Periodisierung des Menstruationszyklus für besseren Muskel- & Kraftaufbau

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Periodisierung des Menstruationszyklus für besseren Muskel- & Kraftaufbau

Von Menno Henselmans | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Okay, ja – Ich geb‘ es zu. Das Wortspiel war beabsichtigt. Wissenschaftler pflegen, Phrasen wie „an den Menstruationszyklus angepasste Programmierung des Krafttrainings“ zu verwenden.

Menstruationsperiodisierung ist jedoch prägnanter und … nun … interessanter. Viel wichtiger ist jedoch, dass es harte Fakten gibt, die dieses Konzept untermauern. Frauen sind in der Lage, mehr Muskeln und Kraft aufzubauen, wenn sie ihr Krafttrainingsprogramm an ihren Menstruationszyklus anpassen.

In diesem Artikel zeige ich dir, wie das funktioniert.

Periodisierung des Menstruationszyklus für besseren Muskel- & Kraftaufbau

Östrogen: Überführt wegen der Verbrechen des Progesterons

Die Hormonkonzentrationen fluktuieren während des Menstruationszyklus‘, um also die Menstruationsperiodisierung zu verstehen, müssen wir zunächst diese Hormone verstehen. Lass uns mit Östrogen beginnen.

Östrogen wird oftmals als dasjenige Hormon verunglimpft, das uns fett und gebrechlich macht – ein Ruf, der vor allem auf den Ergebnissen männlicher Steroid-Nutzer basiert. Diese Reputation könnte jedoch bei Frauen unverdienter wohl nicht sein. Östrogen wirkt anti-katabol und hilft bei der Reparatur von Muskelgewebe (für eine detaillierte Studiendiskussion, siehe meinen Artikel „Frauen, Training & Muskelaufbau: Über das natürliche Aufbaupotenzial des weiblichen Geschlechts“).

Es gibt jedoch leider ein Hormon, welches viele der Dinge tut, für die Östrogen oft beschuldigt wird – und das ist Progesteron.

Ironischerweise scheinen die katabolen Effekte des Progesterons teilweise daraus zu resultieren, dass es die positive Wirkung des Östrogen reduziert (1). Östrogen fördert beispielsweise die Glukoseaufnahme in die Typ-1-Muskelfasern und verhindert den Proteinabbau. Progesteron wirkt beiden Effekten entgegen. Progesteron scheint zudem den motorischen Kortex und somit die Fähigkeit des Gehirns zu inhibieren, die Muskeln zu rekrutieren (2). Das vielleicht Schlimmste ist, dass Progesteron als Testosteron-Antagonist wirken und dessen anabole Effekte blockieren kann (3).

Kurzum: Östrogen scheint (für Frauen) ziemlich hilfreich für den Muskelaufbau zu sein, während Progesteron nur Negatives beizutragen scheint. Das Verhältnis von Östrogen und Progesteron beeinflusst also den Erfolg unserer Trainingseinheiten (1).

Hormonelle Veränderungen während des Menstruationszyklus‘

Die Östrogen- (besonders Östradiol-) und Progesteronkonzentrationen fluktuieren während des Menstruationszyklus‘ stark. Vom Start der Menstrualblutung bis hin zur Ovulation – in der Follikelphase –  ist die Östradiolkonzentration tendenziell höher als die Progesteronkonzentration. Von der Ovulation bis hin zum Start der nächsten Menstruation – in der Lutealphase – ist die Progesteronkonzentration tendenziell höher als die Östradiolkonzentration.

Periodisierung des Menstruationszyklus für besseren Muskel- & Kraftaufbau

Fluktuation der Östradiol- und Progesteronkonzentration im Verlauf des Menstruationszyklus. (Bildquelle: Tenan et al, 2015)

Während der Follikelphase ist auch der Testosteronspiegel tendenziell höher, als in der Lutealphase (die Variation ist jedoch lange nicht so groß wie bei Östradiol und Progesteron). Basierend auf diesem Wissen würde man erwarten, dass während der Follikelphase das Training effektiver wäre. Aber wird diese Theorie von irgendwelchen Daten unterstützt?

Werfen wir einen Blick in die wissenschaftliche Literatur.

Menstruationsperiodisierung: Die Forschung

In der unten abgebildeten Grafik habe ich die Forschung zusammengefasst, die sich damit befasst, wie sich die Kraft während des Menstruationszyklus‘ verhält. Es ist nicht leicht, dies zu messen, da – wie wir alle wissen – das Training selbst die Kraft natürlich positiv beeinflusst und somit als Störvariable agiert. Trotzdem kann man sehen, dass der Trend fast perfekt mit dem Verhältnis von Progesteron zu Östradiol zusammenpasst:

Frauen sind in der Follikelphase, wenn das Verhältnis von Estradiol zu Progesteron hoch ist, tendenziell stärker. Nach der Ovulation, wenn sich das Verhältnis gerade am Umkehren ist, sinken das Kraftlevel, bis das Verhältnis wieder positiv wird. Es ist kein riesiger Kraftunterschied, aber der Trend ist da.

Periodisierung des Menstruationszyklus für besseren Muskel- & Kraftaufbau

Fluktuation der Körperkraft im Verlauf des Menstruationszyklus. (Bildquelle: Bayesianbodybuilding.com)

Sowohl Kraft, als auch das anabole hormonelle Milieu, begünstigen also das Training zwischen dem Start der Menstruationsblutung und dem Ende der Ovulation. Aber beeinflussen diese Veränderungen auch den langfristigen Kraft- und Muskelaufbau?

Sung et al. testeten das Prinzip der Menstruationsperiodisierung (4):

  • 20 Frauen trainierten 3 Monate lang ein Bein mit 8 Trainingseinheiten in der Follikelphase und mit 2 Trainingseinheiten in der Lutealphase.
  • Das andere Bein trainierten sie mit der höheren Frequenz in der Lutealphase.
  • Die Beine, welche öfter in der Follikelphase trainiert wurden, gewannen 42% mehr Kraft (maximale isometrische Kraft) und 46% mehr Muskulatur (Summe aus 3 Durchmessern) als die Beine, die vor allem während der Lutealphase trainiert wurden.

Weiterhin erhöhten sich der Durchmesser der Typ-2-Fasern und das Zellkern-Faser-Verhältnis in denjenigen Beinen, welche die höhere Frequenz in der Follikelphase abbekamen, signifikant; in den Beinen, die in der Lutealphase mit höherer Frequenz trainiert wurden, konnten diese Veränderungen nicht festgestellt werden.

Frühere Forschung von Reis et al. verglich eine konstante Trainingsfrequenz (alle 3 Tage) des einen Beines mit einem Programm für das andere Bein, in dem in der Follikelphase eine höhere Trainingsfrequenz (jeden zweiten Tag) und in der Lutealphase eine niedrigere Trainingsfrequenz angewandt wurde (5). Also die gleiche Gesamtanzahl von Trainingseinheiten, nur entweder mit einer regelmäßigen Verteilung über den Menstruationszyklus – wie es die meisten Leute tun – oder mit einer höheren Frequenz in der Follikelphase.

  • Die Beine, die mit dem Prinzip der Menstruationsperiodisierung trainiert wurden, erfuhren einen 33%igen Maximalkraftzuwachs, verglichen mit lediglich 13% in den regulär trainierten Beinen.
  • Positive Korrelationen wurden für die Muskelzuwächse von Frauen und der Östradiol- bzw. Testosteronkonzentration und negative Korrelationen für Progesteron gefunden, was die Hormone als treibende Kraft hinter der Effektivität der Menstruationsperiodisierung bestätigt.

Eine aktuelle Studie von 2017 bestätigte, dass eine höhere Trainingsfrequenz in der Follikelphase die besten Ergebnisse erzeugte (6). Die Studie war länger (4 Monate), rekrutierte mehr Subjekte (59), inkludierte nur krafttrainingserfahrene Frauen und nutzte 3 verschiedene Gruppen:

  1. Eine Kontrollgruppe, die während der gesamten Studie 3-mal pro Woche trainiere.
  2. Eine Gruppe mit höherer Trainingsfrequenz in der Follikelphase und niedrigerer Trainingsfrequenz in der Lutealphase (sinnvolle Menstruationsperiodisierung).
  3. Eine Gruppe mit niedrigerer Trainingsfrequenz in der Follikelphase und höherer Trainingsfrequenz in der Lutealphase (das Gegenteil einer sinnvollen Menstruationsperiodisierung).

Auch wenn nicht alle Tests eine statistische Signifikanz erreichten, schlussfolgerten die Autoren:

„Unsere Ergebnisse deuten an, dass ein mit einer höheren Frequenz periodisiertes Krafttraining der Beine während der ersten 2 Wochen des Menstruationszyklus vorteilhafter in Sachen Explosivitäts-, Kraft- und Aufbau der fettfreien Masse ist als während der letzten 2 Wochen.“Wikström-Frisèn et al, 2017

Die Gruppe, welche eine sinnvolle Menstruationsperiodisierung implementierte, war in der Tat die einzige Gruppe, die einen signifikanten Anstieg der fettfreien Masse der Beine hatte.

Nur eine Studie fand keine positiven Effekte einer Menstruationsperiodisierung: Sakamaki-Sunaga et al. rekrutierten 14 Frauen, die den einen Arm während der Follikelphase dreimal und während der Lutealphase einmal pro Woche mit 3 Sätzen á 8-15 Wiederholungen Bizepscurls trainierten, während sie das gleiche Programm für den anderen Arm ausführten, jedoch mit einer Einheit in der Follikelphase und 3 Einheiten in der Lutealphase (7).

Die fehlenden positiven Ergebnisse könnten eine Folge fehlender statistischer Teststärke sein oder daher rühren, dass die Hormone beim Training einer einzigen kleinen Muskelgruppe keine so große Rolle spielen. Die Studie setzte zudem von allen Studien zum Thema Menstruationsperiodisierung die niedrigste Trainingsfrequenz ein.

Hier ein Überblick über die Studien darüber, wann während des Menstruationszyklus‘ höhere Trainingsfrequenzen am effektivsten sind:

Periodisierung des Menstruationszyklus für besseren Muskel- & Kraftaufbau

Eine höhere Trainingsfrequenz liefert bis/während der Ovulation die beste Ausbeute, was Kraft- und Muskelzuwachs betrifft. (Bildquelle: Bayesianbodybuilding.com)

Praktische Anwendung

Bist du eine Frau, deren Hormonspiegel über den Menstruationszyklus hinweg fluktuieren, kann die Planung der meisten Trainingseinheiten in der Follikelphase deines Menstruationszyklus‘ deine Kraft- und Muskelentwicklung signifikant verbessern. Alternativ funktioniert es wahrscheinlich genauso gut, die Trainingsfrequenz gleich zu halten, jedoch das Trainingsvolumen während der Follikelphase im Vergleich zur Lutealphase zu erhöhen. Die späte Follikelphase ist für die Muskeln die ideale Zeit, um zu arbeiten.

Hast du einen perfekt durchschnittlich langen Menstruationszyklus von 28 Tagen, besteht die Follikelphase aus den ersten 14 Tagen nach dem Start der Menstruation. Eine Bandbreite von 22 bis 36 Tagen wird jedoch noch als eine normale Länge des Menstruationszyklus angesehen. Um die Struktur des individuellen Menstruationszyklus‘ einzuschätzen, kann es hilfreich sein, die Körpertemperatur zu messen.

Die Körpertemperatur erhöht sich um den Zeitpunkt der Ovulation, dem Mittelpunkt des Zyklus‘ zwischen der Follikel- und der Lutealphase, um mindestens 0,3°.

Ladies, es wird Zeit, dass ihr eure Hormone zu eurem Vorteil nutzt!

Quellen & Referenzen

(1) Oosthyse, T. / Bosch, AN. (2010): The effect of the menstrual cycle on exercise metabolism: implications for exercise performance in eumenorrhoeic women. In: Sports Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20199120/.

(2) Tenan, MS. / Hackney, AC. / Griffin, L. (2016): Maximal force and tremor changes across the menstrual cycle. In: Eur J Appl Physiol. URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s00421-015-3258-x.

(3) Kincl, FA. (1971): Progesterone as testosterone antagonist. In: Popline.org. URL: http://www.popline.org/node/485036.

(4) Sung, E., et al. (2014): Effects of follicular versus luteal phase-based strength training in young women. In: Springerplus. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4236309/.

(5) Reis, E. /  Frick, U. / Schmidtbleicher, D. (1995): Frequency variations of strength training sessions triggered by the phases of the menstrual cycle. In: Int J Sports Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8776210.

(6) Wikström-Frisèn, L. / Boraxbekk, CJ. / Henriksson-Larsén, K. (2017): Effects on power, strength and lean body mass of menstrual/oral contraceptive cycle based resistance training. In: J Sports Med Phys Fitness. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26558833.

(7) Sakamaki-Sunaga, M., et al. (2016): Effects of Menstrual Phase-Dependent Resistance Training Frequency on Muscular Hypertrophy and Strength. In: J Strength Cond Res. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26554551.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / romanolebedev


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Online Physique Coach, Fitnessmodell und wissenschaftlicher Autor – Menno Henselmans hilft Trainierenden, die es Ernst meinen, dabei ihre ideale Physique zu erreichen, indem er auf Bayes’sche Methoden zurückgreift. Folge Ihm auf Facebook, Twitter und check seine persönliche Website für weitere frei verfügbare Artikel ab.

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