Kalorienverbrauch beim Krafttraining: 3 überraschende Fakten

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Kalorienverbrauch beim Krafttraining: 3 überraschende Fakten | Studien Review

Von Adel Moussa | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Du kannst dir sicher denken, dass die Angaben zum Kalorienverbrauch an klassischen Cardiogeräten völlig neben der Realität liegen. Leider liegen auch die besten Fitness-Tracker um ca. 10% falsch – und das selbst schon bei einfach zu messenden Aktivitäten, wie Gehen, Joggen oder Laufen.

Wenn du dich schon länger mit dem Thema beschäftigst, dann dürftest du mittlerweile ebenfalls realisiert haben, dass wir den Kalorienverbrauch von Liegestützen, Klimmzügen, Burpees und anderen Übungen mit dem eigenen Körpergewicht systematisch unterschätzen. 

Doch weißt du auch, wie viele Kalorien du in deiner letzten Einheit an den Gewichten wirklich verbrannt hast? Ich kann dir garantieren, dass es nicht die Zahl ist, die auf deinem Fitness-Tracker steht.

Kalorienverbrauch beim Krafttraining: 3 überraschende Fakten | Studien Review

In den nachfolgenden Abbildungen wird sich schnell zeigen, dass Trainierende die meisten Kalorien vermutlich in CrossFit Boxen verbrennen – sogar normales Zirkeltraining verbrennt durchschnittlich 10 kcal/min (Gettmann 1981). Andere Studien vermuten, dass sehr anstrengende Crossfit-Workouts bis zu 20 kcal/min verbrennen können (Babiash 2013). (Bildquelle: Fotolia / master1305)

Ich kenne die wahren Werte nicht, aber ich kann dir sagen, wie du sie einer realistischen Schätzung annähern kannst. Rodrigi Ferro Magosso et al. haben kürzlich “die Beziehung zwischen dem aeroben sowie anaeroben Metabolismus und den einflussreichen Faktoren für den Kalorienverbrauch während dem Training mit Gewichten” untersucht (5). Üblicherweise wird der Kalorienverbrauch während dem Training anhand der Sauerstoffaufnahme (VO2) gemessen. In diesen Messungen werden die aeroben sowie anaeroben Komponenten aufsummiert, um einen Mittelwert des Kalorienverbrauchs zu bestimmen. Diese Schätzung bringt drei Überraschungen zum Vorschein.

3 überraschende Fakten über den Kalorienverbrauch beim Krafttraining | Studien Review

Überraschung #1: Der Großteil der verbrauchten Energie während dem Training mit Gewichten stammt aus dem aeroben (=”Cardio”) und nicht dem anaeroben (= Sprinten & Krafttraining) Umfeld

Vielleicht ist diese Feststellung nicht gerade intuitiv, allerdings deutet die bestehende Forschung darauf hin, dass ein Großteil des Kalorienverbrauchs während und nach dem Krafttraining nicht über den anaeroben, sondern über den aeroben Metabolismus verbrannt wird. 

Kalorienverbrauch beim Krafttraining: 3 überraschende Fakten | Studien Review

Abbildung 1: Relativer Anteil (%) der aeroben und anaeroben Komponenten des Kalorienverbrauchs während verschiedenen Trainingsprotokollen (die Abbildung basiert auf einer tabellarischen Übersicht der Studien von Scott (10) und Campanholi (2) in (5); LP = Beinpresse, BP =Bankdrücken, BC = Bicepscurl

Die beispielhaften Daten aus Abbildung 1 zeigen ziemlich überzeugend, dass sogar im Training mit dem größten anaeroben Anteil der Großteil der Energie in den aeroben und nicht den anaeroben Kreislauf eingespeist werden (der Durchschnitt aller vier Studien ist 72 % zu 28 % (aerob zu anaerob).

Überraschung #2: Beim Krafttraining verbrennst du kaum mehr Kalorien, als wenn du mit deinem Hund im Park spazieren gehst

Wenn du dich schon länger mit diesem Thema beschäftigt, dann sollte das keine Überraschung für dich sein – aber für den durchschnittlichen Bro dafür umso mehr. Dieser wundert sich regelmäßig, warum er trotz 2-stündigen Einheiten im Studio dennoch immer fetter wird. Der maximale Kalorienverbrauch, der bisher im Krafttraining festgestellt wurde, beträgt 8,3 kcal/min – und ist deutlich geringer als während dem Joggen.

Kalorienverbrauch beim Krafttraining: 3 überraschende Fakten | Studien Review

Abbildung 2: Abbildung über den Einfluss von Pausen, sequentiellem vs. Superset-Training und der Anwendung von 4s vs. 2s Tempo auf den Kalorienverbrauch (kcal/min). Untersucht an gesunden Testsubjekten in ausgesuchten Studien (basierend auf der tabellarischen Übersicht von (5)).

Wie man in Abbildung 2 sehen kann, ist dies das Ergebnis einer Studie von Kelleher aus dem Jahre 2010, in der er ein reguläres sequentielles Trainingsprogramm mit einem Supersatz-Programm verglich (4) – ansonsten handelte es sich um das gleiche Programm:

Durchgeführt wurde Bankdrücken, vorgebeugtes Rudern, Bizepscurls, Trizepsextensions im Liegen und Beincurls mit je 4 Sätzen bis zum Muskelversagen (70% des 1RM und 1 Minute Pause zwischen den Sätzen / Supersätzen).

Die Ergebnisse dieser Studie passen zu den Beobachtungen, dass kürzere Pausenzeiten den Kalorienverbrauch signifikant erhöhen – hierbei muss man aber beachten, dass sich durch die geringere gesamte Dauer des Trainings der Kalorienverbrauch wieder leicht verringert … in der ersten Überraschung haben wir ja schon festgestellt, dass ein Großteil der Kalorien zwischen den Sätzen und nach dem Training verbrannt wird. Die einfache Aussage “Je weniger Pause ich mache, desto mehr verbrenne ich.” trifft also nicht zu.

Überraschung #3: Eine einzelne Wiederholung verbrennt kaum mehr Kalorien, als die Grundfunktionen des Körpers

Ebenso trifft die Aussage, dass man direkt beim Bewegen des Gewichtes viel Kalorien verbraucht, nicht zu. Zu diesem Ergebnis kamen 2 der 3 Studien, die ich in Abbildung 3 dargestellt habe.

Kalorienverbrauch beim Krafttraining: 3 überraschende Fakten | Studien Review

Abbildung 3: Effekte der Intensität ausgedrückt in % des 1RM auf den Kalorienverbrauch pro Wiederholung (kcal/rep) in Studien mit trainierten Subjekten von Scott et al (2006 (8), 2009 (9) & 2011(11) / basierend auf einer tabellarischen Übersicht von (5)). 

Die Abbildung macht deutlich, dass der Kalorienverbrauch pro Wiederholung zwischen 0,42 kcal/min und 1,99 kcal/min liegt und sich exponentiell mit der Intensität basierend auf dem 1RM erhöht (dies sieht man vor allem in Scott, 2009 (9)).

       

Abschließende Worte

Viele von uns sind jetzt sicher enttäuscht und auch ich würde mir wünschem, dass das man nach einer heftigen Trainingseinheit entsprechend der eigenen Erschöpfung Kalorien verbrannt hat. Die harte Wahrheit ist aber leider, dass man im Vergleich zu Cardio und vor allem HIIT, während dem Krafttraining nicht allzu viele Kalorien verbrennt.

Zum Glück gehst du aber sowieso nicht ins Studio, um Kalorien zu verbrennen. Wenn du Fett verlieren willst, dann gibt es nur einen Weg: Diät!

Wenn du immer noch denkst, dass du mit dem bisschen Training die drei Stücke Pizza oder fünf Flaschen Bier ausgleichen kannst, dann musst du dich beim Blick in den Spiegel nicht wundern. Für die Fettverbrennung hilft nur eine Diät – das Training ist für den Erhalt oder den Aufbau von Muskelmasse da! 


Quellen & Referenzen

(1) Babiash, PE. (2013): Determining the energy expenditure and relative intensity of two Crossfit workouts. In: Minds@UW. Diss. UNIVERSITY OF WISCONSIN-LA CROSSE. URL: https://minds.wisconsin.edu/handle/1793/66173.

(2) Campanholi Neto, J. (2015): Demanda energética na sessão de exercício resistido com características de hipertrofia e resistência muscular localizada. In: Reposit Instituc Unesp. URL: https://repositorio.unesp.br/handle/11449/132554.

(3) Gettman, LR. / Pollock, ML. (1981): Circuit weight training: a critical review of its physiological benefits. In: Phys Sportsmed. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27462744.

(4) Kelleher, AR., et al. (2010): The metabolic costs of reciprocal supersets vs. traditional resistance exercise in young recreationally active adults. In: J Strength Cond Res. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20300020.

(5) Magosso, RF. / Campanholi Neto, J. / Paulo, J (2017): A Review of Ergogenesis and Effect of Training Variables on Energy Expenditure in Resistance Training Exercises. In: J Exerc Physiol Online. URL: https://web.b.ebscohost.com/abstract?direct=true&profile=ehost&scope=site&authtype=crawler&jrnl=10979751&AN=122655658&h=4dgU2a2uDrD5nOfLqj4tE5bsF6mmuiGwz6DuHU8s7DVJSF7%2b8laqmZpI2ekMywyqyj9gQ1hNsrjYFO6p%2bb8%2fmA%3d%3d&crl=c&resultNs=AdminWebAuth&resultLocal=ErrCrlNotAuth&crlhashurl=login.aspx%3fdirect%3dtrue%26profile%3dehost%26scope%3dsite%26authtype%3dcrawler%26jrnl%3d10979751%26AN%3d122655658.

(6) Mazzetti, S., et al. (2007): Effect of explosive versus slow contractions and exercise intensity on energy expenditure. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17762362.

(7) Ratamess, NA., et al. (2007): The effect of rest interval length on metabolic responses to the bench press exercise. In: Eur J Appl Physiol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17237951.

(8) Scott, CB. (2006): Contribution of blood lactate to the energy expenditure of weight training. In: J Strength Cond Res. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16686572.

(9) Scott, CB. / Croteau, A. / Ravlo, T. (2009): Energy expenditure before, during, and after the bench press. In: J Strength Cond Res. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19197214.

(10) Scott, CB. / Leary, MP. / TenBraak, AJ. (2010): Energy expenditure characteristics of weight lifting: 2 sets to fatigue. In: Appl Physiol Nutr Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21326385.

(11) Scott, CB., et al. (2011): Aerobic, anaerobic, and excess postexercise oxygen consumption energy expenditure of muscular endurance and strength: 1-set of bench press to muscular fatigue. In: J Strength Cond Res. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20703175.


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*Die Metal Health Rx (kurz "MHRx") ist eine digitale Fachzeitschrift im .pdf Format, die sich speziell an interessierte (Kraft-)Sportler & ernährungs-/gesundheitsbewusste Menschen richtet. Das Magazin wird von unserem, eigens dafür ins Leben gerufenen, MHRx Autoren-Team erstellt und von AesirSports.de verlegt & herausgegben.

 


Bildquelle Titelbild: Fotolia / nikolas_jkd


Über

Adel Moussa: “In den Seminaren die ich im Fachbereich Physik an der Uni halte, geht es darum den Studenten Daten, Fakten und Techniken zu vermitteln, die – obschon sie nichts mit Religion zu tun haben – so sicher sind, wie das sprichwörtliche “Amen in der Kirche”. Gerade das aber, also “Daten und Fakten” findet man im Internet kaum, wenn man nach Informationen über Training, Ernährung und Nahrungsergängzungsmitteln sucht. Das war jedenfalls vor ca. 4 Jahren so, und Grund genug für mich meinen eigene Blog zum Thema zu starten.

Der Name “SuppVersity” – Ihr hört schon, da stecken die Worte “University” und Supplement” drin – ist Programm. Unter www.suppversity.com nehme ich dort täglich die neusten Studien aus den Gebieten Training, Ernährung und Gesundheit unter die Lupe. Immer auf der Suche nach dem, was es vermutlich gar nicht gibt: Dem optimalen Trainings-, Ernährungs und Nahrungsergänzungsplan für mich, Euch und jedermann.”

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