Maschinen vs. Freie Gewichte: Wir brauchen mehr Forschung!

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Maschinen vs. Freie Gewichte: Wir brauchen mehr Forschung!

Von Bret Contreras | Benötigte Lesezeit: 6 Minuten |


Die „Maschinen vs. Freie Gewichte“-Debatte läuft wortwörtlich schon Jahrzehnte lang. Bestimmte Schlüsselpersonen, wie Arthur Jones, der die Diskussion verbreitete, stellten die Debatte aufgrund ungenügenden sportwissenschaftlichen Wissens nicht besonders gut dar. Er war als Erfinder von Nautilus mit Vorurteilen belastet und seine Argumente waren nur so mit biomechanischen Fehlern bespickt. Ich glaube trotzdem, dass Arthur vieler Arts zum Fortschritt auf unserem Gebiet beigetragen hat. Nichtsdestotrotz ist dies eine legitime Debatte und zudem eine, zu der es bis heute KEINE sportwissenschaftliche Studie gibt, um die Frage zu untersuchen.

Und ich glaube, dass dies eins der wichtigsten und sich lohnendsten Studienfelder ist, da die Auswirkungen enorm sein könnten. Jahrelang habe ich Kollegen zugehört, die den Standpunkt vertreten, Maschinen seien freien Gewichten in Sachen Hypertrophie, Kraft, Funktionalität und Sportspezifität weit unterlegen. Ich persönlich denke, dass die gesamte Prämisse völliger Bullshit ist.

Maschinentraining vs. Freie Gewichte: Wir brauchen mehr Forschung!

Wie bereits in meinem Artikel „Leg Press vs. Squat: The Final Chapter“ (T-Nation.com Artikel) angesprochen, scheinen Kniebeugen der Beinpresse zwar überlegen zu sein, für optimale Ergebnisse können jedoch beide Übungen verwendet werden.

Darum geht es jedoch gar nicht. Kniebeugen nutzen mehr Muskulatur, beanspruchen mehr Gelenke und repräsentieren ein weitaus funktionelleres Bewegungsmuster als die Beinpresse.

Wenn man Kniebeugen also mit Übungen wie der Beinpresse oder Beinstrecker- und Beinbeugermaschinen, ist die Kniebeuge diesen natürlich weit voraus. Wenn man die Kniebeuge jedoch beispielsweise mit einer hebelbasierten Hackenschmidt-Maschine vergleicht, ist das eine ganz andere Sache. In Sachen Muskelaktivierung und Gelenkmomenten sind sich die beiden Übungen sehr ähnlich, die Maschine ist jedoch etwas stabiler als die freie Kniebeuge (was abhängig vom Standpunkt ein Vorteil oder ein Nachteil sein kann).

Hier sind die Vor- und Nachteile freier Gewichte und Maschinen:

Freie Gewichte: Die Vorteile

  1. Weniger stabil (mehr Freiheitsgrade) à Mehr Stabilitätsanforderungen (Propriozeption, Balance, sensormotorische Koordination, etc.)
  2. Viel kostengünstiger
  3. Handlicher, brauchen weniger Platz
  4. Ermöglichen natürlichere „Bar Paths“ (Stangentrajektorien)
  5. Repräsentieren natürlichere Bewegungsmuster, als viele Maschinen (z.B. Beinpresse, Beinstrecker-, Beinbeugermaschinen) – sie replizieren Bewegungen aus dem echten Leben besser
  6. Spezifischer für Kraftdreikampf und olympisches Gewichtheben
  7. Einsetzbar in Kombination mit Bändern und Ketten (dynamische Widerstände)
  8. Variabler einsetzbar
  9. Stärken besser die Kraft und Stabilität in Wirbelsäulen- und Rumpfmuskulatur
  10. Besser geeignet für ballistische Unterkörperübungen (z.B. Squat Jumps)
  11. Besser geeignet für komplexe, integrative Übungen
  12. Können metabolisch anspruchsvoller sein
  13. Scheinen einen besseren Übertrag auf Maschinenübungen zu bieten, als Maschinenübungen auf freie Gewichte

Maschinen: Die Vorteile

  1. Stabiler à Höhere Aktivität der Hauptbeweger (Englisch: „Prime Mover“)
  2. Leichter zu erlernen (weil leichter zu stabilisieren) und für bestimmte Individuen bequemer
  3. Ermöglichen einzigartige Bewegungsmuster (z.B. aufrechtere Kniebeugen in der Multipresse)
  4. Fixe „Bar Paths“ können akute Verletzungen bei mangelhafter Stabilisationsfähigkeit vorbeugen
  5. Ermöglichen konstantere Spannungsmuster auf der Muskulatur durch die Verwendung variabler Widerstände (z.B. Kabelzüge, „Plate Loaded“, etc.)
  6. Ermöglichen einen größeren Fokus auf spezifische Muskeln, da die Rumpfstabilität aus der Gleichung genommen wird (z.B. Beinpresse, liegende Kniebeugemaschine)
  7. Können auch mit ermüdeter Stabilisierungsmuskulatur – infolge schweren Freihanteltrainings – noch verwendet werden, um danach die Hauptbeweger weiter zu beanspruchen
  8. Besser geeignet für gezielte, isoliertere Übungen
  9. Gut geeignet für die erste Phase der Rehabilitation
  10. Gut geeignet für das Training älterer Bevölkerungen
  11. Gut geeignet für Anfänger mit fehlendem Selbstbewusstsein bei freien Gewichten
  12. Keine Spotter benötigt
  13. Sind selbstgenügsam (benötigen kein weiteres Equipment)
  14. Isokinetische Dynamometer sind gut geeignet für Datenerhebungen und exzentrisches oder isometrisches Training
  15. Die Multipresse kann für ballistische Übungen (auch für den Oberkörper) verwendet werden (z.B. Bankdrück-Würfe)
  16. Besser geeignet für Zirkeltrainings

Freie Gewichte: Die Nachteile

  1. Einige Übungen für bestimmte Körperteile sind schwierig umzusetzen
  2. Höheres akutes Verletzungsrisiko
  3. Manche Trainees gewöhnen sich unsaubere Ausführungen an (z.B. zu viel Schwung)
  4. Die Technik bricht leichter ein und dies wird öfter in Kauf genommen, um einen Lift zu vollenden
  5. Viele Übungen haben Drehmoment-Winkel- und Kraftkurven, die einen bestimmten Anteil des Bewegungsradius‘ stärker und einen anderen Anteil nur wenig belasten (z.B. Kniebeugen und Good Mornings)
  6. Bestimmte Übungen verlangen nach Spottern und Sicherheitsstreben
  7. Meist nicht geeignet für Rotations- und seitliche Bewegungen
  8. Das Auf- und Entladen der Gewichtsscheiben kann bei starken Trainees lästig sein

Maschinen: Die Nachteile

  1. Bestimmte Maschinen sind für bestimmte Körpertypen unbequem
  2. Können einen in unnatürliche Bewegungsmuster zwängen
  3. Höheres chronisches Verletzungsrisiko
  4. Teurer; sowohl der Kauf als auch der Erhalt
  5. Meist nicht sehr handlich, benötigen viel mehr Platz
  6. Weniger variable Einsatzmöglichkeiten
  7. Für besonders große oder kleine Trainees oft nicht geeignet
  8. Können Muskeldysbalancen (rechts/links) fördern
  9. Die Belastungskapazität reicht für fortgeschrittenere Individuen eventuell nicht mehr aus

Aber es kommt auf die Maschine an…

Wie bereits erwähnt, kommt es alles auf die jeweilige Maschine an. Eine hebelbasierte Hackenschmidt- oder eine Ausfallschrittmaschine von Hammer Strength sind ihrem Freihantel-Gegenstück sehr ähnlich.

Ich habe die Muskelaktivierung in beiden Varianten getestet und die geführten Varianten erzeugten in bestimmten Hauptbewegern sogar eine höhere Muskelaktivierung.

Mit diesen fünf Lifts würde ich bessere Ergebnisse erzielen, als 98% der Trainer

Ich wette, dass ich nur mithilfe dieser fünf Maschinenübungen bessere Muskelaufbau- und Explosivkraftergebnisse erzielen würde, als die allermeisten Trainer, indem ich den Trainees einfach eine gute Übungsausführung beibrächte und mich ansonsten auf meine Fähigkeiten in Sachen Trainingsplanung verlassen würde.

Das scheint die ganze „Maschinen sind unterlegen“-Sache aus dem Weg zu befördern, oder (angenommen, meine Aussage ist überhaupt korrekt)?

Ein Aufruf an alle Sportwissenschaftsstudenten

Immer wieder bekomme ich Emails von Sportwissenschaftsstudenten, die nach einem Thema für ihre Abschlussarbeit suchen.

Nun, hier ist es! Solch eine Studie wäre ein Meilenstein der Forschung, die in den kommenden Jahren sicher zahllose Male zitiert werden würde. Sie würde sehr dabei helfen, die Debatte zwischen freien Gewichten und Maschinen endlich zu beruhigen.

Man müsste der Studie jedoch auch gerecht werden. Hoffentlich gibt es einen Studenten da draußen, der ein tolles Labor zum Testen und ein tolles Gym zum Trainieren hat, welches freie Gewichte sowie Maschinen wie die Hammer Strength Squat Lunge, die Power Squat Maschine (und mehr) beinhaltet.

Beispielhaftes Studiendesign

Dies könnte im Grunde genommen eine Vorlage für eine ganze Doktorarbeit sein, die Querschnittsstudien mit Analysen von EMG, Gelenkmomenten und Kraftmessplatten beinhalten und mit einer Longitudinalstudie enden könnte. Es könnte allerdings auch eine einzelne Studie sein. Hier meine Überlegungen:

Subjekte

  • 2 Gruppen á 10 männlicher Trainees mit mindestens 3 Jahren Trainingserfahrung
  • Gruppe 1 trainiert nur mit freien Langhantelübungen
  • Gruppe 2 trainiert nur mit Maschinen

Studiendauer

  • 12 Wochen

Vor- und Nachtests

Könnten Folgendes beinhalten:

  • Höhe eines Countermovement Jumps (vertikalen Strecksprungs mit Ausholbewegung),
  • Maximale Leistung im Countermovement Jump (dazu bräuchte man eine Kraftmessplatte),
  • Weite im Weitsprung,
  • Zeit im 20-Meter-Sprint,
  • Körpermasse,
  • Körperkomposition,
  • Muskelgröße (dazu bräuchte man eine MRT),
  • Kraft (am besten in Übungen, die in keinem der beiden Trainingsprogramme vorkommen, sodass keine der Gruppen einen Vorteil hat; vielleicht isometrische Messungen mithilfe einer Kraftmessplatte)

Trainingsintervention

  • Beide Gruppen trainieren 3 Mal pro Woche.
  • Gruppe 1 vollführt Kniebeugen, rumänisches Kreuzheben, Kreuzheben, Ausfallschritte rückwärts, Hip Thrusts, Bankdrücken, Schrägbankdrücken und vorgebeugtes Rudern. Alles mit der Langhantel.
  • Gruppe 2 vollführt Hackenschmidt-Kniebeugen, Hammer Strength RDLs, Hammer Strength Deadlifts, Lever Reverse Lunges, Cable Pull-Throughs, Hammer Strength Brustpresse, Hammer Strength Incline Press und Hammer Strength Bent Over Rows.
  • Es wird ein Daily Undulating Periodization (DUP) Protokoll angewendet, sodass Montags 3 Sätze mit 6-8 Wiederholungen, Mittwochs 3 Sätze mit 8-10 Wiederholungen und Freitags 3 Sätze mit 4-6 Wiederholungen ausgeführt werden würden.
  • Montags und freitags werden Kniebeugen (bzw. Hackenschmidt-Kniebeugen), RDLs (bzw. Hammer Strength RDLs), Bankdrücken (bzw. Hammer Strength Brustpresse) und vorgebeugtes Langhantelrudern (bzw. Hammer Strength Bent Over Rows) durchgeführt.
  • Mittwochs werden Ausfallschritte rückwärts (bzw. Lever Reverse Lunges), Schrägbankdrücken (bzw. Hammer Strength Incline Press) und Hip Thrusts (bzw. Cable Pull-Throughs) trainiert.
  • Das Gewicht wird im Sinne der progressiven Belastungssteigerung graduell erhöht.

Hypertrophie, Kraft und Leistungsadaptationen – ebenso wie Verletzungen – müssen dokumentiert werden.

Wie man sehen kann, sind hier schon eine Menge Informationen dabei, welche viele Fragen klären könnten. Man könnte beispielsweise noch eine Übung für die Explosivkraft hinzufügen – Power Cleans (bzw. den Power Trainer), Jump Squats (bzw. die Bear-Squat-Maschine), und so weiter (siehe Powernetics für weitere cool aussehende Explosivkraft-Maschinen).

       

Maschinentraining Vs. Freie Gewichte | Fazit

Ja, Kniebeugen werden bessere Ergebnisse in Sachen Muskelaufbau und Sprungkraft liefern, als Beinstreckermaschinen oder die Beinpresse alleine. Was, wenn freie Gewichte jedoch gegen Plate-Loaded, auf Hebelwirkungen- oder Seilzügen basierte, intelligent entwickelte Maschinen getestet werden? Was würde dann passieren? „Maschine“ ist ein sehr dehnbares Wort und beinhaltet ein Kontinuum an Übungen, von komplett isolierten Übungen am einen Ende bis hin zu sehr integrativen Übungen am anderen Ende.

Was wäre in Sachen Hypertrophie überlegen? Was ist mit der Sprungkraft und Sprintschnelligkeit? Wie groß wäre der Unterschied – marginal oder riesig? Was ist sicherer in Bezug auf das Verletzungsrisiko?

Bezüglich des Muskelaufbautrainings, würde das Integrieren einer Beinstreckermaschine in ein Kniebeugeprotokoll den Muskelaufbau der Quadrizepse verbessern oder verschlechtern? Würde das Integrieren einer Beinbeugermaschine den Erfolg eines Kreuzhebeprogramms augmentieren oder diminuieren? Sind Isolationsübungen schlechter geeignet, um hohe Levels an metabolischem Stress hervorzurufen? Behalte im Hinterkopf, dass sitzende Beincurls die Flexibilität der Oberschenkelrückseite im selben Ausmaß zu verbessern scheinen wie statisches Dehnen, dies jedoch wahrscheinlich eher die Muskellänge vergrößert und nicht nur die Dehntoleranz erhöht, und dass die Beinstreckermaschine den distalen Quadrizeps okkludiert und somit bei Sätzen bis zum Muskelversagen eine erhebliche Hypoxie hervorrufen kann. Können diese Maschinen also verwendet werden, um zielspezifische Anpassungen zu induzieren?

Bis entsprechende Studien erschienen sind, können wir nur spekulieren und niemand kann diese Fragen mit Sicherheit beantworten. Schau dir am besten selbst einmal die unten aufgelistete Forschung an, um zu einer eigenen Meinung zu gelangen.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Fotokvadrat


Über

Bret Contreras (PhD, CSCS) wird vielfach als der führende Experte auf dem Gebiet Gesäßmuskeltrainings angesehen, was ihm unter anderem den Beinamen „The Glute Guy“ eingebracht hat. Auf seiner Seite BretContreras.com informiert der Personal Trainer seine Leser über effiziente Trainingsmethoden und Fitnesstraining.
Zusammen mit Chris Beardsley betreibt Bret darüber hinaus die Plattform Strength & Conditioning Research, die Abonnenten monatlich über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse im Trainingsbereich informiert.
Bekannt ist Bret unter anderem auch durch seine regelmäßigen Beiträge in einschlägigen On- wie Offline-Magazinen, darunter Flex, Men’s Health, Muscle & Fitness, T-Nation.com, Bodybuilding.com und viele andere.

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