Der Mittagsschlaf (Power Nap): Mehr Leistungsfähigkeit, Entspannung & Regeneration?

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Der Mittagsschlaf (Power Nap): Mehr Leistungsfähigkeit, Entspannung & Regeneration?

Von Hendrik Ortmann | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Ein Nickerchen in der Mittagspause wird hierzulande eher belächelt und als Zeichen von Schwäche und verminderter Leistungsfähigkeit angesehen. In Asien (und mittlerweile auch in den USA) ist das Nickerchen nach dem Mittagessen in den festen Arbeitsrhythmus in vielen Firmen eingeflossen. In China hat es sogar Grundrechtscharakter. Und dies nicht ohne Grund: Kurze Schlafphasen während des Tages haben nachweislich positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit und die psychische Gesundheit.

Der Mittagsschlaf (Power Nap): Mehr Leistungsfähigkeit, Entspannung & Regeneration?

Was passiert im Körper, während man schläft?

Schlaf an sich ist ein komplexes sehr Geschehen, welches bist heute noch nicht genau verstanden wird. Grundsätzlich lassen sich aber verschiedene Schlafphasen unterteilen, die durch unterschiedliche EEG-Aktivitäten (Hirnströme) gekennzeichnet sind.

Der Mittagsschlaf (Power Nap): Mehr Leistungsfähigkeit, Entspannung & Regeneration?

In anderen Kulturen und Ländern hat sich das Power Napping – Dank seiner leistungssteigernden Wirkung – auch bereits in der Unternehmenskultur etabliert. Nur hierzulande wird die Kunst des kurzen Mittagsschläfchens belächelt. (Bildquelle: Wikimedia / Tischbeinahe ; CC Lizenz)

Ganz allgemein gesprochen: Durch Schlaf wird unser Körper in eine Art von Entspannungszustand versetzt und kann sich regenerieren (sowohl körperlich, als auch mental). Blutdruck und Herzfrequenz verringern sich, die Atmung wird verlangsamt und Verdauungs- und Sexualfunktion nehmen ab (5).

Aktuelle Forschungen legen nahe, dass Schlaf vor allem für eine Erholung des neuronalen Systems wichtig ist und dass der REM-Schlaf (auch Traumschlaf genannt), dafür sorgt, dass Erinnerungen gespeichert werden und die Konzentrationsfähigkeit gesteigert wird.  

Die 4 Phasen des Schlafes

Die Forschung unterscheidet bei der Analyse des Schlafes vier grundlegende Schlafstadien, die sich im Laufe einer Nacht abwechseln.

Vom Wachzustand ausgehend, durchläuft der Körper zunächst eine Einschlafphase (auch als oberflächlicher Schlaf bezeichnet), bei der eine verringerte Aufmerksamkeit, aber noch eine hohe Erweckbarkeit zu erkennen ist. Der Sympathikotonus (hauptsächlich aktivitätsfördernder Anteil des vegetativen Nervensystems) nimmt ab, der Parasympathikotonus (hauptsächlich entspannungs- und erholungsfördernder Anteil des vegetativen Nervensystems) nimmt zu (2).

Nach dieser kurzen Phase, die je nach Mensch und Situation von unterschiedlicher Dauer ist, wird der stabile Schlaf erreicht. Die Muskeln entspannen sich, die Erweckbarkeit nimmt weiter ab und und die Umgebung kann nicht mehr bewusst wahrgenommen werden (2).

Der Tiefschlaf zeichnet sich neben zunehmender Muskelentspannung durchveränderte endokrine Prozesse aus. Die Freisetzung von Wachstumshormonen (anabol) wird gesteigert und Kortisol, welches allgemein als Stresshormon bekannt ist und eine katabole Wirkung hat, wird vermindert ausgeschüttet. Diese Phase ist also maßgeblich daran beteiligt, dass aufbauende (anabole) Prozesse im Körper stattfinden und daher für eine vernünftige Regeneration enorm wichtig (2).

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So könnte (d)eine typische Nacht aussehen: Im Schlaf durchlaufen wir mehrere Schlafphasen. Die Bedeutung und Wirkung von REM-Schlaf wirft noch immer viele Fragezeichen auf. Klar ist aber eines: Ohne (ausreichend) Schlaf geht gar nichts. Deine Gesundheit, dein Verhalten, dein Stoffwechsel und deine Körperkomposition hängt mitunter davon ab, wie viel Schlaf du im Schnitt abbekommen hast. Power Naps können dir dabei helfen Schlafdefizite zu kompensieren und frische Energie zu tanken. (Bildquelle: Wikimedia ; CC Lizenz)

Der REM-Schlaf (RME = Rapid Eye Movement), der seinen Namen aufgrund der schnellen zuckenden Augenbewegungen während dieser Phase hat, wird aktuell als bedeutsam für die Gedächtnisentwicklung angesehen und sorgt scheinbar dafür, dass Gedächtnisinhalte zusammengefügt und verknüpft werden. Die intensivsten Träume treten laut Forschung in dieser Phase auf. Der Anteil des REM-Schlafes am Gesamtschlaf nimmt mit zunehmenden Lebensalter ab (2).

Die Dauer eines Schlafzyklus, also der Aneinanderreihung der 4 Schlafphasen, liegt bei durchschnittlich 90 Minuten (2). Akuter und latenter Schlafmangel können verheerende Folgen für die Stoffwechselgesundheit haben.

Der zirkadiane Rhythmus

Viele physiologische Prozesse im menschlichen Körper unterliegen dem sogenannten zirkadianen Rhythmus. Zirkadian bedeutet, dass diese dem Tagesrhythmus unterliegen, also sich alle 24 Stunden wiederholen. Als Messpunkte hierfür werden zum Beispiel Hormonkonzentrationen im Laufe des Tages gemessen.

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Unser Biorhythmus wird durch Licht (Zeitgeber) gesteuert. Dieses fällt über die Augen ein. Das Signal erreicht den Suprachiasmatischen Kern (SCN). Unsere Physiologie und unser Verhalten wird so entsprechend in Tag-Nacht-Zyklen angepasst. (Bildquelle: Wikimedia / National Institute of General Medical Sciences)

Verantwortlich hierfür ist der Nucleus suprachiasmaticus (SCN), der im Hypothalamus, der zentralen Hormonschaltzentrale des Körpers lokalisiert ist [2]. Der SCN sendet Signale an den Hypothalamus, welcher das Ausschütten von Hormonen wie Kortisol oder Geschlechtshormonen einleitet.

Wir werden also sowohl am Tag als auch in der Nacht durch den Einfluss von Hormonen reguliert. Jeder Mensch zeigt dabei bestimmte Level von Hormonen zu jedem Tageszeitpunkt. Da diese aber von Mensch zu Mensch verschieden sind, ist es interessant zu erfahren, welche Regelmäßigkeiten sich aus dieser Hormonaktivität ableiten lassen.

In den 90er Jahren wurden hierzu einige Studien durchgeführt, die darauf hindeuten, dass die menschliche Leistungsfähigkeit in der Regel zwei Tiefpunkte hat. Die erste ist nachts mit dem Tiefpunkt etwa um 4 Uhr morgens. Der zweite Tiefpunkt, der gemessen wurde, liegt etwa zwischen 12 und 16 Uhr. Zu dieser Zeit gab es bei nahezu allen Testpersonen eine Phase, in der sie signifikant weniger leistungsfähig (z.B. bei mathematischen Aufgaben, Reaktionstests, etc.) waren als zuvor (1).

Diese Studie unterstreicht die Wichtigkeit einer Pause am Nachmittag. Durch einen Mittagsschlaf oder Power Nap kann die Leistungsfähigkeit danach nachweislich gesteigert werden (3). Der Schlafforscher Prof. Dr. Jürgen Zulley spricht von einer Leistungssteigerung von 35% nach einem 10 bis 30-minütigen Schlaf. „Und wenn wir regelmäßig Mittagsschlaf machen, sinkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um über 30 %“, so Zulley.

Auch wenn diese Erkenntnisse in Deutschland noch nicht wirklich Einzug in die Tagesplanung von Unternehmen erhalten haben, gibt es doch ein paar Positivbeispiele, die das Potenzial dieser Studien erkannt haben.

Die Stadtverwaltung in Vechta beispielsweise erhöhte die Pausenzeit um 20 Minuten, sodass die Mitarbeiter auch nach Hause gehen können und einen kurzen Mittagsschlaf halten können. Die Mitarbeiterzufriedenheit stieg, die Effektivität der Mitarbeiter konnte gesteigert werden und die Fehlerquote wurde gesenkt. Selbst aus Sicht eines Arbeitgebers betrachtet ist der Tagschlaf also ein probates Mittel (4).

Für Piloten ist diese Angewohnheit von manchen Airlines sogar vorgeschrieben, da diese nachweisen konnten, dass die Reaktionsfähigkeit nach diesen Kurzschläfen signifikant verbessert wurde. Die sogenannte Napping policy sorgt dafür, dass die Sicherheit der Passagiere und der Crew nicht durch Müdigkeit des Piloten gefährdet wird (4).

Möglich also, dass sich dieser Trend auch in weiteren deutschen Unternehmen in Zukunft durchsetzen könnte.

Vergleich: Nachtschlaf Vs. Mittagsschlaf

Der wesentliche Unterschied zwischen dem Nacht- und dem Mittagsschlaf oder Power Nap offenkundig die Länge des Schlafes. Diese bestimmt im Wesentlichen, welche Schlafphasen durchlaufen werden können und wie häufig dies geschehen kann.

Beim Power Nap ist es wichtig, das richtige Timing zu finden. Für die genaue Zeit gibt es verschiedene Angaben, Einigkeit herrscht aber bei der Obergrenze, die nicht überschritten werden sollte. Diese liegt bei maximal 30 Minuten, da der Körper ansonsten in die Tiefschlafphase eintaucht. Ist dies passiert, ist es wesentlich schwieriger, schnell wieder wach zu werden und sich „fit“ zu fühlen.

       

Abschließende Worte & Tipps für den perfekten Power Nap

Grundlage für einen effektiven Power Nap ist es, die richtige Umgebung dafür zu finden. Wenn möglich, sucht man sich einen ruhigen Raum, idealerweise mit einer Möglichkeit, seine Beine hochzulegen. Dies bewirkt nochmal eine wesentlich bessere Entspannung des Körpers, da die Blutzirkulation verändert und die Muskelrelaxation dadurch gefördert wird.

Der Mittagsschlaf (Power Nap): Mehr Leistungsfähigkeit, Entspannung & Regeneration?

Erlerne die Kunst des Power Nappings in 30 Minuten und erfahre mehr über die Vorteile eines kleinen Mittagsschläfchens (Bildquelle: Amazon.de)

Empfehlenswert ist es gerade für „Neulinge“ des Power Naps, sich einen Wecker zu stellen, um den angesprochenen Übergang in die Tiefschlafphase zu vermeiden. Mit der Zeit und regelmäßigen Tagschläfen gewöhnt sich der Körper immer mehr an die kurzen Schlafphasen und man wacht gewöhnlich nach 15-20 Minuten schon wieder auf.

Ein weit verbreiteter und wirkungsvoller Tipp ist es, vor dem Schlafen eine Tasse Kaffee zu trinken. Dies klingt zunächst paradox, ist aber sinnvoll, da das im Kaffee enthaltene Koffein erst nach ca. 30-40 Minuten wirkt und somit nach dem Aufwachen einen zusätzlichen Aktivitätsschub herbeiführt.

Falls die Zeit nicht für einen Power Nap reicht, ist es auch schon wirksam, einfach die Augen für ein paar Minuten zu schließen. Dies hat zwar nicht einen ganz so ausgeprägten Effekt wie das Schlafen, gibt dem Gehirn aber Zeit, sich von der Umgebung abzugrenzen und eine kurze Pause zu machen.

Quellen & Referenzen

(1) Fraunhofer Institut: Chronobiologische Arbeitsgestaltung (o.J.) URL: wiki.iao.fraunhofer.de/index.php/Chronobiologische_Arbeitsgestaltung#Ans.C3.A4tze_f.C3.BCr_eine_rhythmische_Arbeitsgestaltung.

(2) Klinke, R. / Pape, H.-C. / Silbernagel, S. (2005): Physiologie. Thieme Verlag: S. 839 ff. Erhältlich auf Amazon.de.

(3) Report Psychologie (2011): 5 Fragen an Prof. Dr. Jürgen Zulley. URL: www.report-psychologie.de/fileadmin/thema/2011/10/5_Fragen_an_Prof_Dr_Juergen_Zulley.pdf.

(4) Skalli, S. (2010): Das Nickerchen für sich arbeiten lassen. In: Zeit.de. URL: www.zeit.de/wissen/gesundheit/2010-10/Nickerchen-Powernap-Arbeit.

(5) Volk, S. (2012): Einführung in die Schlafmedizin (2012): URL: www.psychiatrie.uni-frankfurt.de/lehre/skripte/SS-2012_Vorlesung_Schlafmedizin.pdf.


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Bildquelle Titelbild: Wikimedia / Lipedia ; CC Lizenz


        

Über

Ich bin Hendrik Ortmann, ausgebildeter Gesundheits- und Krankenpfleger und aktuell Student der Humanmedizin.

Das Thema Ernährung war schon immer in meinem Fokus und Literatur zu dem Thema kann gar nicht genug ins Haus flattern. Bewusstes und gesundes Essen in den Trainingsplan einzubauen ist für mich so wichtig wie das Training selbst. Ich finde es wichtig, über Ernährungsmythen und Fehlernährung aufzuklären, damit jeder einzelne über sich hinauswachsen kann und damit fitter, stärker und gesünder wird.

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