Phenibut: Die sowjetische Smartdroge

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Phenibut: Die sowjetische Smartdroge

Von Menno Henselmans | Benötigte Lesezeit: 6 Minuten |


  • 1963, St. Petersburg, Russland – Ein Forscher namens Perkalin aus der Sowjetunion synthetisiert 3-Phenyl-4-Aminobuttersäure. Es soll ein Medikament werden, das psychisch auffällige Kinder ruhigstellt
  • 1964 – Professor Khaunma nennt das Medikament „Phenigamma“ und beschreibt erste Ergebnisse der beruhigenden Wirkung in „Byulleten Eksperimental’noi Biologii i Meditsiny“
  • 1975 – Phenigamma ging aus der Klinik in den allgemeinen Gebrauch unter dem Namen „Phenibut“. Das sowjetische Ministerium verordnet das Medikament aufgrund des revolutionären psychologischen Beruhigungseffekts und gleichzeitigem geistigen Stimulationseffekt Astronauten.
  • 2001 – Über 300 wissenschaftliche Publikationen wurden über Phenibuts pharmakologische und geistesschärfende Wirkungen verfasst.
  • 2014 – Phenibut wird weltweit als „Smart Drug“, Stimmungsaufheller, Schlafhilfe und Regenerationsbooster verwendet.

Was soll das Zeug jetzt mit Fitness und Gesundheit zu tun haben?

Bodybuilding und Fitnesstraining ist mehr als nur den Körper selbst zu verändern/verbessern. Es ist ein Lebensstil, der die Verbesserung von allen Bereichen im Fokus hat. Die alten Griechen hatten bereits die Philosophie, das Erziehung und Ausbildung nicht nur die körperlichen, sondern auch die Geistigen Fähigkeiten trainieren soll. Es gab in der Renaissance und der Aufklärungszeit wenig Trennung zwischen körperlicher und geistiger Fitness.

Heutzutage wissen die meisten ja auch nicht mehr, dass „Gym“ für „Gymnasium“ steht und der Ruf des Bodybuildings kam von einer Tugend der Intellektuellen ab und das Klischee des Bodybuilders ist eher das Gegenteil.

Phenibut: Die sowjetische Smartdroge

Die Effekte von Phenibut

Phenibut ist ein Derivat von GABA (Gamma-Amino-Butter-Säure). GABA ist der primäre Neurotransmitter, der die Erregbarkeit der Neuronen reguliert (es wirkt inhibierend). Kurzgefasst: GABA sorgt dafür, dass dein Gehirn nicht durchdreht.

Warum sollten wir deshalb nicht einfach das GABA direkt nehmen? Das liegt daran, das GABA vom Körper (im Gehirn) selbst produziert wird und deshalb die Blut-Hirn-Schranke nicht durchdringen kann (1). Phenibut durchdringt die Blut-Hirn-Schranke also effizienter als ein GABA Supplement.

Im Menschen hat Phenibut zwei Haupteffekte (2)(3)(4):

  1. Es ist eine „Smart Drug“ – also es soll klüger machen. Phenibut erhöht primär die Konzentration mit einem schwachen Effekt auf das Gedächtnis und die Intelligenz.
  2. Es ist stark angstlösend. Phenibut wird verwendet um Panikattacken, stottern, Parkinson, Neurosen, Balanceschwächen, spastische Anfälle, Epilepsie, Hyperaktivität, Schlafmangel und die posttraumatische Belastungsstörung zu behandeln. Auch „Pick-up Artists“ verwenden Phenibut um auf schöne Frauen zugehen zu können.

Beide Effekte sind das Resultat von Phenibut auf das zentrale Nervensystem.

Zusätzlich verbessert Phenibut die Stimmung. Es wirkt als Anti-Depressant und reduziert sowohl die Reizbarkeit als auch die Müdigkeit. Klinisch wird es zur Behandlung des asthenisch-depressiven Syndroms verwendet (2).

Diese psychoaktiven Effekte sind vergleichbar mit den Effekten von Alkohol, aber ohne den deprimierenden Effekt. Wenn man Medikamente in gute und schlechte Substanzen einteilen möchte, dann gehört Alkohol zum schlechten und Phenibut gar nicht hinein. Phenibut hilft dir dich zu fokussieren und zu beruhigen ohne die Anregung durch Koffein oder das benebeln durch Alkohol.

Die Effekte von Phenibut können den ganzen Tag andauern, obwohl es eine Halbwertszeit (im Blutplasma) von nur 5.3 Stunden hat (2). Das liegt daran, dass die Effekte auf die GABA Rezeptoren länger wirken können, obwohl Phenibut selbst schon lange über die Nieren ausgeschieden wurde (16)(17).

Phenibut: Nicht nur für Astronauten

Phenibut hat ein paar mehr Effekte, die für Bodybuilder relevant sind:

  • Es kann die HGH (Human Growth Hormone) Sekretion stimulieren. In einer Studie an Kraftsportlern erhöhte eine GABA Supplementierung im Ruhezustand die HGH Sekretion um 375%. Die Konzentration nach dem Training war um 175% erhöht. Baclofen, was fast wie Phenibut wirkt, erhöht auch die HGH Synthese (5)(6)(8).
  • Phenibut wirkt anti-hypoxisch. Wenn du deinen Muskel intensiv trainierst, dann kann dieser nicht mehr genug Sauerstoff aufnehmen und wird hypoxisch (Sauerstoffmangel). Dieser metabolische Stress regt die Muskelhypertrophie an. Phenibut kann deine Toleranz zu diesem metabolischen Stress erhöhen und erlaubt es dir stärker zu trainieren (2).
  • Phenibut ist neuroprotektiv und verbessert das Energiepotential der Zellen, was es dir auch erlauben kann härter zu trainieren (2).

Eine weitere Studie zeigte auch, dass Phenibut die Muskelkraft erhöhen kann, aber dieses Ergebnis wird vermutlich auf neurotische oder psychisch kranke Individuen beschränkt sein, denn die genannte Studie hat in trainingserfahrenen Männern keinen Effekt gezeigt (5)(6)(9). Man sollte Phenibut nicht als typische Performance steigernde Substanz ansehen. Phenibut kann sogar die Performance reduzieren (Siehe „Dosierung“). Du solltest Phenibut also eher als Regenerationsbooster sehen und keine Wunder erwarten.

Phenibut scheint am besten in sehr schlanken Personen zu wirken. Es kann der natürlichen Reduktion von HGH bei reduziertem Gewicht entgegenwirken. Dies hilft es deinen Gelenken gesund zu bleiben und lässt deinen Stoffwechsel weiterlaufen. Die Stimmungserhöhenden Effekte sind also sehr von Vorteil, was dir jeder der schon mal unter 7% Körperfettanteil hatte erzählen kann.

Phenibut: Die optimale Dosierung

Die meisten Studien verwendeten Dosierungen bis zu 3 Gramm pro Tag. Bei dieser Dosierung wurden keine psychologischen Nebenwirkungen gefunden (2)(10). Dennoch nehmen viele Leute höhere Dosierungen.

Diese „Je mehr, desto besser“ Philosophie ist die gleiche wie die Falscheinschätzung des Proteinbedarfs oder der Grund, warum viele von koffeinabhängig werden. So wie bei Koffein fühlt sich Phenibut gut und harmlos an, deshalb werden hohe Dosen eingenommen. Dies führt zur Sucht: Toleranz zu den guten Effekten und Entzugserscheinungen bei Reduzierung der Einnahme.

Und diese Leute bezahlen auch den Preis: Phenibutentzug ist die Hölle. Um von 20g pro Tag wegzukommen, kann man tatsächlich psychotisch werden (13). Die Dosis langsam zu reduzieren verringert diese Symptome natürlich, aber das Beste ist natürlich gar nicht erst süchtig zu werden.

Berechnung der humanäquivalenten Dosis (nicht nur für Phenibut nützlich)

Um die optimale Dosis herauszubekommen, muss man die Forschungen an Tieren ansehen und die äquivalente Dosis am Menschen (Äquivalenzdosis) finden, indem man um die Unterschiede im Stoffwechsel korrigiert. Die 3-Schritte Formel unten konvertiert die Tierdosis zu der für den Menschen (Dies kann übrigens für jede Substanz verwendet werden, nicht nur Phenibut)

  1. Deine Körperoberfläche (m²) = 0.007331 x Höhe (in cm)0.725 x Gewicht (kg)0.425 (11)(12). Es ist wichtig deine eigene Körperoberfläche zu berechnen und nicht 1.6 als Konstante zu verwenden, denn das würde zu einer Unterschätzung in Bodybuildern und einer Überschätzung in schlanken Frauen führen.
  2. Dein Km Faktor = Gewicht (kg) / Körperoberfläche (m²) (14)
  3. Multipliziere die Tierdosis um den Km Faktor und dividiere um deinen eigenen Km Faktor um die menschliche Äquivalenzdosis zu bekommen (14)
  4. Berechne die Äquivalenzdosis für 70mg/kg in Mäusen für das Pre-Workout und die Nebenwirkungsdosis. Benutze 200mg/kg für die Suchtobergrenze

Drei Gramm Phenibut am Tag können zu einer starken Toleranz zu den Effekten führen und auch zu Entzugserscheinungen, wenn man es absetzt (2)(17). Die Sucht entwickelt sich in weniger als 10 Tagen (16)(17). Ein 1.78m Erwachsener mit 80kg wird eine Toleranz bereits bei 1.2g/Tag entwickeln (16). Es ist nicht genau bekannt wie gering die Dosis sein muss um keine Sucht zu entwickeln, daher sollte man eher auf der sicheren Seite bleiben.

Athleten sollten an Trainingstagen die Dosis sehr gering halten. Basierend auf den oben erwähnten Werten, nur können 0.4g/Tag die Aktivität im Motorkortex, den Muskeltonus, die Koordination und Körpertemperatur reduzieren. Die Pre-Workout Dosis sollte also zu weniger als einem halben Gramm reduziert werden.

Phenibut kann eine gute Wirkung erzielen, aber man sollte damit nicht spielen. Kurz gesagt: Sei kein Idiot. Das sollte eigentlich gesunder Menschenverstand sein, aber wenn der so häufig wäre, dann hätte ihn auch jeder.

Deshalb sollte es wiederholt werden: Sei kein Idiot. Benutze die obenstehenden Formeln um die beste Dosis Phenibut für deine Ziele herauszubekommen. Reduziere deine Pre-Workout Dosis zu 0,5g und deine tägliche Dosis zu 1g/Tag und nimm niemals mehr als 3g/Tag, außer du weißt genau, was du tust.

Die Effekte von Phenibut sind stark abhängig vom Stress und Angstlevel. Also wird deine Persönlichkeit und deine Situation stark beeinflussen wie gut du von Phenibut profitieren kannst. Wenn du nicht in einer stressigen Situation bist, oder sowieso eine sehr ruhige Person bist, dann wirst du nicht viel von Phenibut merken, außer du nimmst einige Gramm. Also experimentieren und Timing ist wichtig um deine Dosis herauszufinden. Es ist ein Medikament und nicht irgendein Supplement, das du einfach so jeden Tag nimmst.

Phenibut kaufen?

Phenibut ist eine Nahrungsergänzung, die in fast jedem Land legal ist. Das ist ein weiterer Grund, warum viele Leute es unterschätzen. Es gibt aber keine Verbindung zwischen der Sicherheit einer Substanz und der Legalität.

Ernsthaft – sei nicht naiv. Lerne selbst für dich zu denken und hör auf einfach blind alles zu glauben, was dir erzählt wird. Phenibut ist eine dieser Substanzen, die offensichtlich durch alle Ministerien gerutscht ist. Solange es aber Idioten gibt, die es überdosieren und durchdrehen, wird es nicht mehr allzu lange so sein.

Dennoch könnte es schwer werden Phenibut zu bekommen, obwohl es legal ist. Viele Läden und auch Amazon haben es gar nicht mehr. eBay ist eine gute Alternative. Such dir einen gut bewerteten Verkäufer und hol es dir..

       

Take Home Message

  • Phenibut ist eine „Smart Drug“, ein Stimmungsaufheller, Schlafhilfe und Regenerationsbooster.
  • Du kannst es bei eBay bekommen.
  • Benutz die Formeln, die hier im Artikel stehen, um deine tägliche Maximaldosis ohne Nebenwirkungen oder Suchtgefahr herauszubekommen.

Quellen & Referenzen

(1) Khaunina, RA. / Maslova, MN. (1968: The pharmacologic activity and cerebral permeability of gamma-aminobutyric acid and its derivatives. In: Rus Vopr Psikhiatr Nevropatol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/5741045.

(2) Lapin, I. (2001): Phenibut (beta-phenyl-GABA): a tranquilizer and nootropic drug. In: CNS Drug Rev. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11830761.

(3) Sytinsky, IA. / Soldatenkov, AT. (1978) Neurochemical basis of the therapeutic effect of gamma-aminobutyric acid and its derivatives. In: Prog Neurobiol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/82264.

(4) Neumyvakin, IP., et al. (1978): Principles for making up pharmaceutical kits to supply cosmonauts with drug packs. In: Rus Kosm Biol  Aviakosm Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/661205.

(5) Powers, M. / Lamprecht, M. (2012): Acute Topics in Sport Nutrition. In: Med Sport Sci. Basel, Karger, 2012, vol 59, pp 36–46. URL: https://www.karger.com/Book/Toc/257294.

(6) Powers, ME., et al. (2008): Growth hormone isoform responses to GABA ingestion at rest and after exercise. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18091016.

(7) Cavagnini, F., et al. (1980): Effect of gamma-aminobutyric acid on growth hormone and prolactin secretion in man: influence of pimozide and domperidone. In: J Clin Endocrinol Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7419665.

(8) Cavagnini, F., et al. (1980): Effect of acute and repeated administration of gamma aminobutyric acid (GABA) on growth hormone and prolactin secretion in man. In: Acta Endocrinol (Copenh). URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7376786.

(9) Mehilane, LS. / Rago, LK. / Allikmets, LH. (1990): Pharmacology and clinic of phenibut. In: Tartu: Izd. TGU, 1990.

(10) Lapin, IP. / Khaunina RA. (1964): Pharmacology and clinical use of gamma-aminobutyric acid and its derivatives. In: Role of gamma-aminobutyric acid in the activity of the nervous system. In: Leningrad: Izd. LGU, 1964:101–115.

(11) Lee, JY. / Choi, JW. / Kim, H. (2008): Determination of body surface area and formulas to estimate body surface area using the alginate method. In: J Physiol Anthropol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18379164.

(12) Verbraecken, J., et al. (2006): Body surface area in normal-weight, overweight, and obese adults. A comparison study. In: Metabolism. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16546483.

(13) Högberg, L. / Szabó, I. / Ruusa, J. (2013): Psychotic symptoms during phenibut (beta-phenyl-gamma-aminobutyric acid) withdrawal. In: Journal of Substance Use. URL: http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.3109/14659891.2012.668261.

(14) Reagan-Shaw, S. / Nihal, M. / Ahmad, N. (2008): Dose translation from animal to human studies revisited. In: FASEB J. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17942826.

(15) Adaptiert nach Dave Asprey.

(16) Riago, LK. / Sarv, KHA. / Allikmets, LKH. (1983): Effect of multiple daily administration of fenibut and diazepam on GABA and benzodiazepine receptors in the mouse brain. In: Biull Eksp Biol Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6140966.

(17) Gusel, VA. / Smirnov, DP. (1980): Peripheral mechanism of the phenomenon of fenibut habituation. In: Farmakol Toksikol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6108239.



Bildquelle Titelbild: Fotolia / kentoh


 

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