unterschiedet sich zwischen den Geschlechtern. Beide Sexualhormone haben wichtige, aber unterschiedliche, Funktionen in Mann und Frau.

Einer der größeren Gründe dafür, wieso Männer muskulöser als Frauen sind, lässt sich in der Testosteronkonzentration finden. Testosteron ist eine Schlüsselvariable, die beim Aufbau von Magermasse behilflich ist. Ein Testosteronabfall führt in beiden Geschlechtern zu mehr Erschöpfung, einem geringeren Sex-Drive, einem verringerten Fettverlust und einem höheren Muskelmasseverlust.

Die Balance der Sexualhormone ist essenziell für die Körperkomposition und erleichtert die Fettreduktion. Wenn du deine Libido (oder als Frau auch deine Periode) verlierst, dann sind das klare Anzeichen dafür, dass deine Stoffwechselgesundheit angeschlagen ist. Wenn du es richtig anstellst, dann kannst du verhindern, dass es soweit kommt bzw. sicherstellen, dass sich alles wieder legt, ohne das du noch mehr Ärger an der Backe hast.

Bekämpfe den Abfall an Sexualhormonen

  • Trainiere mit Widerständen
  • Betreibe Erschöpfungsmanagement (Deloads, genügend Ruhetage)
  • Führe Diätpausen durch

4. Adaption von Cortisol

Cortisol muss oft als Sündenbock herhalten, doch wie zuvor bereits gesagt, so ist das Hormon (wie vieles andere auch) alles andere als schlecht … sofern es nicht außer Balance gerät.

Cortisol wird primär durch Stress erhöht – egal ob es sich um Arbeit, Training, (wenig) Schlaf, (schlechte) Ernährung oder einen verkorksten Lebensstil handelt. Wenn wir uns in einem Kaloriendefizit befinden, dann führt dies für unseren Körper zu mehr Stress und je größer das Kaloriendefizit ist, desto mehr Stress wirkt auf ihn ein. Dies wird durch Training potenziert und je härter du dich pusht, desto höher wird das Stressaufkommen ausfallen … was zu einer höheren Cortisolproduktion führt.

Aus diesem Grund wäre es überaus smart, wenn man ein exzessives Kaloriendefizit und exzessives Training weitestgehend vermeidet.

Harte Arbeit im Gym ist gut, doch du musst deinen Erschöpfungszustand vernünftig managen. Wenn du ein hohes Kaloriendefizit aufrecht erhältst und dich stundenlang im Gym verausgabst, indem du Gewichte stemmst und das Laufband beehrst, dann wird dein Körper wortwörtlich in Cortisol gebadet.

Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

Wir können nur eine bestimmte Menge an Stress vertragen, ehe unser Körper in einer negative Abwärtsspirale gerät. Aus diesem Grund ist ein smartes Stressmanagement unabdingbar! (Bildquelle: ReviveStronger.com)

Wenn der Cortisolspiegel chronisch erhöht bleibt, können wir eine erhöhte Wassereinlagerung feststellen, was wiederum den Gewichtsverlust auf der Waage maskiert. Cortisol ist zudem katabol und wenn die Kohlenhydratlevel gering sind, dann wird Protein (Muskeln) stärker verstoffwechselt, indem es von unserem Körper (Leber) zu Glukose umgewandelt wird – dieser Stoffwechselpfad ist als Gluconeogenese bekannt.

Es gibt noch viele weitere Gründe, wieso deine Liebe für Kohlenhydrate ungebrochen bleiben sollte: In stressvollen Situationen und bei hochintensivem Training greift unser Körper gerne auf Kohlenhydrate als Treibstoff zurück. Ohne die entsprechende Verfügbarkeit von Kohlenhydraten produzieren unsere Körper mehr Cortisol und zerlegen mehr (Muskel-)Protein – ein großes No-No für Muskelerhalt.

Bekämpfe den Anstieg von Cortisol

  • Vermeide ein exzessives (zu großes) Kaloriendefizit
  • Periodisiere deine Trainingsintensität
  • Führe Deloads durch
  • Priorisiere deinen Schlaf
  • Iss ausreichend viele Kohlenyhdrate

Indem du dich um Dinge wie Schlaf, Kohlenhydratzufuhr um das Training herum und entsprechendes Management der Intensität beim Training kümmerst (d.h. nicht jedes Mal auf Ganze gehst), wirst du eine starke Stressreduktion verzeichnen. Denk stets daran, dass Cortisol und/oder Stress nicht schlecht per se sind – zu viel davon ist schlecht und es geht schlicht und ergreifend darum die Balance zu erhalten.

5. Adaption von Ghrelin

Dieses Hormon ist der Alptraum eines jeden Menschen, der Diät hält, denn es führt zu Hunger.

Wenn unser Ghrelinspiegel steigt, dann sagt uns unsere Gehirn: „Iss!“

Ein Kaloriendefizit führt zu einem Anstieg von Ghrelin. Nochmal: Das ist zu erwarten! Unser Körper ist nicht darauf erpicht Gewicht zu verlieren. Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin zu akzeptieren, dass es Zeiten geben wird, in denen du Hunger verspüren wirst – da musst du durch! Es gibt jedoch kleine Veränderungen, die du durchführen kannst, um den Hungeranstieg zu bekämpfen!

Diät & Fettverlust: 5 biologische Adaptionen des Körpers, die du kennen solltest

Setze in der Diät auf stark sättigende, unverarbeitete Lebensmittel, wie z.B. Gemüse, Proteinhaltiges. Das hilft dir dabei das Hungerhormon Ghrelin in Schach zu halten. (Bildquelle: ReviveStronger.com)

Bekämpfe den Anstieg von Ghrelin

  • Setze auf kalorienarme Lebensmittel (Lebensmittel mit hohem Volumen)
  • Manipuliere deine Mahlzeitenfrequenz (weniger, dafür größere Mahlzeiten oder Intermittent Fasting)
  • Ernähre dich proteinreich (Protein ist der sättigendste Makronährstoff)
  • Stelle sicher, dass du ausreichend hydriert bist (damit du Durst nicht mit Hunger verwechselt)
  • Nutze Koffein (gängig zur Unterdrückung des Appetits)
  • Bleibe beschäftigt (das Kaugummikauen hilft dir dabei Geist und Mund zu beschäftigen)
  • Führe Diätpausen und/oder Refeeds durch.

Dies sind einige der Dinge, die du tun kannst, um den Hunger in Schach zu halten.

Praktische Implikationen

Denke stets daran: Diese Adaptionen sind in einer Diät zu erwarten und lassen sich präzise vorhersagen! Das notwendige Verständnis darüber, was geschieht, ist für eine erfolgreiche Veränderung der Körperkomposition entscheidend.

Wenn du drauf und dran bist eine Diät zu starten oder Probleme mit einer laufenden Diät hast, dann solltest du noch einmal einen Blick in diesen Artikel werfen. Stelle sicher, dass du dir über die unterschiedlichen Wege, wie du die Adaptionen des Körpers bekämpfen kannst, um weiteren Fettverlust zu erzielen, Bescheid weißt – und führe dann die notwendige Maßnahme durch!

Alternativ kannst du auch das tun, was Lyle McDonald stets zu sagen pflegt: „Akzeptiere es und bleibe halt fett.“

Quellen & Referenzen

(1) Levine, JA., et al. (1999): Role of Non-exercise Activity Thermogenesis in Resistance to Fat Gain in Humans. In: Science. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9880251.

(2) Keim, NL. / Stern, JS. / Havel, PJ. (1998): Relation between circulating leptin concentrations and appetite during a prolonged, moderate energy deficit in women. In: Am J Clin Nutr. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9771856.

(3) Romon, M., et al. (1999): Leptin response to carbohydrate or fat meal and associate with subsequent satiety and energy intake. In: Am J Physiol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10567012.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / antondotsenko


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Steve Hall ist ein Online Coach und der Inhaber von Revive Stronger, einem Online-Unternehmen, welches Gewichthebern und Kraftsportlern Ernährungs- und Trainingsratschläge liefert, die wissenschaftlich fundiert sind. Er hat mit hunderten Online-Klienten gearbeitet und Resultate erzielt. Zudem ist Steve ein naturaler Bodybuilder und Powerlifter.

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