Kreuzheben im Reißgriff (Snatch Grip Deadlift) | Technik & Ausführung

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Kreuzheben im Reißgriff (Snatch Grip Deadlift) | Technik & Ausführung

Von Vincent Braukämper | Benötigte Lesezeit: 4 Minuten |


Wenn du diesen Artikel angeklickt hast, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du dich schon einmal mit Kreuzheben beschäftigt hast und die Übung auch regelmäßig ausführst. Wenn du mit olympischem Gewichtheben nicht viel am Hut hast, fragst du dich vielleicht an dieser Stelle, was der Reißgriff sein soll. Nein, den braucht man nicht, um einen Sack Reis zu tragen. Der Reißgriff ist der breite Griff, den Gewichtheber beim olympischen Reißen (englisch: Snatch) verwenden.

Kreuzheben im Reißgriff (Snatch Grip Deadlift) | Technik & Ausführung

Während olympisches Reißen eine sportliche Disziplin ist, die über lange Zeiträume in professionellem Training (mit einem entsprechenden Trainer!) erlernt werden muss, kann das schlichte Heben der Langhantel im Reißgriff bei vielen Kraftsportlern, die das Anfängerstadium hinter sich gelassen haben, ohne Weiteres als neuer Impuls in die Trainingsroutine aufgenommen werden.

Vorteile und Nutzen vom Reißgriff

Aber was bringt das Ganze denn überhaupt? Habe ich auch was davon, wenn ich kein Gewichtheber bin? Die Antwort auf diese Frage lautet ganz klar: Kommt drauf an.

Der Snatchgrip Deadlift erzeugt extrem viel Spannung in der gesamten Rückenmuskulatur. Nicht nur der Strecker, sondern auch der Latissimus und die mittig liegende Rückenmuskulatur werden enorm gefordert und stimuliert, außerdem der Trapezius sowie neben Quadrizeps noch Gluteus und Beinbeuger. Was glaubst du, warum fortgeschrittene Gewichtheber neben extrem stark ausgeprägter Beinmuskulatur auch noch so austrainierte Rücken- und Nackenmuskulatur haben, dass mancher Bodybuilder vor Neid erblasst? Vielleicht hast du jetzt ja eine Idee.

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Besonders, wenn du dazu neigst, im oberen Rücken einzurunden – z. B. beim schweren klassischen Kreuzheben – ist das Heben im breiten Griff DIE Übung, im dieses Problem in den Griff zu bekommen und die Brustwirbelsäule zu stabilisieren. Breites Heben hat weiterhin das Potenzial, gute Überträge auf das klassische Heben zu haben, vor allem beim Anheben. Du hast ein Plateau beim Kreuzheben? Dann lern den Snatch Grip Deadlift und lass es hinter dir!

Zudem trainierst du mit einer einzigen Übung extrem viele große Muskelgruppen gleichzeitig – und das je nach Bedarf auch in hohen Intensitäten. Wenn du also eine Trainingseinheit hast, für die du nicht viel Zeit hast, schaffst du es mit dem Kreuzheben im Reißgriff dennoch, einen Großteil deines Körpers zu trainieren.

Voraussetzungen

Für wen ist diese Übung überhaupt geeignet und vor allem: Für wen nicht?

Wenn man sich die Bewegung anschaut,  fällt auf, dass in der Position, wo die Hantel auf Kniehöhe ist, der Oberkörper, abhängig von den individuellen Proportionen, extrem weit nach vorne gebeugt ist, während die Beine bereits relativ weit gestreckt sind. Entsprechend entstehen hohe Scherkräfte in der Lendenwirbelsäule. Wer also Probleme in der Lendenwirbelsäule hat, zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall, sollte das breite Kreuzheben erst einmal vorsichtig angehen.

Der Start vom Boden bei dieser Übung erfordert sehr viel Beweglichkeit in der Hüfte. Kannst du an der auf dem Boden liegenden Hantel deine Spannung nicht optimal aufbauen, solltest du die Hantel unbedingt auf einer Erhöhung platzieren. Dadurch reduzierst du natürlich die Bewegungsamplitude und vor allem die Quadrizepsaktivität, die beim Anheben am signifikantesten ist, aber du minimierst auch das Verletzungsrisiko.

Reicht deine Hüftbeweglichkeit nicht aus, um zumindest von Kniehöhe aus in die Startposition zu kommen (gerader Rücken, Hantel nah am Körperschwerpunkt – Details zum Setup und zu Ausführung folgen), dann ist die Übung einfach nichts für dich. Wenn du allerdings klassisches Kreuzheben mit guter Technik ausführst, sollte Reißgriff Kreuzheben von Kniehöhe eigentlich kein Problem für dich darstellen.

Ausführung

Es ist immer sehr schwierig, eine Übung schriftlich treffend  und anschaulich zu beschreiben. Da Trainingsziele sehr unterschiedlich sind, ist eine zu genau Vorgabe der Technik bei der Übung auch nicht unbedingt sinnvoll, vor allem beim Zug oberhalb der Knie. Einige Grundsätze sollten aber beachtet werden.

Grifftechnik

Mit dem klassischen, parallelen Obergriff lassen sich hohe Lasten im Reißgriff kaum halten. Vom Kreuzgriff sollte unbedingt abgesehen werden!  Bleiben zwei Möglichkeiten: Zughilfen verwenden oder der Klemmgriff (Hookgrip), der im Gewichtheben verwendet wird. Wenn du kein Gewichtheber bist oder werden willst, solltest du dir gut überlegen, ob du letzteren erlernen willst. Gerade anfangs ist diese Technik sehr schmerzhaft. Allerdings gewöhnt man sich auch innerhalb weniger Wochen daran.

Ich selbst bevorzuge für breites Heben bzw. in meinem Fall breite Züge die Zughilfen, da der Hookgrip keine wahrnehmbaren Überträge auf die Griffkraft hat und es den Händen manchmal auch ganz gut tut, geschont zu werden.

Griffbreite

Greif die Hantel ungefähr so breit, dass sie auf Höhe deines Schambeins ist, wenn du im Lockout stehst, also Beine und Hintern durchgedrückt hast. Wenn diese Griffbreite zu weit für dich ist, z. B. weil sie extrem unangenehm ist oder du nicht in deine Startposition kommst, kannst du auch erstmal ein wenig enger greifen. Wichtig: Die Arme sind gestreckt bzw. hängen einfach.

Stand, Hantelposition und Start

Der Stand ist breiter als beim klassischen Heben, um Platz für die Hüfte zu schaffen. Die Füße sind leicht nach außen gerichtet, 15-30° sind ein Richtwert. Die Hantel liegt über dem Mittelfuß, relativ nah an den Schienbeinen. Die Schulter ist vor der Hantel – sogar noch ein Stück weiter als beim klassischen Heben. Die Hüfte ist in der Startposition oberhalb des Knies – wie weit, hängt von deinen Proportionen ab.

 

Ausführung

Wie bei jeder neuen Bewegung wird hier erst einmal mit wenig Gewicht, also in den ersten Sätzen mit der leeren Hantelstange gearbeitet und die Bewegung gelernt. Lass das Ego zu Hause!

Der Spannungsaufbau kann statisch oder dynamisch erfolgen. Keine Panik, wenn dir das nichts sagt. Der statische Spannungsaufbau ist nichts weiter, als sich in die Position zu begeben, in der die Bewegung begonnen wird, um dort die Startposition einzunehmen und die Körperspannung aufzubauen. Im dynamischen Spannungsaufbau hingegen zieht sich der Athlet z. B. aus der tiefen Hocke in die Startposition hinein und beginnt fließend mit dem Anheben der Hantel. Spannungsaufbau und Startposition sind in diesem Video aus der Athletenschmiede Düsseldorf noch einmal visuell verdeutlicht:

Statischer und dynamischer Spannungsaufbau im Reißgriff - der Unterschied

Wichtig ist, wie auch beim klassischen Heben, dass der Rücken gerade gehalten wird. Gewichtheber überstrecken beim Anheben die Halswirbelsäule – auch das brauchst du nicht tun, wenn du das Kreuzheben im Reißgriff nur als zusätzliche Übung zum allgemeinen Kraft- und/oder Muskelaufbau verwendest. Du arbeitest also mit einer komplett neutralen Wirbelsäule.

Das Anheben vom Boden bis hin zu dem Punkt, an dem die Stange die Knie passiert, ist ein Drücken aus den Oberschenkeln. Du arbeitest hauptsächlich aus dem Quadrizeps. Sobald die Stange oberhalb der Kniescheibe ist, bringst du die Hüfte nach vorne und streckst dich. That’s it. Ein Lockout ist eventuell nicht möglich bzw. sehr unangenehm am Hüftknochen – kein Problem, dann hebst du eben bis kurz vor dem Lockout.

Zusammenfassung

Kreuzheben im Reißgriff ist eine gute Übung, um vor allem Rücken und Nacken neue Impulse zu geben und zusätzlich Beinbeuger und Gluteus zu trainieren. Die Vorderseite der Oberschenkel wird ebenfalls mittrainiert. Ein besonders großer Vorteil ist eine Stabilisierung der Brustwirbelsäule. Diese ist auf sämtliche weiteren Bewegungsmuster übertragbar. Das breite Heben hat außerdem positive Überträge auf das klassische Kreuzheben und sämtliche Zugbewegungen.


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Über

Vincent Braukämper hilft kraftsportbegeisterten Athleten dabei, ihr volles Kraftpotenzial zu entfalten und ihre Leistung auf ein neues Level zu heben. Dafür nutzt er sein hocheffizientes Elite-AP-System, in dem er interdisziplinäres Wissen aus Trainingswissenschaft, Physiotherapie, Orthopädie und Ernährungswissenschaft kombiniert und individuell auf den Klienten anpasst.

Über seine Coaching Plattform Intelletics.com (Intelligent Athletics Systems) teilt er sein Wissen und organisiert seine Lehrveranstaltungen, in denen sich nicht nur Sportler, sondern auch Trainer, Ärzte und anderen Wissbegierige fortbilden.

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