Ladies, stellt sicher, dass ihr periodisiert | Hormonelle Schwankungen & Kraftsport

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Ladies, stellt sicher, dass ihr periodisiert | Hormonelle Schwankungen & Kraftsport

Von Bret Contreras | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Erst kürzlich merkte eine Klientin an, dass sie zwei Tage vor und nach der Periode stärker ist, als während des restlichen Monats. In der Zeit zwischen der Periode fiel ihr auf, dass sie Krafteinbußen verzeichnete (Anmerkung: Sie nimmt nicht die Pille).

Mir ist bei einer anderen Dame ebenfalls aufgefallen, dass sie in den zwei Tagen, bevor die Periode beginnt, am stärksten ist. An dem Tag, an dem die Periode beginnt, fühlt sie sich jedoch so, als ob ihr die Kraft abgezapft wird (Anmerkung: Diese Klientin nimmt die Pille).

Ich habe mich lange gefragt, was hinter diesem Phänomen steckt. Bevor wir jedoch tiefer in die Materie einsteigen, sollten sich unsere männlichen Leser, deren Ziel darin besteht weiblichen Trainierenden zu helfen (z.B. Personal-Trainer), ein wenig tiefer in die Thematik einlesen, um die Grundzüge des weiblichen Zyklus zu verstehen.

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Lass‘ uns über hormonelle Schwankungen reden

Frauen, welche die Pille nehmen, sehen sich mit anderen hormonellen Schwankungen konfrontiert, als jene, welche die Pille nicht nehmen (siehe Grafik unten (1)).

Kleine Anmerkung, die nichts mit dem Thema zu tun hat: Diese Untersuchung hat gezeigt, dass die Wahl des Sexualpartners im Verlauf des Menstruationszyklus variiert. Die Einnahme der Pille eliminiert dieses (normale) Phänomen).

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Hormonelle Fluktuationen: Normale Schwankung in Frauen (oben) Vs. Frauen, welche die Pille nehmen (unten). (Bildquelle: Alvergne & Lummaa, 2009)

Das vermutlich umfassendste und vollständigste Experiment zum Thema hormonelle Schwankungen während des Menstruationszyklus stammt von Usuki/Kondoh/Kubo, 2000 (2).

In der nachfolgenden Grafiken siehst du die Fluktuation von 17-alpha-hydroxyprogesteron, 17-beta-östradiol, Androstenedion, Endothelin 1, aktives Renin, Angiotensin II, Atrialies natriuretisches Peptid, Luteinisierendes Hormon, Follikel stimulierendes Hormon, Prolaktin, Progesteron, Östron sowie den Testosteronspiegel im Verlauf des Menstruationszyklus.

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Konzentration von 17-alpha-hydroxyprogesteron (17-OHP & 17-beta-östradiol (E2) im Verlauf des Monatszyklus. (Bildquelle: Usuki et al, 2000)

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Konzentration von Androstenedion (∆4-A), Endothelin 1 (ET), aktives Renin (PRA), Angiotensin II (A-II) und Atriales natriuretisches Peptid (ANP) im Verlauf des Monatszyklus. (Bildquelle: Usuki et al, 2000)

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Konzentration von Luteinisierenden Hormon (LH), Follikel stimulierenden Hormon (FSH) und Prolaktin (PRL). (Bildquelle: Usuki et al, 2000)

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Konzentration von Progesteron (P4) und Östron (E2). (Bildquelle: Usuki et al, 2000)

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Konzentration von Testosteron (T). (Bildquelle: Usuki et al, 2000)

Ich bin mir nicht gänzlich darüber im Klaren, inwiefern all diese Hormone die Kraft beeinflussen können, aber ich bin mir überaus sicher, dass die beiden Sexualhormone Testosteron (3)(4)(5)(6)(7)(8)(9) und Östrogen (10)(11)(12)(13) eine wichtige Rolle spielen.

Die Studie von Dada et al. (1984) liefert ähnliche Ergebnisse, wie die obige Untersuchung bezüglich hormoneller Schwankungen. Siehst du, wie der Testosteronspiegel kurz vor der Monatsblutung seinen Zenit erreicht?

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Östrogen-, Progesteron- & Testosteronkonzentration im Verlauf des Monatszyklus. M = Beginn der Regel. (Bildquelle: Dada et al, 1984).

Lass‘ uns jetzt über Kraftschwankungen reden

Wie du darin sehen kannst, können derartige große hormonelle Schwankungen bei Frauen mit Leichtigkeit auch zu Schwankungen der Körperkraft führen – in Abhängigkeit des Zeitraums im Monat. Es gibt jedoch auch Studien, wie z.B. die von Janse de Jonge et al. (2001), die keine Beeinflussung der Kraft im Verlauf des Menstruationszyklus aufzeigt (15). Doch was heißt das nun?

Erinnere dich: Die Forschung berichtet nur über Durchschnittswerte, doch dein Körper könnte aus diesem “Norm“-Raster fallen. Darüber hinaus ist die Verhütung ein weiterer Einflussfaktor (und wenn verhütet wird: auf welche Art?). Wichtig: Dies betrifft nicht die obige Studie, da die Frauen darin keine hormonelle Verhütungsmethode nutzten.

In einer recht aktuellen Studie von Sung et al. (2014) wurden einige recht interessante Erkenntnisse gewonnen (16). Hierin wird aufgezeigt, dass die Testosteronkonzentration während der Follicular-Phase höher ausfallen (verglichen mit der Luteal-Phase). Zweitens fielen die Kraft- und Muskelmassezuwächse während der Follicular-Phase höher aus (ebenfalls verglichen mit der Luteal-Phase).

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Höherer Kraftaufbau während der Follicular-Phase (Bildquelle: Sung et al, 2014).

Ich habe ein wenig Recherche über die beteiligten Forscher angestellt und eine Master-Thesis ausgegraben (es sieht so aus, als würden noch weitere Publikationen folgen). Darin zeigt Sung, dass die gleichen Trends in Frauen, die orale Verhütungsmittel nehmen, nicht auftreten (17).

Es wird konkludiert, dass Frauen, die keine (natürlichen) oralen Verhütungsmittel nehmen mit Schwankungen in Sachen Kraft und Adaption infolge der Fluktuation des hormonellen Millieus konfrontiert sind, während Frauen, welche z.B. die Pille nehmen, eher konsistente Hormonspiegel (und in der Folge auch konsistente Kraft- und Adaptionseffekte) aufweisen.

Es wird weiterhin Folgendes empfohlen: „Wir empfehlen, dass eumenorrhoische Frauen ohne orale Verhütungsmittel ihre Trainingsperiodisierung auf Basis des individuellen Menstruationszyklus auslegen sollten.“ – Sung, 2012

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Frauen, die nicht auf orale Verhütungsmittel wie die Pille setzen, können im Verlauf des Monatszyklus – hormonell bedingt – mit Schwankungen in Sachen Kraftzuwachs und trainindsinduzierter Adaption rechnen. (Bildquelle: Fotolia / reineg)

Abschließende Worte: Was heißt das nun konkret?

Liebe Damen, ihr habt eine eindeutige zusätzliche Variable zu eurem Training im Vergleich zu Männern – eure Hormone schwanken gravierend im Monatsverlauf (was bei uns Männern nicht der Fall ist). Die hormonellen Schwankungen fallen in Frauen, die keine oralen Verhütungsmittel nutzen, sehr viel stärker aus, als beispielsweise bei Frauen, welche die Pille nehmen.

Idealerweise solltest du aufmerksam sein und deine Kraftlevel im Verlauf des Monats gut im Auge behalten. Tue dies über einen Zeitraum von 6 Monaten, um ein akkurates Verständnis darüber zu erhalten, ob deine Kraft einem monatlichen Rhythmus folgt oder nicht. Tut sie es nicht, dann musst du dich nicht weiter mit diesem Phänomen beschäftigen.

Tut sie es doch, dann musst du deinen persönlichen Weg finden und – im Gegensatz zu anderen – neue Bestleistungen (PRs) in bestimmten Phasen des Monatszyklus aufstellen. In dem Fall solltest du dein Training – gemäß deiner Periode – „periodisieren“ (Haha, Wortwitz verstanden? Ba-da-ching!).

Versuche keine neuen Bestleistungen aufzustellen, wenn sich deine Kraft am untersten Ende befindet, sondern dann, wenn du am stärksten im Monat bist (vermutlich unmittelbar vor oder nach Beginn deiner Periode; es gibt individuellen Spielraum!). Und ganz wichtig: Verfalle nicht in Panik, wenn deine Kraft in bestimmten Phasen des Menstruationszyklus abfällt.


Übrigens, hier findest du weitere, themenverwandte Artikel zum Thema Monatszyklus, Hormone & Pille:

Du fandest diesen Artikel über den Monatszyklus der Frau & hormonelle Schwankungen informativ & lehrreich – und würdest gerne mehr evidenzbasierte Informationen (Praxis & Theorie) lesen? Dann werde Leser unseres monatlich erscheinenden Magazins, der Metal Health Rx!

Quellen & Referenzen

(1) Alvergne, A. / Lummaa, V. (2009): Does the contraceptive pill alter mate choice in humans? In: Cell. URL: http://www.cell.com/trends/ecology-evolution/pdf/S0169-5347(09)00263-8.pdf.

(2) Usuki, S. / Kondoh, K. / Kubo, T. (2000): Plasma endothelin and LH-RH, LH, FSH, prolactin, progesterone, 17alpha-hydroxyprogesterone, estrone, 17beta-estradiol, delta4-androstenedione, testosterone, active renin, angiotensin-II and ANP levels in blood and LH, estrone and 17beta-estradiol and pregnanediol levels in urine of normal cycling women. In: J Cardiovasc Pharmacol. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11078439.

(3) Herbst, KL. / Bhasin, S. (2004): Testosterone action on skeletal muscle. In: Curr Opin Clin Nutr Metab Care. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15075918.

(4) Bhasin, S. / Woodhouse, L. / Storer, TW. (2001): Hormones and Sport: Proof of the Effect of Testosterone on Skeletal Muscle. URL: http://joe.endocrinology-journals.org/content/170/1/27.long.

(5) Bhasin, S., et al. (2003): The mechanisms of androgen effects on body composition: mesenchymal pluripotent cell as the target of androgen action. In: J Gerontol A Biol Sci Med Sci. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14684707.

(6) Storer, TW., et al. (2003): Testosterone dose-dependently increases maximal voluntary strength and leg power, but does not affect fatigability or specific tension. In: J Clin Endocrinol Metab. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12679426.

(7) Storer, TW., et al. (2008): Changes in Muscle Mass, Muscle Strength and Power, but not Physical Function are Related to Testosterone Dose in Healthy Older Men. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2585153/pdf/nihms-64796.pdf.

(8) Bhasin, S., et al. (2001): Testosterone dose-response relationships in healthy young men. In: Am J Physiol. URL: http://ajpendo.physiology.org/content/281/6/E1172.long.

(9) Sinha-Hikim, I., et al. (2001): Testosterone-induced increase in muscle size in healthy young men is associated with muscle fiber hypertrophy. In: Am J Physiol. URL: http://ajpendo.physiology.org/content/283/1/E154.long.

(10) Horstman, AM., et al. (2012): The Role of Androgens and Estrogens on Healthy Aging and Longevity. In: J Gerontol A Biol Sci Med Sci. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3636678/.

(11) Enns, DL. / Tiidus, PM. (2010): The Influence of Estrogen on Skeletal Muscle. In: Sports Med. URL: http://link.springer.com/article/10.2165/11319760-000000000-00000.

(12) Tiidus, PM. (2000): Estrogen and gender effects on muscle damage, inflammation, and oxidative stress. In: Can J Appl Physiol. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10953066.

(13) Lowe, DA. / Baltgalvis, KA. / Greising, SM. (2010): Mechanisms behind Estrogens‘ Beneficial Effect on Muscle Strength in Females. In: Exerc Sport Sci Rev. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2873087/pdf/nihms181107.pdf.

(14) Dada, OA., et al. (1984): 17 Beta-estradiol, progesterone and testosterone in the normal menstrual cycle of Nigerians. In: Int J Gynaecol Obstet. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6145640.

(15) Janse de Jonge, XAK., et al. (2001): The Influence of Menstrual Cycle Physe on Skeletal Muscle Contractile Characteristics in Humans. In: J Physiol. URL: http://jp.physoc.org/content/530/1/161.full.pdf+html.

(16) Sung, E., et al. (2014): Effects of Follicular Versus Luteal Phase-Based Strength Training in Young Women. In: SpringerPlus. URL: http://www.springerplus.com/content/pdf/2193-1801-3-668.pdf.

(17) Sung, E. (2012): Strength Training and Menstural Cycle: Effects of Menstrual Cycle Based-Training on Muscle Strength, Muscle Volume and Muscle Cell Parameters in Women with and without Oral Conception. Ruhr Universität Bochum. URL: http://www-brs.ub.ruhr-uni-bochum.de/netahtml/HSS/Diss/SungEunsook/diss.pdf.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Alen Ajan



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Bret Contreras (PhD, CSCS) wird vielfach als der führende Experte auf dem Gebiet Gesäßmuskeltrainings angesehen, was ihm unter anderem den Beinamen „The Glute Guy“ eingebracht hat. Auf seiner Seite BretContreras.com informiert der Personal Trainer seine Leser über effiziente Trainingsmethoden und Fitnesstraining.
Zusammen mit Chris Beardsley betreibt Bret darüber hinaus die Plattform Strength & Conditioning Research, die Abonnenten monatlich über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse im Trainingsbereich informiert.
Bekannt ist Bret unter anderem auch durch seine regelmäßigen Beiträge in einschlägigen On- wie Offline-Magazinen, darunter Flex, Men’s Health, Muscle & Fitness, T-Nation.com, Bodybuilding.com und viele andere.

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