Gewichtheber-Training für Nicht-Gewichtheber

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Gewichtheber-Training für Nicht-Gewichtheber

Von Frederic Hellmann | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten | 


Durch die „Crossfit-Revolution“ und andere Entwicklungen gibt es immer mehr Kraftsportler, die sich am Olympischen Gewichtheben versuchen. Der Nutzen, den man aus einer solchen Ergänzung zu seinem sonstigen Krafttraining gewinnen kann, ist nicht von der Hand zu weisen.

Schnellkraft und Koordination – die zwei Hauptkomponenten, die man mit dem Olympischen Gewichtheben so exzellent trainieren kann – sind die grundlegenden Fähigkeiten in so gut wie allen Sportarten, die mir auf Anhieb einfallen, außer Hallenhalma und Seniorenschach. Durch Ausprägung der Schnellkraft und der Koordination schafft man also die Grundlage für eine Verbesserung in allen Sportarten, in denen man in irgendeiner Art und Weise sprinten, springen, werfen oder Richtungswechsel ausführen muss oder in Zweikämpfe aller Art verwickelt ist.

Dieser Fakt alleine sollte für jeden funktional trainierenden Athleten Grund genug sein, schnellkräftige Bewegungen an der Hantel auszuführen.

Gewichtheber-Training für Nicht-Gewichtheber

Umsetzung in der Praxis

So weit so gut. Die Theorie ist klar. Ab heute reißen und stoßen wir also alle, um schneller sprinten und höher hüpfen zu können.

So einfach ist es leider nicht. Bei der Umsetzung in die Praxis werden erfahrungsgemäß leider die haarsträubendsten Fehler begangen. Man muss das Ganze mit System angehen, sonst überwiegt leider der Kosten- (Verletzungen, Überlastungen und vor allem Zweitverschwendung) dem Nutzenfaktor.

Gewichtheber-Training für Nicht-Gewichtheber

Um das Gewichteheben effektiv zu erlernen, solltest du auch in einer entsprechenden Umgebung trainieren, z.B. einem Kraftverein. (Bildquelle: Flickr / US Department of Defense ; CC Lizenz)

Hierbei will ich in aller Deutlichkeit anmerken, dass eine Anleitung und oder Fehlerkorrektur über das Internet nicht mal im Ansatz einen kompetenten Trainer ersetzen kann. Der sinnvollste Ort, um Gewichtheberübungen zu erlernen, ist und bleibt der Gewichtheberverein. Welche weiteren Vorteile ein solcher aufweist, kann man wunderbar hier nachlesen: Beherrsche die Umstände – Die Wahl des richtigen Studios. (Wo findet man einen solchen? Einfach PLZ eingeben: BVDG-Online.com.)

Olympisches Gewichtheben, also den Olympischen Zweikampf, wirklich so zu erlernen, dass man ansatzweise seine Kraftreserven effizient und optimal einsetzen und auf die Wettkampfübungen übertragen kann, ist schwierig bis unmöglich ohne Trainer. Das sollte jedem bewusst sein.

Eine Ausführung von Teil- bzw. Nebenübungen wie Kraftreißen, Standumsetzen, Reißkniebeuge oder Züge einigermaßen gesund und “für den Hausgebrauch eines Kraftsportlers ohne Wettkampfambitionen” wirklich nützlich zu erlernen, ist meiner Meinung nach jedoch durchaus auch ohne einen Trainer möglich, wenn man einigermaßen Bewegungstalent hat und konsequent und beständig an der Technik arbeitet.

Ein Trainieren unter kompetenter Anleitung sollte also immer Priorität haben. Das gilt übrigens für alle Sportarten, nicht nur für Gewichtheben.

Das Erlernen der Übungen

Es werden viele Fehler beim Erlernen von Übungen (an der Langhantel) gemacht. Einer der fundamentalsten Denkfehler ist, dass man sich von Anfang an an der kompletten Disziplin versucht. Ich habe noch nie einen Fußballer gesehen, der in seiner ersten Einheit 11-11 spielt, noch nie einen Eishockeyspieler, der von Anfang an 5-5 spielt und auch noch nie einen Boxer, der sich an seinem ersten Tag gleich 12 Runden lang auf seine Rübe eindreschen lässt.

Gewichtheber-Training für Nicht-Gewichtheber

Schritt für Schritt zum Olympischen Gewichtheben? So gehts. (Bildquelle: Flickr / Bruce Stockwell ; CC Lizenz)

Nein, der Fußballer lernt erst Passen und Schießen, der Eishockeypsieler lernt erst Schlittschuhlaufen und der Boxer die Grundlagen der Deckung und der Beinarbeit. Warum sollte das im Gewichtheben anders sein? Warum sollte man eine Gewichtheberübung, die auch für den Laien klar sichtbar aus mindestens 3 Elementen besteht, auf einmal lernen? Das ergibt keinen Sinn. Trotzdem sehe ich es immer wieder.

Schritt für Schritt zum Gewichteheben

Wir teilen also sowohl das Reißen als auch das Stoßen in Teilübungen auf, die wie ein Puzzle nach und nach – sobald sie beherrscht werden – zusammengesetzt werden. Aussehen könnte das Ganze dann beim Reißen zum Beispiel (es gibt mehrere sinnvolle Möglichkeiten) so:

Schritt #1: 4 Wochen Reißkniebeuge

2 Wochen so:

Overhead Squat - Bodyweight x 15 reps

2 Wochen so:

Coach Wu-172.5kg Snatch Balance at 69kg Bodyweight

Schritt #2: 4 Wochen Zug breit

2 Wochen so: 

Krafttraining: ZUG BREIT AUS DEM HANG mit der Langhantel - KDK

2 Wochen so: 

Krafttraining: ZUG BREIT mit der Langhantel vom Boden gehoben - KDK

Schritt #3: 4 Wochen Kraftreißen

2 Wochen so: 

muscle Snatch Demo

2 Wochen so: 

Muscle Snatch

Schritt #4: 4 Wochen Standreißen

2 Wochen so: 

Hang Power Snatch Demo

2 Wochen so:

Power Snatch training lifts

Schritt #5: Danach zum eigentlichen Reißen

Zuerst so:

Hang Snatch Demo

Dann so:

Khadzhimurat Akkaev - 210 kg Snatch

Man kann…

…die einzelnen Phasen auch (deutlich) länger ausprägen oder auch an bestimmten Stellen erst mal komplett abbrechen und nicht weitermachen, bevor die vorherige Phase richtig sitzt.

Eine weitere Möglichkeit wäre, alle Übungen jeweils in der Reihenfolge in einer Woche (oder auch in einer Einheit) zu machen und in der Woche (Einheit) darauf wieder von vorne anzufangen.

Selbstverständlich ist es auch absolut kein Dogma, dass man sich bis zur Wettkampfdisziplin Reißen durchkämpft. Kraftsportler, die keine Wettkampfambitionen haben, können genauso gut beim Standreißen, beim Zug oder schon bei der Reißkniebeuge mit Auftakt aufhören. Wie komplex man werden will, kann jeder selbst entscheiden – je nach Bewegungstalent und vor allem Spaß an der ganzen Sache (ja, Gewichtheben macht angeblich sogar Spaß, manchmal vergesse ich das auch!).

Es ist auch alles andere als peinlich, wenn man es nicht bis zum Reißen schafft. Die wenigsten werden das ohne einen Trainer mit einer akzeptablen technischen Ausführung schaffen. Der Weg ist das Ziel. Wer auf dem Weg zum Reißen, die Reißkniebeuge oder einen schönen Zug erlernt, hat schon tolle Erweiterungen für sein zukünftiges Training. Und genau dazu will ich mit diesem Artikel auffordern.

Im Umsetzen…

…kann man nach den gleichen Mustern, wie oben vorgehen. Aufteilen kann man das Umsetzen in folgende Teilübungen:

Frontkniebeuge

Dabaya 5x200 kg front squat

Zug eng

Krafttraining: ZUG ENG mit der Langhantel vom Boden • KDK

Bei den verschiedenen Positionen ist immer zuerst mit der obersten Startposition zu beginnen und sich von da an immer weiter runterzuarbeiten. Sonst gelten die gleichen Regeln, die ich bereits beim Reißen genannt habe.

Der Vollständigkeit halber noch das Ausstoßen (mit Ausfallschritt)

Zum Ausfallschritt: Ein Fuß 1-2 Fußlängen nach vorne, den anderen 2-3 Fußlängen nach hinten.

Welcher vorne, welcher hinten? Einfach ausprobieren!

Schulterbreit stehen. Das ist wichtig. Wie bei den Kniebeugen fehlt bei einer zu engen Stellung Stabilität. Sowohl beim vorderen als auch beim hinteren Fuß die Zehen leicht nach innen rotieren.

Drücken

Berestov press 150kg

Schwungdrücken

Dmitry Klokov 225 Kg (495lb) Push Press

       

Zum Schluss

Darauf gilt es zu achten beim Selbstversuch Gewichtheben:

  1. Regelmäßige Videoaufzeichnungen von euren Versuchen sind sehr wichtig. Ohne Trainer sind sie das einzige Feedback, das ihr erhaltet. Winkel immer 45° von schräg vorne wählen, so hat man den besten Überblick. In der Zeitlupe könnt ihr dann analysieren, was es zu verbessern gilt
  2. Allgemeines zu den Techniken

Findest du hier (Snatch), hier (Clean) und hier (Clean & Jerk) (Auf der rechten Seite bei Related Videos findet ihr jeweils die Teile 2 und 3).

Gewichtheber-Training für Nicht-Gewichtheber

Klassisches Gewichteheben: Nicht nur etwas für den Mann. Auch Frauen profitieren vom Training. (Bildquelle: Flickr / Bruce Stockwell ; CC Lizenz)

  1. Kardinalfehler beim Reißen/Stoßen
  2. Keine „gerader Rücken“ beim Wegheben.
  3. Zu flache/tiefe Hocke beim Wegheben.
  4. Arme werden gebeugt beim Zug.
  5. Hantel zu weit weg vom Körper (kein Oberschenkelkontakt).
  6. Spannungsverlust beim Abfangen der Hantel in der Hocke.
  7. Hantel während des Reißens/Ausstoßens nicht weit genug hinter dem Kopf im Schwerpunkt.
  8. Hantel liegt beim Umsetzen nicht auf den vorderen Deltas sondern wird mit den Armen aktiv gehalten.

Wenn ihr einen dieser Fehler bei euren Versuchen entdeckt, sofort verbessern!

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Bildquelle Titelbild: Flickr / Bruce Stockwell ; CC Lizenz


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