Workout and Travel – Teil 2: Passende Übungen für leichtes & schweres Training auf Reisen

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Workout and Travel - Teil 2: Passende Übungen für leichtes & schweres Training

Von Vincent Braukämper | Benötigte Lesezeit: 7 Minuten |


In Teil 1 dieser Artikelreihe bringe ich ein paar grundlegende Dinge bzgl. Motivation auf den Punkt und beschreibe, wie wir uns das Reisen mit ein olympischen Langhantel ermöglicht haben. Reisen mit der Langhantel ist nicht so kompliziert wie man glaubt und für jeden passionierten Lifter ein Traum, aber es sollten mich noch andere Zeiten erwarten…

Denn nachdem mein Travelmate und ich unseren Squatbus – den Van mit der Langhantel – verkauft hatten und getrennter Wege gingen, begann die Herausforderung erst wirklich. Ein neu erworbenes, aber kaputtes Auto, kein Geld, kein Gym, kein Job: Ich stand Ende Januar diesen Jahres (2018) denkbar schlecht da. Am anderen Ende der Welt in Neuseeland. Ich hatte so einige Sorgen und in Form zu bleiben war definitiv nicht die Größte.

Workout and Travel – Teil 2: Passende Übungen für leichtes & schweres Training auf Reisen

Zu diesem Zeitpunkt schrieb ich ca. 20 Bewerbungen pro Tag für die lächerlichsten Jobs, einfach um ein bisschen Geld zu verdienen und weiter reisen zu können. Ich schlief in einem Shared Haus, in dem 20 Leute wohnten, auf der Couch im Wohnzimmer – sofern ich zum Schlafen kam, denn ständig ging da jemand ein und aus, Mäuse liefen umher, es wurde geraucht und gekifft während ich versuchte, zur Ruhe zu kommen, ständiger Lärm…

Was tut man in so einer Extremsituation?

Ich hatte Geld für eine Mahlzeit am Tag. Und wenn ich mir die schon zuführe, gehe ich doch wenigstens vorher zum Training – oder nicht? Ich beschloss, um meine metabolische Flexibilität optimal zu nutzen und so viel Energie wie möglich zu mobilisieren, mich ketogen zu ernähren (bei einer Mahlzeit pro Tag) nur nach Bewegung – also weiterhin nüchternes Training. Zwei Mal ging ich zum Probetraining in eins der besten Strength Gyms, die ich bisher besucht habe, das ATLAS Gymnasium Christchurch. Den Rest der Zeit hielt ich mich mit Körpergewichtsübungen über Wasser. So verbrachte ich zwei Wochen, in denen ich viel Körperfett und auch Muskelmasse verlor – aber belastbar blieb. Und: Ich begann, Neues zu lernen.

Workout and Travel - Teil 2: Passende Übungen für leichtes & schweres Training

Auf meiner Neuseeland Reise hatte ich auch die Gelegenheit in einigen der besten Gyms des Landes zu trainieren (wie z.B. dem ATLAS Gymnasium Christchurch). Das ist natürlich purer Luxus, der einem nicht immer zur Verfügung steht.(Bildquelle: Vincent Braukämper)

Während das Training mit der Langhantel ein großer Komfort war, war es ziemlich neu für mich, ohne regelmäßiges Training in Gymrings und ohne Zusatzgewichte, also nur durch Bodywheigtexercises, hohe mechanische Reize zu generieren. Auch hatte ich bisher meist bilateral gearbeitet, musste mich aber im Rahmen der Intensitätssteigerung der Körpergewichtsübungen zunehmend mit unilateralen Bewegungen befassen. Das Problem, mit dem ein durchschnittlicher Fitnessstudiobesucher in dieser Situation sicherlich konfrontiert wäre, ist, dass diese Bewegungen in der Gym-Welt nicht alltäglich sind und deswegen im Pumper-Denken auch nicht besonders präsent. Zudem ist das Tracking der Progression schwieriger.

Deswegen sind anspruchsvolle freie Übungen am Anfang einer längeren Reise eher als Technik Training (Üben) zu betrachten und sollten bei Zeitmangel nur kurz zur Beginn er Einheit ausgeführt werden. Anschließend können bekannte Bewegungen angegangen werden, um metabolische Reize zu setzen, Energiespeicher zu entleeren und von all den positiven Effekten – auch eines leichten Trainings zu profitieren.

Im Folgenden stelle ich zwei Optionen dar:

  1. Zum Einen werde ich ein paar Übungsbeispiele für tendenziell (je nach Traingsstand) schwere Übungen geben, mit denen ich beim Reisen gute Erfahrungen gemacht habe.
  2. Zum Anderen werde ich eine Übungsauswahl vorstellen, die fast jeder absolvieren kann und noch einmal darauf eingehen, wie auch mit relativ leichten Übungen Intensität erzeugt werden kann. Technische Übungsausführungen und Progressionen findet man in so vielen Videos im Internet, dass ich darauf nicht weiter eingehen möchte.

Workout and Travel - Teil 2: Passende Übungen für leichtes & schweres Training auf Reisen

Das Schöne an einem improvisierten Training ist, dass man dieses überall durchführen kann. Wieso also nicht auch mal in der freien Natur trainieren und ein paar Eindrücke vom Resieland sammeln? (Bildquelle: Vincent Braukämper)

Schweres Training auf Reisen ermöglichen: Welche Übungen sind geeignet?

Schwere Beinübungen

Schwere Beugevarianten sind:

  • Pistolsquats
  • Skatersquats

Zusatzgewichte (z. B. in Form eines Wasserkanisters oder eines Rucksacks) erhöhen die Schwierigkeit rapide. Sprints sind bei guter Ausführung ebenfalls eine hocheffektive Beintrainingsoption.

Schwere Druckübungen

Schwere Druckbewegungen sind:

  • Archer Pushups
  • Handstand Pushup Varianten
  • sowie bei Gelegenheit Dips

Schwere Zugübungen

Zum schweren Ziehen eignen sich immer

  • Klimmzüge (z. B. an einem Handtuch; bei Gelegenheit mit Zusatzgewicht).
  • Außerdem kann einarmig gerudert werden.
  • die Armbeugung kann (inklusive Griffkraft) durch Bizepscurls trainiert werden. Dazu braucht es nur einen schweren Gegenstand (z. B. einen Wasserkanister, einen Rucksack usw.) und ein Handtuch oder ein Kleidungsstück, welches am Gewicht befestigt wird. Das Greifen am Handtuch fordert die Griffkraft auf ungewohnte Art und Weise und forciert eine besonders starke Aktivierung der gesamten Armmuskulatur.
  • Wer Turnringe dabei hat, hat es natürlich manchmal deutlich leichter, Gelegenheiten zu finden, den Oberkörper zu trainieren, aber darauf sollte man sich nicht verlassen.

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Erlaubt ist, was funktioniert: Wer auf Reisen trainieren möchte, kann typische Alltagsgegenstände für sein Training missbrauchen. Besonders gut eignen sich Behältnisse, die nach Belieben mit Wasser aufgefüllt werden können. (Bildquelle: Vincent Braukämper)

Leichtes Training auf Reisen ermöglichen: Welche Übungen sind geeignet?

Auf leichte Übungen werde ich nur kurz eingehen, da du sie wahrscheinlich sowieso kennst. Hier ist es viel interessanter, wie mit diesen Bewegungen muskelerhaltende Reize generiert werden können.

Leichte Beinübungen

Leichte Beinübungen sind

  • Kniebeugen
  • Ausfallschritte
  • Split Squats und vieles mehr.

Hier ist es besonders schwierig, hohe Reize zu setzen, ohne eine der schweren Beugevarianten einzusetzen. Wer nicht die Beweglichkeit oder die Kraft für Pistolsquats mitbringt, kann aber einfach mit einer Fersenerhöhung arbeiten und sich ggf. auf einem Bein in die Hocke setzen und mit beiden Beinen wieder aufstehen – also exzentrische Pistolsquats mit Fersenerhöhung ausführen.

Leichte Druckübungen

Leichte Druckübungen sind (auch erhöhte)

  • Liegestütze
  • Bankdips
  • Überkopfdrücken mit dem Expander (ok, kommt drauf an wie stark der Expander ist) oder mit Gegenständen, z. B. dem Rucksack oder Kanister.

Leichte Zugübungen

Leichte Zugbewegungen können z. B.

  • Rudern am Handtuch
  • Expander oder an Ringen sein
  • Reverse Butterflys mit einem Expander oder Zugbewegungen von oben mit demselben Equipment.

Das ist alles erstmal denkbar unkompliziert. Um alle Bewegungsrichtungen in jeder Situation abdecken zu können, braucht es nur ein Stück Boden und einen Expander ODER eine Stelle, an der man sich hochziehen oder zumindest Handtuch oder Ringe aufhängen kann.

Workout and Travel - Teil 2: Passende Übungen für leichtes & schweres Training auf Reisen

Training auf Reisen erfordert Disziplin, einen eisernen Willen und Durchhaltevermögen. Bei derartigen paradiesischen Zuständen kommt man ansonsten schnell in Versuchung, das Training sausen zu lassen. (Bildquelle: Vincent Braukämper)

Beeinflussung der Trainingsintensität beim Training auf Reisen

Zum Erzeugen von Intensität gibt es, selbst in diesen Bewegungen, schier endlos viele Möglichkeiten – auch bei Zeitmangel. Damian hat dazu mal einen sehr guten und motivierenden Artikel geschrieben, aber ein paar Punkte zähle ich auch hier auf:

Kadenz

Liegestütz ist easy? Okay, dann geh mal in den Stütz, lass dir 4-6 Sekunden für ein kontrolliertes Ablassen, bleib 2 Sekunden unten und komm schnell wieder hoch. 10 mal.

  • Allgemeine Formel: Langsame exzentrische Bewegungen führen auch bei leichten Übungen zu hoher Ermüdung und Muskelschaden.

Natürlich kann der Trainingseffekt durch extrem bewusste und starke Körperspannung verbessert werden. Wer sich beim Liegestütz mit Hilfe der Rückenmuskulatur in die exzentrische Bewegung hineinzieht, sodass Brust, Schulter Trizeps etc. noch stärker arbeiten müssen, der schafft selbst mit einer eigentlich einfachen Körpergewichtsübung einen Trainingsreiz. Die gleiche Technik kann auch in der Konzentrik, also beim Hochdrücken angewandt werden.

Das funktioniert auch bei Kniebeugen, Rudern und jeder anderen Bewegung.

Vorermüdung

Eine weite Möglichkeit, einfach Bewegungen zu intensivieren, ist unter Vorermüdung zu trainieren. Das bedeutet, dass die bei einer Übung angesprochenen Muskelgruppen teilweise oder insgesamt schon vorher trainiert werden.

Um als einfaches Beispiel wieder den Liegestütz anzuführen: Führst du drei Sätze Bankdips bis zum Muskelversagen aus und beginnst danach dein Liegestütz Training, wird der Liegestütz dir sehr schwer fallen, da der Trizeps bereits stark ermüdet ist. Unter Umständen wirst du nun deine Brust- und Schultermuskulatur stärker beim Liegestütz einsetzen als es dir ohne vorermüdeten Trizeps möglich gewesen wäre.

Je nachdem, wie unvorhersehbar und anstrengend die Reise ist, ist mit diesen Möglichkeiten eine Trainingsplanung möglich oder nicht.

  • Wenn keine progressive Planung möglich ist, muss man sich damit abfinden, nach Tagesform trainieren und das Beste daraus machen.
  • Sind die Belastungen während der Reise kalkulierbar, kann auch mit den vorgestellten Möglichkeiten regelmäßig ein Trainingsreiz geschaffen werden, der dich stärker macht und Muskelwachstum anregt.

Bevor wir zum Ende kommen, möchte ich dir auf jeden Fall noch ans Herz legen, dir fürs Reisen zwei bis drei schwache Gummibänder/Expander anzuschaffen, wie z. B. diesen hier: BeMaxx Widerstandsbänder.

Im Zweifelsfall bist du damit flexibel, kannst in alle Bewegungsrichtungen trainieren und dich mit verschiedenen Intensitätstechniken in Form halten.

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Wer auf Reisen viel mit Körpergewichtsübungen trainiert, hat die Gelegenheit ein Meister in Sachen Calisthenics zu werden. (Bildquelle: Vincent Braukämper)


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Abschließende Worte

Inspirationen zur Trainingsgestaltung auf Reisen sind leicht zu finden. Die Herausforderung besteht darin, sich aus den bestehenden Möglichkeiten ein System zu erstellen, das auf deinen Körper und zu deiner Situation passt – UND: Durchzuhalten.

Wenn dir eine Reise bevorsteht und du dir nicht sicher bist, wie du dich in dieser Zeit in Form halten und vielleicht sogar verbessern kannst, dann mach dir einen Termin bei einem professionellen Trainer, der dich dazu beraten kann. Beraten heißt in diesem Kontext nicht nur, ein paar Übungen zu zeigen, sondern ein System zu erstellen, das auf dich zugeschnitten ist und zu dir passt.

Auch mentale Unterstützung durch Internettelefonate und Mails können in so einen Service integriert werden. Viel Erfolg!


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Vincent Braukämper hilft kraftsportbegeisterten Athleten dabei, ihr volles Kraftpotenzial zu entfalten und ihre Leistung auf ein neues Level zu heben. Dafür nutzt er sein hocheffizientes Elite-AP-System, in dem er interdisziplinäres Wissen aus Trainingswissenschaft, Physiotherapie, Orthopädie und Ernährungswissenschaft kombiniert und individuell auf den Klienten anpasst.

Über seine Coaching Plattform Intelletics.com (Intelligent Athletics Systems) teilt er sein Wissen und organisiert seine Lehrveranstaltungen, in denen sich nicht nur Sportler, sondern auch Trainer, Ärzte und anderen Wissbegierige fortbilden.

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