Mentale Trainingsbooster III – Die 8 Phasen der Höchstleistung

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Von Dr. Christian Zippel  | Benötigte Lesezeit: 6 Minuten | 


In dem Buch „Peak Performance: Mental Training Techniques of the World’s Greatest Athletes“ schreiben Charles A. Garfield und Hal Zina Bennet auf der Grundlage der Erfahrung hunderter von Elite-Athleten, welche Stufen der mentalen und körperlichen Entwicklung sie durchleben, wenn sie eine Höchstleistung anstreben und erreichen.

Ich habe mir heute einmal erlaubt, diese acht Stufen zu übernehmen und entsprechend auf das Erreichen einer Höchstleistung im Bodybuilding, Powerlifting und Krafttraining abzuwandeln, wie ich es als empfehlenswert erachte:

Vorab will ich noch kurz erklären, warum ich dies überhaupt mache

Jeder Schwerathlet, der ernsthaft daran interessiert ist, in seinem Training eine möglichst hohe Leistung zu vollbringen, befindet sich in einer der hier vorzustellenden Phasen. Je besser er diese nun theoretisch kennt, desto besser kann er auch praktisch einschätzen, in welcher er sich gerade im Training befindet. Auf diese Weise hat er einen Maßstab zur Hand, an dem er abmessen kann, welche Phase er derzeit erreicht hat.

Sein Ziel sollte natürlich sein, in einer möglichst fortgeschrittenen Phase der Höchstleistung zu trainieren und soweit möglich die 8. Phase zu erreichen und zu halten.

Je höher die Phase ist, in der man trainiert, desto höher ist auch die Leistung, die man sowohl im Training, als auch im Wettkampf bringen kann.

Mentale Trainingsbooster III – Die 8 Phasen der Höchstleistung

1. Mentale Entspannung

Wenn man versucht, zu viele Stufen auf einmal zu nehmen, ist es vorprogrammiert, dass man über das eigene Vorhaben stolpert und im Extremfall die Zahnbürste am nächsten Morgen ins Leere greifen wird.

Jedes Mal, wenn derartiges im Training geschieht, verliert man die Kontrolle über das Geschehen und alles scheint sehr schnell zu verlaufen. Man selbst scheint dann nur noch passiv am Geschehen beteiligt zu sein. Die individuelle Zeitwahrnehmung hängt nämlich sehr stark mit dem Zustand der mentalen Entspannung zusammen. Je besser wir uns beim Training auf die Übung und deren Technik konzentrieren, desto kontrollierter können wir diese auch bewältigen. Zusätzlich scheint alles wie in Zeitlupe abzulaufen.

Diese Phase der mentalen Entspannung ist absolut notwendig, um im Training die volle Kontrolle über den eigenen Körper, sowie das Geschehen zu haben und somit die Grundvoraussetzung jedes leistungsorientierten Trainings.

In gewissem Sinne geht es darum, dass Auge im Zentrum des Sturms zu sein. Es kann nur dann das rasante Geschehen um sich herum wahrnehmen und kontrollieren, wenn es selbst in sich ruht – das ist die Voraussetzung für Kontrolle!

Zusätzlich gilt folgende Grundregel: Je kontrollierter man trainiert, desto geringer ist auch das Unfall- und Verletzungsrisiko; schließlich sind Unfälle und Verletzungen nichts weiter, als der Verlust von Kontrolle.

2. Körperliche Entspannung

Diese Phase ist eine direkte Folge der mentalen Entspannung und dürfte für jeden leicht zu erreichen sein, der bereits in der Lage ist, seinen bewussten Geist zu kontrollieren.

Wenn man sich in dieser Phase befindet, hat man ein lockeres und leichtes Körpergefühl. Alle Bewegungen lassen sich flüssig und sicher ausführen. Die bewusste Konzentration und Kontrolle des Geistes überträgt sich auch auf den Körper.

3. Vertrauen und Optimismus

Absolut notwendig für ein leistungsorientiertes Krafttraining ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, sowie eine optimistische Grundeinstellung zu den eigenen Möglichkeiten. Wenn man nämlich das Erreichen einer bestimmten Leistung nicht als möglich erachtet, dann ist das eigene Unterfangen bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Hier gilt:

Die Grenzen des eigenen Vorstellungsvermögens sind auch immer die eigenen Leistungsgrenzen. Was für die 3. Phase somit notwendig ist, ist eine generelle positive Einstellung, sowie eine gehörige Portion Selbstvertrauen. Diese beiden Eigenschaften müssen so stark in Dir verankert sein, dass sie selbst in kritischen Situationen nicht erschüttert werden können. Der Verlierer ist nämlich nicht derjenige, der hinfällt, sondern derjenige, der nicht mehr aufsteht.

4. Der Fokus auf das Hier und Jetzt

Man kann im gegenwärtigen Training oder Wettkampf nur wirkliche Leistung vollbringen, wenn man auch voll bei der Sache ist. Wer hingegen in Erinnerungen schwelgt oder sich Zukunftsvisionen ausmalt, verliert den Bezug zur Realität und wird somit auch in dieser scheitern.

Wer sich hingegen in der 4. Phase befindet, ist mit allen Fasern des Körpers und allen Gedanken und Gefühlen des Geistes am aktuellen Geschehen beteiligt. Auf diese Weise werden Körper und Geist zu einer perfekt abgestimmten Einheit, die fast automatisch zu agieren scheint, so dass man bewusst nur noch selten regulierend eingreifen muss.

5. Das High-Gefühl

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass all die Zustände, die in einem Menschen durch externe Drogen hervorgerufen werden können, theoretisch auch durch den Menschen selbst induziert werden können. Er besitzt nämlich das entsprechende Arsenal an biochemischen Botenstoffen auch selbst in seinem Körper.

Die Ausschüttung dieser Botenstoffe kann nun durch entsprechende Denk- und Verhaltensweisen, sowie Erlebnisse angekurbelt werden. Josef Zehentbauer berichtet eingehend in seinem Buch „Körpereigene Drogen“ über die zugrundeliegenden Zusammenhänge und Möglichkeiten.

In der 5. Phase hat man genau dies geschafft. Man fühlt sich wie im Rausch des ‘Pumping Iron’: Unbesiegbar, ekstatisch, stark, euphorisch, usw., usf.

Unter Langstreckenläufern und Radsportlern ist dieses Gefühl als ‘Runners High’ bekannt und tritt genau dann auf, wenn man den toten Punkt überwunden hat.

Im Bodybuilding tritt dieser Rauschzustand verstärkt bei einem exorbitanten Pump auf.

Wenn man den gesamten Körper von pulsierendem Blut durchströmt erlebt und sich dabei einfach unermesslich groß und mächtig stark fühlt, dann schüttet der Körper so viel Endorphine aus, dass selbst die Hanteln, mit denen er trainiert, noch high werden. Der ein oder andere legendäre Bodybuilder hat nicht von ungefähr erzählt, dass ein guter Pump besser sei, als jeder Orgasmus.

Er mag zwar nicht unbedingt für Muskel- und schon gar nicht für Stärkewachstum notwendig sein. Doch sein mentaler Nutzen ist weder zu übersehen, noch unterzubewerten. Schließlich macht der Mensch nur das mit voller Hingabe, was ihm langfristig auch Spaß macht und ein Hochgefühl bereitet.

Sind Leistungssportler nun alles Drogenabhängige? – Wie man es nimmt. Wenn man körpereigene Botenstoffe als Drogen bezeichnen möchte…dann ja. Aber das ist nichts Schlimmes. In diesem Sinne sind Drogen eine sehr schöne und förderliche Sache, wenn es die richtigen sind; nämlich die eigenen. Sie haben keine negativen Nebenwirkungen, kosten nichts und sind nicht verboten. Wie man sie erreicht? – Durch eine entsprechende mentale Leistungsbereitschaft und das Durchschreiten der acht Phasen der Höchstleistung.

Also, wenn schon Drogen, dann nur körperinterne Eigenproduktion – viele Vor- und keine Nachteile.

6. Überbewusstsein

In Folge auf den High-Zustand entwickelt sich die 6. Phase der Höchstleistung. Man erlebt die Welt um sich herum, das Studio, die anderen Pumper, sowie sich selbst und das eigene Training in einem völlig klarem und reinem Zustand des Bewusstseins. Es gibt keine Zweifel mehr, nur noch Gewissheit. Man hat nur eine Bestimmung und folgt dieser bedingungs- und kompromisslos. Man trainiert und schuftet nicht nur für sich selbst, sondern für ein höheres Ziel. Da gibt es kein Schwanken und kein Zögern. Alles ist vorbestimmt und Du selbst befindest Dich gerade in dem Zustand der Erfüllung Deiner Vorbestimmung.

In einer orientierungslosen Zeit wie heute kann das einem Menschen sehr viel bedeuten. Er hat sein Ziel gefunden und glaubt inständig daran, indem er es durch sich selbst und sein Handeln verwirklicht.

Das mag zwar nüchtern betrachtet etwas übertrieben klingen. Wer jedoch in seiner Disziplin wirklich herausragende Leistung bringen möchte, wird an dieser Phase der Höchstleistung nicht vorbeikommen. Schließlich kann man sich nur zu der Höchstleistung überwinden, an deren Wert man auch wirklich glaubt und für die es sich der eigenen Meinung nach zu kämpfen lohnt.

Nur dann, wenn man sich mit dem eigenen Schaffen identifiziert, wird man auch wirklich großes darin schaffen.

7. In der Zone

Wer es geschafft hat, ‘in der Zone’ zu trainieren, bei dem ist der eigene Wille zu Fleisch geworden. Körper und Geist arbeiten wie ein perfekt aufeinander abgestimmtes Team, ohne dass man sich noch bewusst einmischen müsste. Alles scheint automatisch und wie von Geisterhand gelenkt zu funktionieren.

Diese Phase hat man erreicht, wenn man es geschafft hat, das eigene Unterbewusstsein auf Höchstleistung zu programmieren. Wenn man einmal soweit ist, kann sich das Bewusstsein zurücklehnen und wie ein passiver Beobachter das eigene Schaffen beobachten und verfolgen. Ein unbeschreibliches Gefühl der Selbst- und Körperbeherrschung.

Die höchste Form der Herrschaft ist schließlich diejenige, in der der Herrscher selbst überhaupt nicht mehr eingreifen muss.

8. Im Kokon

… gibt es nur noch Dich und Deine Leistung. Das ist die Welt und mehr gibt es nicht. Alle Einflüsse, Ablenkungen und Störungen aus der Umgebung verlieren ihre Bedeutung und Existenz. Mit diesem Schritt sind auch alle Schranken und Grenzen gefallen. Du befindest Dich in einem absoluten Höchstleistungszustand, in dem Du auf all Deine Fähigkeiten und Stärken uneingeschränkten Zugriff hast. Es gibt nur noch den verkörperten Willen in Deiner Person und der ist zu allem fähig…

Dies sind nun die 8 Phasen der Höchstleistung

Jeder Schwerathlet, der ernsthaft Bodybuilding, Powerlifting oder auch nur Krafttraining betreibt, sollte darin bestrebt sein, sie sich mental zu vergegenwärtigen.

Sie sind wie die Sprossen einer Leiter auf der man hinauf in Richtung Höchstleistung steigen kann. Diese Leiter ist dabei nur ein Mittel und nicht das Ziel selbst. Wenn man oben angekommen ist, muss man sich nicht mehr daran halten und sie mit sich herumschleppen, dann trägt man nämlich nur das, was einen hätte tragen sollen.

Es geht nicht nur darum, sich weiter zu entwickeln, sondern hinauf.

Mit den 8 Phasen der Höchstleistung ist dies möglich. Ich wünsche Dir alles Gute bei Deinem Aufstieg.

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Bildquelle Titelbild: Dragonball.wikia.com ; GNU General Public Lizenz


Über

Dr. Christian Zippel ist Urheber des 2013 geschlossenen und offline genommenen Kraftsport- und Bodybuilding-Blogs „Der Wille zur Kraft“. Er ist mehrfacher Autor, darunter von Werken wie „Der Wille zur Kraft – Die zehn Gebote kompromissloser Leistungssteigerung“, „HFT: Hochfrequenztraining & Autoregulation“ „Rosenrot – Oder die Illusion der Wirklichkeit“, „Leider geil, fett & faul“ oder „80/20 Fitness – Wenig investieren, viel erreichen“ und promovierte im Bereich der Philosophie.

Auch wenn er sich vielleicht selbst nicht so bezeichnen würde, so ist Christian doch das, was man als „Neuzeit-Philosoph“ bezeichnen könnte. Seine Werke und Artikel – selbst jene, die sich der Leibesertüchtigung verschrieben haben – sind durchtränkt mit philosophischem und erziehendem Charakter. Seine Lehrer? Seneca, Nietzsche, Bruce Lee. Sein Motto? Die Einheit von Körper und Geist. Mens fortis in corpore forti – ein starker Geist in einem starken. Körper.

Er selbst hat sich weitestgehend aus dem Internet zurückgezogen und ist nicht mehr in Blogs oder Foren aktiv. Die hier veröffentlichten Artikel sind aus seinem früheren Blog „Der Wille zur Kraft“ übernommen, da er sie kurz vor Torschluss zur Verfügung gestellt hat.

2014 gründete Christian den Fitness-Buchverlag „Faszination Fitness“, der vor kurzem mit seinem Erstlingswerk von sich reden machte, einem Crowdfunding-finanziertem Buchband namens „Stark & Schön“ in Zusammenarbeit mit Corinna Walther und Andreas Trienbacher.

Wer für ein Coaching oder geistigen Austausch den direkten Kontakt zu Christian sucht, der wird hier fündig: http://www.christian-zippel.de

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2 Kommentare

  1. Mal wieder ein klasse Artikel, der zeigt wie wichtig auch die mentale Stärke ist.

  2. Unglaublich guter Artikel. Von meinem Wissensstand her kann ich allem nur genau so zustimmen. Es freut mich sehr Artikel zu lesen die sich auch mit der mentalen Seite auseinander setzen. Daumen hoch!

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