(Echtes) Alternate Day Fasting (ADF) schlägt klassische Diät

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(Echtes) Alternate Day Fasting (ADF) schlägt klassische Diät

Von Adel Moussa | Benötigte Lesezeit: 6 Minuten |


Die Studie, um die es gleich gehen wird, beleuchtet nicht einfach nur das Alternate Day Fasting (kurz: ADF ; eines der populären Intermittent Fasting Konzepte), sondern berücksichtigt „echtes Alternate Day Fasting“ – „Was ist das?,“ wirst du dich vielleicht fragen.

Nun, hierbei handelt es sich um keinen wirklichen medizinischen Begriff – noch nicht. Falls du bisher noch nichts von Alternate Day Fasting gehört hast, dann würdest du vermutlich denken, dass es hierbei um „vollständiges Fasten“ geht, bei dem du alle 48 Stunden keine Nahrung zu dir nimmst. Zum Beispiel: Montags nichts essen, Dienstags ganz normal essen, Mittwochs nichts essen, Donnerstags normal essen usw.

(Echtes) Alternate Day Fasting (ADF) schlägt klassische Diät

Bis dato gibt es nur eine Handvoll Tierstudien, welche dieses „echte Alternate Day Fasting“ Protokoll untersucht haben (zugegeben, recht erfolgreich sogar), während Humanversuche stets eine reduzierte Nahrungszufuhr, aber kein komplettes Fasten, studiert haben.

Bisher jedenfalls!

Alternate Day Fasting Studie: Das Studiensetup

Wissenschaftler des Anschutz Medical Campus der Colorado University haben recht gesunde, aber übergewichtige Erwachsene (18-55 Jahre), die über einen BMI von 30 kg/m² verfügten  entweder auf ein a.) Null-Kalorien ADF Protokoll (n=14) oder eine chronische Kalorienreduktion (CR | -400 kcal/Tag, n=12) über einen Zeitraum von 8 Wochen gesetzt.

Die Ergebnisse wurden zum Ende der 8-wöchigen Intervention sowie nach 24 unbeaufsichtigten Wochen in einem Follow Up gemessen.

Was man bei dieser Studie unbedingt verstehen sollte, ist, dass die dort verwendete Ernährung nicht so designt gewesen ist, dass man vergleichbare Energiedefizite herausbekommen konnte. Dies mag auf den ersten Blick sehr dumm anmuten, doch am Ende macht das – sowie das Follow Up nach 24 unbeaufsichtigten Wochen – diese Studie in der Praxis relevanter, wenn es um die eigentliche Wissenschaftsfrage geht: Ist das ADF Protokoll besser als die standardmäßige Diätmethode zur Gewichtsreduktion (moderates Kaloriendefizit)?

Die existierende Differenz zwischen beiden Diäten, welche über ein identisches Makronährstoffprofil verfügten (55% Kohlenhydrate, 15% Protein und 30% Fett) sah wie folgt aus:

  • CR Teilnehmer: Diese Gruppe hielt eine Ernährung ein, die zu einem rechnerischen Energiedefizit von -28% aufwies (was mehr als beabsichtigt gewesen ist). Dies entsprach zum Zeitpunkt der Studie einer standardmäßigen Diät zum Zwecke der Gewichtsreduktion.
  • ADF Teilnehmer: Diese Gruppe erhielt ebenfalls eine entsprechend angepasste Ernährung, allerdings sollten die Probanden an alternierenden Tagen fasten. An Tagen, in denen gegessen werden durfte, servierte man den Personen Mahlzeiten mit so vielen Kalorien, dass sie auf eine ausgeglichene Kalorienbilanz kommen würden (wenn sie alles aufessen würden). Ergänzt wurde das Ganze mit 5-7 optionalen „Lebensmittelmodulen“ (200 kcal pro Modul), die nach Lust und Laune dazu gegessen werden durften (ad libitium). Die ADF Teilnehmer durften an diesen Esstagen so viel Essen, wie sie mochten, aber man ermunterte und zwang sie auch nicht dazu alles aufzuessen, was serviert wurde. Die Teilnehmer wurden dazu instruiert den Fastentag nach der Abendmahlzeit zu beginnen. In der Fastenzeit durften sie nur Wasser, kalorienfreie Getränke und Boullion/Brühe verzehren.

Die individuelle Kalorien- und Makronährstoffzufuhr der Teilnehmer wurde basierend auf den Lebensmittel, die nicht verzehrt wurden und zurückkamen, mit einer Software (PROnutra von Viocare Technologies Inc., Princeton NJ) berechnet. Das geschätzte Kaloriendefizit wurde durch eine Subtraktion der zugeführten Kalorien vom täglich errechneten Energiebedarf kalkuliert.

(Echtes) Alternate Day Fasting (ADF) schlägt klassische Diät

Durchschnittliche tägliche Energie- und Makronährstoffzufuhr an Fasten- und Esstagen über den 8-wöchigen Zeitraum in der ADF-Gruppe; nachfolgende Daten für die Wochen 9-32 nicht vorhanden (Bildquelle: Catenacci et al, 2016)

Und was ist mit der Einhaltung der Diätrichtlinien?

Zumindest für die ersten 8 Wochen (kontrollierter Zeitraum) bewegte sich die Einhaltung der üblichen Grenzwerte in einem perfekten Rahmen. Abweichungen von 44,4 kcal/Tag sind so gut wie Nichts (und sind auch nicht besonders überraschend).

Schließlich haben viele Studien gezeigt, dass es vielen Leuten leichter fällt gar nichts zu essen, als sich mit moderaten oder weniger als erforderlichen Portionen (z.B. um satt zu werden) zu begnügen. Was mich zu einer persönlichen Erfahrung (n=1 + Freunde) bringt, die bestätigt: Eine der größten Stärken eines jeden Intermittent Fasting Ansatzes (sei es nun ADF oder klassisches IF) besteht darin, dass sie leichter zu befolgen und einzuhalten sind, als gewöhnliche Diätformen mit identischen kalorischen Refeeds.

Die Ergebnisse der Alternate Day Fasting Studie

…und so kommen wir wieder zu der Studie zurück, welche die bereits erwähnten Vorteile in Form eines maximalen Fettverlusts bei minimalem Muskelverlust und keiner nennenswerten Veränderung des Ruhestoffwechsels (RMR) nach einer nicht ganz so strikten 24-Wochen unbeaufsichtigten Periode – oder wie ich es ausdrücken würde: Der „Real World“ Phase der Studie – stützt (3).

Wenn die Wissenschaftler nun behaupten, dass die ADF-Teilnehmer „ein um 376 kcal pro Tag höheres Kaloriendefizit erreichten“ (3), dann haben wir einen Grund um die Genauigkeit der Werte skeptisch zu betrachten. Ein Rahmen von 200-500 kcal erscheint da „korrekter“ – und wenn wir weiterhin annehmen, dass der wahre Wert auf der niedrigeren Seite des Spektrums liegt, so ist es auch nicht weiter überraschend, dass „es keine signifikanten Unterschiede bei der Veränderung des Gewichts innerhalb der Gruppen gibt (Mean +/- SE; ADF 28.2 +/-  0.9 kg, CR 27.1 +/-  1.0 kg)“ (3).

(Echtes) Alternate Day Fasting (ADF) schlägt klassische Diät

Veränderung in der Körperkomposition (in %) während der initialen, streng Kontrollierten 8-wöchigen Studienphase sowie zum Ende der nachfolgenden unkontrollierten 24-wöchigen „Real World“ Phase (adaptiert nach Catenacci et al, 2016).

Nachdem das gesagt ist, frage ich mich: Wen kümmert es schon, wenn die relevanten Ergebnisse aus der echten Welt (der 24-wöchigen unbeaufsichtigten Phase) hinsichtlich Fettabbau und Muskelaufbau eine eindeutige Sprache sprechen? Man kann es auch nicht anders ausdrücken, als: Das ADF Protokoll hat der klassischen Kalorienrestriktion (CR) gehörig in den Hintern getreten.

Anders formuliert: Wenn du jeden zweiten Tag nichts isst, dann hast du ein effektives, für die echte Welt kompatibles, Diätwerkzeug in der Hand. Eines, dass bessere Ergebnisse hinsichtlich der Körperkomposition (Verhältnis von Fett zu Muskelmasse) liefert, als die typische „ich ess jetzt jeden Tag XXX kcal (%) weniger am Tag!“

(Echtes) Alternate Day Fasting (ADF) schlägt klassische Diät

Veränderung in der Körperkomposition (in %) während der initialen, streng Kontrollierten 8-wöchigen Studienphase sowie zum Ende der nachfolgenden unkontrollierten 24-wöchigen „Real World“ Phase (adaptiert nach Catenacci et al, 2016).

Alternate Day Fasting: Größerer Fettverlust, MuskelZUWACHS und höhere BDNF-Konzentration

Die Personen in der ADF Gruppe haben nicht nur mehr Fett und weniger Muskeln verloren (bei den linken Werten handelt es sich um absolute Werte, d.h. es wird der MEHRVERLUST von Fett bzw. MEHRAUFBAU von Magermasse nach der 24-wöchigen unbeaufsichtigen Follow Up Phase abgebildet), sondern auf eine Steigerung in der Konzentration des BDNF (brain-derived neurothropic factor, ein Wachstumsfaktor der im Gehirn synthetisiert wird) erfahren.

Die BDNF-Konzentration ist in der CR-Gruppe gesunken, so dass die positiven gesundheitlichen Effekte (Hirngesundheit und Regulation der Energiebilanz) verloren gegangen ist (1)(2)(3) – kurz: Der Ruheenergieverbrauch (RMR) ist in den CR-Teilnehmern überdurchschnittlich stark gefallen.

Im Gegensatz dazu konnten in der ADF-Gruppe kein statistisch signifikanter Abfall des Ruheenergieverbrauchs gemessen werden (CR: -111.6 +/- 36.9 kcal/Tag Vs. ADF: -16.2 6 +/- 36.6 kcal/Tag) (3).

Angesichts dieses Hintergrunds ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass diese Studie zu dem Ergebnis kommt, dass das Abnehmen mit Hilfe eines ADF Protokolls das Risiko den vielfach gehassten und gefürchteten Jojo-Effekt zu erleben, reduziert.

Nur die ADF-Gruppe profitierte von einem sinkenden Körperfettanteil bei gleichzeitigem Anstieg der Magermasse, während sich die Körperkomposition in der CR-Gruppe langsam aber stetig während der 24-wöchigen „Real World“ Phase verschlechterte.


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Abschließende Worte und Fazit

Die Teilnehmer haben nur 2,4% Körperfett verloren. Wieso ist das aufregend, wenn man bedenkt, dass sie mit einem Körperfettanteil von über 40% abzunehmen anfingen?

Nun, das wirklich Aufregende ist, dass – obwohl das ADF-Protokoll alles andere als optimal designt gewesen ist (zu wenig Protein an Fasten- und Nicht-Fasten-Tagen, siehe hierzu auch Damians Artikel “Wie stark ist der Einfluss von Protein auf Gewichtsverlust und Körperkomposition?“) – es zu solchen fundamentalen Differenzen bei den Diät-Effekten hinsichtlich der Körperkomposition der Teilnehmer während der 24-wöchigen „Real World“-Phase kam. Ein Unterschied der sehr viel darüber verrät, welcher Ansatz die besseren Ergebnisse für eine Mehrheit liefert.

Die Antwort lautet in diesem Fall: Das Alternate Day Fasting.

Nachfolgende Studien werden nun…

  • …den dafür verantwortlichen Mechanismus ausfindig machen müssen, der diese Ergebnisse erklärt (wovon ich einfach mal vermute, dass es mit der Einhaltung der Diät und dem „am Ball bleiben“ zu tun hat) und
  • …den Ansatz entsprechend modifizieren müssen (z.B. durch eine Zufuhr von ~150g Protein am Tag bei minimaler Kohlenhydrat- und Fettzufuhr und evtl. bisschen Gemüse) und/oder das Makronährstoffverhältnis so anpassen, dass es mehr Sinn ergibt (55% Kohlenhydrate bei 15% Protein und 30% Fett ist einfach dumm gewählt) und zu einem höheren Fettverlust und/oder Muskelerhalt führt.

Du interessierst dich für das Alternate Day Fasting? Ein sehr gutes Buch zum Einstieg ist das eBook “Eat Stop Eat” von Brad Pilon, welches wir hier bereits vorgestellt haben. Das Buch gibt es leider nur in Englisch. Weitere Infos zum Intermittent Fasting findest du in unserer entsprechenden Artikelsektion.

Quellen & Referenzen

(1) An, JJ., et al. (2015): Discrete BDNF neurons in the paraventricular hypothalamus control feeding and energy expenditure. In:  Cell metabolism. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26073495.

(2) Bariohay, B., et al.  (2005): Brain-derived neurotrophic factor plays a role as an anorexigenic factor in the dorsal vagal complex. In: Endocrinology. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16166223.

(3) Catenacci, VA., et al. (2016): A randomized pilot study comparing zero‐calorie alternate‐day fasting to daily caloric restriction in adults with obesity. In: Obesity. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27569118.

(4) Xu, B., et al. (2003): Brain-derived neurotrophic factor regulates energy balance downstream of melanocortin-4 receptor. In: Nature neuroscience. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12796784.



Bildquelle Titelbild: Pixabay / klimkin ; CC Lizenz


Über

Adel Moussa: “In den Seminaren die ich im Fachbereich Physik an der Uni halte, geht es darum den Studenten Daten, Fakten und Techniken zu vermitteln, die – obschon sie nichts mit Religion zu tun haben – so sicher sind, wie das sprichwörtliche “Amen in der Kirche”. Gerade das aber, also “Daten und Fakten” findet man im Internet kaum, wenn man nach Informationen über Training, Ernährung und Nahrungsergängzungsmitteln sucht. Das war jedenfalls vor ca. 4 Jahren so, und Grund genug für mich meinen eigene Blog zum Thema zu starten.

Der Name “SuppVersity” – Ihr hört schon, da stecken die Worte “University” und Supplement” drin – ist Programm. Unter www.suppversity.com nehme ich dort täglich die neusten Studien aus den Gebieten Training, Ernährung und Gesundheit unter die Lupe. Immer auf der Suche nach dem, was es vermutlich gar nicht gibt: Dem optimalen Trainings-, Ernährungs und Nahrungsergänzungsplan für mich, Euch und jedermann.”

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3 Kommentare

  1. Interessanter Artikel, wie immer :)
    Kurze Frage: Wann würde man bei einem solchen Diät Plan trainieren ?
    Menno Henselmanns hat mal in einem kürzlich gegebenen Interview erwähnt,
    dass man Abends an den Fastentagen trainieren sollte um in der “anabolen Phase” von der erhöhten Nahrungszufuhr zu profitieren. (Zumindest meine ich mich daran zu erinnern und es klingt auch logisch) Was würdest du empfehlen ?

    • Moin Marc,

      reden wir hier von einem ADF-Tag, wo du so gut wie nichts zuführst? Hat sich Menno auf ADF bezogen?

      Grundsätzlich ist Training immer gut, insbesondere, wenn du danach genug isst (bevorzugt Protein und Kohlenhydrate), allerdings habe ich keine praktische Erfahrung mit ADF, da mir dieser IF-Stil nicht so zusagt. Genug Power fürs Workout sollte man zwar haben und es kann auch funktionieren, wenn du dich am darauffolgenden Tag normal ernährst. Ansonsten kann ich mir gut vorstellen, dass du am nächsten Tag Probleme mit mehr Hunger/Appetit haben wirst, wenn du vom ADF z.B. ins Leangains wechselst.

      Lange Rede, kurzer Sinn: Kann man so machen, wenn es für einen gut funktionieren, aber da musst du einfach mal ausprobierien, wie es dir bekommt.

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