Fischöl als Myostatin-Blocker?

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Von Kurtis Frank | Benötigte Lesezeit: 6 Minuten |


An dieser Stelle frage ich mich welcher Teufel mich geritten hat, als ich mich daran setzte diesen Artikel zu übersetzen. Aufjedenfall solltet ihr euch anschnallen, denn es wird ein wenig technischer als es euch zu Beginn vielleicht lieb sein könnte.

Fischöl (EPA & DHA) ist bei weitem kein unbeschriebenes Blatt in der Pillendose eines Kraftsportlers und die positiven Effekte dürften nicht zuletzt dank zahlreicher Studien bestens belegt: Die essenziellen Fettsäuren wirken anxiolytisch, entzündungshemmend, helfen eurem Gehirn auf die Sprünge und tragen zu einem gesunden Herzen und einer fitten Leber bei (10).

Dennoch ranken sich viele weitere Mythen um die Wirkkaft des flüssigen Goldes. Während Leute wie Charles Polloquin das Zeug im Kontext komischer Experimente nahezu literweise picheln, halten sich auch andere namenhafte Coaches, allen voran Kiefer, nicht mit großzügigen Fischöl-Gaben zurück (erwähnter JK empfiehlt Carb Back-Loadern sogar bis zu 15 Gramm Fischöl pro Tag)

In Fachkreisen diskutiert man stellenweise auch schon über das muskelaufbausteigernde Potenzial des Fischöls. Wenn schon nicht auf direktem Wege – über die Proteinsynthese – dann doch wenigstens über die indirekte Schiene. Und tatsächlich: Es scheint einen Mechanismus zu geben, bei dem Fischöl eine positive Wirkung im Hinblick auf die Ziele eines muskelhungrigen Kraftsportlers entfaltet. Das Zauberwort heisst: SMADs.

Lest den Artikel in aller Ruhe durch und macht euch anschließend eure eigenen Gedanken zum Thema. Sollten sich die unten zitierten Studien durch die Bank weg bewahrheiten, dann könnte es schon bald einen weiteren Grund für die verstärkte Einnahme des begehrten Goldsaftes geben (und nein, ich meine damit nicht den Grafschafter Goldsaft, ihr Banausen!)

Fischöl als Myostatin-Blocker

Meine Recherche begann bei Myostatin. Am Ende bin ich hier gelandet…

Joa, das ist im Prinzip die ganze Story. Bisschen abstrus, findet ihr nicht?

Es begann mit der Recherche darüber, wie man den potenziell stärksten Muskelproteinsynthese-Blocker selbst blocken kann (wobei das vollständige Ausserkraftsetzen des Myostatin-Gens um ein Vielfaches anaboler wirken würde, als jede uns erdenkliche Art von Substanz, die die Eigenschaften von Testosteron imitieren kann). Und da bin ich wieder beim lieben Fischöl gelandet – irgendwie.

Das Ergebnis welches ihr nun weiter unten lesen könnt, hat mich komischerweise selbst überrascht (Ich muss zugeben: Artikel schreibt am besten, wenn man sich vorher am besten gar nicht darauf vorbereitet hat). Deswegen werde ich nachfolgend in aller Kürze darlegen, warum Fischöl überhaupt als Myostatin-Blocker in Frage kommt (auch wenn das ein wenig von der tatsächlichen Wahrheit abweicht). J

(kurze Randbemerkung: Der Artikel führt rückwirkend auf eine Fischart namens Medaka zurück. Diese Spezies leidet an einem Myostatinmangel, d.h. das alle Exemplare dieser Gattung dank fehlendem Myostatin jacked  sind (heisst: sie sind von Natur aus ripped as fuark).

Direkte-Intervention mit Fischöl

Hier haben wir ein paar Studien, die den Einfluss von Fischöl auf die Muskelproteinsynthese zeigen – Menschen inbegriffen:

  • Gesunde Männer im fortgeschrittenen Alter, die für einen Zeitraum von 8 Wochen rund 4 Gramm Lovaza (bestehend aus 1,86g EPA und 1,5g DHA) konsumiert haben (1).
  • Gleiche Dosis, gleiches Produkt bei gesunden, jungen Männern sowie Männern im mittleren Alter (somit dürfte eine Altersabhängigkeit ausgeschlossen sein) (2).

Damit liegen wir bei zwei Studien. Zugegeben, das ist nicht sehr viel, aber es besteht auch keine gegensätzliche Annahme darüber, dass Fischöl nicht so wirken könnte, wie es oben dargelegt ist. Für den Augenblick ist es jedenfalls eine ziemlich solide Beweislage.

Darüber hinaus gibt es auch einige Versuche am Tiermodell, wo die beteiligten Forscher zu ähnlichen Ergebnissen zu gekommen sind, nämlich bei Rindern (3) und Mäusen (4)(5). Sämtliche Studien, diejenigen mit Menschen und diejenigen mit Tieren, liefern ein und dieselbe Annahme im Bezug auf Fischöl und den Muskelaufbaueffekt.

  • Fischöl erhöht die Proteinsynthese nicht per se
  • Fischöl scheint hervorragend darin zu sein die Proteinsyntheserate von Leucin anzuheben

Der Signalpfad durch den Leucin wirkt, also der mTOR/Akt-Signalpfad, scheint in einer Periode der exzessiven Gegenwart von Omega-3-Fettsäuren um Welten stärker zu reagieren. Die oben aufgeführte Studie an den Rindern ist hierfür eine brauchbarer mechanistische Darstellung des Sachverhaltes.

Nach meinem Wissenstand gibt es bis dato keine akademischen Arbeiten, die diesen Mechanismus aufgreifen und näher erläutern, deswegen liefere ich euch an dieser Stelle einen Einblick in meine Gedankenwelt und steuere gleichzeitig eine Einführung in diesen Artikel bei, damit ihr gleich seht wohin das Ganze führt.

Mögliche Mechanismen – SMADs

Die Fischöl-Supplementation – oder technisch ausgedrückt: die Ergänzung mit EPA und DHA (die Bestandteile im Fischöl) – hat in zwei Tierversuchsreihen gezeigt, dass sie die SMAD-Signalwirkung positiv beeinflusst.

Die erste Studie stellt beispielsweise im Nierengewebe eine erhöhte Expression des sogenannten SMAD7 fest (welche positiv auf das Muskelwachstum wirkt) und gleichzeitig eine Dämpfung von SMAD2 (eines der basalen Anti-Myogenischen-Signale). Die tägliche Dosis Fischöl infolge einer Sondenernährung (direkt in den Magen) betrug hierbei 0,3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht (6).

Die zweite Studie beschäftigte sich mit Ratten, die indes Schäden am Herzen aufwiesen. Die Forscher haben in diesem Versuch herausgefunden, dass das Fischöl (bei einer Dosis EPA+DHA von 1 % der totalen Kalorienmenge in der Ernährung) den Eintritt der SMAD2/3-Komplexe in den Zellkern (den nucleus) verhindert und somit eine Abdämpfung der Proteinsynthese verhindert hat (7).

Fischöl als Myostatin-Blocker

Der Wirkungsmechanismus von Myostatin und sein Effekt auf den Zellkern über SMADs. (Quelle: Argilés et al. (2012))

Zu meinem Leidwesen muss ich leider gestehen, dass es nicht sehr viele weitere Studien gibt, die sich mit der SMAD-Signalwirkung infolge einer Fischöl-Supplementation beschäftigen. Die Interventionsstudien zeigen einen positiven Effekt und die Art und Weise der Wirkung äußert sich in einer ähnlichen Form, wie sie bei der Blockung von Myostatin („myostatin inhibition“) vorkommt. Und es scheint ganz so als gäbe es eine berechtigte Annahme dazu, dass Fischöl über den selben Signalpfad wie jene typischen Myostatin-Blocker wirket (allerdings in abgeschwächter Form, weniger potent).

Und jetzt erkläre ich einmal en detail was dieser ganze Hokus-Pokus da oben bedeutet, damit ihr wisst worauf ich hinaus will.

SMAD-Signalwirkung – eine wirklich kurze Einführung in die Thematik

Es gibt insgesamt 7 SMADs – es handelt sich dabei um Proteine, die irgendwo im Zytoplasma der Zelle herumfliegen.

Wenn Myostatin die Proteinsynthese unterdrückt, dann tut es das durch diese SMADs. Da das Myostatin-Protein selbst verdammt groß ist, kommt es tatsächlich gar nicht in die Zelle hinein. Um also auf den Zellkern einzuwirken, muss es seine Arbeit durch andere Proteine verrichten (in vielfacher Hinsicht wirkt es also auf eine ähnliche Weise wie Insulin). Es handelt sich hierbei um eine ganze Kette von Ereignissen, aber wenn man gewillt ist, kann man diese Kette an irgendeinem beliebigen Punkt durchbrechen  – sofern man es nsatürlich wünscht.

Diejenigen SMADs die uns an dieser Stelle am meisten interessieren sollten, sind die basalen SMADs (SMAD2 und SMAD3 sind die Relevantesten unter ihnen, aber SMAD1, SMAD5 und SMAD8 sind ebenso entscheidend), die dazu in der Lage sind, die Proteinsynthese zu unterdrücken. Sobald diese Proteine erst einmal das Signal dazu haben, gruppieren sie sich und binden an SMAD4. Dieser Cluster, der sich aus den SMADs zusammensetzt, kann nun in den Zellkern eindringen und die Proteinsynthese verhindern (alle SMADs bis auf SMAD6 und SMAD7 verbinden sich in diesem Komplex; SMAD4 nimmt in dieser Konstellation eine herausgehobene Stellung ein).

SMAD6 und SMAD7 sind dagegen die Blocker. Sobald diese beiden Gesellen in den SMAD-Komplex eintauchen, hindern sie ihn daran die Proteinsynthese zu stoppen. Und das ist auch der Grund weshalb ich so außer mir vor Freude war, als eine der oben aufgeführten Studien eine Erhöhung des SMAD7 zeigte: mehr Blockpower. Prägnant zusammengefasst heisst das also:

  • SMAD6 und SMAD7 bilden das muskelverherrlichende Verbrechersbekämpfungs-Duo
  • SMAD4 ist der Gangsterboss der Muskelhasser
  • Alle anderren SMADs sind seine Handlanger

Die chronische Aufnahme von Fischöl scheint die SMAD-Konstellation hin zu einem positiven Muskelaufbaumillieu zu verschieben. Dieser Aspekt ist insofern konsistent mit  Myostatin, als dass die gewöhnliche Erhöhung von des Proteins per se nicht zu einer Erhöhung der Proteinsynthese führt (sofern ihr nicht auf pharmazeutischem Wege den Myostatinspiegel im Blut anhebt), sondern andere Quellen des Anabolismus verstärkt (8). (Obwohl man an dieser Stelle vielleicht noch erwähnen sollte – und hier gibt es keine Beziehung zum Fischöl – dass Myoststin zusätzlich den mTOR-Signalpfad unterdrücken kann; dieses Gen ist verdammt übermächtig (9)).

Zusammenfassung

  • Fischöl stimuliert die Proteinsynthese nicht auf direktem Wege, aber es begünstigt die Proteinsynthese (bedingt durch Aminosäuren, z.B. in Gegenwart von Leucin).
  • Der Weg auf dem das Ganze geschehen könnte, lässt sich mit dem positiven Effekt auf die SMADs erklären (dies ist der Weg über den Myostatin auf den Zellkern einwirkt).
  • Die Dosis, die für diesen Mechanismus benötigt wird, ist ohne weiteres zu schaffen. 3 Gramm (bestehen aus EPA+DHA) sind ausreichend um einen positiven Effekt zu erzielen.
  • Theoretisch gesprochen könnte man Fischöl genauso gut als Myostatin-Blocker bezeichnen (und ich vermute bereits, dass die hiesigen Supplementfirmen erste Pläne für ihre Marketingkampagnen schmieden werden, sobald sie von dieser Sache gewahr werden).

Es dürfte sich aber von selbst verstehen, dass ich nicht so bescheuert bin und behaupten werde, dass euch Fischöl die Mörderzuwächse bescheren wird, wie sie vielleicht bei Lebewesen mit einem Myostatin-Gendefekt oder bei Verwendung von echten Myostatin-Blockern vorkommen (z.B. Follistatin, FLRP-II, etc.). Wenn ihr den Grad der Auswirkungen wissen wollt, dann schaut euch die oben zitierten Studien am Menschen genauer an – und ihr werdet vermutlich ein klein wenig mehr davon profitieren, als die darin vorkommenden Kohorten.

Quellen & Referenzen

(1) Smith, GI. / Atherton, P. / Reeds, DN. / Mohammed, BS. / Rankin, D. / Rennie, MJ. / Mittendorfer, B. (2011): Dietary omega-3 fatty acid supplementation increases the rate of muscle protein synthesis in older adults: a randomized controlled trial. In: The American Journal of Clinical Nutrition: 2011; 93 (2); S.402-412. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21159787.

(2) Smith, GI. / Atherton, P. / Reeds, DN. / Mohammed, BS. / Rankin, D. / Rennie, MJ. / Mittendorfer, B. (2011): Omega-3 polyunsaturated fatty acids augment the muscle protein anabolic response to hyperinsulinaemia-hyperaminoacidaemia in healthy young and middle-aged men and women. In: Clinical Science: 121 (6); S.267-278. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21501117.

(3) Gingras, AA. / White, PJ. / Chouinard, PY. / Julien, P. / Davis, TA. / Dombrowski, L. / Couture, Y. / Dubreuil, P. / Myre, A. / Bergeron, K. / Marette, A. / Thivierge, MC. (2007): Long-chain omega-3 fatty acids regulate bovine whole-body protein metabolism by promoting muscle insulin signalling to the Akt-mTOR-S6K1 pathway and insulin sensitivity. In: The Journal of Physiology: 579 (Pt 1); S.269-284. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17158167.

(4) Sohal, PS. / Baracos, VE. / Clandinin, MT. (1992): Dietary omega 3 fatty acid alters prostaglandin synthesis, glucose transport and protein turnover in skeletal muscle of healthy and diabetic rats. In: The Biochemical Journal: 1992; 286 (Pt 2); S.405-411. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1530573.

(5) Smith, HJ. / Greenberg, NA. / Tisdale, MJ. (2004): British Journal of Cancer: 2004; 91 (2); S.408-412. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15213711.

(6) An, WS. / Kim, HJ. / Cho, KH. / Vaziri, ND. (2009): Omega-3 fatty acid supplementation attenuates oxidative stress, inflammation, and tubulointerstitial fibrosis in the remnant kidney. In: American Journal of Physiology. Renal Physiology: 2009; 297 (4); S.895-903. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19656915.

(7) Chen, J. / Shearer, GC. / Chen, Q. / Healy, CL. / Beyer, AJ. / Nareddy, VB. / Gerdes, AM. / Harris, WS. / O`Connell, TD. / Wang, D. (2011): Omega-3 fatty acids prevent pressure overload-induced cardiac fibrosis through activation of cyclic GMP/protein kinase G signaling in cardiac fibroblasts. In: Circulation: 2011; 123 (6); S.584-593. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21282499.

(8) Kim, JS. / Petrella, JK. / Cross, JM. / Bamman, MM. (2007): Load-mediated downregulation of myostatin mRNA is not sufficient to promote myofiber hypertrophy in humans: a cluster analysis. In: Journal of Applied Physiology: 2007; 103 (5); S.1488-1495. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17673556.

(9) Trendelenburg, AU. / Meyer, A. / Rohner, D. / Boyle, J. / Hatakeyama, S. / Glass, DJ. (2009): Myostatin reduces Akt/TORC1/p70S6K signaling, inhibiting myoblast differentiation and myotube size. In: American Journal of Physiology: 2009; 296 (6); S.1258-1270. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19357233.

(10) Egert, S. / Stehle, P. (2011): Impact of n-3 fatty acids on endothelial function: results from human interventions studies. In: Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care: 2011; 14 (2); S.121-131. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21252652.

Bildquelle

(A) Argilés, JM. / Orpi, M. / Busquets, S. / López-Soriano, F. (2012): Myostatin: more than just a regulator of muscle mass. In: Drug Discovery Today: 2012; 17 (13-14); S.702-709. URL: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1359644612000487 .


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Bildquelle Titelbild: Flickr / Health Gauge ; CC Lizenz


 

Über

Kurtis Frank ist einer der Mitbegründer der unabhängigen Supplement-Review-Plattform  Examine.com und Inhaber des Blogs Silverhydra.com.
Sein Bachelor-Studium schloss Kurtis an der University of Guelph im Fachbereich der Applied Human Nutrition ab. Mittlerweile ist die wissenschaftliche Analyse von Supplementen und Ernährung sein Hauptaufgabengebiet.

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2 Kommentare

  1. Das heißt um safe zu sein und alle vorteile der MUF zu haben muss ich mindest 8 myprotein omega 3 balance kapseln reinhauen?

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