Ist pflanzliches Eiweiß gesünder als tierisches Eiweiß? | Studien Review

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Ist pflanzliches Eiweiß gesünder als tierisches Eiweiß? | Studien Review

Von Dr. Thomas Lindner | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Protein ist zwar allgemein gesehen nicht so umstritten, wie Kohlenhydrate oder Fette, doch auch bei diesem wichtigen Makronährstoff scheiden sich seit Jahren die Geister darüber, wie gesund oder schädlich eine erhöhte Proteinzufuhr ist.

Dass (mehr) Protein unzählige Vorteile liefert, gilt zumindest in (Kraft-)Sportkreisen als unumstritten. Innerhalb der letzten Jahre ist man verstärkt dazu übergegangen Fragen bezüglich der Qualität und Herkunft zu stellen. Im Zeitalter der Massentierhaltung und Gammelfleischskandalen wird der gesundheitliche Nutzen von tierischem Protein immer häufiger kritisch diskutiert.

Eine ewige Debatte: Pflanzliches Eiweiß Vs tierisches Eiweiß

Während also Otto Normal im Zweifelsfall den Verzehr von Fleisch und Co. einfach reduziert, geraten ernährungsbewusste Menschen und hart trainierende Sportler immer häufiger in ein Dilemma. Tierisches Eiweiß gilt normalerweise als hochwertiger, da es ein Aminosäureprofil aufweist, welches dem in unserem Körper am ehesten gleicht. Es enthält alle essenziellen Aminosäuren, die für eine reibungslose Funktion erforderlich sind.

Pflanzliche Lebensmittel mit höherem Eiweißanteil müssen dagegen entsprechend kombiniert werden, um Defizite in bestimmten Aminosäuren auszugleichen und um die Bioverfügbarkeit auf ein vernünftiges Niveau zu heben. Das ist in der Regel auch kein Problem, wenn genügend Eiweiß zugeführt wird – Probleme treten erst auf, wenn eine einseitige Ernährung vorliegt.

Generell macht der Körper keinen allzu großen Unterschied zwischen tierischem und pflanzlichem Eiweiß, sofern es in ausreichender Menge vorliegt (die wiederum vom Lebensstil und Ziel des Betroffenen abhängt), doch wie das nun einmal so ist, kommt das Eiweiß nicht isoliert (100% Protein) in den Körper. Sowohl tierische als auch pflanzliche Proteinquellen haben ihre ganz eigene Nährstoffmatrix, in die das Eiweiß eingebettet ist. Neben dieser natürlichen Nährstoffmatrix spielen weitere Lagerungs- & Verarbeitungsschritte (industrielle Lebensmittelproduktion) eine weitere wichtige Rolle.

Unter dem Strich bleibt Protein zwar Protein, doch aufgrund der oben genannten Umstände gibt es Anlass zur Spekulation, inwiefern sich der Gesundheitswert von pflanzlichem um tierischem Eiweiß unterscheidet. Kurz: Ist pflanzliches Protein gesünder als tierisches Protein?

Die Ernährungsgewohnheiten der Deutschen

Bevor wir die Frage im Titel beantworten, sollten wir uns zuerst kurz ansehen, wie die Ernährung unserer Gesellschaft eigentlich aussieht. Die NVS II (Nationale Verzehrsstudie) aus den Jahren 2005-2007 zeigte z.B. das die Deutschen im Schnitt zu viel Fleisch und zu wenig Obst und Gemüse verzehren (1).

Zum Beispiel beträgt der Gemüseverzehr bei Männern und Frauen etwa 124g/Tag – und entspricht damit nur einem Drittel des empfohlenen Orientierungswerts von 400g/Tag. Beim Fleisch (inklusive Fleischerzeugnisse und Wurstwaren) nehmen Männer glatt das Doppelte (1092g/Woche statt 300-600g/Woche) als die empfohlene Wochenmenge zu sich. Frauen sind hier auch an der Obergrenze (595g/Woche).

Dasselbe Bild wurde auch in der Studie gezeigt, die später noch genauer beleuchtet wird. In dieser Untersuchung kamen die Forscher zu folgendem Ergebnis: Die mehr als 130 000 Studienteilnehmer deckten ihren Nährstoffbedarf mit 14% tierischem Eiweiß. Pflanzliches Eiweiß hatte nur einen Anteil von 4% (2).

Hauptquellen tierischen Eiweißes sind u.a.: Eier, Hühnerfleisch, Fisch, rotes Fleisch und Milchprodukte. Zu den pflanzlichen Quellen zählten: Brot, Haferflocken, Nüsse, Bohnen, Linsen etc.

Nun aber direkt zur Studie. Diese wurde von Forschern der Harvard Medical School (Boston) durchgeführt und im renommierten Journal JAMA Internal Medicine 2016 veröffentlicht (2).

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Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality

Die Studie umfasste, wie oben bereits beschrieben mehr als 130.000 Personen mit einem durchschnittlichen Alter von 49 Jahren. Zwei Drittel der Population waren Frauen. Die Teilnehmer wurden akribisch über ihren Lebens- und Ernährungsstil ausgefragt, darunter z.B. sportliche Aktivität, rauchen, Alkoholkonsum, Erkrankungen, etc.

Die Daten, die für diese Studie herangezogen wurden entstammen aus der Nurses’ Health Study (1980-2012) und der Health Professionals Follow-up Study (1986-2012) (3)(4).

Anhand dieser Daten wurden Risikofaktoren (z.B. Rauchen) rausgerechnet und sich die Mortalität (Sterberate) im Bezug auf die Menge des zugeführten Eiweißes (tierisch und pflanzlich) angesehen.

Bevor wir nun auf die Ergebnisse der Untersuchung eingehen, möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, aus der man zwar eine Korrelatio, jedoch nicht zwangsweise eine Kausalität ableiten kann.

Das Studienergebnis: Ein höherer Anteil an pflanzlichem Protein ging mit einer niedrigeren Sterberate einher

Die Datenauswertung brachte zu Tage, dass eine 10%ige Erhöhung der Zufuhr von tierischem Protein (gemessen an der Gesamtkalorienzufuhr) mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko einherging (2). Die Korrelation war in dem Fall mit 2% verhältnismäßig schwach, erhöhte sich allerdings im Falle eines Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 8% (2).

Andererseits zeigten Personen, die den Anteil des pflanzlichen Proteins erhöhten, ein verringertes Sterberisiko (2). Drei Prozent mehr pflanzliches Eiweiß (im Hinblick auf die Gesamtkalorien) reduzierte das generelle Sterberisiko um ganze 10 Prozent. Wieder auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen beschränkt, sank das Risiko einer Erkrankung um 12 Prozent.

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Charakteristika der Studienteilnehmer nach prozentualer Zufuhr von tierischem und pflanzlichem Protein (gemäßen an der Gesamtkalorienzufuhr) (Bildquelle: Song et al, 2016)

Interessanterweise zeigten vor allem Studienteilnehmer, welche bereits ein höheres Risiko zu erkranken hatten (die typischen übergewichtigen, Raucher und/oder Alkoholkonsumenten) einen großen Benefit durch die Erhöhung des Anteils an pflanzlichem Protein, was die Vermutung stützt, dass es am Ende doch eher der eigentliche Lebensstil ist, der das Kernproblem darstellt.

Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass es vor allem das verarbeitete rote Fleisch ist, welches ein erhöhtes Gesundheitsrisiko darstellt und bevorzugt durch pflanzliches Eiweiß ausgewechselt werden sollte:

“Substitution of plant protein for animal protein, especially from processed red meat, may confer a substantial health benefit. Therefore, public health recommendations should focus on improvement of protein sources.” – (2)

Abschließende Worte

Diese Beobachtungsstudie zeigt einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Verzehr tierischer Proteinquellen (insbesondere verarbeitetes rotes Fleisch) und einem höheren Risiko zur Gesamtsterblichkeit sowie die Gefahr Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden, auf.

Demgegenüber zeigte der Konsum pflanzlicher Eiweißquellen einen gegenteiligen Effekt, von dem insbesondere Bevölkerungsschichten profitierten, die einen ansonsten weniger gesunden Lebensstil pflegen.

Bevor du jetzt zum Kühlschrank läufst und all deine Fleischreserven wegwirfst, möchte ich eine Sache ganz besonders betonen: Die negativen Effekte von tierischem zeigten sich vor allem bei Personen, die mindestens einen weiteren begleitenden Risikofaktor (z.B. Rauchen, Alkoholkonsum etc.) aufwiesen.

Ohne diese Risikofaktoren fällt der gesundheitliche Vorteil durch einen höheren pflanzlichen Proteinkonsum geringer aus.

Es bleibt fraglich, inwiefern diese Ergebnisse sich so einfach auf eine gesundheitsbewusste und trainierende Bevölkerungsschicht übertragen lassen (insbesondere wenn verarbeitete Produkte gemieden werden und man Alkohol und Zigaretten meidet).

Was können wir aus dieser Studie also lernen?

Viel Neues gibt es nicht zu berichten, außer der Tatsache, dass du öfter mal zu Gemüse greifen solltest und das pflanzliches Protein im Zweifel eine gute Alternative zu verarbeiteten Fleischprodukten, wie z.B. Wurst und Co. darstellen – dies scheint umso mehr zu gelten, je ungesünder dein sonstiger Lebensstil zu sein scheint, was ungefähr so viel bedeutet, als dass gefährdete Personengruppen eher von einer Reduktion von tierischem Eiweiß und mehr pflanzlichem Eiweiß profitieren, als andere.

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Quellen & Referenzen

(1) Max Ruber Institut: Die Nationale Verzehrsstudie II. URL: https://www.mri.bund.de/de/institute/ernaehrungsverhalten/forschungsprojekte/nvsII/.

(2) Song, M , et. al. (2016): Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality. In: JAMA Intern Med. URL:  http://archinte.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=2540540.

(3) Colditz, GA., et. al. (1997): The Nurses’ Health Study: 20-year contribution to the understanding of health among women. In: J Womens Health. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9065374.

(4) Rimm, EB., et. al. (1991): Prospective study of alcohol consumption and risk of coronary disease in men. In: Lancet. URL: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1678444.


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Bildquelle Titelbild: Pixabay / niekverlaan ; CC Lizenz


 

Über

Dr. Thomas Lindner ist Wissenschaftler und begeisterter Hobbyathlet. Im Sommer 2016 schloss Thomas sein Doktoratsstudium an der Radboud University Nijmegen (Die Niederlande) im Gebiet der MRT Physik ab. Hier ist sein Spezialgebiet die Bildgebung im Neurovaskulären Bereich.

Obwohl Thomas erst seit wenigen Jahren regelmäßig Sport treibt, ist er jeden Tag (Montag – Samstag) aktiv. Insbesondere Ausdauersportarten wie Laufen und Radfahren gehören zu seinen Lieblingsdisziplinen. Zukünftig wird auch die dritte Triathlondisziplin (Schwimmen) in seinen Trainingsplan integriert zur Wettkampfvorbereitung. Auch das Krafttraining kommt hierbei nicht zu kurz. Früher noch ein überzeugter Eisenkrieger, werden immer mehr Calisthenicsübungen in sein Programm integriert, um das gesamte Programm abzurunden. Des Weiteren hält Thomas sich auf dem Laufenden über Ernährungstrends und experimentiert sehr gerne mit neuen Rezepten. Als begeisterter Koch ist es für Thomas selbstverständlich jeden Tag selbst für sich zu kochen.

Beruflich gehören zu Thomas Hauptaufgaben gehört Schreiben von wissenschaftlichen Fachartikeln, sowohl über seine eigenen Forschungsgebiete, als auch das Erstellen von Review Artikeln über spezielle Themen, wie z.B. Sportjournale. Des Weiteren ist er als Reviewer tätig für medizinische Fachjournale.

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