F.A.Q. #18: Welchen Einfluss hat Sex auf den Testosteronspiegel?

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F.A.Q. #18: Welchen Einfluss hat Sex auf den Testosteronspiegel?

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Einmal mehr preschen wir in  Themengebiete vor, über die sich zwar viele Trainierende den Kopf zerbrechen, doch kaum jemand traut sich die Fragen auch tatsächlich zu stellen.

Ich habe schon von Athleten und Trainierenden gehört bzw. gelesen, die abstinent leben, um ihr Muskelaufbaupotenzial zu maximieren. Es steht das Gerücht im Raume, wonach die sexuelle Enthaltsamkeit zu einem Hormonpeak beitragen soll, welcher es erleichtert Muskeln aufzubauen.

An dieser Stelle soll es nicht um die Grundsatzfragen gehen, inwiefern man tatsächlich auf den Geschlechtsverkehr verzichten sollte, nur um eventuell das eine oder andere Gramm an Muskulatur aufzubauen.

Stattdessen werfen wir einen kurzen Blick darauf, was sich im Falle eines vollzogenen Liebesspiels im Körper tut (hormonell gesehen) und inwiefern der Testosteronspiegel mit dem Orgsamus zusammenhängt (Ei ei ei…!).

Du siehst schon: Wir widmen uns hier den wirklich wichtigen Fragen des Lebens!

Hinweis: Dieser Artikel richtet sich primär an männliche Trainierende, da die meisten Arbeiten zu diesem Thema an Männern bzw. männlichen Tieren durchgeführt wurden. Männer machen sich diesbezüglich auch die meisten Gedanken, was evtl. daran liegen könnte, dass bei Frauen eher das Östrogen für die muskelaufbau-fördernden Effekte zuständig ist – siehe hierzu Mennos Artikel „Frauen, Training & Muskelaufbau: Über das natürliche Aufbaupotenzial des weiblichen Geschlechts“.

F.A.Q. #18: Welchen Einfluss hat ein Orgasmus auf den Testosteronspiegel?

Einfluss des Orgasmus auf Vitalparameter & Hormone

Die Wissenschaft auf diesem Gebiet hat uns bereits zeigen können, dass die kurzfristige sexuelle Abstinenz (zirka 3 Wochen) zu einem Anstieg des Testosteronspiegels führt (2). Würde man versuchen das Ganze in Zahlen zu fassen, so handelt es sich im Durchschnitt um eine Differenz von 0,5 ng/ml (2):

Der Orgasmus selbst scheint allerdings keine akuten Effekte auf den Testosteronspiegel auszuüben. Einflüsse konnten lediglich hinsichtlich der Katecholaminkonzentration (Adrenalin, Noradrenalin) und dem Prolaktinspiegel ausgemacht werden (sowie der Herzschlagrate) (2).

„In contrast, although plasma testosterone was unaltered by orgasm, higher testosterone concentrations were observed following the period of abstinence.“ – (2)

Der unmittelbare Anstieg des Prolaktinspiegels (+10-15 ng/dml) nach einem Orgasmus ist allerdings nur von kurzer Dauer (10-20 Minuten) (2)(4); er sinkt anschließend wieder ab.

Für eine Beeinflussung des Prolaktinspiegels scheint die Ejakulation zwingend erforderlich. Eine reine sexuelle Erregung führt nicht zu demselben Effekt (5), was zu der Spekulation geführt hat, dass die vermehrte Ausschüttung des Prolaktins einen hemmenden Einfluss auf den Sex-Drive ausübt (was erklären würde, warum man(n) nach getaner Arbeit erst einmal keine „Lust“ mehr hat) (6)(7).

Andere Hormone, etwa Vasopressin oder FSH (Follikel-Stimulierendes Hormon) scheinen davon nicht beeinflusst zu werden (5).

7-tägige Abstinenz = +45,7% Serum-Testosteronspiegel

Jiang et al (2003) berichten über einen Testosteron-Peak (145,7% ggü. Basiswert), der sich am 7 Tag der Abstinenz abzeichnet (3). Diese Untersuchung hat den Zusammenhang zwischen der männlichen Ejakulation und dem Serum-Testosteronspiegel in 28 gesunden jungen Männern untersucht. In den Tagen 2-5 waren die Fluktuationen nur minimal:

„The results showed that ejaculation-caused variations were characterized by a peak on the 7th day of abstinence; and that the effective time of an ejaculation is 7 days minimum.“ – (3)

Testosteron: Einfluss auf Libido und Sex-Drive

Die Forschung auf diesem Gebiet ist leider spärlich gesät, doch nach aktuellem Kenntnisstand lässt sich sagen, dass der Testosteronspiegel nur geringe Einflüsse auf den männlichen Orgasmus ausübt.

Stattdessen übernimmt das Hormon – zusammen mit Dopamin – eine Art Regulatorfunktion für die Libido (8)(9) (Substanzen, die den Dopaminspiegel erhöhen, z.B. Mucuna pruriens (enthält L-DOPA), haben einen positiven Einfluss auf die Anzahl der Erektionen und die sexuelle Erregung (10)(11), während Prolaktin die Antagonistenrolle übernimmt).

Abschließende Worte

Wenn es dir um die Maximierung des Testosteronspiegels geht, so erscheint eine kurzzeitige sexuelle Abstinenz von ~7 Tagen zu einem gewünschten Effekt zu führen und ich bin mir ziemlich sicher, dass du im Falle eines Selbstexperiments relativ schnell eine spürbare Wirkung bezüglich deiner Libido erfahren wirst – fraglich bleibt jedoch, inwiefern du muskelaufbau-technisch davon profitieren kannst (dazu gibt es leider keine Studien).

Ich würde mir an deiner Stelle nicht allzu viele Gedanken machen, sondern mich lieber auf die wesentlichen Dinge – etwa Ernährung, Regeneration und Trainingsoptimierung – konzentrieren. Sich Gedanken um den (eventuell kurzzeitig) negativen Einfluss von Sex bzw. Masturbation auf den Serum-Testosteronspiegel zu machen, spielt in einer Liga der Angst durch eine Ejakulation zu viel Protein zu verlieren (da hat der Verzehr von Alkohol weitaus schwerwiegendere Folgen). 

Man kann sich zwar mit solchen Fragen auseinandersetzen, wenn man Langeweile hat, aber wirklich produktiv wird es am Ende nicht sein.

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Quellen & Referenzen

(1) Examine.com: Does ejaculation affect testosterone levels? URL: https://examine.com/nutrition/does-ejaculation-affect-testosterone-levels/

(2) Exton, MS., et al. (2001): Endocrine response to masturbation-induced orgasm in healthy men following a 3-week sexual abstinence. In: World J Urol. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11760788.

(3) Jiang, M., et al. (2003): A research on the relationship between ejaculation and serum testosterone level in men. In: J Zhejiang Univ Sci. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12659241.

(4) Krüger, T., et al. (1998): Neuroendocrine and cardiovascular response to sexual arousal and orgasm in men. In: Psychoneuroendocrinology. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9695139.

(5) Krüger, TH., et al. (2003): Specificity of the neuroendocrine response to orgasm during sexual arousal in men. In: J Endocrinol. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12697037.

(6) Krüger, TH., et al. (2003): Effects of acute prolactin manipulation on sexual drive and function in males. In: J Endocrinol. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14656205.

(7) Krüger, TH., et al. (2002): Orgasm-induced prolactin secretion: feedback control of sexual drive. In: Neurosci Biobehav Rev. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11835982.

(8) Stahl, SM. (2001): The psychopharmacology of sex, Part 1: Neurotransmitters and the 3 phases of the human sexual response. In: J Clin Psychiatry. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11247105.

(9) Motofei, IG. / Rowland, DL. (2005): Neurophysiology of the ejaculatory process: developing perspectives. In: BJU Int. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16287455.

(10) Safarinejad, MR. / Hosseini, SY. (2006): Pharmacotherapy for Premature Ejaculation. In: Curr Drug Ther. URL: https://web.archive.org/web/20120131041913/http://www.benthamscience.com/cdth/samples/cdth1-1/Safarinejad.pdf.

(11) Danjou, P., et al. (1988): Assessment of erectogenic properties of apomorphine and yohimbine in man. In: Br J Clin Pharmacol. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1386588/.



Bildquelle Titelbild: Flickr / James Lee ; CC Lizenz


Über

Damian N. „Furor Germanicus“ Minichowski ist der Gründer und Kopf hinter dem Kraftsport- und Ernährungsmagazin AesirSports.de. Neben zahlreichen Gastautorenschaften schreibt Damian in regelmäßigen Abständen für bekannte Online-Kraftsport und Fitnessmagazine, wo er bereits mehr als 200 Fachartikel zu Themen Kraftsport, Training, Trainingsphilosophie, Ernährung, Gesundheit und Supplementation geschrieben hat.

Zu seinen Spezialgebieten gehört das wissenschaftlich-orientierte Schreiben von Fachartikeln rund um seine Passion – Training, Ernährung, Supplementation und Gesundheit.

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