Buchrezension: Schnelles Denken, Langsames Denken von Daniel Kahnemann

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Buchrezension: Schnelles Denken, Langsames Denken von Daniel Kahnemann

Von Mathias Ney | Benötigte Lesezeit: 11 Minuten |


Schnelles Denken, Langsames Denken (Thinking, Fast and Slow – ein Buch, dass perfekt in unseren heutige Welt passt.

In Zeiten, in denen populistische Parteien europaweit mit Schubladendenken und Vorurteilen auf Stimmenfang gehen, Ängste geschürt werden und die Finanzexperten an Ihren Vorhersagen zweifeln, liefert Daniel Kahnemann die passenden Erklärungen für viele unserer selbst gemachten Probleme.

Darüber hinaus liefert er Antworten, warum der Snickers Werbeslogan „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist“ gar nicht so weit hergeholt ist, ein Richter nicht Würfelspiele vor der Urteilsverkündung spielen sollte und schildert viele Phänomene, die unser Denken und Urteilsvermögen maßgeblich beeinflussen.

Buchrezension: Schnelles Denken, Langsames Denken von Daniel Kahnemann

Schnelles Denken, Langsames Denken | Zum Buch

Buchrezension: Schnelles Denken, Langsames Denken von Daniel KahnemannGelesen wurde die Taschenbuchausgabe. Das Design des Buches kommt einfach und minimalistisch daher, wovon man sich nicht täuschen lassen sollte, denn der Inhalt hat es in sich: 624 Seiten, in 5 Teile gegliedert und insgesamt 38 Kapitel werden dem Leser für gerade einmal 12€ (Taschenbuch) geboten.

Ebenfalls ist dieses Buch als Kindle-Edition für 8,99€ und als gebundene Ausgabe für 26,99€ erhältlich. Auch hier gibt es nichts über den Preis zu meckern.

Schnelles Denken, Langsames Denken | Zum Autor – Daniel Kahnemann

Geschrieben wurde es von Daniel Kahnemann, einem israelisch-amerikanischen Psychologen. Sein Leben widmete Kahnemann der Erforschung menschlicher Urteilsheuristiken und kognitiven Verzerrungen. Er legte in Zusammenarbeit mit seinem 1996 verstorbenen Kollegen Amos Tversky die Grundlagen der Verhaltensökonomie und beide entwickelten die Prospekt-Theorie, für welche Daniel Kahnemann 2002 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft beehrt wurde.

Geboren wurde er 5.März 1934 in Tel Aviv, überlebte versteckt mit seiner Familie die Wirren und Schrecken des Nationalsozialismus und wanderte1946 nach Palästina aus, wo er an der Hebräischen Universität Psychologie und Mathematik studierte.Nach seinem Examen leistete er seinen dreijährigen Wehrdienst in der israelischen Armee, die ihn anschließend als Psychologen einstellte, um für die Auswahl von Offiziersbewerbern Tests zu entwickeln

1958 studierte er erneut Psychologie an der University of California. Von 1961 bis 1978 lehrte er an der Hebräischen Universität Jerusalem, 1978 bis 1986 an der University of British Columbia und von 1986 bis 1994 arbeitete er als Professor an der University of California, Berkely. Seit 1993 hat Kahnemann die Eugene-Higgins-Professur für Psychologie an der Woodrow Wilson School für öffentliche und internationale Angelegenheiten der Princeton University inne

Daniel Kahnemann erhielt darüber hinaus viele Ehrungen und der Nobelpreis stellt die Krönung seines Lebenswerkes dar. Steven Pinker bezeichnete ihn gar als den wichtigsten lebenden Psychologen.

Neben seinen Dissertationen hat er in Zusammenarbeit mit Amos Tversky weitere Bücher veröffentlicht, welche aber nicht ins Deutsche übersetzt wurden

Dazu gehören

Das hier rezensierte Buch stellt die Zusammenfassung all seiner bisherigen Erkenntnisse und Arbeiten dar, welche er Jargon-frei – mit vielen Anekdoten und in einfacher Sprache – dem Leser näher bringen möchte. Ihm kam es zu einfach und leichtfüßig vor, sodass er zweifelte, ob er es überhaupt veröffentlichen solle. Er fürchtete um seinen guten Ruf und erst vier Experten, welche je 2000€ für die Lektüre des Manuskriptes erhielten, überzeugten ihn von der Genialität seines Werkes.

Man kann ohne jeden Zweifel behaupten, dass Daniel Kahnemann Großes für das Verständnis der menschlichen Entscheidungs- und Verhaltensökonomik geleistet hat und seine zahlreichen Erkenntnisse bringen einen immer wieder ins Staunen

Schnelles Denken, Langsames Denken | Inhaltsverzeichnis

Einleitung

  • Entstehung
  • Wo wir heute stehen
  • Was als nächstes komm

Teil 1

1. Die Figuren der Geschichte

  • Zwei Systeme
  • Der Gang der Handlung
  • Ein kurzer Überblick
  • Konflikt
  • Illusionen
  • Nützliche Fiktionen

2. Aufmerksamkeit und Anstrengung

  • Mentale Anstrengun

3. Der faule Kontrolleur

  • Das ausgelastete und erschöpfte System
  • Das faule System
  • Intelligenz
  • Kontrolle und Rationalität

4. Die Assoziationsmaschine

  • Die Wunder des Priming
  • Primes, die uns anleiten

5. Kognitive Leichtigkeit

  • Illusionen des Gedächtnisses
  • Illusionen der Wahrheit
  • Wie man eine überzeugende Mitteilung schreibt
  • Beanspruchung und Anstrengung
  • Die Freuden mühelosen Denkens
  • Leichtigkeit, Stimmung und Intuition

6. Normen, Überraschungen und Ursachen

  • Normalität beurteilen
  • Ursachen und Intentione

7. Eine Maschine für voreilige Schlussfolgerungen

  • Vernachlässigung von Ambiguität und Unterdrückung von Zweifeln
  • Die Vorliebe, Aussagen zu Glauben und eigene Erwartungen zu bestätigen
  • Überzogene emotionale Kohärenz
  • Der Halo-Effekt
  • What you see is all there is

8. Wie wir Urteile bilden

  • Elementare Bewertungen
  • Mengen und Prototypen
  • Intensitäten und wie man sie vergleichen kann
  • Die mentale Schrotflinte

9. Eine leichtere Frage beantworten

  • Fragen ersetzen
  • Die 3-D-Heuristik
  • Die Stimmungsheuristik für Glück
  • Die Affektheuristik

Teil 2

10. Das Gesetz der kleinen Zahlen

  • Das Gesetz der kleinen Zahlen
  • Die Tendenz, eher zu glauben als zu zweifeln
  • Ursache und Zufal

11. Anker

  • Ankerung als Anpassung
  • Ankerung als Primimg-Effekt
  • Der Ankerungsindex
  • Gebrauch und Missbrauch von Ankern
  • Ankerung und die beiden System

12. Die Wissenschaft der Verfügbarkeit

13. Verfügbarkeit, Emotion und Reue

  • Verfügbarkeit und Affekt
  • Die Öffentlichkeit und die Experte

14. Was studiert Tom W.?

  • Vorhersage durch Repräsentativität
  • Die Sünden der Repräsentativität
  • Wie man Intuition disziplinier

15. Linda: Weniger ist mehr

  • Weniger ist mehr, manchmal sogar bei gemeinsamer Bewertun

16. Ursachen vs. Statistik

  • Kausale Stereotype
  • Kausale Situationen
  • Kann man Psychologie unterrichten

17. Regression zum Mittelwert

  • Talent und Glück
  • Regression verstehe

18. Intuitive Vorhersagen bändigen

  • Nicht regressive Intuitionen
  • Eine Korrektur für intuitive Vorhersagen
  • Eine Verteidigung extremer Vorhersagen?
  • Die Regression im Zwei-Systeme-Model

Teil 3

19. Die Illusion des Verstehens

  • Die sozialen Kosten der Rückschau
  • Erfolgsrezept

20. Die Illusion der Gültigkeit

  • Die Illusion der Gültigkeit
  • Der Irrglaube, einen guten Riecher für Aktien zu haben
  • Kompetenz und Gültigkeit – warum wir diesen Illusionen unterliegen
  • Die Illusionen von Experten
  • Die Experten können nichts dafür – die Welt ist eben komplizier

21. Intuitionen und Formeln

  • Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs minus Streithäufigkeit
  • Die Feindseligkeit gegen Algorithmen
  • Von Paul Meehl lernen
  • Probieren Sie es selbst au

22. Die Intuition von Experten: Wann können wir ihr vertrauen?

  • Glanzleistung und Mängel
  • Intuition als Wiedererkennen
  • Erwerb von Fertigkeiten
  • Die geeignete Umgebung für Expertise
  • Feedback und Übung
  • Die Gültigkeit von Intuitionen beurteile

23. Die Außensicht

  • Die Verlockung der Innensicht
  • Der Planungsfehlschluss
  • Wie man Planungsfehlschlüsse in den Griff bekommt
  • Entscheidungen und Irrtümer
  • Einen Test nicht bestehe

24. Die Maschine des Kapitalismus

  • Optimisten
  • Illusionen von Unternehmern
  • Vernachlässigung der Konkurrenzn
  • Selbstüberschätzung
  • Wie die Prä-mortem-Methode helfen kann

Teil 4

25. Irrtümer

  • Bernoullis Irrtum

26. Die neue Erwartungstheorie

  • Verlustaversion
  • Blinde Flecken der neuen Erwartungstheori

27. Der Endownment-Effekt

  • Der Endownment-Effekt
  • Wie ein Wertpapierhändler denke

28. Negative Ereignisse

  • Ziele und Referenzpunkte
  • Den Status quo verteidigen
  • Das Rechtswesen und die Verlustaversion

29. Das viergeteilte Muster

  • Wahrscheinlichkeiten verändern
  • Das Allais-Paradoxon
  • Entscheidungsgewichte
  • Das viergeteilte Muster
  • Glücksspiele im Schatten des Gesetze

30. Seltene Ereignisse

  • Überschätzen und Übergewichten
  • Anschauliche Ergebnisse
  • Anschauliche Wahrscheinlichkeiten
  • Entscheidungen auf der Basis globaler Eindrück

31. Risikostrategien

  • Weit der eng
  • Samuelsons Problem
  • Risikostrategie

32. Buch führen

  • Mentale Buchführung
  • Reue
  • Verantwortung

33. Umkehrungen

  • Eine Herausforderung für die Ökonomik
  • Kategorien
  • Ungerechte Umkehrunge

34. Frames und Wirklichkeit

  • Emotionales Framing
  • Leere Intuitionen
  • Gute Frame

Teil 5

35. Zwei Selbstests

  • Erfahrungsnutzen
  • Erfahrung und Gedächtnis
  • Welches Selbst sollte zählen?
  • Biologie kontra Rationalität

36. Das Leben als eine Geschichte

  • Amnestischer Urlau

37. Erlebtes Wohlbefinden

38. Lebenszufriedenheit

  • Die Fokussierungs-Illusion
  • Immer wieder der Faktor Zeit

Schlusswort

  • Zwei Selbste
  • Econs und Humans
  • Zwei Systeme

Anhang

  • Urteile unter Unsicherheit: Heuristiken und kognitive Verzerrungen
  • Entscheidungen, Werte und Frames
  • Dank
  • Anmerkungen
  • Sachregister
  • Personenregister

Schnelles Denken, Langsames Denken | Zum Inhalt

Sind wir Menschen rationale Wesen, die Entscheidungen unabhängig von ihren Emotionen und Vorurteilen treffenWer sich mit Daniel Kahnemanns Forschungsergebnissen auseinandersetzt, wird dies vermutlich bezweifeln.

Das Denken des Menschen wird von zwei Systemen beherrscht, dem intuitiven und dem rationalen System. Welches System ist mächtiger? Die Antwort will ein Großteil der Wissenschaftler nicht wahrhabe. Ihr rationaler Verstand wird von Daniel Kahnemann in Frage gestellt, denn das intuitive System ist weitaus mächtiger als das rationale System.

Wir können unser Denken nur in begrenztem Maße kontrollieren, meint Kahnemann und liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse aus seinen Forschungen.

Schnelles Denken, Langsames Denken ist im Grunde genommen zur Enzyklopädie der gesamten Verhaltensökonomik geworden. Jedes Kapitel ist einem Forschungsergebnis gewidmet und erzählt dessen Geschichte. Das Buch besteht insgesamt aus fünf Teilen, in denen Daniel Kahnemann seine Forschungsergebnisse gruppiert.

Die beiden beschriebenen Systeme stellen eine stark vereinfachte Form der Vorgänge unseres Bewusstseins dar. Daniel Kahnemann betont, dass dies nur als Erleichterung zum Verständnis der von ihm beschriebenen Vorgänge und Phänomene unseres Denkens dient.

Der Autor erläutert die Unterschiede zwischen den Operationen der beiden Systeme und wie System 1 (das intuitive System) unser rationales Denken fortwährend beeinflusst.

Der Hauptunterschied liegt darin, dass System 1 immer „läuft“, während wir System 2 bewusst einschalten müssen. Darüber hinaus ist System 2 auch sehr träge und wird häufig aus evolutionär bedingten Energiespargründen nicht aktiviert. Es ist auch aus diesem Gesichtspunkt betrachtet von Vorteil für das Überleben des Individuums, weil 

  • System 1 sehr schnell und vollautomatisch arbeitet, während System 2 sehr langsam funktioniert. System 1 befähigt uns rasch zu handeln und zu urteilen. Intuitiv erkennen wir, ob uns jemand wohlgesonnen ist, oder uns ans Leder möchte.
  • System 2 wird in Ausnahmefällen automatisch aktiviert und dies ist der Fall, wenn Überraschungen auftreten, die dem Weltbild von System 1 fremd sind, z.B. bellende Pferde oder fliegende Kühe.

Die automatische Funktionsweise unseres intuitiven Denkens erklärt auch die auftretenden Verzerrungen und Fehler in unserem Denken. System 1 beeinflusst unseren rationalen Verstand maßgeblich, indem wir unsere Intuitionen direkt als Vorlage weiterverwenden, oder System 2 erst gar nicht aktivieren. Mit folgendem Gedankenexperiment kann man diesen Effekt erfahren:

„Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen 1,10$. Der Schläger kostet 1$ mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball?“

0,10$ ist vermutlich die Antwort, die den meisten in den Sinn kommt. Dafür ist das automatisch funktionierende System 1 verantwortlich. Doch ein diese Antwort ist falsch!

Rechne die Aufgabe einmal durch, falls deine Antwort 0,10$ lautet. Wo liegt der Fehler?

Die richtige Antwort lautet nämlich 0,05$. Diese Aufgabe stammt aus Daniel Kahnemanns Experimenten. Ein Großteil der Probanden gab das falsche Ergebnis als Lösung an. Doch was passierte in ihren Köpfen?

System 2 wird von System 1 zur Lösung schwieriger Probleme herangezogen. Doch das Schläger-Ball-Problem umgeht diesen Mechanismus. Das System 1 wird in die Irre geführt und nimmt das Problem einfacher wahr, als es tatsächlich ist und geht fälschlicherweise davon aus, es könne das Problem alleine lösen. 0,10$ ist die intuitive Antwort, die ohne Überprüfung als wahr angenommen wird.

Das ist die angeborene  Faulheit unseres Gehirns. Ein Abgleich durch System 2 kostet Energie und diese spart sich das Gehirn. Das Phänomen ist unter dem „Gesetz des geringsten Aufwands“ bekannt.

So kann Kahnemann auch beschreiben, was es mit dem Begriff der Intelligenz in Wahrheit auf sich hat, denn diese ist wesentlich abhängig von System 2.

Untersuchungen zeigen, dass eine stärkere Beanspruchung wie Konzentration und Selbstkontrolle zu höheren intellektuellen Leistungen führen.

Im Grunde genommen bedienen sich „intelligente Personen“ einfach häufiger ihrem System 2, als es „weniger intelligente Personen“ tun, die sich lieber diese Energie sparen. Anders ausgedrückt bedeutet es, dass wir häufig dümmer, als nötig sind.

Dieses Beispiel dient dem Verständnis der grundlegenden Funktionsweise unseres Denkens. Es ist beeindruckend, wie unterbewusste Vorgänge und Mechanismen unsere Entscheidungen und Urteile beeinflussen. Das Buch steckt voller interessanter Experimente, die den Leser immer wieder zum Erstaunen bringen.

„Das Essen schmeckt mir.“ Und jetzt vervollständige bitte folgendes Wort: S_ _ _E

Lautet die Antwort Suppe? Falls ja, hätte die Antwort nicht genauso gut Seife lauten können? Ich bin mir aber sicher, dass dir Suppe zuerst in den Sinn gekommen sein wird. Dies ist der von Kahnemann entdeckte Priming-Effekt. Hätte ich vorhin nichts von Essen erwähnt und stattdessen vom Duschen oder Waschen gesprochen, dann hätte die Antwort sicherlich Seife gelautet.

Durch das Wort Essen, beginnt das intuitive System sofort Assoziationen aufzurufen, die die Antwort von System 2  „geprimed“ haben. In diesem Falle etwas zu Essen, also folglich Suppe.

Das ist aber noch gar nichts, wenn man erkennt, wie weit dieser Effekt noch Einfluss auf unser Denken und Handeln nimmt.

In einem weiteren Experiment stellte Daniel Kahnemann einen weiteren faszinierenden Effekt fest.

Er weckte bei seinen Probanden Assoziationen, die mit Rentnern und alten Menschen verbunden sind, ohne Worte wie alt oder Rentner zu verwenden, z.B. Bingo oder Rheumadecke. Im zweiten Schritt bat er seine Probanden, den Raum zu wechseln. Dazu mussten diese ein kurzes Stück Strecke über den Flur zurücklegen. Die dafür benötigte Zeit wurde gemessen und mit einer Vergleichsgruppe abgeglichen, bei denen keine mit Alter assoziierten Worte verwendet wurden.

Das Ergebnis ist überraschend und zeigt, wie stark unser Verhalten sich unserer Wahrnehmung entzieht. Die Probanden, welche die mit Alter verbundenen Begriffe gehört hatten, liefen deutlich langsamer, als die Vergleichsgruppe. Ebenfalls standen diese behäbiger von ihren Stühlen auf, als ob sie um Jahre gealtert wären.  Bewusst hat niemand an betagte Menschen gedacht, noch exakt Worte wie alt oder Rentner gehört und doch verhielten sie sich wie alte Menschen. Es reichte aus, dass System 1 automatisch Assoziationen weckte, die mit dem Alter verbunden sind und drückte diese über den Körper aus.

Eine Einschränkung wurde von Daniel Kahnemann herausgefunden. Wer Aversionen gegen Rentner oder das Altern pflegte, tat das Gegenteil. Diese Probanden liefen schneller.

Dieser Effekt ist aber nicht so weitreichend, dass ich jemanden dazu bringen könnte eine Bank für mich auszurauben, aber es ist verblüffend, wie stark wir unter dem Einfluss unseres Umfeldes stehen. Jetzt weiß ich auch wieso i so komich beginn tu talken vong Niceigkeit her, wenn RTL 2 in der Glotze leuft, Aldaa!

Kann ich diesen Effekt für mich nutzen?

In begrenztem Ausmaß ist dies möglich. Der Priming-Effekt funktioniert nur leider nicht, sobald man weiß, dass man „geprimed“ wird. Wir haben aber die Möglichkeit, unser Umfeld bewusst auszuwählen.

Wo fällt es leichter Leistung zu zeigen?

  • In einem Studio, wo Tim „Ich bin doch keine Maschine“ Bendzko aus den Lautsprechern hallt, ein Großteil zum Training geht, aber ja nicht „zu viele Muskeln“ aufbauen will, weil das ja so unnatürlich aussieht?
  • Oder dort wo man sich Gegenseitig zur Leistung antreibt, dein Studio-Kollege dir mehr Gewicht auf die Hantel packt, obwohl du aus dem letzten Loch pfeifst und aussiehst, dass dein Kopf in jedem Moment explodieren könnte.

Ich für mein Teil halte mich nun mehr an die großen Jungs, die mein Arbeitsgewicht zum Aufwärmen nutzen.

Daniel Kahnemann befasste sich auch intensiv mit der Intuition von Experten und versuchte herauszufinden, wann man ihr vertrauen kann.

Er wurde von einem renommierten Unternehmen eingeladen, welches sehr reichen Kunden eine Vermögensberatung anbietet, um einen Vortrag zu halten. Zur Vorbereitung wurde ihm eine Tabelle der Anlageergebnisse von 25 Vermögensberatern zur Verfügung gestellt.  Er fand heraus, dass sein Ergebnis dem eines Würfelspiels ähnelte. Im Grunde war es ein reines Glücksspiel. Ein Dartpfeile werfender Affe liefert ähnliche Ergebnisse, wie die Experten.

Das Unternehmen belohnt deine Berater nicht für Können, sondern für ihr Glück. Diese Nachricht hätte das Unternehmen erschüttern müssen, aber das tat es nicht.

„Die Berater selbst sahen sich als kompetente Fachleute, die einer seriösen Arbeit nachgingen und ihre Vorgesetzten sahen es genauso.“ (S.267)

Die Ergebnisse wurden schnell unter den Teppich gekehrt, weil die Kompetenzillusion tief in der Kultur der Wirtschaft verwurzelt ist. Diese Tatsachen stellen die Selbstachtung und das Auskommen der „Fachleute“ infrage und werden einfach ausgeblendet. Dieses Vorgehen ist verständlich, denn es wird ihre gesamte berufliche Existenz in Frage gestellt und wer von uns würde anders handeln. Dadurch bemerken wir auch über welch wirkungsvolle Verdrängungsmechanismen der Mensch verfügt.

Daniel Kahnemann zeigt, dass wir Menschen weitaus weniger rational handeln, als uns bewusst ist.

Unsere Urteile unterliegen den verschiedensten Verzerrungen. So reagieren wir z.B. viel stärker auf Verluste, als auf Gewinne. Diese Verlust-Aversion zeigt sich in vielen Facetten unseres Lebens.

Daniel Kahnemann erklärt eindrucksvoll, wie diese Effekte zustande kommen und erzählt in diesem Buch die Geschichten seiner Entdeckungen und Experimente.  

Politische Parteien, die raffiniert mit den Medien umzugehen wissen, können durch das Spiel mit diffusen Ängsten Anhänger gewinnen. Dasselbe Spiel beschert auch den Versicherungsgesellschaften sprudelnde Geldquellen, indem sie Versicherungen gegen die unwahrscheinlichsten Risiken verkaufen, deren Wahrscheinlichkeit wir häufig überschätzen.

Pharmakonzerne müssen nur mit der Darstellung von Zahlen umzugehen wissen, genau wie die Lebensmittel-Industrie.

Daniel Kahnemann hilft dem Leser, die Tricks zu enttarnen, indem er uns dazu bringt „langsamer zu denken“ bevor wir unsere Entscheidungen treffen.

Schnelles Denken, Langsames Denken | Fazit

Daniel Kahnemann unternimmt mit „Schnelles Denken, Langsames Denken“ eine komplette Revision unserer Problemlösungs- und Entscheidungsgewohnheiten. Sein Buch beherbergt eine Fülle aus Gedankenspielen, psychologischen Experimenten, Statistiken und erstaunlichen Fakten über die Arbeitsweise unseres Oberstübchens.

Wir erkennen, wie stark wir zur Selbstüberschätzung neigen, die Bedeutung des Zufalls unterschätzen, da wir überall nach Bedeutung Ausschau halten, oder wie negative Erfahrungen unsere Erinnerungen trüben, weil diese sich zum falschen Zeitpunkt ereignen.

Wir stehen auf den Schultern eines Riesen, der unbemerkt unser Verhalten steuert, Entscheidungen trifft und die Informationen filtert, die auf uns einwirken.

Ich bin vorsichtiger mit meinen Urteilen und Entscheidungen geworden

„Teile ich die Meinung meines Kollegen nicht, nur weil dieser mir von Anfang an unsympathisch war?“

Fragen dieser Art stelle ich mir immer häufiger und beginne damit, dass ich meine Entscheidungen nochmals überdenke. Selbstverständlich passiert dies nicht ständig und ich handle immer noch nach meinen alten Mustern und Gewohnheiten, aber ich bin offener geworden für andere Meinungen, Ideen und Anregungen, die mir anfangs missfallen haben.

Ich habe nahezu ein Spiel daraus gemacht, mir die Aussagen von Reklame und Politik genauer anzusehen. Es ist verblüffend, wie stark diese mit u.A. mit unserer Verlustaversion „spielen“.

Größtenteils sind die Absichten dahinter verkaufsorientiert und recht harmlos, sobald aber Populismus und radikale Absichten dahinter stecken, erscheint mir das äußerst bedenklich.

Ich finde es klasse, dass Daniel Kahnemann es geschafft hat, komplizierte Sachverhalte anschaulich und verständlich aufzuarbeiten, sodass dieses Fachgebiet auch für den Laien zugänglich ist. Selbst Würfelspiele (gängige Methode in der Entscheidungsforschung), die auf den ersten Blick recht trocken wirken, wurden interessant aufgearbeitet und offenbaren verblüffende Ergebnisse. Es hat große Freude gemacht, dieses Buch zu lesen und ich werde auch in Zukunft immer wieder Passagen herauspicken.

Größtenteils hat sich Daniel Kahnemann mit den Unzulänglichkeiten unserer Intuition befasst und deswegen vermisse ich die Situationen, in denen wir ohne unsere intuitiven Fähigkeiten auf verlorenem Posten stehen. Es beginnt schon bei der zwischenmenschlichen Kommunikation, die aus weitaus mehr Aspekten besteht, als den Worten, die wir verwenden. So spielen unsere Mimik und Sprachmelodie eine große Rolle. Würden wir uns nicht intuitiv in unser Gegenüber hineinversetzen können, wäre es nahezu unmöglich zu erkennen, ob Trauer, Wut oder Freude zum Ausdruck gebracht werden soll.

Zur Unterscheidung von Personen und Gegenständen verwenden wir unterschiedliche Hirnregionen. Menschen mit autistischer Veranlagung sind uns in der Logik und vielen anderen Gebieten haushoch überlegen, doch vielen fehlt die Fähigkeit zur Empathie. Die Hirnregion, die für die Wahrnehmung von Personen und ihren Gesten zuständig ist, wird nicht verwendet. Sie können Gegenstände und Menschen nicht unterscheiden. So versuchen einige, unsere Gesten und Mimik logisch zu deuten. Das dauert natürlich sehr lange und einige unserer Gesten sind so subtil, dass sie nicht entschlüsselt  werden können. Das kann zu fatalen Missverständnissen führen, wenn der Gesprächspartner nichts von dieser Einschränkung weiß.

Alles in allem ist es aber ein sehr amüsantes Buch, das mir gezeigt hat, wie wankelmütig unser Verstand ist. Dieses Buch ist Pflichtlektüre für jeden, der sich für Psychologie und Hirnforschung interessiert.

Ich für mein Teil habe gelernt, daran zu denken, dass so manch selbsterklärter Experten sehr, sehr viel weniger weiß, als er zu wissen glaubt und werde bei so manch sinnloser Diskussion auf Daniel Kahnemann verweisen

HIER kannst du das Buch “Schnelles Denken, Langsames Denken” kaufen

Buchrezension: Schnelles Denken, Langsames Denken von Daniel Kahnemann


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