Krafttraining & Ingwer gegen oxidativen Stress? | Studien Review

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Krafttraining & Ingwer gegen oxidativen Stress? | Studien Review

Von Mario Reiter | Benötigte Lesezeit: 4 Minuten |


Das tropisch bis subtropisch wachsende Wurzelgewächs Ingwer ist schon seit Jahrtausenden in allen erdenklichen Formen als Heil- und Kräftigungsmittel bekannt – besonders aus dem asiatischen Raum. Während wir hierzulande die Wurzel oft als getrocknetes Gewürz verwenden, lassen sich aus dem frisch geschnittenen (geschälten) Ingwer auch Tee oder andere Gesundheitsbrühen erfolgreich herstellen – dabei ist besonders der durch Gingerol hervorgerufene, scharfe Geschmack auffallend.

Das in Indien mit etwa 250.000 Tonnen pro Jahr produzierte Gewürz entfaltet neben seinen subjektiv wärmenden Eigenschaften – durch die Inhaltsstoffe, darunter Borneol, Cineol, Shoagol und Zingeron soll es zum einen verdauungsfördernd und magenstärkend wirken, zum anderen aber auch den Kreislauf sowie Appetit anregen (1).

Nun steht das Wundergewächs erneut auf dem Prüfstand und soll bei Übergewichtigen den oxidativen Stress reduzieren. Als Kontrahent in dieser Studie tritt es gegen das progressive Krafttraining auf.

Krafttraining & Ingwer gegen oxidativen Stress? | Studien Review

Zahlreiche Studien haben bereits gezeigt, dass Übergewicht mit erhöhtem oxidativen Stress und einem niedrigen Antioxidantien-Wert einhergeht (2). Dabei gilt oxidativer Stress als besonders schädlich für die Funktion von Makromolekülen wie Nukleinsäure, Proteine usw. und hemmt dadurch deren normale physiologische Funktion.

Normaler Weise lässt sich dieser Stress bzw. eine Erhöhung der Antioxidantien mit aerobem Training genauso behandeln wie mit Krafttraining – zumindest bis zu einem gewissen Ausmaß. Die Verwendung von pflanzlichen Arzneimitteln zur Senkung des oxidativen Stresses ist jedoch relativ neu und konnte gerade in Bezug auf Ingwer bisher nur mit einer leicht entzündungshemmenden Wirkung in Verbindung gebracht und nachgewiesen werden.

Sirvan Atashak et al. vermuten in ihrer 2014 im Journal of Exercise Science & Fitness veröffentlichten Studie nun, dass die Kombination aus Ingwer und Krafttraining einen doppelt positiven, synergistischen Effekt auf die Gesundheit von übergewichtigen Männern hat und damit deren Risiko für Arteriosklerose, Diabetes mellitus oder arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) (alles schwere Folgen von langfristig erhöhtem, oxidativem Stress bzw. niedrigen Antioxidantien-Werten) senken kann.

Dabei hat man 32 freiwillige, übergewichtige, männliche Versuchspersonen (BMI >= 30 und zwischen 18 – 30 Jahren alt) in dieser randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten Studie in vier Gruppen aufgeteilt:

  1. Reine Ingwer-Supplementierung ohne Training (250 mg 4x/Tag über 10 Wochen).
  2. Krafttraining plus Ingwer-Supplementierung. (3x/Woche über 10 Wochen: 7 Übungen: Brustpresse, Beinpresse, Latzug, Tripzesdrücken, Beinstrecker, Rudern [sitzend] und Bizeps-Curls mit abschließenden Sit-Ups. Dabei waren zunächst jeweils 2 – 3 Sätze je 15 – 20 Wiederholungen bei 40 – 50 % des 1RM gefordert. Nach 3 Wochen wurde auf 50 – 70 % des 1RM erhöht und in den letzten 4 Wochen 75 – 85 % des 1RM, bei gleichzeitiger Reduktion der Wiederholungszahl auf 8 – 12).
  3. Reines Placebo ohne Training (1g Maltodextrin).
  4. Krafttraining plus Placebo.

Andere Faktoren wie Rauchen, bestehende Vorerkrankungen, Einnahme von anderen Supplementen oder Medikamenten wurde im Vorfeld ausgeschlossen.

Das Studienergebnis – Training ODER Ingwer senkt oxidativen Stress; die Kombi aus beidem hebelt sich aus!

Das erstaunliche Ergebnis war nun, dass die reine Einnahme von Ingwer in etwa die gleiche Reduktion an oxidativem Stress (Erhöhung der anti-oxidativen Kapazität) zur Folge hatte, wie ein reines Krafttraining in früheren Studien. Die Kombination aus Krafttraining und Ingwer-Supplementierung hatte jedoch keinerlei Effekt.

Krafttraining & Ingwer gegen oxidativen Stress? | Studien Review

Oxidativer Stress Index (A) und antioxidative Gesamtkapazität VOR und NACH der Intervention. Sternchen (*) zeigen signifikante Veränderungen auf – zu sehen ist, dass sowohl die Kombi aus Training & Placebo (RTPL), als auch Training + Ingwer (RTGI) als auch Ingwer alleine (GI)  eine dämpfende Wirkung auf MDA (Marker für Oxidativen Stress) ausgeübt und die antioxidative Kapazität angehoben haben. Das Placebo (PL) zeigte keine positiven Effekte. (Bildquelle: Atashk et al. (2014))

Die Forscher vermuten nun, dass sich die eigentlichen (jeweils für sich positiv auswirkenden) Effekte tatsächlich gegenseitig aufheben. Warum das so ist konnten sie bisher leider noch nicht herausfinden. Es wird jedoch vermutet, dass „eine Art negativer Feedback-Mechanismus existiert, bei dem die endogene Antioxidantien-Produktion (durch Training) gehindert wird, wenn exogene Antioxidantien (durch Nahrung) zugeführt werden“ (2).

Die Forscher empfehlen daher keine Antioxidantien (in Form von Ingwer) unmittelbar zum normalen Krafttraining als Ergänzung einzunehmen bis weitere Untersuchungen vorliegen.

Abschließende Worte

Während die Nahrungsmittelergänzungsindustrie sich also bereits sicher ist, dass die Supplementierung mit Antioxidantien einen positiven, gesundheitsfördernden Effekt hat, ist die Forschung da noch lange nicht so weit, wenn es darum geht die exakten Zusammenhänge erklären zu können. Wieder einmal obliegt es also unserer Mündigkeit als Trainierende den Schein vom Sein auseinanderzuhalten und nicht auf die Werbeversprechen hereinzufallen, mit denen so mancher Hersteller um die Gunst seiner Kunden wirbt.

Antioxidantien nun aber gänzlich zu meiden (und aus der eigenen schon wohlgewählten Diät zu verbannen) scheint auch eine unnötige Überreaktion zu sein. Wer weiterhin vernünftig isst (wie auch immer diese Ernährungsform heißen mag) und mindestens genauso, wenn nicht noch vernünftiger, trainiert (wie auch immer dieses Training aussehen mag), dem wird es garantiert gut und vielleicht sogar in Zukunft auch besser gehen – auch ohne künstliche Antioxidantien.

Deinen Ingwer kannst du selbstverständlich weiterhin genießen, allerdings solltest du auf eine Zufuhr um das Training herum evtl. verzichten.

Du fandest diesen Studien Review zum Thema Ingwer und oxidativer Stress informativ & lesenswert – und würdest gerne mehr evidenzbasierte Informationen (Praxis & Theorie) lesen? Dann werde Leser unseres monatlich erscheinenden Magazins, der Metal Health Rx!

Über den Autor – Mario Reiter

Mario ist selbst 2-facher Europameister in Pencak Silat und seit etwa 4 Jahren Trainer in der Silat Akademie in Wien, wo er neben Kampfkunst auch Privat-Trainings und funktionelle Gruppentrainings unterrichtet und trainiert. Nebenbei verwirklicht er darin seine eigenen Trainingsmethoden im Bereich des Kraft- und Athletiktrainings (Intelligent Strength trifft Core-FX) und interessiert sich neben Ernährung auch sehr für allerlei Anamnese-techniken, Mobility-Drills und Kettlebell-Training.

Zuvor war er Editorial Manager einer medizinischen Fachzeitschrift (Wiener Klinische Wochenschrift) und schreibt auch seit kurzem Fachbeiträge für Raw-Workout.de. Nebenbei ist er in mehrere noch kleine Online-Projekte involviert die gerade am Entstehen sind.  Demnächst beginnt er außerdem das Studium der Physiotherapie am FH Campus in Wien. (http://www.silat.at/)

Quellen & Referenzen

(1) Rätsch, C. (1988): Lexikon der Zauberpflanzen aus ethnologischer Sicht. Akademische Druck- und Verlags-Anstalt: Graz: S.79. URL: http://www.amazon.de/Lexikon-Zauberpflanzen-aus-ethnologischer-Sicht/dp/3928127071/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1460559141&sr=8-1&keywords=Lexikon+der+Zauberpflanzen+aus+ethnologischer+Sicht.

(2) Atashk, S., et al. (2014): Effects of ginger (Zingiber officinale Roscoe) supplementation and resistance training on some blood oxidative stress markers in obese men. In: Journal of Excercise Science & Fitness 12 (2014) 26-30. URL: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1728869X14000045.



Bildquelle Titelbild: Pixabay / PDPics ; CC Lizenz


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