Fruktose: Das Begräbnis des Bösewichts

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Fruktose: Das Begräbnis des Bösewichts

Von Brad Dieter | Benötigte Lesezeit: 12 Minuten |


Der Verzehr von Obst – selbst 4-5 Portionen am Tag – trägt nicht zur Fettleibigkeit oder erhöhten Blutfettwerten bei. Es scheint weiterhin, dass moderater Verzehr von Fruktose als zugesetztes Süßungsmittel kein großes Risiko birgt. Sich nur von Mountain Dew zu ernähren oder mehr als 150g Maissirup („High Fructose Corn Syrup“) am Tag zu konsumieren, scheint jedoch tatsächlich schlecht für deine Gesundheit zu sein.

Fruktose wird in der Blogosphäre als „böses“ Süßungsmittel angegriffen. Es wurde u.a. als Hauptursache für Fettleibigkeit, Diabetes und entzündungsbezogene Krankheiten verantwortlich gemacht. Bei der Übertreibung um die Fruktose kann einem manchmal wirklich schlecht werden – besonders bei der obszönen Menge an Literatur, die uns zur Verfügung steht.

Artikel gegen Fruktose sind extrem prävalent im Internet. Dinge wie diese machen mich sauer. Ich könnte die nächsten 70 Jahre damit verbringen darüber zu schreiben.

Nun, ein Teil meines Jobs als Wissensvermittler ist es zu versuchen, die großen Themen zu beleuchten und dem Schüler (in diesem Fall dem Leser) die Wahrheit auf eine Weise zu vermitteln, die ihn auf den richtigen Weg bringt. Statt nur zu schreiben „Fruktose ist okay“, gehe ich lieber die Evidenz durch, zeige dir meinen Gedankengang und Schlussfolgerungen – und überlasse es dann dir, diese zu akzeptieren oder zu ignorieren.

Dieser Post geht ein bisschen tiefer und wird ein bisschen nerdier, aber es ist wichtig, dass wir bei diesem Thema ins Dickicht absteigen. Du musst die Fakten des Fruktosestoffwechsels im Menschen verstehen (und warum die Dosierung und das Studiendesign wirklich wichtig sind um Schlussfolgerungen zu ziehen).

Mit diesen Ideen in unserem Cortex eingebrannt, können wir nun beginnen.

Fruktose: Das Begräbnis des Bösewichts

Die epidemiologische Evidenz  

Die Idee, dass Fruktose – besonders fruktosereicher Maissirup (HFCS) – “böse” und fettmachend sei, stammt aus einer Menge epidemiologischen Daten und Tierversuchen.

Zum Beispiel haben einige Paper eine Verbindung zwischen der Aufnahme von HFCS und dem BMI, Fettleibigkeit und Typ 2 Diabetes gezeigt (1)(2)(3). Nun gibt es einige Dinge zu beachten, bevor wir zu dem „das zeigt, dass Fruktose schlecht ist“ Teil springen. Ich möchte mit dem einfachsten Aspekt beginnen.

Epidemiologische Daten generieren Hypothesen. Sie kommen noch nicht mal in die Nähe der Ursache oder zeigen eine direkte Verbindung. Dies kann am einfachsten anhand des Eiscreme-und-Haiangriff-Beispiels gezeigt werden.

Es lautet wie folgt: „Eine Studie wurde gerade veröffentlicht, die zeigt, dass der Verzehr von Eiscreme zu Haiangriffen führen könnte“. Nun, das scheint ziemlich unwahrscheinlich. Die wahre Geschichte ist, dass Leute wahrscheinlich mehr Eis im Sommer essen und ihre Zeit damit verbringen, in Gewässern zu baden, in dem sich auch Haie aufhalten. Es gibt auch Literatur, in der Fruktose und HFCS keine wirklich starken Assoziationen zeigen (4)(5). Während die weniger eindeutige Literatur den früheren Ergebnissen nicht widerspricht, zeigt sie, dass die Sache ein wenig komplizierter ist.

Damit im Hinterkopf, können wir nun zum (etwas komplizierten) Aspekt dieser epidemiologischen Ergebnisse vordringen, nämlich den verhaltenstechnischen und biologischen Faktoren.

Hohe Mengen an Maissirup (HCFS) in Lebensmitteln ist primär ein Problem unserer amerikanischen Freunde, doch auch in Europa finden sich Produkte, denen Fruktose (Fruchtzucker) in verschieden Formen zugesetzt wurde.

Hohe Mengen an Maissirup (HFCS) in Lebensmitteln ist primär ein Problem unserer amerikanischen Freunde, doch auch in Europa finden sich Produkte, denen Fruktose (Fruchtzucker) in verschieden Formen zugesetzt wurde. Doch ab wann wird es kritisch? (Bildquelle: Fotolia / fotohansel)

Die Komponente des Verhaltens

Der Aspekt des Verhaltens und die Effekte auf “höherer Ebene“ müssen berücksichtigt werden, wenn man epidemiologische Daten interpretiert. Wenn wir auf diese Paper schauen, „kontrollieren“ die Autoren oft Dinge wie z.B. das Rauchen, Körpergewicht, Kalorienaufnahme, Bewegung, etc. Wir nehmen fälschlicherweise oft an, dass die Kontrolle / Berücksichtigung dieser Variablen statistisch gesehen bedeutet, dass wir die Rolle der Fruktose isoliert betrachten – was weit weg von der Realität ist.

Jemand, der beispielsweise hohe Mengen an HFCS konsumiert (z.B. jeden Tag 2 Liter Mountain Dew trinkt), hat ebenfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit, andere „nicht-gesunde“ Verhaltensweisen, wie z.B. Rauchen, Bewegungsarmut, Überkonsum an Kalorien und den Verzehr von anderen gesundheitsschädlichen Nahrungsmitteln an den Tag zu legen.

Diese Art von Szenario, welches mehr die Norm als die Ausnahme ist, kann nicht wirklich durch die mathematische Regulation von Co-Variablen erfasst werden. So funktioniert das einfach nicht.

Aus meiner Sicht sind die epidemiologischen Daten interessant, generieren Hypothesen und liefern die Basis für systematische Nachforschungen um den biologischen Aspekt zu bestätigen. Zum Glück gibt es einige systematische Arbeiten zur Rolle von Fruktose auf Fettleibigkeit, Entzündungen und Diabetes. Die Geschichte, die sich dabei in der Literatur entfaltet, ist faszinierend. Und sie ist es Wert mit den Füßen woran hinein zu springen.

Die biologischen Daten

Die Biologie ist der Ort, wo Dinge erst richtig interessant und spaßig werden. Wir werden uns die harten Daten ansehen. Aber bevor wir in die Wissenschaft abtauchen, möchte ich einen kleinen Einstieg in den Fruktosestoffwechsel geben und ein paar Unklarheiten ausräumen. Ich möchte es klar und deutlich darlegen (du bist sicher nicht hergekommen, um komplizierte Biochemie zu lesen). Das ist auch unglaublich wichtig für die hauptsächliche Fragestellung:

Ist Fruktose per se wirklich etwas Schlechtes?

Zunächst müssen wir uns an Humanstudien halten, da der Stoffwechsel von Mäusen nicht wirklich auf uns Menschen übertragbar ist. Wir haben eine Menge an Humandaten zur Verfügung, also denke ich, dass wir uns darauf verlassen können (und nicht von Mäusestudien abhängig sind). Lass‘ und anschauen, was passiert, wenn wir Menschen Fruktose aufnehmen (für einen robusteren Überblick, schau dir bitte Quelle 6 an).

  • Ein großer Teil der aufgenommenen Fruktose wird ziemlich schnell von der Leber oxidiert (die Daten zeigen, dass irgendwas zwischen 38% und 82% innerhalb von 6 Stunden verbrannt wird) (6). Das wurde durch Isotopen-Tracer Studien bestätigt.
  • Ein guter Teil der aufgenommenen Fruktose wird durch die Hexokinase und Phosphoglukoseisomerase in Glukose umgewandelt (die Daten zeigen zwischen 22% und 56% wird innerhalb von 6 Stunden in Glukose konvertiert) (6). Das wurde durch Isotopen-Tracer Studien bestätigt.
  • Ein gewisser Teil der aufgenommenen Fruktose wird in Laktat umgewandelt und von der Leber in die Blutbahn freigelassen. Einige Studien haben das gezeigt, aber ich mag die Grafik aus dem Paper meines Freundes John Trommelen, die diesen Effekt im Kontext der Fruktose als Zucker um das Training herum zeigt. Dies wurde ebenfalls durch Isotopen-Tracer Studien bestätigt, aber die direkte Quantifizierung in Prozent ist – aufgrund der Natur des Stoffwechsels von Fruktose und Laktat – schwieriger.

Ist Fruktose per se wirklich etwas Schlechtes?

Plasma Glukose- und Laktatkonzentration bei Einnahme von reiner Glukose, Glukose + Fruktose oder Glukose + Saccharose in 14 männlichem, gesunden Radrennfahrern in der Post-Workout Phase (5-stündiges Zeitfenster). (Bildquelle: Trommelen et al, 2016)

  • Nun zur größten Kontroverse: Ein gewisser Teil der aufgenommenen Fruktose wird tatsächlich in VLDL Triglyceride umgewandelt. Von Natur aus hat dieser Prozess einige Limitationen für die Methodologie, weshalb wir nur zwei Tracer-Studien haben, die uns einen Überblich darüber geben, was stattfindet. In einer Studie zeigten die Autoren, dass das lipogene Potential von Fruktose sehr gering ist, da nur 0,05% und 0,15% der Fruktose innerhalb von 4 Stunden in neue Fettsäuren und TG-Glycerin umgewandelt wurde (8). Die Fruktose scheint sogar den bestehenden Lipidstoffwechsel zu verändern, indem es die Esterifizierung favorisiert, aber selbst nicht bedeutsam zur Bildung von neuen Fettsäuren beiträgt. Zum Beispiel ist die Umwandlung von Fruktose in Lipide fast bedeutungslos, wenn sie in moderaten Mengen (0,75 g/kg) aufgenommen wird.

So sieht der Überblick über den Fruktosestoffwechsel – basierend auf dem, was wir aus Isotopen-Tracer-Studien wissen – aus:

Der Fruktosestoffwechsel nach einer Isotopen-Tracer Studie von Sun & Empie

Der Fruktosestoffwechsel nach einer Isotopen-Tracer Studie von Sun & Empie. (Bildquelle: Sun & Empie, 2012)

  • Die Aufnahme anderer Kohlenhydrate (zusammen mit Fruktose) scheint diesen Stoffwechsel nur geringfügig zu beeinflussen. Der Anteil der Fruktose, der in VLDL Triglyzeride umgewandelt wird, steigt allerdings wahrscheinlich, wenn man sie in großen Mengen aufnimmt (aka 2 Liter Mountain Dew) oder zusammen mit einer anderen Mahlzeit (1 Liter Mountain Dew und eine große Pizza). Wenn du dir Gedanken um deine Gesundheit machst, dann solltest du am besten beides nicht allzu oft machen.

Ich denke, dies gibt dir einen guten Überblick über den Fruktosestoffwechsel. Dies gibt uns einen gewissen Kontext, wenn wir uns die Humanstudien näher ansehen und ich zu meinen Schlussfolgerungen komme.

Das Problem der Dosierung

Einer der wichtigsten Aspekte beim Lesen und Interpretieren von wissenschaftlicher Literatur ist der Kontext. Das gilt ohne Ausnahme auch für die Fruktoseliteratur.

Wenn du dir die Studien ansiehst, die zu sensationellen Artikeln, wie „Obst macht dick“, führen, scheitern diese oftmals daran das Hauptproblem der Studien zu erfassen: Das Problem der Dosierung.

Eines der immer wiederkehrenden Dinge in der Literatur sind extrem hohe Dosierungen von Fruktose, die zu Gesundheitsproblemen führen.

Beispiel Nr. 1

Beispielsweise die Verabreichung von entweder 3g Glukose oder 3g/4g Fruktose pro kg Körpergewicht an jungen Männer (n=55) für 7 Tage, was die Insulinsensitivität senkt und den Fettanteil der Leber steigert. In genau derselben Studie führte die Aufnahme von 1,5 g/kg Fruktose zu keiner Veränderung der Insulinsensitivität oder Leberfett (9).

Das ist interessant.

Im Grunde zeigen diese Daten, dass wenn du mir (85 kg schwerer Mann) 255g reiner Glukose, 255g reiner Fruktose oder 340g reiner Fruktose am Tag gibst, ich einen Rückgang meiner Insulinsensitivität und Verfettung meiner Leber sehen würde. Das würde aber nicht passieren, wenn du mir nur 127,5g Fruktose gibst. Behalte diese Daten im Hinterkopf für unsere anschließende Diskussion.

Beispiel Nr. 2

In einer anderen Studie verzehrten adipöse Männer (n=9) und Frauen (n=8) 30% ihrer täglichen Kalorien aus Getränken, die entweder mit Glukose oder Fruktose gesüßt waren und die Autoren maßen die hormonelle und biochemische Reaktion über einen Zeitraum von 24 Stunden.

Nun, ich forschte etwas nach und fand die Ernährungspläne heraus, die verwendet wurden. Die durchschnittliche Nahrungsaufnahme lag bei 1800 kcal, was bedeutet, dass jede Person im Schnitt 135g Glukose oder Fruktose bekam. Die Autoren geben keine Auskunft über das Körpergewicht, weshalb wir nicht auf die Menge pro kg rückschließen können, aber lass uns sagen, dass 135g Glukose oder Fruktose aus gesüßten Getränken schon eine Menge sind. Das entspricht ca. 6 Dosen Cola pro Tag.

Zu viel ist zu viel: Wir wissen, was passiert, wenn ein Mensch große Mengen an Zucker zuführt und sich in einem Kalorienüberschuss befindet. Ob Fruktose oder Glukose - die Gesundheit wird früher oder später drunter leiden. Studien, die zitiert werden, um die Schädlichkeit von Fruktose zu untermauern, setzen oftmals auf abnormale Mengen, die kaum ein Mensch auf täglicher Basis konsumiert.

Zu viel ist zu viel: Wir wissen, was passiert, wenn ein Mensch große Mengen an Zucker zuführt und sich in einem Kalorienüberschuss befindet. Ob Fruktose oder Glukose – die Gesundheit wird früher oder später drunter leiden. Studien, die zitiert werden, um die Schädlichkeit von Fruktose zu untermauern, setzen oftmals auf abnormale Mengen, die kaum ein Mensch auf täglicher Basis konsumiert. (Bildquelle: Fotolia /Kwangmoo)

In dieser Studie führte die Fruktose zu höheren postprandialen Blutkonzentrationen an Laktat und Fruktose, aber überaschenderweise geringeren freien Fettsäuren im Plasma, als bei der Glukose. Die Serum-Triglyceride fielen dagegen höher aus, was vermuten lässt, dass die TG freisetzenden Mechanismen in der Leber erhöht wurden (10).

Nun gibt es ein paar Feinheiten bei diesen Triglycerid-Daten, wenn wir sie nach insulinsensitiven und insulinresistenten Personen aufteilen. Wenn du dir die Daten ansiehst, dann scheint es, als ob die Insulinresistenz das meiste der Varianz, die wir bei den erhöhten Triglyzeriden sehen, „auffrisst“. Und sobald man dies berücksichtigt, gibt es nur noch einen geringen Unterschied in den Serum-Triglyzeriden, wobei die Fruktose ein kleines bisschen höher ist.

Schlussfolgernd können wir also aus der Studie sagen, dass – wenn du 13 g Zucker aus einem Getränk zu dir nimmst, welches entweder Glukose oder Fruktose enthält – du einen Anstieg der Serum-Triglyceride siehst. Fruktose führt zwar zu etwas höheren Werten, aber dafür zu geringen freien Fettsäuren im Plasma. Wenn du insulinresistent bist, werden deine Triglyceride viel höher sein – egal ob Glukose oder Fruktose. Um deine postprandialen Blutfettwerde zu optimieren, solltest du einfach keine unnötig hohen Mengen an Glukose oder Fruktose am Tag aufnehmen.

Das sind nur zwei Beispiele von vielen, die zeigen, dass sehr hohe Mengen an Fruktose die Triglyceride und die hormonelle Signalwirkung beeinflussen, was zu einem ungünstigeren „Stoffwechselumfeld“ führt. Aber diese künstlichen Szenarien repräsentieren nicht wirklich das, was wir in der Praxis sehen.

Ja, manche Menschen konsumieren diese exorbitanten Mengen an Fruktose, aber für die meisten von uns sollte die Frage eher lauten:

Was richtigen normale Mengen an Fruktose an?

Nun, ich bin froh, dass du fragst, denn dazu können wir uns ebenfalls Studien ansehen.

Um die Rolle von „normalen“ Aufnahmemengen an Fruktose zu diskutieren, schauen wir uns zunächst exemplarische Verzehrdaten aus den USA an. Basierend auf den NHANES Umfragedaten (nicht 100% korrekt, aber nah dran), liegt die durchschnittliche Fruktoseaufnahme bei 54,7 g/Tag (38,4-72,8 g) und trägt zu 10,2% der Gesamtkalorienaufnahme bei.

Die Aufnahme ist bei Jugendlichen (12-18 Jahre) mit 72,8 g/Tag (12,1% der Kalorien) am höchsten. Ein Viertel der Jugendlichen nahm mindestens 15% ihrer Kalorien aus Fruktose auf. Die Hauptquellen dafür waren gesüßte Getränke (30%), gefolgt von Getreide (22%) und Obst oder Fruchtsaft (19%) (11). Die oben genannten Studien verfehlen also deutlich diese Mengen. Wie so eloquent von Geoffry Livesy in seinem Review dargelegt, gilt:

„Durch die Fokussierung auf sehr hohe und exzessive Dosierungen riskieren wir, die potentiellen Nutzen von moderaten bis hohen Mengen zu erfassen, welche vielleicht das Voranschreiten von Typ 2 Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verlangsamen und eventuell sogar das Leben verlängern. Eine gemäßigtere Betrachtung der Evidenzbasis muss daher durchgeführt werden“. Livesey, G., 2009

Ich könnte dem nicht mehr zustimmen.

In einer Meta-Analyse, die Livesy über Fruktosestudien durchgeführt hatte, fing er an die „Dosis-Wirkungs-Frage“ herauszustellen (13).

In ihrer Analyse fanden sie heraus, dass die Zusammenfassung von 14 randomisierten Studien, die die Kombination aus allen Gesundheitstypen und der Fruktoseaufnahme von bis zu 100g pro Tag, keinen Effekt auf die Plasma-Triglyceride zeigte. Dieser Effekt blieb sogar bestehen, wenn Fruktose gegen Stärke, Glukose oder Saccharose ausgetauscht wurde. Wichtig ist auch, dass ihre Analyse zeigte, dass die Plasma-Triglyceride – genau wie bei den Studien vorhin – anstiegen, wenn sie sich Aufnahmen von über 350g pro Tag anschauten. Dies bedeutet, dass ihre Analyse zu den Daten der Studien passt. Als sie ihre Daten dann auf normale Aufnahmemengen von unter 100g/Tag übertrugen, konnte kein Einfluss auf das Körpergewicht gezeigt werden.

Zusammengenommen zeigen diese Daten, dass es nicht die Fruktose an sich ist, sondern die gesamte Kalorienaufnahme, die den Großteil der beobachteten Effekte aus den epidemiologischen Studien erklärt. Das bringt uns zurück zum Punkt der statistischen Regulierung der Co-Variablen, die nicht in allen Fällen wirklich robust ist.

Ich möchte Livesy’s „Wort“ oder Analyse aber nicht als Evangelium ansehen. Stattdessen möchte ich ein wenig tiefer abtauchen und ein paar mehr Werke zu diesem Thema entdecken.

Ein sehr umfassendes Review mit dem Titel „Evidenzbasiertes Review zum Effekt von normaler Fruktoseaufnahme auf die Entwicklung von Hyperlipidämie und Adipositas bei gesunden, normalgewichtigen Personen“ wurde von Dolan et al. durchgeführt und 2009 in Critical Reviews in Food Science and Nutrition veröffentlicht (14).

Das Review ist unglaublich umfangreich, ermüdend (mit der Zeit) und begutachtet Studien sehr kritisch. Ein detaillierter Bericht dieses Reviews geht über den Rahmen dieses Artikels hinaus, aber ein paar Highlights bringen die Hauptaussagen sehr gut rüber (Siehe Orginalreview unten für Studien).

  • In einem hochqualitativen, randomisierten Cross-Over-Versuch von Sunehag et al. (2002), wurden 12 gesunde, nicht-adipöse Jugendliche (6 Jungen, 6 Mädchen) zu Hause mit isokalorischen Diäten, bestehend aus 60% Kohlenhydraten, 25% Fett und 15% Eiweiß, versorgt, wobei 10% oder 40% der Kohlenhydrataufnahme (6 oder 24% der Gesamtkalorien) aus Fruktose stammten. […] Die Gesamtmenge der aufgenommenen Fruktose in den Gruppe lag bei 36 und 133 g/Tag bei den Mädchen und 40 und 136 g/Tag bei den Jungen. Eine andere Gruppe von 12 Probanden wurde außerdem einer kohlenhydratreichen/fettarmen Ernährung oder einer kohlenhydratarmen/fettreichen Ernährung mit 20% der Kohlenhydrate aus Fruktose (ca. 55 g/Tag) ausgesetzt. Somit konnte die Fähigkeit der Fruktose, biochemische Marker (z.B. TG, Glukose, Insulin, C-reaktives Protein oder freie Fettsäuren) in einer dosis-abhängigen Weise erfasst werden. In dieser Studie hatte die Steigerung der Fruktose keinen Effekt auf die gemessenen Parameter – was zeigt, dass Fruktose keinen Effekt auf Lipid- oder Kohlenhydratstoffwechsel hat, wenn die Kalorienaufnahme der Probanden nicht erhöht wird.
  • In einer randomisierten Cross-Over-Studie von mittlerer Qualität, wurde der Effekt von der Aufnahme einer energetisch ausgeglichenen Diät (Kontrolle) oder Diäten mit 50% Energieüberschuss (ca. 914 kcal/Tag) in Form von Fett (ca. 57,1 g/Tag), oder Glukose, Fruktose oder Saccharose (ca. 123 g/Tag) über vier Tage an acht normalgewichtigen und fünf übergewichtigen Frauen erfasst (McDevitt et al., 2000). Die Studie wurde ambulant in einem Ganzkörper-Kalorimeter durchgeführt. Es gab keine signifikanten Unterschiede der Makronährstoffverbrennung oder Bilanzen zwischen den normalgewichtigen und übergewichtigen Frauen, weshalb die Daten gepoolt wurden. Überkonsum an Glukose, Fruktose oder Saccharose führten an Tag 1 zur Glykogenspeicherung (ca. 100 g), stimulierte aber die Kohlenhydratverbrennung, weshalb an Tag 3 und 4 ein Ausgleich erreicht wurde. Die Fettoxidation war proportional durch die Zuckeraufnahme gehemmt. Es gab weiterhin keine signifikanten Unterschiede in der Kohlenhydratoxidation, Kohlenhydratbilanz, Fettoxidation oder Fettbilanz zwischen den Zuckergruppen. Im Durchschnitt wurden unter allen Bedingungen 12% der überschüssigen Energie als Glykogen gespeichert und 88% als Fett (inklusive Überverzehr von Fett). Diese Studie zeigt, dass die Aufnahme einer fruktosereichen Ernährung die Fettspeicherung im Vergleich zu Glukose oder Saccharose nicht disproportional stimuliert und dass der Gesamteffekt des Überkonsums an Zucker auf die Fettbilanz (unabhängig von der Art) ähnlich zu dem des überschüssigen Nahrungsfettes ist.
  • Bantle et al. (2000) führten eine Cross-Over-Studie an 24 gesunden Probanden (12 pro Geschlecht) durch, die vorbereitete, iso-energetische Diäten (55% Kohlenhydrate, 15% Protein und 30% Fett) über 42 Tage hinweg bekamen. Die Diäten waren nahezu identisch in der Makronährstoffzusammensetzung mit der Ausnahme, dass 17% der Energie (341 kcal) aus kristalliner Fruktose in der einen Diät und 14% kristalliner Glukose (280 kcal) plus 3% kristalliner Fruktose (60 kcal) in der anderen Diät stammte. Die Menge an Fruktose in 2.000 kcal Diäten lag folglich bei 80g und 10g […]. Über die Studie hinweg wurde der nüchterne und postprandiale Plasma-Triglyceridspiegel der Frauen in allen Diäten nicht beeinflusst. Männer die mehr Fruktose bekamen hatten einen signifikant erhöhten nüchternen und postprandialen Plasma-Triglyceridspiegel als Männer, die wenig Fruktose bekamen. Über den Zeitraum der Studie hinweg sank der Plasma-Triglyceridspiegel allerdings in beiden Gruppen (im Vergleich zum Ausgangswert). Die Fruktose-Diät hatte keinen signifikanten Einfluss auf nüchtern Cholesterin, HDL-C oder LDL-C, weder bei Männern, noch bei Frauen (diese Werte sanken ebenfalls über den Studienzeitraum in beiden Gruppen). Am Ende der Studie unterschied sich das Körpergewicht der Gruppen mit fruktosereicher oder fruktosearmer Diät nicht signifikant voneinander. Über die Studie hinweg verloren beide Gruppen ca., 1,3 kg, was nahelegt, dass – wenn die Kalorienaufnahme kontrolliert ist – eine fruktosereiche Diät sogar zum Gewichtsverlust führen kann.

Wenn du dir die Studien aus diesem Paper ansiehst, fängst du an Teilstücke zusammenzufügen und ein ziemlich klares Bild erscheint. Basierend auf den aktuellen Daten gibt es keinen wirklichen Beweis der zeigt, dass die Aufnahme von bis zu 100g Fruktose pro Tag – anstatt Glukose oder Saccharose – mit einer erhöhten Nahrungsaufnahme oder Körpergewicht assoziiert ist und das du trotz relativ hohen Mengen an Fruktose an Gewicht verlieren kannst, solange du ein Kaloriendefizit einhältst.

So scheint es, dass moderate Mengen an Fruktose das metabole Milieu nicht genügend verändern, um zu sagen, dass sie (die Fruktose) an sich „fett“ macht. Zusätzlich scheinen moderate Mengen sowohl bei gesunden, als auch fettleibigen Personen keinen Einfluss auf den Triglyceridspiegel haben.

Wie so oft, macht die Dosis das Gift. Du musst dir dein Obst nicht madig machen lassen, sofern es bei moderaten Mengen bleibt und du die Gesamtkalorienzufuhr im Auge behältst!

Wie so oft, macht die Dosis das Gift. Du musst dir dein Obst nicht madig machen lassen, sofern es bei moderaten Mengen bleibt und du die Gesamtkalorienzufuhr im Auge behältst! (Bildquelle: Fotolia / Markus Mainka)

Viel Rummel um Nichts?

Jetzt fühlst du dich sicher, als hättest du aus einem Feuerwehrschlauch der Biochemie, klinischen Versuchen und meinem Versuch, Wissenschaft zu kommunizieren, getrunken. Lasse mich alles, was wir in diesem Artikel gelernt haben, nehmen und in einem Gedanken zusammenfassen.

Der Verzehr von Fruktose in moderaten Mengen beeinflusst das Körpergewicht oder Blutwerte, basierend auf den aktuellen Daten, nicht negativ. Abstrus hohe Mengen (>150 g/Tag) haben aber vielleicht unliebsame Effekte auf die Gesundheit. Zusammengenommen sagen uns diese beiden Konzepte:

  • … dass wir 3-4 Portionen Obst am Tag ohne Gesundheitsgefahren essen können, wenn wir das möchten.
  • … dass wir keine 2 Liter Mountain Dew herunterkippen oder große Mengen an Fruktose oder HFCS zu uns nehmen sollten.

      

Abschließende Worte

Nun müssen wir das ganze Ding noch in das objektivste Licht stellen, was wir haben – also lass mich zum Abschluss ein paar weitere Dinge aufwerfen.

Die Aufnahme von hohen Mengen Fruktose (z.B. aus HFCS) ist ganz klar nicht ideal. Ich will das Problem der steigenden Zuckeraufnahme (inklusive HFCS) nicht unter den Tisch kehren – es ist ein Problem, auch wenn die Daten sagen, dass der Zuckerverzehr sogar rückgängig ist.

Es ist weiterhin wichtig den Anstieg der Fruktose und HFCS Aufnahme aus Sicht der steigenden Energieaufnahme zu sehen. Der hinzugesetzte HFCS, der in unserer Ernährung erscheint, ersetzt in den meisten Fällen nicht andere Nahrungsmittel oder Energiequellen, sondern erscheint zusätzlich. Das derzeitige Nahrungsumfeld macht es – zumindest in Ländern, wo HFCS in großen Mengen eingesetzt wird – möglich, jeden Tag große Mengen aufzunehmen (ist in Europa und Deutschland jedoch wieder anders). Es ist sogar einfacher wenn deine Nahrungsmittelauswahl „ziemlich schlecht“ ist.

Wir sollten, meiner Ansicht nach, mit der Industrie zusammenarbeiten um den Zusatz von HFCS zu Nahrungsmitteln zu reduzieren – zusammen mit ein paar anderen Zutaten, um die Energiedichte und Schmackhaftigkeit unserer abgepackten Lebensmittel zu reduzieren. Aber wir sollten außerdem ehrlich und aufrichtig über unser Verhalten sein. Wir müssen nicht unser Aluhüte aufsetzen, all der Trubel und Umstände über Äpfel und Bananen, die potenziell problematisch sind, weil sie 10g oder so an Fruktose liefern ist ziemlich unbegründet.

Quellen & Referenzen

(1) Kelishadi, R. / Mansourian, M. / Heidari-Beni, M. (2014): Association of fructose consumption and components of metabolic syndrome in human studies: A systematic review and meta-analysis. In: Nutr. URL: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0899900713003924.

(2) Lakhan, SE. / Kirchgessner, A. (2013): The emerging role of dietary fructose in obesity and cognitive decline. In: Nutr J. URL: https://nutritionj.biomedcentral.com/articles/10.1186/1475-2891-12-114.

(3) Abdelmalek, MF., et al. (2010): Increased fructose consumption is associated with fibrosis severity in patients with nonalcoholic fatty liver disease. In: Hepatol. URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/hep.23535/full.

(4) Chung, M., et al. (2014): Fructose, high-fructose corn syrup, sucrose, and nonalcoholic fatty liver disease or indexes of liver health: a systematic review and meta-analysis. In: Am J Clin Nutr. URL: http://ajcn.nutrition.org/content/100/3/833.full.

(5) Kanerva, N., et al. (2014): Higher fructose intake is inversely associated with risk of nonalcoholic fatty liver disease in older Finnish adults. In: Am J Clin Nutr. URL: http://ajcn.nutrition.org/content/100/4/1133.short.

(6) Sun, SZ. /  Empie, MW. (2012): Fructose metabolism in humans – what isotopic tracer studies tell us. In: Nutr Metab. URL: https://nutritionandmetabolism.biomedcentral.com/articles/10.1186/1743-7075-9-89.

(7) Trommelen, J., et al. (2016): Fructose Coingestion Does Not Accelerate Postexercise Muscle Glycogen Repletion. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26606271.

(8) Chong, MF. / Fielding, BA. / Frayn, KN. (2007): Mechanisms for the acute effect of fructose on postprandial lipemia. In: Am J Clin Nutr. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17556686.

(9) Lecoultre, V., et al. (2013): Effects of fructose and glucose overfeeding on hepatic insulin sensitivity and intrahepatic lipids in healthy humans. In: Obes. URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/oby.20377/full.

(10) Teff, KL., et al. (2009): Endocrine and Metabolic Effects of Consuming Fructose- and Glucose-Sweetened Beverages with Meals in Obese Men and Women: Influence of Insulin Resistance on Plasma Triglyceride Responses. In: J Clin Endocrinol Metab. URL: http://press.endocrine.org/doi/pdf/10.1210/jc.2008-2192.

(11) Vos, MB., et al. (2008): Dietary Fructose Consumption Among US Children and Adults: The Third National Health and Nutrition Examination Survey. In: Medscape J Med. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2525476/.

(12) Livesey, G. (2009): Fructose ingestion: dose-dependent responses in health research. In: J Nutr. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19386821.

(13) Livesey, G. / Taylor, R. (2008): Fructose consumption and consequences for glycation, plasma triacylglycerol, and body weight: meta-analyses and meta-regression models of intervention studies . In: Am J Clin Nutr. URL: https://academic.oup.com/ajcn/article/88/5/1419/4648852.

(14) Dolan, LC. / Potter, SM. / Burdock, GA. (2009): Evidence-Based Review on the Effect of Normal Dietary Consumption of Fructose on Development of Hyperlipidemia and Obesity in Healthy, Normal Weight Individuals. In: Crit Rev Food Sci Nutr. URL: http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/10408390903461426#.V5aTwPkrJhE.



Bildquelle Titelbild: Fotolia / Fxquadro


Über

Brad Dieter (PhD) ist ein ausgebildeter Wissenschaftler, Ernährungscoach und Autor. Er ist der verantwortliche Editor von Science Driven Nutrition und strebt danach die Lücke zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu schließen. Sein Ziel besteht darin Informationen zum Thema Ernährung richtigzustellen und für jedermann leicht verfügbar zu machen.

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