Moderne Zeiten: Wenn Kraftsport zur Laborwissenschaft verkommt

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Von Dr. Christian Zippel | Benötigte Lesezeit: 4 Minuten | 


Wer heutzutage nicht an hochmodernen Geräten trainiert und nach dem Training nicht das neue Superprotein trinkt, wird kaum eine Aussicht auf Erfolg seiner Bemühungen haben. Dieser wäre sowieso hinfällig, wenn sein Trainingsplan und die dahinter stehenden Prinzipien nicht an den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtet wäre.

Moderne Zeiten: Wenn Kraftsport zur Laborwissenschaft verkommt

In den letzten Jahrzehnten haben Wissenschaft und Industrie nämlich enorme Fortschritte in Forschung und Entwicklung machen können, damit nicht nur genetische Überflieger, sondern auch jeder normale Mensch in den Genuss von Gesundheit, Schönheit und Stärke kommen kann.

Dies ist selbstverständlich nur möglich, wenn man sich auch exakt an die entsprechenden wissenschaftlich untermauerten Vorgaben hält und die richtigen Supplements konsumiert.

Schließlich ist es undenkbar, wie ein hart arbeitender Mensch die notwendige Power im Training ohne Crea-Alka-Dura-Arginin aufwenden kann. Dass man nach dem Training die ‘Open Windows’ nutzen könnte, ohne einen entsprechenden Post-Workout-Shake der Firma Hypernutrition glaubt ja heute zum Glück sowieso niemand mehr. Ein Frühstück ohne das richtige Whey? Ich bitte Sie…

Im Training selbst sieht es ja oftmals nicht besser aus. Es werden glücklicherweise zwar weniger, aber immer noch viel zu viele trainieren mit Plänen und Übungen aus der Steinzeit.

Wer sich heutzutage nicht minutiös an die wissenschaftlich untermauerten Pläne und Trainingsvorgaben der Experten hält, ist selbst schuld, wenn seine Fortschritte stagnieren. Einige wenige unverbesserliche zerstören ihren Körper sogar heute noch mit Gelenkkillern wie Kreuzheben und Kniebeugen oder Bankdrücken über den vollen Bewegungsumfang. Die Liste derjenigen Sportler, die sich mit diesen Übungen den Rücken, die Beine und die Schultern kaputt gemacht haben, geht doch ins Uferlose. Wie kann man nur so die Augen vor den offenkundigen Tatsachen und wissenschaftlichen Erkenntnissen verschließen? Man kann zwar durch entsprechende Supplements einige Fehltritte abpuffern, aber das müssen dann schon die richtigen sein.

Selbst in der Wahl der Kleidung kann man viele Fehler machen. Wer hier nachlässig ist, wird starke Leistungseinbußen auf sich nehmen müssen. Es gibt nämlich viele minderwertige Stoffe, die den Schweiß nicht richtig abtransportieren oder sogar zu allergischen Immunreaktionen der Haut führen können. Wollen Sie das wirklich riskieren? Haben Sie denn überhaupt das richtige Schuhwerk? Falls Sie Rücken- oder Haltungsprobleme oder Schmerzen in den Knien haben, dann haben Sie Ihre Füße sicherlich falsch gebettet. Naja, wenn man an der Gesundheit spart, ist man selber schuld. Wer zusätzlich ohne Handschuhe, Bandagen und Gewichthebergürtel trainiert, kann sich ja sowieso bereits ein Bett im Invalidenlager vorbestellen.

Wer somit heutzutage nicht modern und auf wissenschaftlicher, sowie technischer Grundlage trainiert und supplementiert, der fördert seinen Körper nicht, er schadet ihm!

Moderne Zeiten: Wenn Kraftsport zur Laborwissenschaft verkommt

Welchen eklatanten Fehler machen diese Jungs? Ist doch logisch: Ihr Kleidung ist nicht atmungsaktiv genug, das verlängert unnötigerweise die Pausenzeiten und behindert so das Muskelwachstum – sagen Studien!

Wers glaubt wird selig

Das, was Du soeben gelesen hast, sind die Allgemeinplätze, die Industrie, Wissenschaft und unendlich viele Nachplapperer, die die Fähigkeit zum eigenständigen Denken bei der Geburt abgegeben haben, Dir weismachen wollen. Schließlich können sie so am meisten Aufmerksamkeit und Geld von Dir abknöpfen. Schlussendlich fallen viele auf den Blödsinn rein und glauben irgendwann sogar selbst daran.

Versteh mich nicht falsch: Wissenschaftliche Erkenntnisse sind für das tiefere Verständnis sehr informativ und das ein oder andere Supplement kann am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Dosierung sicherlich unterstützend wirken, aber für unser Ziel eines möglichst starken, muskulösen, ästhetischen und gesunden Körpers, ist dies alles nicht notwendig.

Wer ausreichend Menschenverstand, Selbstverständnis und Körpergefühl besitzt, wird auch ohne all dies Brimborium einen herausragenden Körper aufbauen können. Die Entwicklung der Kraft und Muskulatur selbst benötigt nämlich keine wissenschaftliche Grundlage. Auch in Bezug auf die Ernährung muss man sich nicht an hochwissenschaftliche und moderne Superdiäten halten, um gewisse Ziele zu erreichen.

Moderne Zeiten: Wenn Kraftsport zur Laborwissenschaft verkommt

Georg Hackenschmidt hatte vermutlich keinen Ernährungsplan aus dem Labor und trainierte auch nicht an High-Tech-Geräten. Das effizienter Muskelaufbau aber auch so funktioniert, kann nicht bezweifelt werden. Das Bild entstand um das Jahr 1900 herum. (Bildquelle: Wikipedia)

Es gibt nämlich seit über hundert Jahren…

…absolut fundamentale Grundregeln und Selbstverständlichkeiten, die heutzutage jedes Kind kennt und die auch immer noch gültig sind. Sie sind simpel und für jeden einzelnen nachvollziehbar. Ich rede von Sachverhalten wie einer ausgewogenen Ernährung, am Widerstand wächst man, wenn man weniger isst, als man verbraucht, nimmt man ab, usw., usf.

Wer sich daran hält, sowie beharrlich und entschlossen den eigenen Zielen folgt, der wird über kurz oder lang auch sehr gute und sichere Fortschritte machen.

Das Problem ist heutzutage nur, dass kaum jemand noch langfristig denkt. Jeder will möglichst schnell, möglichst viel Erfolg. Und aus diesem Grund beschäftigt sich ein jeder lieber mit Supplements, Steroiden, Kleidung und wissenschaftlichen Systemen, anstatt den Fokus auf hartes und einfaches Training zu legen und auf eine dauerhaft ausgewogene Ernährung zu achten.

Wer dies jedoch macht, wird sich im Dickicht verlaufen und nur durchschnittliche Erfolge haben. Es gibt nämlich keine Wunder, sondern nur beständige und harte Arbeit an sich selbst.

Alles was man schnell erhält, kann und wird man auch ebenso schnell wieder verlieren. Nur das, was langsam und stabil gewachsen ist, wird auch von wirklicher Dauer sein. Indem man jedoch versucht, kurzfristigen Erfolgen nachzuhasten, werden im Endeffekt langfristige Erfolge ganz ausbleiben. Aus diesem Grund sollte man endlich mal aufwachen und lernen, sich auf das Wesentliche zu besinnen.

Bereits zu Zeiten der Schwarzweißfotografie konnten damalige Athleten, die auch heute noch zur Spitzenklasse gehören würden, überragende Erfolge durch Training und Ernährung bewirken und das ohne wissenschaftliche und industrielle Systeme und Produkte. Was die können, können wir auch; wenn wir den richtigen Weg gehen und lernen, langfristig zu denken und zu arbeiten.

Sieh sie Dir an. Männer wie Hackenschmidt, Saxon, Höppener, Aberg, Sandow, Lurich und viele weitere mehr:

200 Years of Bodybuilding (vintage)

Sie hatten die richtige Einstellung zum Leben und konnten starke Leistungen und Körper aufbauen und zwar ohne Schnickschnack, sondern nur durch Disziplin und Beharrlichkeit. Du kannst das auch…

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Bildquelle Titelbild: Bob Hoffmann / Eugen Sandow


Über

Dr. Christian Zippel ist Urheber des 2013 geschlossenen und offline genommenen Kraftsport- und Bodybuilding-Blogs „Der Wille zur Kraft“. Er ist mehrfacher Autor, darunter von Werken wie „Der Wille zur Kraft – Die zehn Gebote kompromissloser Leistungssteigerung“, „HFT: Hochfrequenztraining & Autoregulation“ „Rosenrot – Oder die Illusion der Wirklichkeit“, „Leider geil, fett & faul“ oder „80/20 Fitness – Wenig investieren, viel erreichen“ und promovierte im Bereich der Philosophie.

Auch wenn er sich vielleicht selbst nicht so bezeichnen würde, so ist Christian doch das, was man als „Neuzeit-Philosoph“ bezeichnen könnte. Seine Werke und Artikel – selbst jene, die sich der Leibesertüchtigung verschrieben haben – sind durchtränkt mit philosophischem und erziehendem Charakter. Seine Lehrer? Seneca, Nietzsche, Bruce Lee. Sein Motto? Die Einheit von Körper und Geist. Mens fortis in corpore forti – ein starker Geist in einem starken. Körper.

Er selbst hat sich weitestgehend aus dem Internet zurückgezogen und ist nicht mehr in Blogs oder Foren aktiv. Die hier veröffentlichten Artikel sind aus seinem früheren Blog „Der Wille zur Kraft“ übernommen, da er sie kurz vor Torschluss zur Verfügung gestellt hat.

2014 gründete Christian den Fitness-Buchverlag „Faszination Fitness“, der vor kurzem mit seinem Erstlingswerk von sich reden machte, einem Crowdfunding-finanziertem Buchband namens „Stark & Schön“ in Zusammenarbeit mit Corinna Walther und Andreas Trienbacher.

Wer für ein Coaching oder geistigen Austausch den direkten Kontakt zu Christian sucht, der wird hier fündig: http://www.christian-zippel.de

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2 Kommentare

  1. Super Artikel !
    Leider geht der Trend genau in die beschriebene Richtung weiter :/

    Ersichtlich auch an der unglaublichen Menge von “YouTube-Channels” und “Athleten”, deren Anzahl in den letzten Monaten quasi explodiert ist.

    Viele werben für ihre Programme, die meist Renegade/IF.. für Arme ohne Biochemische Basis/Erklärung sind. Alles geht nur schnell schnell und meist innerhalb von “10-Tagen” um “360 Grad” oder eben ein “leaner Bulk”.

    Das erzeugt ja auch Druck bei “uns” trainierenden (siehe auch http://www.team-andro.com/der-nimmt-doch-was.html ) und im Endeffekt verschlechtert es das Klima im Studio, auch weil man den Fleiß von anderen nicht mehr anerkennt.

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