Trainingsvolumen & Muskelaufbau: Die optimale Verteilung

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Optimale Verteilung des Trainingsvolumens für Muskelaufbau

Von Bret Contreras | Benötigte Lesezeit: 8 Minuten |


23 Jahre habe ich damit verbracht, Programmdesigns zu analysieren. Ich begann damit, das große Bodybuilding-Buch von Arnold Schwarzenegger und die ganzen Muskelmagazine zu lesen. Dann stolperte ich über HIT-Training, dann HST-Training und zum Schluss über T-Nation. Irgendwann lernte ich Pubmed zu benutzen und Forschungsartikel zu lesen. Ich fachsimpelte zudem mit sicherlich über 1000 Trainees, Coaches, Personal Trainers und Physiotherapeuten.

Programmierung war für mich immer ein kompliziertes Thema. Ich ging durch die typische „Ich muss jede einzelne erdenkliche Übung in meinen Plan mit einbauen“-Phase und durch die „Fokussiere dich nur auf die großen fünf Übungen-Phase, sowie alles dazwischen. Ich untersuchte alle Programme meiner Lieblings-Bodybuilder und -Powerlifter und versuchte, das System hinter verschiedenen sowjetischen und bulgarischen Periodisierungsschemata zu verstehen. Programmierung kann höllisch komplex, aber auch ziemlich simpel sein.

In diesem Artikel möchte ich dir einige Dinge mit auf den Weg geben, die dir helfen sollen, zu verstehen, wie du dein Trainingsprogramm am besten gestalten kannst. Genauer gesagt möchte ich hier besprechen, wie man das Trainingsvolumen am besten verteilt, um das meiste aus dem Muskelwachstum herauszuholen. Vielleicht stimmst du meinem Fazit und den Beispielen unten nicht zu, aber darum geht es auch gar nicht. Es geht mir darum, dich zum Nachdenken über dein Programmdesign zu bringen.

Trainingsvolumen & Muskelaufbau: Die optimale Verteilung

Wähle einen Muskel und finde das optimale Volumen für ihn heraus

Wähle deine Lieblingsmuskelgruppe. Es ist vielleicht die Brust- oder die Oberschenkelmuskulatur. Willst du raten, was meine ist? Die Gesäßmuskeln! Aber es ist echt egal. Du möchtest das Muskelwachstum maximieren, und dafür musst du mit dem optimalen Volumen trainieren, um die größtmögliche Hypertrophie hervorzurufen. Die meisten fortgeschritteneren Individuen besitzen eine Muskelgruppe, die vergleichsweise hinterherhängt – eine, die sie verzweifelt zu verbessern versuchen. Da es für die meisten naturalen Trainees nicht gerade leicht ist, hinterherhängende Muskelpartien auf Vordermann zu bringen, bin ich der Meinung, dass unsere Trainingsprogramme sehr spezifisch auf unsere persönlichen Schwächen abzielen sollten – vorausgesetzt, dass die Ästhetik das Hauptziel darstellt. Aber ich schweife ab…

Damit die Frage, die ich im nächsten Abschnitt stellen werde, Sinn macht, muss ich zunächst noch ein paar mehr Details über unser Gedankenexperiment geben. Lasst uns also sagen, dass 33% deines Volumens im Bereich von 1-5 Wiederholungen stattfindet, 33% im Bereich von 6-12 Wiederholungen und 33% im Bereich von 13-30 Wiederholungen. Lasst uns zudem sagen, dass 30% deines Volumens bei einer RPE von 5-7, 60% bei RPE8-9 und 10% bei RPE10 sind.

Wenn diese Details also bekannt sind, wie viele Sätze würdest du pro Woche für deine Lieblingsmuskelgruppe durchführen? 10 Sätze pro Woche? 20? 30? 40? 50? 100? 1000? Zehn Sätze pro Woche wären wahrscheinlich nicht genug. 1000 Sätze wären natürlich viel zu viel des Guten und kontraproduktiv. Ich nehme an, dass die ideale Anzahl an Sätzen pro Woche irgendwo zwischen 15 und 30 liegt, abhängig davon, um welche Muskelgruppe und Übung es geht und wie gut die Regenerationsfähigkeit des Individuums ist.

Lasst uns der Einfachheit halber das optimale Volumen einfach mal auf 24 Sätze pro Woche festlegen.

Optimale Verteilung des Trainingsvolumens für Muskelaufbau

Bei der optimalen Verteilung des Trainingsvolumens geht es darum eine sinnvolle Aufteilung bei der Gesamtzahl der absolvierten Arbeitssätze im Verlauf der Woche zu tätigen. (Bildquelle: Fotolia / andy_gin)

Das Volumen auf die Trainingswoche verteilen

Wir haben also 24 Sätze pro Woche zur Verfügung, um eine bestimmte Muskelgruppe zu trainieren. Jetzt müssen wir herausfinden, wie wir dieses Volumen am besten auf die Woche verteilen.

Würdest du alle 24 Sätze an einem einzigen Tag absolvieren? Würdest du in der ersten Einheit 12 und in der zweiten Einheit auch 12 Sätze ausführen? Oder jeweils 8 Sätze an drei verschiedenen Tagen? Vielleicht würdest du auch an 6 Tagen pro Woche jeweils 4 Sätze absolvieren? Dies sind im Grunde genommen also deine Optionen:

  • 24 Sätze einmal pro Woche
  • 12 Sätze zweimal pro Woche
  • 8 Sätze dreimal pro Woche
  • 6 Sätze viermal pro Woche
  • 4 Sätze sechsmal pro Woche

Auf meiner Erfahrung als Trainer und Trainee basierend würde ich sagen, dass diese beiden Optionen die besten Ergebnisse liefern:

  • 8 Sätze dreimal pro Woche
  • 6 Sätze viermal pro Woche

Nehmen wir im Weiteren die 8 Sätze dreimal pro Woche, einfach, weil es simpler und leichter zu programmieren ist.

Übungsauswahl

Wir haben uns nun also entschieden, dass wir an drei Tagen pro Woche unsere ausgewählte Muskelgruppe jeweils mit 8 Sätzen trainieren werden. Jetzt müssen wir herausfinden, welche Übungen wir am besten absolvieren.

Es ist sehr wichtig, zu wissen, dass nicht alle Übungen den Körper in gleichem Ausmaß belasten.

  • Manche Übungen belasten das ZNS stark und können deshalb nicht so häufig ausgeführt werden (denk‘ an Übungen, die schwere Gewichte und hohe Wirbelsäulenbelastungen involvieren, wie zum Beispiel das Kreuzheben)
  • Manche Übungen erzeugen einen starken Muskelkater und können deshalb nicht so häufig ausgeführt werden (denk‘ an Übungen, welche die Muskeln unter hohen Belastungen stark in die Länge ziehen, wie rumänisches Kreuzheben oder Ausfallschritte)
  • Manche Übungen verteilen die Gelenkbelastung sehr ausgewogen und können deshalb häufiger trainiert werden (denk‘ an horizontales Rudern mit neutralem Griff, zum Beispiel Inverted Rows)
  • Manche Übungen erzeugen keinen starken Muskelkater und können deshalb häufiger trainiert werden (denk‘ an Übungen, bei denen man keine schweren Gewichte verwendet, wie Face Pulls, oder an Übungen, welche die Muskeln vor allem bei kurzen Muskellängen belasten, wie Hip Thrusts mit Gummibändern)
  • Manche Übungen beanspruchen bestimmte Anteile des gleichen Muskels (denk an Front- vs. Seit- vs. Vorgebeugtes Seitheben)

Mithilfe dieses Wissens sollte klar sein, dass eine Übung alleine die Hypertrophie-Reaktion einer Muskelgruppe auf ein Training noch nicht maximieren kann.

Sind die Gluteen die Muskelgruppe deiner Wahl, wäre dies ein beispielhaftes Trainingsprogramm:

  • Montag: 4 Sätze Kreuzheben, 2 Sätze Frontkniebeugen und 2 Sätze einbeinige Hip Thrusts
  • Mittwoch: 4 Sätze Hip Thrusts, 2 Sätze Bulgarian Split Squats und 2 Sätze Kickbacks am Kabelzug
  • Freitag: 4 Sätze Kniebeugen, 2 Sätze Rücken-Extensions und 2 Sätze einbeiniges rumänisches Kreuzheben.

Natürlich könnten am Ende des Trainings noch Übungen wie Lateral Band Walks mit Widerstandsbändern eingebaut werden – so etwas geht eigentlich immer.

Wenn die Quads deine Muskelgruppe sind, wäre dies ein beispielhaftes Trainingsprogramm:

  • Montag: 4 Sätze Kniebeugen, 2 Sätze Bulgarian Split Squats mit Defizit und 2 Sätze Beinstrecker
  • Mittwoch: 4 Sätze Beinpresse, 2 Sätze Frontkniebeugen und 2 Sätze Beinstrecker
  • Freitag: 4 Sätze High-Bar Kniebeugen mit Ketten, 2 Sätze Step-Ups und 2 Sätze Beinstrecker.

Wenn du die Brust als deine Muskelgruppe gewählt hast, wäre dies ein beispielhaftes Trainingsprogramm:

  • Montag: 4 Sätze Bankdrücken, 2 Sätze negativ Bankdrücken und 2 Sätze Crossovers am Kabelzug
  • Mittwoch: 4 Sätze Schrägbankdrücken, 2 Sätze Liegestütze und 2 Sätze Brustpresse
  • Freitag: 4 Sätze Kurzhantel-Bankdrücken, 2 Sätze Dips mit Zusatzgewicht und 2 Sätze Kurzhantel-Fliegende.

In jedem dieser Beispiele hast du eine Auswahl an Grund- und Isolationsübungen, du hast Übungen, welche die Muskeln bei langen und bei kurzen Muskellängen trainieren und du hast Übungen, die, kombiniert über die ganze Woche, das gesamte Muskelfaserspektrum abdecken.

Das Volumen auf die Trainingswoche verteilen

Unterschiedliche Übungen fordern den Körper (und sein Zentralnervensystem) unterschiedlich stark. Dies sollte bei der Verteilung des Trainingsvolumens berücksichtigt werden. (Bildquelle: Fotolia / alfa27)

Ist dies der absolut beste Weg, Muskeln aufzubauen?

Ich denke darüber schon die ganze Zeit nach und muss zugeben, die Antwort darauf nicht zu wissen.

Zum Beispiel frage ich mich, ob meine Klienten, wenn sie einen Hip Thruster kauften und 7 Tage pro Woche Hip Thrusts mit Bändern ausführten, bessere Ergebnisse erzielten, als wenn ich sie an 2 Tagen pro Woche Kniebeugen, Kreuzheben, Hip Thrusts, Ausfallschritte, Rücken-Extensions und Lateral Band Walks machen ließe?

Hip Thrusts mit Bändern aktivieren den oberen und unteren Gluteus maximus unglaublich gut. Sie produzieren eine Menge mechanischen und metabolischen Stress, aber nicht viel Muskelschäden (was gut ist, wenn man hochfrequent trainiert, aber nicht unbedingt optimal ist, wenn man die Hypertrophie maximieren will). Bis ich mehr weiß und Trainingsstudien diesbezüglich durchführen kann, werde ich weiterhin den Ansatz der Vielfalt wählen und eine große Bandbreite an Übungen in meine Muskelaufbau-Programme integrieren.

Bringen wir das Ganze zusammen

Wir kennen jetzt also den besten Ansatz für eine Muskelgruppe, aber können wir diesen Ansatz einfach auf jede Muskelgruppe übertragen? Wir haben 11 primäre Muskelgruppen, unter anderem:

  • Nackenmuskulatur
  • Schultermuskulatur
  • Brustmuskulatur
  • Latissimus/hintere Schultergürtelmuskulatur
  • Bizeps
  • Trizeps
  • Bauchmuskulatur
  • Gluteen
  • Quadrizepse
  • Ischiokrurale Muskulatur
  • Wadenmuskulatur

Keine Chance, dieses System für alle diese Muskelgruppen durchzuziehen. Man müsste 24 mal 11 Sätze – also 264 Sätze pro Woche – absolvieren, womit man sich in Grund und Boden trainieren würde. Dies ist genau der Grund, warum es so wichtig ist, sich in seiner Programmierung zu spezialisieren und nicht einfach jeder Muskelgruppe die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken.

Eine Ausnahme wäre, wenn du mit deinen Proportionen vollends glücklich bist und dich selbst für absolut symmetrisch hältst. In diesem Fall könntest du für jede größere Muskelgruppe wie die Deltoideus-Muskeln, die Brust, Lats, Gluteen und Oberschenkelrückseite jeweils 12 Sätze und für Trapezius, Bizeps, Trizeps, Bauch und Waden jeweils 4 Sätze pro Woche absolvieren (die Sätze werden sich logischerweise etwas überschneiden).

Wie würde man die oben aufgeführten Programmvorschläge vervollständigen?

Wenn wir das Beispiel für die Gluteen nehmen, trifft man die Quads und Oberschenkelrückseite bereits ziemlich gut, man müsste also wahrscheinlich nur noch ein paar Beinstrecker und Beincurls zusätzlich absolvieren, wenn zusätzliche Masse in Quadrizeps oder Oberschenkelrückseite erwünscht ist. Und an Dienstag und Donnerstag (und eventuell Samstag, jedoch sind 6 Tage Training für viele Trainees zu viel) könnte man den Oberkörper trainieren.

Das Gleiche gilt für das Beispiel für die Quadrizepse: An den Unterkörpertagen könnte man noch etwas zusätzliche Arbeit für die Gluteen und die Oberschenkelrückseite integrieren und an Dienstag, Donnerstag und möglicherweise Samstag würde man den Oberkörper trainieren. Im Beispiel für die Brustmuskulatur könnte man an den Oberkörpertagen noch einige Zug- sowie Schulterübungen integrieren und an Dienstag, Donnerstag und vielleicht Samstag den Unterkörper trainieren.

Das Training sollte also auf die individuellen Schwächen zugeschnitten sein

Priorisiere ein oder zwei Muskelgruppen, die du am meisten verbessern willst, aber stell sicher, dass du immer noch den gesamten Körper trainierst. Den meisten Frauen ist die Entwicklung ihrer Gluteen ungefähr eintausend Mal wichtiger als die des Trapezius‘, Bizeps‘ oder der Waden. Ihr Training sollte dies wiederspiegeln.

Gleiches Volumen, mehr Variation

Vielleicht ist dir bei meinen Beispielen von oben aufgefallen, dass einige Übungen für 4 Sätze und andere nur für 2 Sätze durchgeführt werden sollen. Das niedrigere Volumen pro Übung erlaubt eine höhere Übungsvariation.

 Wenn ich meine Rückenmuskulatur maximieren wollte und dafür 10 Sätze zur Verfügung hätte, würde ich wesentlich lieber 5 Übungen wie Kreuzheben, Chinups, vorgebeugtes Rudern, Latzug mit weitem Griff und sitzendes Rudern á jeweils 2 Sätzen hernehmen als alle 10 Sätze mit nur einer Übung wie Kreuzheben oder Chinups zu absolvieren. Dies gilt insbesondere für Muskeln, die verschiedene Gelenkfunktionen übernehmen und verschiedene Anteile haben.

Fazit

Es gibt eine schier unendlich große Anzahl an Konfigurationen, mithilfe derer man Muskeln aufbauen und stärker werden kann. Die Trainingsprogramme vieler Trainees sind jedoch nicht optimal auf deren Schwächen ausgerichtet.

Viele Trainees kopieren einfach die Programme ihrer Vorbilder oder führen ein ausgeglichenes Programm aus einer Zeitschrift durch. Dies führt zu suboptimalem Fortschritt, da das Training jeder Person individuell auf dessen Schwächen und Prioritäten zugeschnitten sein sollte. Viele meiner weiblichen Klientinnen priorisieren ganz eindeutig die Entwicklung ihrer Gluteen, können jedoch nur zweimal pro Woche trainieren. Ich lasse sie ca. 12 Sätze Gluteus-Übungen pro Trainingseinheit durchführen und habe damit exzellente Ergebnisse erzielt. Persönlich habe ich das Gefühl, sie würden vielleicht mit 3 Tagen pro Woche á 8 Sätzen für die Gluteen bessere Ergebnisse erzielen, aber das ist reine Spekulation und hängt wahrscheinlich vom Individuum ab.

Den Leser möchte ich nichtsdestotrotz auf die Variation im Training aufmerksam machen. Es ist okay, nur 2 Sätze in einer Übung zu absolvieren. Man muss nicht bei jeder einzelnen Übung 4-5 Sätze ausführen. Dies ermöglicht mehr Variation, eine verbesserte Rekrutierung motorischer Einheiten und im Gesamtbild einen besseren Muskelaufbau.



Bildquelle Titelbild: Fotolia / nikolas_ikd


Über

Bret Contreras (PhD, CSCS) wird vielfach als der führende Experte auf dem Gebiet Gesäßmuskeltrainings angesehen, was ihm unter anderem den Beinamen „The Glute Guy“ eingebracht hat. Auf seiner Seite BretContreras.com informiert der Personal Trainer seine Leser über effiziente Trainingsmethoden und Fitnesstraining.
Zusammen mit Chris Beardsley betreibt Bret darüber hinaus die Plattform Strength & Conditioning Research, die Abonnenten monatlich über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse im Trainingsbereich informiert.
Bekannt ist Bret unter anderem auch durch seine regelmäßigen Beiträge in einschlägigen On- wie Offline-Magazinen, darunter Flex, Men’s Health, Muscle & Fitness, T-Nation.com, Bodybuilding.com und viele andere.

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