Von Kurtis Frank | Benötigte Lesezeit: 13 Minuten |
Vor einigen Jahren hätte man vermutlich noch eine ganze Menge gesundheitsorientierte Menschen mit Fett – einem der großen drei Makronährstoffe in unserem Speisplan – jagen können. Eigentlich unverdient geriet der kalorienreiche Geschmacksträger in einen mehrere Jahre andauernden Shit-Storm (manch einer würde es heute als Rufmord bezeichnen), der ihn für die nächsten Jahrzehnte schwer zeichnen sollte. Die vermeintliche Zusammenhang eines hohen Fettkonsums und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat sich derweil nicht bestätigen können.
So langsam dämmert es also auch den vermeintlichen Experten, dass die Lösung nicht in einer hohen Kohlenhydratzufuhr zu Ungunsten von Fetten liegen kann. Autoren wie Robert Lustig (Fat Chance: The Bitter Truth About Sugar), Stephen Phinney & Jeff Volek (The Art & Science of Low Carbohydrate Living) oder der deutsche Mediziner Wolfgang Lutz (Leben ohne Brot) arbeiten seit einigen Jahren das heraus, was wir eigentlich schon seit mehr als hundert Jahren wissen – oder viel mehr: gewusst haben. (Die führenden Forscher auf dem Gebiet, u.a. deutsche Wissenschaftler, sind uns ja leider im zweiten Weltkrieg verloren gegangen und germanische Forschungliteratur war – wie man sich vielleicht vorstellen kann – in der Nachkriegszeit nicht sehr en vogue).
…ein bisschen trockener Biochemiker-Humor. *hust* ;)
Das Kind dieser Inzucht: Diätprodukte, denen das Fett über etliche Industrieverfahren entzogen und an deren Stelle mit Zucker aufgefüllt wurde. Habt ihr euch schon einmal die Zeit genommen und im Supermarkt die Leute beobachtet, die zu „Light“-Produkten greifen und diejenigen, denen es egal zu sein scheint (und die lieber die normale Version in ihren Einkaufskorb legen)? Nein, ich schon. Anekdotischer Weise waren es oftmals die Korpulenteren die wohl dachten, dass sie mit dem Griff zu Low-Fat Mutter Natur ein Schnippchen schlagen können; da nimmt man doch gerne gleich fünf Artikel auf einen Schlag. ;)
Ich werde jedoch nicht dem gleichen Fehler machen, wie manch andere (von ihrer Ideologie geblendeten) Fanatiker. Es sind nicht die Fette, die das Problem darstellen und es sind auch nicht die Kohlenhydrate, welche die menschliche Rasse langsam aber stetig degenerieren lassen – es ist der vom Hedonismus geprägte Life-Style. Natürlich spielen individuelle Eigenschaften ein gewisse Rolle, auf die auch eine besondere Rücksicht genommen werden muss. Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind keine Mythen (auch wenn sie neuerdings hypochondrische Züge annehmen) und nicht jeder Körper kann größere Mengen an Kohlenhydraten problemlos vertragen. Allerdings heisst das noch lange nicht nicht, dass Athleten mit einem niedrigen Körperfettanteil, deren Ziel im Muskelaufbau oder im Bereich des Ausdauersportes liegt, nicht von einer entsprechenden Zufuhr in Form von „schneller Energie“ profitieren können. Im Kraftsport und Bodybuildingbereich wechseln sich Kohlenhydrate und Fett als Prügelknaben derweil ab. Ein Tag-Team gegen den unangefochtenen Champion, das Protein, sozusagen.
Insbesondere Muskeljünger nicht den Fehler machen und der Low-Fat-Ernährung erliegen. Kohlenhydrate sind nicht überlebensnotwendig, dass wissen wir mittlerweile – Fette aber schon. Und Fette können noch viel mehr als den meisten vielleicht lieb sein dürfte. Das Stichwort lautet: Steroidogenese (Biosynthese von Steroiden). Watt? Ihr habt nichts mit Steroiden am Hut? Ja, ich auch nicht. Ihr seid 100 % natural? Glückwunsch – aber das ändert noch immer nichts an der Tatsache, dass der menschliche Körper aus (vornehmlich) Nahrungscholesterin diverse Sexualhormone, u.a. das Muskelhormon Testosteron, herstellt.
Mutter Naturs Steroidarsenal: Auch Testosteron, das männliche Sexualhormon, welches beim Mann für eine starke Libido, Selbstvertrauen und Muskelaufbaupotenzial sorgt, wird aus Nahrungsfett synthetisiert. Eine inadäquate Fettzufuhr wirkt sich daher nicht besonders vorteilhaft auf den Muskelaufbau aus, buddy. (Bildquelle: Wikipedia.de)
Fettstoffwechsel & Fettsäuren: Eine Einführung
Ihr entfernt Fette systematisch aus eurem Ernährungsplan? Willkommen im Land des niedrigen Testosterons. Seine Einwohner? Ihr! Es wird euch nicht nur ungemein schwerer Fallen magere Masse aufzubauen (18)(19), nein, ihr könnt auch eure Libido an der Wursttheke abgeben (14) und euch schon einmal mit einem erhöhten Krebsrisiko anfreunden (12)(13). Ihr greift zu „Testo-Boostern“ um euer Muskelaufbaupotenzial zu maximieren, ernährt euch gleichzeitig LowFat? Cool story, bro. Vielleicht wäre es in diesem Fall sinnvoller die Fettzufuhr zu erhöhen und das Geld in Camembert und Hack zu investieren, als sich daheim eine Apotheke einzurichten. Aber, hey: Vielleicht ist ja sowieso schon alles für den modernen Mann verloren, immerhin haben mehere Studien unabhängig voneinander festgestellt, dass der Testosteronspiegel des modernen Manns seit einigen Jahrzehnten im Sinkflug inbegriffen ist (15)(16)(17) In Sparta hätten sie uns jedenfalls schon ausgelacht und abgeschlachtet.
Aber Spaß beiseite: der Fettstoffwechsel genießt heutzutage – zu Unrecht – ein echtes Underdog-Dasein. Grund genug für Aesir Sports die Sache einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Im nachfolgenden Artikel werden wir daher nicht nur einen Blick auf die unterschiedlichen Fettsäure-Arten werfen und deren Charakteristika herausarbeiten, sondern uns auch mit den vier Hauptmerkmalen des Makronährstoffes Fett beschäftigen: dem Substrat, den Strukturen, der Speicherung und der Stimulation.
Nach dem Lesen dieses Artikels werdet ihr mit allem nötigen Wissen ausgestattet sein, um die basalen Funktionen eines überaus komplexen Stoffwechsels zu verstehen. Ihr werdet wissen, warum Omega-3-Fettsäuren Omega-3-Fettsäuren heissen, was HUFAs sind, was Liganden sind und welche Rolle Prostaglandine spielen. Natürlich lässt sich in diesem Artikel nur ein Bruchteil dessen abbilden, was den Fettstoffwechsel ausmacht – und wer weiß schon, wieviel wir darüber (noch) nicht wissen.
Eines steht jedenfalls fest – und das schreibt man sich am besten hinter die Ohren (wenn ihr schon nichts mitnehmt, dann wenigstens das): Ohne Fett geht nichts. Insbesondere dann nicht, wenn ihr eine muskulöse und wohlgeformte Optik anstrebt.
In diesem Sinne: Wer den Fettrand beim Steak wegschneidet, der gehört selbst auf den Grill!
Das Fettsäuren-Paradigma
Die Welt blickt auf Aesthetics
Bei Fettstoffwechsel handelt es sich um eine komplizierte Angelegenheit, wenn man erst einmal darüber hinwegsieht, dass Fett lediglich ein weiteres Energiesubstrat darstellt. Ich möchte den Fettstoffwechsel an dieser Stelle nun nicht in den Himmel loben und damit seine beiden Brüder, den Kohlenhydrat- und den Proteinstoffwechsel, im lebenden Objekt kleinreden. Aber wenn man die drei miteinander in eine Beziehung stellt, dann verhalten sich die beiden zu den Fettsäuren in etwa so wie Grundschüler zu einem Hochschulabsolventen
Kohlenhydrate stellen zum größten Teil ein Energiesubstrat dar, welche allerdings einige wenige komplexe und interessante Reaktionen hervorrufen, wenn es um die Glykation geht (das Hinzufügen eines Zuckerbestandteiles zu einem anderen Molekül). Ich werde also nicht großspurig behaupten, dass ich sämtliche involvierte Prozesse en detail verstehe – das tue ich abseits einiger Ausnahmen (z.B. hinsichtlich der AGEs, Advanced Glycemic End products, die infolge der Glykation im Blut entstehend und atherogen wirken) gewiss nicht.
“Als Proteine bezeichnen wir alle Moleküle, die nahezu sämtliche Arbeit im lebenden Organismus erledigen, angefangen beim Sauerstofftransport, dem Aufbau von Gewebe und der Duplikation der DNA für die nachfolgende Generation.“ – Carroll; The Making of the Fittest: Chapter III: Immortal Genes.
Der Proteinstoffwechsel dagegen liefert Substrate für die Gewebereperatur oder zur Gluconeogenese (Glukoseherstellung durch Proteine). Der Proteinstoffwechsel reicht mit Abstand am weitesten, da nahezu alles in unserem Körper über Proteine und Aminosäuren gesteuert wird (wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich Sean B. Carrols „The Making of the Fittest,“ welches sich u.a. mit der Proteincodierung von Genen beschäftigt) ; unser Körper präferiert bei Protein jedoch einen relativ fatalistischen Ansatz – deswegen ist es auch sehr schwer den Proteinstoffwechsel zu beeinflussen und zu manipulieren. Mit einigen wenigen Ausnahmen (z.B. Leucin als Signalmolekül, Arginin als Sekretagogum) erweist sich die orale Ergänzung einzelner Aminosäuren als wenig effizient. Das Ziel sollte daher in die Richtung gehen, dass etwaige Defizite bestimmter Aminosäuren vermieden werden, als sich zu sehr in Details zu verrennen.
Proteine werden zu Recht als „the building blocks of life,“ als „Bausteine des Lebens,“ bezeichnet. Sie werden von unseren Genen, welche selbst wiederum aus der DNA abgelesen werden, in die sogenannte mRNA – die Boten-RNA – im Zellkern transkribiert. Die in den transkribierten Molekülen codierte Information, die Basensequenz, wird anschließend in die Aminosäurensequenz des Proteins übersetzt. Drei Basenpaare bilden ein sogenanntes Basentriplett – sie codieren die einzelnen Aminosäuren, wobei mehre Aminosäuren eine Proteinkette bilden. (Bildquelle: Wikipedia.de)
Aber Fette…ohohoho…der Fettstoffwechsel, meine Freunde – das ist eine vertrackte und komplexe Angelegenheit, glaubt mir. Viele Aktionsmechanismen, viele Endpfade (über die wir nicht einmal die Kontrolle haben, Marke “Friss oder stirb”) und Interdependenzen mit nahezu allem im Körper. Die nachfolgende Sektion hilft euch daher vielleicht dabei den Fettstoffwechsel ein wenig besser zu verstehen.
Die 4 S’s des Fettstoffwechsels: Substrate, Strukturen, Speicherung oder Stimulation
Bevor ich näher auf die 4 S’s eingehe, will ich zunächst einmal den Unterschied zwischen Triglyceriden und Fettsäuren klarstellen.
Bei Fettsäuren handelt es sich um lange Ketten mit Karbonmolekülen. Sie unterscheiden sich in ihrer Länge und sie unterscheiden sich in ihrem Sättigungsgrad. Die “Sättigung” bezieht sich auf die Menge der Wasserstoffmoleküle, die an dieser Fettsäure hängen. Nehmen wir beispielsweise eine Stearinsäure, wie sie unten abgebildet ist. Dies ist eine FS die vollständig “gesättigt” (engl. saturated) ist:
Karbonmolekül nach Karbonmolekül nach Karbonmolekül (die Wasserstoffmoleküle sind keine Bilder; wir haben es hier mit der normalen Nomenklatur für diese Art von Zeug zu tun). Alle Fettsäuren, die vollständig gesättigt sind, kennen wir als gesättigte Nahrungsfette – und es handelt sich in den meisten Fällen um “gerade Linien.”
Bei der nachfolgenden FS handelt es sich um Ölsäure, eine einfach-ungesättigte Fettsäure (von mono = einfach, engl. monounsaturated):
Ölsäure ist an einem bestimmten Karbonmolekül ungesättigt (nicht vollständig gesättigt) – nämlich am neunten Karbonmolekül (ausgehend vom Ende ohne Carbonsäurengruppe, also links) um genau zu sein. Jedwede Nicht-Sättigung wird dafür sorgen, dass unsere Fettsäure einen “Knick” in ihrer Struktur erhält, was dazu führt, dass ungesättige Fettsäuren in ihrer chemischen Struktur kurvig erscheinen.
Aber Moment – was ist mit mehrfach-ungesättigten (von poly = mehrere, engl. polyunsaturated) Fettsäuren, wie z.B. Fisch-Öl? Unten abgebildet findet ihr die EPA-Komponente des Fisch-Öls, die Eicosapentaensäure (engl.: eicosapentaenoic acid):
EPA ist in etwas so “straight” wie eine homosexuelle Person und verfügt über 6 Bindungsstellen. Dies führt dazu, dass EPA eine sehr abenteuerlich-gebogene Struktur aufweist. Erwähnenswert ist vielleicht an dieser Stelle das Schweifende (die Seite ohne die C=O-Gruppe), wo die erste Doppelbindung am dritten Karbonmolekül – vom Ende aus gesehen – vorkommt. Das ist der Grund, weshalb diese Fettsäureart als Omega-3-Fettsäure bezeichnet wird. (Der Begriff “Omega” wird oft in dem Zusammenhang verwendet, wenn etwas endet; die 3 ist eine drei und die erste Doppelverbindung ist am dritten Karbonmolekül, vom Ende aus gesehen)
Der Vollständigkeit halber zeige ich euch noch die sog. Transfettsäuren; das unten dargestellte Bild zeigt die konjugierte Linolsäure, die einigen vielleicht auch als CLA (Conjugated Linoleic Acid; konjugierte Linolsäure) bekannt sein dürfte:
Die Bindung ist ein wenig anders, als sonst. Genauer gesagt: der Unterschied liegt in der “Trans”-Formation; wir haben auf beiden Seiten der Karbonkette Wasserstoffmoleküle an den Bindungsstellen sitzen. Seht ihr, welch gerade Struktur CLA trotz ihres nicht-gesättigten Zustands aufweißt? (Dies ist zwar nicht immer so, aber manchmal eben doch – wie in diesem Fall). Soviel zu dem Thema.
Kommen wir nun zum Unterschied zwischen Triglyceriden und Fettsäuren. Die FS haben wir in der oberen Sektion abgefrühstückt und wie wir jetzt wissen, handelt es sich bei den Substanzen um Karbonketten, die sich in ihrer Länge, ihrer Größe und ihrer Struktur unterscheiden. Triglyceride (TGs; von tri = 3) dagegen sind 2-3 Fettsäuren, die an einem Glycerinmolekül – das Glyceringerüst, welches man auch als glycerol backbone kennt – hängen.
Ich habe speziell diese Triglycerid-Art ausgewählt, da sie wunderschön zeigt, dass alle drei Verbindungsstellen nicht notwendigerweise mit einer identischen Fettsäure verbunden sein müssen. Die Art der Fettsäure, die an das Glyceringerüst andockt, hängt maßgeblich von der Fettsäurenart ab die physisch am nähesten am Fettsäuren-Synthase-Enzym dran ist, wenn gerade eine FS benötigt wird – also ein sehr simpel gedachter Prozess.
Weiterhin ist es nicht zwingend notwendig, dass ein Triglycerid 3 Fettsäuren aufweisen muss – manchmal sind es auch nur zwei FS. Unten abgebildet findet ihr Phosphatidylserin (PS), ein neurologisches Gesundheits-Supplement, welches auch in größeren Mengen in fettigem Fisch vorkommt:
Das Glycerinmolekül befindet sich ungefähr in der Mitte des Bildes. Auf der linken Seite sind die C=O- und R-Gruppen. Das “R” steht in diesem Fall dafür, dass ihr jede beliebige FS einsetzen könnt (bzw. dessen Karbonende). Die rechte Seite zeigt in ihrer Struktur eine Phosphat-Gruppe (PO4), die an die Aminosäure Serin angehängt ist. Hierbei handelt es um eine Triglycerid-Struktur, die man typischerweise in den Membranen findet (zusammen mit anderen wie z.B. Phosphatidylcholine (PC), Phosphatidylinositol (PI), Sphingolipide und Cardiolipine etc.)
Probleme mit zu hohem Kortisol? Das Lipid Phosphatidlyserine hat sich in einigen Studien als potenter Kortisol-Blocker erwiesen. Die Grafik zeigt die Intervention einer PS-Supplementation (n=10; Dosis: 600 mg S-PS oder Placebo) bei Starks et al. (2008) und deren Wirkung Kortisol-, den Testosteron-, den Laktat-, und den Wachstumshormonspiegel der Probanden. Abgetragen ist der Zeithorizont: 30 Minuten vor dem Workout; Trainingsphase 0-15 Minuten und Erholungsphase 16-80 Minuten (Post-Workout-Phase). Das Ergbnis: ein konstant erniedrigerter Kortisolwert bei erhöhtem Testosteron (11).
Eine Daumenregel hierfür: Triglceride finden sich in unserer Nahrung und werden im Körper gespeichert. Es kann ab und zu vorkommen, dass zwischen Punkt A und Punkt B ein Glyceringrundgerüst wegbricht – dann sind die “freien Fettsäuren” (FFAs, engl. free fatty acids) an der Reihe um ihren Job zu erledigen.
…und was machen diese freien Fettsäuren so? Darum geht es in den nachfolgenden Sektionen.
Substrate
Die meisten Menschen, die an Fett denken, bringen es meist mit der “Fettverbrennung” in Zusammenhang. Dies ist einer der beiden Prozesse, in denen Fett als ein Substrat herhalten kann. Oder um es ein wenig spezifischer auszudrücken: die Fett können als Energie-Substrat ODER als Prostaglandin-Substrat verwendet werden. (Energie wie in “Verbrennung” – das Fett wird in die Energiekraftwerke der Zellen, die Mitochondrien, transportiert um ATP zu produzieren, wo sie als Energietreibstoff für den Körper dienen)-
Bei Prostaglandinen handelt es sich um potente Signalmoleküle und sie haben eine gewisse Ähnlichkeit zu Hormonen. Der Unterschied besteht darin, dass sie eher auf lokaler – statt, wie Hormone, auf systemtischer – Ebene wirken. (Ein Hormon wie zum Beispiel Testosteron kann in den Testikeln hergestellt werden und anschließend in euren Bizeps wandern; Prostaglandine dagegen bleiben in der Näher ihres Produktionsortes). Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Prostaglandine, die in zwei Hauptgruppen unterteilt werden: Eicosanoide und Thromboxane. Man kann sagen, dass Eicosanoide aus Omega-3-Fettsäuren hergestellt werden, während unser Körper die Thromboxane aus Omega-6-Fettsäuren fertigt.
Strukturen
Fettsäuren können abseits ihrer Speicherung (was wir gleich noch behandeln werden) auch eine strukturelle Funktion einnehmen. Durch die Inkorporation von Fettsäuren in die Membranen entsteht eine Zellstruktur. Die Membran selbst besteht aus sog. Phospholipiden – Lipide (Fettsäuren) an denen ein Phosphatmolekül angehängt ist. Die Fettsäuren (mit ihren Haupteigenschaften) tragen somit zu den Membranattributen bei. Der Forschungszweig ist zwar noch relativ jung, aber man nimmt an dass durch die Zufuhr hochgradig ungesättigter Fettsäuren (HUFAs) die Fluidität (Viskosität) der Zellmembranen verbessert wird. Dies führt vis-a-vis zu einem besseren Proteintransport und trägt zur Gesundheit bei. [1] Umgekehrt nimmt man an, dass gesättigte Fette die Durchlässigkeit reduzieren.
Als HUFAs („highly unsaturared fatty acids“) werden die hochgradig-ungesätigten Omega-3- (n-3) . & Omega-6-Fettsäuren (n-6) bezeichnet. Omega-9-Fettsäuren gehören nicht zu dieser Familie. Die Grafik zeigt die Synthese-Signalpfade der der Omega-FS. Quelle: White et al. (2013) (10).
Der Signifikanzgrad der Viskosität durch die Manipulation der Ernährung ist nicht genau bekannt. Der letzte Punkt, also die Annahme dass gesättigte Fette die Fluidität reduzieren, ist ein redundanter, schließlich können Cholesterinmoleküle in die Membran eingebaut werden und damit die Fluidität erhöhen. (Cholesterin und gesättigte Fette korrelieren stark in der Ernährung).
Speicherung
Ich denke dieser Punkt dürfte relativ klar sein. Wenn Fettsäuren in exzessiver Menge zugeführt werdn und bestimmte Mechanismen aktiv sind, um sie als Triglceride zu speichern, dann werden sie auch in Form von Triglyceriden gespeichert. Das ist die Speicherform der Fette und die Speicherung erfolgt in den Fettzellen, den Adipozyten, sowie in einem gewissen Umfang in der Leber. Nimmt man es ganz genau, so können kleinere Mengen nahezu überallg eingelagert werden (u.a. auch in der Muskulatur intra-myozellulär, wo sie als lokale Energiespeicher, ähnlich dem Glykogen aus Kohlenhydraten, zur Bewältigung mechanischer Arbeit dienen)
Triglyceride sind inaktiv und beeinflussen den Körper und dessen System daher nicht in besonderer Weise. Es ist aber eines von vielen möglichen Schickale des Nahrungsfettes.
Stimulation
Ein sehr interessanter Punkt, den es zu diskutieren gilt: Fette als Liganden, die mit Enzymen interagieren.
Liganden sind Moleküle, die auf einen Rezeptor einwirken und dessen Rezeptoreffekte aktivieren können. Nehmen wir beispielsweise das Testosteron, ein Ligand für Androgen-Rezeptoren; sämtliche Effekte die wir mit Testosteron in Verbindung bringen, resultieren in Wirklichkeit durch den Androgen-Rezeptor, der durch das Ligand aktiviert wird.
Einige Fettsäuren können daher auch als Liganden agieren, so wie z.B. Fisch-Öl (EPA und DHA), welches das PPAR-System von Atomrezeptoren beeinflusst und damit eine positive Wirkung auf den Fettstoffwechsel und gegen Herzkrankheiten entfaltet (2). Darüber hinaus wurden durch diesen Mechnismus ebenfalls Interaktionen mit GPR120 (ebenfalls ein Rezeptor, der z.B. für de anti-inflammatorische und insulin-sensitivierende Wirkung von Omega-3 verantwortlich ist (9)) festgestellt (3).
Peroxisom-Proliferator-aktivierte Rezeptoren (kurz: PPAR) sind – wie ihr Name bereits impliziert – Rezeptoren, die in einer Zelle vorkommen. Sie werden über Liganden aktiviert und regulieren die Expression der Gene. Der menschliche Körper verfügt (nach heutigem Kenntnisstand) über 3 PPAR-Systemsubtypen die sich in α, β/δ, γ-Systeme aufschlüsseln lassen. (Bildquelle: Wikipedia.de)
Auch bei der Enzymhemmung, der Inhibition der Enzymaktivität, spielen bestimmte Fettsäure eine ummfassendere Rolle. Alle drei Fettsäuren, Ölsäure (Olivenöl), Myristinsäure (Milchprodukte) und Laurinsäure (Kokosöl) sind in der Lage die Isoformen von 5-α-reductase zu hemmen. (Welches am besten dafür bekannt ist, dass es Testosteron zu Dihydrotestosteron (DHT) umwandelt (4). Wer bei sich also eine genetische Disposition für Haarverlust vermutet, sollte dies im Hinterkopf behalten.
Zusammenfassung: Wozu das Ganze?
Der Fettstoffwechsel ist nicht nur sehr komplex, sondern überaus wichtig. Leider muss ich zugeben, dass ich über den Prostaglandinstoffwechsel nicht so gut informiert bin, als dass ich vorläufige Schlüsse ziehen könnte, doch die letzten beiden Sektionen, die wir in diesem Artikel diskutiert haben (Speicher und Stimulation), können für interessante synergistische Effekte verantwortlich sein.
Die Fettsäuren, die ihr esst, sind die Fettsäuren die in den Fettzellen gespeichert werden (5). Esst ihr Fisch-Öl, dann wird auch Fisch-Öl gespeichert. Ess ihr CLA, dann speichert euer Körper eben CLA. In dieser Beziehung sind wir tatsächlich das, was wir essen und zusätzlich sollte erwähnt bleiben, dass es in gewisser Weise immer einen Fettsäurenumschlag gibt (6) (Das Paper behandelt in umfassender Art und Weise die Adipozytenregulation)
Damit landen wir bei der Konklusion: Fettsäurenumschlag + Beeinflussung der Art von Fettsäurenspeicherung = theoretische Liganden-Interaktion, die quasi 24/7 stattfinden. Dieser Punkt ist noch nicht bewiesen, aber ich kann mir auch kein Model vorstellen, welches diese Theorie in einem lebenden Objekt validieren könnte. Triglyceride werden durch die Hormonsensitive Lipase (HSL) auseinandergenommen und fliegen dann herum. Es gibt die potenzielle Möglichkeit, dass sie gewisse Moleküle gezielt beeinflussen, bevor sie als Substrat genutzt oder für später – nämlich in Triglyceridform – esterfiziert und gespeichert werden.
Übrigens: das ist in exakter Weise der Mechanismus von TTA (Tetradecyl Thioacetic Acid) (7), eine Thia-Fettsäure, welche nicht für die Beta-Oxidation als Energie genutzt werden kann (8). Stattdessen induziert sie – durch Einwirkung auf das PPAR-System (Aktivierung durch Liganden) – die Thermogenese (Wärmeproduktion des Körpers) und switched anschließend in eine Art von Winterschlafmodus, indem sie als Triglycerid gespeichert wird. Am Ende wird die wieder freigesetzt und kann – theoretischer Weise – den gleichen Vorgang aktivieren (theoretisch deswegen, weil ich bisher noch kein Datenmaterial gesehen habe, welches diesen Sachverhalt bestätigt. Es gibt jedoch pharmacokinetische Daten – Angabe darüber, wie lange die Substanz im Körper verbleibt) die starken Schwankungen unterlegen sind und die Annahme verstärken, dass die Speicherung zufällig erfolgt.
In der Summe lässt sich sagen, dass der Fettstoffwechsel mega-komplex aber auch mega-wichtig ist. Der Artikel wurde in der Hoffnung geschrieben, dass euch die 4 S’s beim Studium dieses Topics helfen und ein gewisses Paradigma aufzeigen, an dem ihr euch orientieren könnt.
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Bildquelle Titelbild: Wikimedia.org
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schöne, fundierte Artikel hier!
niemand und auch kaum ein Artikel ist fehlerfrei – was nicht weiter schlimm ist – dennoch eine kleine Anmerkung: die Abbildung der chemischen Struktur für Eicosapentaensäure ist falsch – wenn man die abgebildete Struktur benennen wollte, wäre es ‘Eicosahexaensäure’ (da 6 Doppelbindungen eingezeichnet)