Von Damian N. Minichowski | Benötigte Lesezeit: 12 Minuten |
Um das Thema Kalzium und Knochengesundheit ranken sich zahlreiche Mythen und diffuse Aussagen, die zur Verunsicherung ernährungsbewusster Personen beitragen. Erst wenige Tage zuvor wurde ich gefragt, ob ich da nicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen kann.
Einfach mal Tacheles reden!
Welchen Einfluss hat Milch und Milchprodukte auf die Stabilität unserer Knochen? Lässt sich durch eine hohe Kalziumaufnahme die pathologisch- oder alters-bedingte Abnahme der Knochensubstanz ausbremsen oder gar verhindern? Und wie sieht es generell mit Kalziumsupplementen und proteinhaltiger Kost aus? Vor allem letzteres steht ja, dank seiner säurebildenden Eigenschaften unter Generalverdacht zum Knochenräuber zu mutieren.
Ich kann euch versprechen, dass hier einige Überraschungen bei rauskommen werden, die ihr vielleicht so nicht erwartet habt, aber bevor ich nun alles vorweg nehme, beginnen wir am besten GANZ am Anfang.
Artikelinhalte
Kalzium & Knochengesundheit: Helfen Milch & Milchprodukte wirklich gegen Osteoporose?
Milchprodukte aus evolutionärer Sicht
Noch vor einigen Jahrtausenden begnügten sich unsere Vorfahren damit Groß- & Kleinwild zu jagen und einen Teil ihrer Nahrung zu sammeln. Mit dem Ende der letzten großen Eiszeit, dem Würm-Glazial und den aufkommenden milderen Temperaturen, wandelte sich der Lebensstil unserer Vorfahren – sie wurden sesshaft. Die Ackerkultur und großflächige Domestizierung von Wildtieren setze ungefähr 10.000 vor unserer aktuellen Zeitrechnung ein (ausgehend von Asien, Amerika und dann auch in europäische Gefilde) (25)(26). Erst dieser Schritt machte es unserer Spezies möglich neue Nahrungsquellen anzuzapfen, das Ernährungsspektrum zu erweitern und so die weitere Expansion und den Eroberungsfeldzug der menschlichen Spezies voranzutreiben.
Inhaltsstoffe | Mensch | Kuh | Schaf | Ziege | Pferd | Büffel |
Wasser | 87,2 | 87,5 | 82,7 | 86,6 | 90,1 | 82,8 |
Kohlenhydrate | 7,0 | 4,8 | 6,3 | 3,9 | 5,9 | 5,5 |
Milchfett | 4,0 | < 4,2 | 5,3 | 3,7 | 1,5 | 7,4 |
Eiweiß | 1,5 | 3,5 | 4,6 | 4,2 | 2,1 | 3,6 |
Spurenelemente | 0,3 | 0,7 | 0,9 | 0,8 | 0,4 | – |
Tabelle 1: Die Muttermilch unterschiedlicher Spezies und ihre Zusammensetzung (Quelle: Adaptiert nach Wikipedia.de)
Es steht außer Frage, dass Milch und Milchprodukte zu den nahrhaftesten Lebensmitteln gehören, die wir seit dieser Zeit in unseren Speiseplan aufgenommen haben. Sie besteht zwar zu großen Teilen aus Wasser, verfügt aber über verhältnismäßig viel Milchfett und enthält neben Kohlenhydraten (Milchzucker) auch einen nicht zu unterschätzenden Proteinanteil (in Form von Molke & Kasein) sowie wertvolle Mineralstoffe (darunter Kalzium, Phosphat, Magnesium, Natrium, Kalium, Citrat und Chlor. [27] Die Inhaltsstoffe der Muttermilch unterschieden sich zwar von Spezies zu Spezies, doch reich an Nährstoffen sind sie – aufgrund ihrer Aufgabe, nämlich als Säuglingsnahrung – alle.
Es dürfte klar sein, dass sich die Fähigkeit zur Verdauung sämtlicher Bestandteile der Milch zu einem Überlebensvorteil entwickelte, was schließlich in gewissen Populationen schließlich auch zu einer genetischen Anpassung führte ((Polymorphismus; etwa die Verdauung von Milchzucker, Laktose, mit fortschreitendem Alter) (28)(29)(30).
„The ability to digest lactose, a sugar found in milk, usually disappears before adulthood in mammals, and the same is true in most human populations. However, for some people, including a large fraction of individuals of European descent, the ability to break down lactose persists because of a mutation in the lactase gene (LCT). This suggests that the allele became common in Europe because of increased nutrition from cow’s milk, which became available after the domestication of cattle. This hypothesis was eventually confirmed by Todd Bersaglieri and his colleagues, who demonstrated that the lactase persistence allele is common in Europeans (nearly 80% of people of European descent carry this allele), and it has evidence of a selective sweep spanning roughly 1 million base pairs (1 megabase).” – (25)
Aus evolutionärer Perspektive aus betrachtet, macht der Konsum von Milch und Milchprodukten nur wenig Sinn, weshalb man in diesem Fall auch nicht davon reden kann, dass Milchprodukte zwangsweise für eine gesunde Ernährung verpflichted sind. Zu dieser Schlussfolgerung kommt man jedoch automatisch, wenn man bedenkt, dass sich Milch und Milchprodukte – wie Getreide – noch nicht so lange auf der menschlichen Speisekarte stehen, wie etwa Fleisch, Beeren, Wurzeln und Nüsse. (Von den wenigen Monaten als Säugling einmal abgesehen) (24).
Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen sind Säuglinge für eine gesunde Entwicklung angewiesen. Sie enthält nicht nur wichtige Wachstumsfaktoren, sondern sorgt auch für die erste Darmbesiedlung mit (guten) Bakterien und übernimmt eine zeitlang die Rolle des Immunsystems. (Bildquelle: Wikipeda.org)
Der fortgeführte Konsum von Milch über das Säuglingsalter hinaus ist allerdings in höchstem Maße unüblich und eine Eigenart, mit der der Mensch in der Welt der Tiere alleine dasteht. (Vom Konsum der Milch fremder Spezies einmal abgesehen) Man könnte eine derartige Praktik also per definitionem als unnatürlich charakterisieren. Der archaische Mensch verfügte dennoch über ein stabiles Knochenskelett und eine hohe Knochendichte, die sogar uns moderne Vertreter alt aussehen lässt. (Was impliziert, dass sie a.) ihren Bedarf an Nährstoffen, die sich positiv auf das Knochenwachstum auswirken (z.B. Kalzium), über andere Nahrungsmitteln abgedeckt haben und b.) dank desvergleichsweise härteren Lebensstils ihrem Körper einen größeren Anreiz zur Erhöhung der Knochensubstanz boten)
Damit möchte ich zu Beginn lediglich klar stellen, dass der Konsum von Milch und Milchprodukten keinesfalls notwendig ist, um gesund zu leben (und über stabile Knochen zu verfügen) – unsere Ahnen schafften es auch ganz gut ohne, allerdings heißt das ja nicht, dass aus dem Milchkonsum keine weiteren Vorteile entstehen.
Diesem Thema widmen wir und jetzt.
Osteoporose: Eine Kurzeinführung
Der Begriff Osteoporose setzt sich zusammen aus den griechischen Worte ostoun (Knochen) und poros (Pore, porös) und spiegelt genau das wieder, was Phase ist: Ein pathologischer Zustand poröser Knochen, der zur Instabilität des Knochenskeletts beiträgt und die Anfälligkeit für Knochenbrüche erhöht. Eine andere gängige Bezeichnung lautet auch Knochenschwund. (damit bezeichnet man also Abbau von Knochensubstanz und damit eine sinkende Knochendichte)
Osteoporose – Wer ist davon hauptsächlich betroffen?
In der Vergangenheit war Osteoporose immer eine Alterserkrankung, die mannigfaltige Ursachen haben konnte – Ernährung ist ein Faktor von vielen. Da die Menschen heutzutage immer älter werden, ist es natürlich logisch anzunehmen, dass auch die Prevalenz für Osteoporose steigt. Das Schwinden der Knochenmasse betrifft aber nicht nur Senioren im hohen Alter. Zur gefährdeten Risikogruppe gehören insbesondere Frauen nach der Menopause. (Was mit dem Absinken des Östrogenspiegels in der Menopause zusammenhängt, denn Östrogen wirkt in dieser Hinsicht schützend auf die Knochensubstanz (41)).
Osteoporose: Frauen sind weitaus anfälliger, als Männer. Es ist daher nicht nur wichtig bereits in jungen Jahren die Knochenmasse zu maximieren (“peak bone mass”), sondern sich vorsorglich checken zu lassen. Das menchliche Skelett erreicht seinen Zenit erst ab dem 35. Lebensjahr – genug Zeit, um ordentlich aufzubauen! (Bildquelle: Wikipedia.org)
Betroffen sind 45 % aller Frauen über 50 Jahre. Das Risiko für einen Knochenbruch in Hüfte, Wirbelsäure oder Unterarm liegt einer Untersuchung zur Folge bei schätzungsweise 40 % bei Frauen und nur 13 % bei Männern (gerechnet auf die komplette Lebensdauer) im Altersbereich von +50 Jahren (42). Der Substanzverlust beträgt bei gesunden premenopausalen Frauen zirka 0,25-1 % per Anno (etwa nach dem 35. Lebensjahr) und erhöht sich nach der Menopause um das 1,5-3-fache (45). (Aus diesem Grund ist es für die Damen nach der Postmenopause sehr empfehlenswert eine Messung der Knochendichte vorzunehmen, um herauszufinden, wie stark man betroffen ist! Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste)
Wir Männer sind zwar weitaus weniger anfällig als Frauen, allerdings ist das Risiko für einen Mann infolge von Osteoporose zu sterben, sobald er sie erst einmal hat, höher als beim weiblichen Geschlecht (43). (Das männliche Sexualhormon Testosteron ist im Mann für den Schutz der Knochenmasse zuständig (wenn auch in geringerem Ausmaß wie das Östrogen bei der Frau) (60)(61); etwa ab dem 65. Lebensjahr gleicht sich die Abbaurate der Knochensubstanz zwischen den Geschlechtern aus (44).
Osteoporose – Was sind die Ursachen?
Osteoporose ist das Ergebnis einer Dysbalance von Knochenabbau (Resorption) und Knochenaufbau (Formation) – wenn die Abbaurate der Knochen die Aufbaurate übersteigt, dann sinkt unterm Schnitt die Knochensubstanz sukzessive im Zeitverlauf ab. Die Entstehungsursache wird zum einen dadurch begünstigt, dass
- während der Kindheit, in der Jugend und im jungen Erwachsenenalter eine zu geringe Knochenmasse („peak bone mass“) aufgebaut wurde (d.h. dass das Skelett während der Wachstumsphase infolge von zu wenig Baumaterial nur unzureichend an Masse und Kraft zunimmt).
- eine beschleunigte Abbaurate vorliegt (etwa durch eine zu hohe Ausschüttung des Parathormons (PTH) und eine hohe Aktivität der Osteoklasten, welche im Knochenstoffwechsel Substanz freisetzen)
- eine zu geringe Neuformation von Knochensubstanz (z.B. durch eine zu geringe Osteoblasten-Aktivität, welche für den Aufbau von Substanz verantwortlich sind)
In den meisten Fällen spielt eine Kombination alle drei Faktoren den ausschlaggebenden Grund für spröde Knochen. Der Knochenabbau wird aber u.a. durch folgende Faktoren verstärkt:
- ein zu hoher Alkoholkonsum (46)(47) (geringe Mengen von Alkohol wirken sich dagegen positiv aus) (75).
- Rauchen (46)(48) (durch Hemmung der Osteoblasten-Aktivität, welche für den Knochenaufbau zuständig sind, Hemmung von Östrogen und beschleunigte Herbeiführung der Menopause bei Frauen (49))
- Mangelernährung (50)(54) (zu geringe Kalziumaufnahme und/oder Phosphoraufnahme, sowie Mangel an Mineralstoffen wie Magnesium, Zink, Boron, Eisen, Fluor, Kupfer sowie die Vitamine A, E, C, K und vor allem D oder eine zu hohe Salzzufuhr)
- Physische Inaktivität / fehlende Knochenbelastung (49)(51) (z.B. wenn man das Leben als Couchpotatoe und Bürohengst ohne sportliche Aktivität führt)
- Zu viel Ausdauersport (52)(53) (vor allem in weiblichen Athletinnen mit hohem Trainingspensum und niedrigem Gewicht, aber auch in Männern (55))
- Schwermetallbelastung (56) (z.B. über Cadium und Blei)
- Zu hoher Konsum von Softdrinks (57) (bedingt durch den hohen Phosphorgehalt und/oder weil derartige Produkte kalziumhaltige Lebensmittel vom Speiseplan verdrängen)
- Eine zu geringe Vitamin D–Zufuhr (58)(59) (1,25-dihydroxycholecalciferol; fehlt Vitamin D, erhöht sich die Aktivität von PTH, welches für den Abbau von Knochensubstanz verantwortlich ist)
Welche Rolle spielt Kalzium in der Knochengesundheit?
Unsere Knochen bestehen zu großen Teilen aus den Mineralstoffen Kalzium und Phosphor (sowie geringen Anteilen anderer Mineralien). Aus dieser Perspektive gesehen, stellt unser Knochenskelett das größte Mineralstoffreservoir für Kalzium dar (99 % des Körperkalziums finden sich in Knochen und Zähnen; nur eine geringe Menge zirkuliert im Blut). Es besitzt nicht nur strukturelle Funktion (Baumaterial für Knochen als Kalziumphosphat), sondern fungiert auch innerhalb der Zellen als Second-Messenger, (Signalübermittler) wodurch es die Ausschüttung spezifischer Hormone und Neurotransmitter auslöst. Intrazellulares Kalzium gilt als Mediator der Muskelkontraktion und wirkt darüber hinaus als Co-Enzym für Blutgerinnungsfaktoren.
Der Kalzium- und Knochenstoffwechsel ist eng reguliert und beträgt i.d.R. 10mg/dL. Osteoclasten und Parathormon (PTH) sind für die Resorption von Knochenkalzium zuständig, während die Osteoblasten und Calcitrol für die Neuformation von Knochen verantwortlich sind. Die Niere spielt als Filterorgan eine zentrale Rolle. (Bildquelle: Wikipedia.org)
Der Blutkalziumspiegel unterliegt einer engen Kontrolle – zu viel Kalzium im Blut wäre nämlich genauso schädlich für uns, wie zu wenig. Kalzium dient global als Säurepuffer. Nehmen wir zu wenig davon über unsere Nahrung auf, so holt sich der Körper das benötigte Kalzium aus den Knochen, um das unmittelbare Überleben zu sichern. Ein geringer Teil (etwa 250 mmol) wird über den Urin durch die Niere ausgeschieden. (Die Nieren sind auch für die Nutzung von Vitamin D zuständig und produzieren daraus das Hormon Calcitrol, welches für den Knochenaufbau eine wichtige Rolle spielt)
Stockt die Kalziumversorgung wird langsam aber stetig der Kalziumvorrat der Knochen geplündert. Damit sinkt auch die Stabilität des Knochenskeletts ab, die Knochen werden anfällig für Brüche.
Proteinkonsum & Knochengesundheit
Die klassische Theorie zum Säure-Basen-Haushalt gehen davon aus das proteinhaltige Lebensmittel (tierischen Ursprungs) im Körper zu einem sauren Millieu führen und damit Osteoporose Vorschub leisten, indem Knochenkalzium abgebaut wird. Einige Diätkonzepte, etwa die Basische Ernährung, bauen genau auf dieser Prämisse auf: Sie ermuntern den Konsum basenbildender Lebensmittel und empfehlen eine Vermeidung von Säurebildnern (etwa Fleisch und Fleischprodukte). Aber entspricht die Annahme, dass Protein ein Knochenräuber ist, der Wahrheit?
Ich habe in unserer 3-teiligen Artikelserie die gängigen Theorien zum Säure-Basen-Haushalt vorgestellt. Wie man daraus ersehen kann, gibt es unterschiedliche Denkschulen, die sich z.T. diametral widersprechen. (siehe „Leistungsoptimierung Teil 3 – Giftleber, Entzündungen & saures Blut“) Es stimmt zwar, dass bestimmte Lebensmittel den ph-Wert in unserem Urin beeinflussen können (62)(63), allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass der Urin ein verlässlicher Messindikator ist, um den Säure-Basen-Haushalt des gesamten Körpers abzubilden.
Schurch et al. (1998) untersuchten die Auswirkungen einer Proteinsupplemention bei 82 Patienten mit Hüftbruch. Neben Kalzium und Vitamin D (beide Gruppen), erhielt die Testgruppe zusätzlich 20g/Tag eines Proteinsuppelements für 6 Monate. (schwarze Kästchen). Die Kontrollgruppe dagegen nicht (weiße Kreise). Die Knochen der Proteingruppe heilten schneller und verkürzten somit den Aufenthaltszeitraum im Krankenhaus. (Quelle: Schurch et al. (1998))
Der ph-Wert im Blut entzieht sich unserer Kontrolle und kann auch nicht in signifikantem Ausmaß durch die Ernährung beeinflusst werden (64)(63). (Das Blut besitzt einen ph-Wert von 7.4 und wenn dieser Wert auch nur minimal – z.B. um 0,03 Einheiten – abweicht, wird es sehr ungemütlich) Der Regulator des ph-Wertes sind die Nieren und nicht die Knochen. Wenn wir nun säurebildende Lebensmittel konsumieren, wird dieses durch Bicarbonat-Ionen effektiv abgepuffert, um einen stabilen Blut-ph-Wert zu gewährleisten (64). Das Endprodukt dieser Reaktion sind Kohlenstoffdioxid und Salze. Ersteres wird über die Lunge abgeatmet, während letzteres über die Niere ausgeschieden wird. (Gleichzeitig werden neue Bicarbonat-Ionen von ihr hergestellt). Eine Azidose, wie sie etwa bei Diabetikern vorkommen kann (entgleister Stoffwechsel) ist bei gesunden Menschen ausgeschlossen.
Einige Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass die Substanz, die zum abpuffern der Säure verwendet wird, aus dem Abbau von Kalzium in den Knochen resultiert (65), allerdings zeigen weitere Untersuchungen, dass säurebildende Ernährungsweisen keinen negativen Einfluss auf den Kalziumstoffwechsel haben (66). Meta-Studien zeigen ferner, dass der Säuregehalt der Nahrung die Hypothese, wonach diese zu Knochenabbau und Osteoporose führt, nicht stützen. (66)(67)(63).
Betrachtet man nun den Einfluss von Protein auf die Knochengesundheit, stellt sich heraus, dass diese sogar einen positiven Effekt auf die Knochengesundheit entfalten. Protein, mitunter die stärksten Säurebildner, stärken die Knochen (2)(3)(4)(68) Boom!
Proteinhaltige Milchprodukte sind in aller Regel reich an Kalzium und Phosphor. Sie enthalten darüber hinaus (in der fettreichen Variante) eine nicht zu unterschätzende Menge an Vitamin K2.. Dies alles sind Faktoren, die den Aufbau von Knochensubstanz begünstigen, anstatt ihn zu behindern (5)(6)(7).
Schaden Milch & Milchprodukte der Knochenstabilität?
Beobachtungsstudien, die die Auswirkung von Milchprodukten auf die Knochengesundheit analysiert haben, vermerken einen kleinen, wenn auf erwähnenswerten, negativen Einfluss (8)(9).
Diese Studien werden gerne von Veganern und kompromisslosen Paleolethikern hervorgeholt, um die Schädlichkeit von Milchprodukten zu untermauern. Das Problem mit derartigen Untersuchungen ist aber, dass sich daraus keine Kausalität ableiten lässt. Derartige Studien können erste hilfreiche Hinweise liefern, die weitere Forschungen in die richtige Richtung weisen. (Der „Goldstandard“ in diesem Bereich sind klinische Experimenten, in denen man mindestens 2 Gruppen bildet, die sich unterschiedlich ernähren und dann die Auswirkungen misst; Beobachtungsstudien basieren dagegen auf retrospektiven Befragungen, die häufig verzerrt sind) Außerdem ignorieren Personen die Tatsache, dass es auch genug gleichwertiger Untersuchungen gibt, die einen positiven Einfluss zeigen (10)(11)(12). Wenn man nur die Studien zitiert, die den negativen Einfluss zeigen, dann blendet man die ganze Wahrheit aus und betreibt lediglich „cherry-picking.“
Doch wenn wir schön vernünftige Experimente zur Verfügung haben, dann sollten wir doch wohl auch die Studien analysieren, die in ihrem Setup den Goldstandard gewählt haben, oder?
…und genau das werden wir jetzt machen!
State of the Art Forschung: Was Milch & Milchprodukte für unsere Knochen tun können
Wie ich bereits weiter oben dargelegt habe, gibt es nur einen richtigen Weg, auf dem man eine Kausalität einer Variable ableiten kann. Sie umfasst die Aufteilung eines gewählten Samples (welches Personen mit identischen Parametern zusammenbringt aka den statistischer Zwilling sucht) in mehrere Gruppen. Während man bei einer Gruppe nun eine Stellschraube verändert (z.B. Menge der verzehrten Milchprodukte) und die gleiche Variable bei der anderen Gruppe, welche hier als Kontrollgruppe fungiert, unangetastet lässt, kann man einen einzelnen Effekt isolieren und so die Ursache bestimmen.
Natürlich gibt es sie –experimentelle Studien am Menschen, die den Zusammenhang von Milchprodukten in der Ernährung, der Kalziumzufuhr und der Knochengesundheit untersucht haben. Ihr Ergebnis lautet: Det Zeug wirkt – und das durch alle Altersklassen!
- Bei Kindern erhöht der Konsum von Milchprodukten, welche reich an Kalzium sind, die Knochenentwicklung (13)(14)(15).
- Bei Erwachsenen vermindert der Konsum von Milchprodukten, welche reich an Kalzium sind, den Abbau von Knochenmasse und sorgt für eine höhere Knochendichte (16)(17)(18).
- Bei Senioren verbessert der Konsum von Milchprodukten, welche reich an Kalzium sind, die Knochendichte und senkt das Risiko für Knochenbrüche (19)(20)(21).
Innerhalb dieser kontrollierten Zufallsexperimente hat sie der Konsum von Milchprodukten durch die Bank weg als vorteilhaft erwiesen und damit die Rolle derartiger Produkte (und ihrem Einfluss auf die Knochengesundheit) eindeutig herausgearbeitet.
Kalziumsupplemente: Sind sie schädlich für unsere Gesundheit?
Vorsicht: Die obigen Ergebnisse bedeuten nicht automatisch, dass Kalziumsupplemente (etwa diese lustigen Tabletten, die man in Wasser auflösen kann) die gleichen Effekte herbeiführen, wie richtige Nahrung (etwa in Form von Milchprodukten).
Kalziumpräparate versprechen starke Knochen, scheinen aber in der Realität der Gesundheit eher zu schaden, als zu helfen. Von einer Ergänzung wird abgeraten. (Bildquelle: Wikipedia.org)
Untersuchungen zeigen, dass dies nämlich nicht der Fall ist. So heißt es in einer Studie von Bischoff-Ferrari et al. (2007) das die Einnahme von Kalziumpräparaten keinen Schutz bietet, wenn es um die Risikosenkung für Knochenbrüche geht (69).
Wer dagegen glaubt, dass er sich mit der synthetischen Ergänzung einen Gefallen tut, sollte sich das Ganze noch einmal überlegen, denn die Supplementation mit Kalzium scheint das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zu erhöhen. (während das Kalzium aus echten Lebensmitteln das Risiko senkt) (22)(23)(73). Eine Meta-Studie zeigt, dass bereits die tägliche Einnahme von 1.000 mg in der Lage ist, das Risiko für Todesursache durch Herzkrankheit um 20 % anzuheben (70).
Doch woran liegt das? Die Theorie geht davon aus, dass derartige Nahrungsergänzungsmittel einen Prozess antreiben, den man Kalzifikation nennt. Der Körper wird innerhalb kürzester Zeit mit einer hohen Menge an Kalzium geflutet, was das Risiko für die Ablagerung von Kalzium in den Arterien erhöht (die sich z.B. an Plaques heften) oder durch Auskristallisierung zu Nierensteinen werden (71)(72)(73). Kalzium, welches über die Nahrung aufgenommen wird, kommt in weitaus geringerer Konzentration vor und wird langsamer ins Blut aufgenommen, als Präparate.
Welche Konsequenz muss man daraus ziehen? Wenige Kalzium aus der Tablette, dafür mehr aus Milchprodukten und anderen kalziumreichen Lebensmitteln (grünes Gemüse, Fisch) und/oder kleinere Mengen zu den Mahlzeiten, anstatt pur auf nüchternen Magen.
Abschließende Worte
Milch und Milchprodukte stellen aus evolutionistischen Sicht kein Muss da, aber der Konsum scheint auch nicht zu schaden – im Gegenteil: Klinische Experimente am Menschen zeigen, dass Milchprodukte einen wertvollen Beitrag zur langfristigen Gesundheit des Knochenskeletts beitragen können, indem sie die Knochendichte erhöhen, die Knochen stabilisieren und den Knochenabbau vermindern. Sie wirken damit nicht nur präventiv gegen Osteoporose sondern mindern obendrein auch den Knochenschwund.
Es hat sich gezeigt (und das auch zu meiner Überraschung), dass Kalziumsupplemente der Gesundheit weitaus weniger zuträglich sind, als erhofft. Ich selbst habe lange Zeit mit Kalziumtabletten ergänzt, weil ich gehofft habe, dass sich dies unter dem Strich positiv auf die Knochendichte auswirkt. Pustekuchen.
Vielleicht geht es euch da ja wie mir, insofern kann ein gemeinsamer (kurzer) Blick auf natürliche, kalzium-reiche Lebensmittel nicht schaden:
Warengruppe | Produkt | Kalzium (je 100g / je 100ml |
Milch | Vollmilch, fettarme Milch | 120 mg |
Buttermilch | 110 mg | |
Joghurt / Quark | Vollmilch Joghurt | 150 mg |
fettarmer Joghurt | 120 mg | |
Magerquark | 100 mg | |
Käse | Emmentaler, 45% Fett i. Tr. | 1.100 mg |
Gouda, 45% Fett i.Tr. | 820 mg | |
Weichkäse, 20% Fett i. Tr. | 500 mg | |
Camembert | 380 mg | |
Eier | Eigelb | 140 mg |
Nüsse / Samen | Leinsamen | 260 mg |
Sesam | 783 mg | |
Haselnüsse | 225 mg | |
Mandeln | 250 mg | |
Obst / Gemüse | Soja(-bohnen) | 260 mg |
Grünkohl | 230 mg | |
Dicke Bohnen | 150 mg | |
Brokkoli / Spargel /Porree | 120 mg | |
Kohlrabi | 70 mg | |
Weißkohl / grüne Bohnen | 50 mg | |
Mohrrüben | 40 mg | |
Feigen, getrocknet | 190 mg | |
Fisch | Sardinen | 430 mg |
Fisch, sonstige | 25 – 80 mg | |
Brassen, Felchen, Karpfen | 60 mg |
Tabelle 2: Kalziumgehalt verschiedener Lebensmittel und Lebensmittelgruppen. (Quelle: Adaptiert nach FID-Gesundheitswesen.de)
Was lernen wir also aus der Geschichte? Natürliche Nahrung ist immer noch Trumpf.
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