Testosteron | Studie belegt: Umwelt hat signifikanten Einfluss

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Die Höhe des körpereigenen Testosteronlevels, so die gängige Thesis, sei überwiegend eine Frage der Genetik. Doch wieviel Wahrheitsgehalt steckt in dieser Behauptung wirklich? Entzieht sich unser hormonelles Profil tatsächlich unserer Kontrolle, oder gibt es doch exogene Einflussfaktoren, die die biologischen Parameter signifikant beeinflussen können (und ich rede hier nicht von einer Medikation).

Natürlich gibt es diese Faktoren. Das Leben funktioniert nicht so trivial, wie es sich viele Menschen gerne vorstellen mögen. Bereits in einigen Artikeln vergangener Wochen und Monate habe ich den Einfluss der Epigenetik thematisiert (hier & hier). Epigenetik? Das ist “the next big thing” in der genetischen Forschung, quasi die “Über-Genetik.” Jeder Mensch ist dank Papa und Mama mit einem bestimmten Chromosomensatz ausgestattet, die man selbst nicht (mehr) beinflussen kann. Doch welche Gene aktiv oder inaktiv sind – das liegt sehr wohl in der Kontrolle des Subjekts.

Ja, wir sind Produkte unserer Lebensweise, unseres Habitus. Die Dinge, die wir tun und die Herausforderungen, denen wir uns stellen – ja sogar die Lebensmittel, die wir essen – subsummieren sich in einem Produkt: dem Phänotypen, unserem Körper und unserer jetzigen Erscheinungsform. Testosteron – the “Big T” – gilt dabei nicht nur als DAS männliche (männlich machende!) Hormon schlechthin, sondern spielt auch im Kraftsport- und Bodybuildingbereich eine herausgehobene Rolle.

Testosteron – Studie belegt: Umwelt hat signifikanten Einfluss

Testosteron | Studie belegt: Umwelt hat signifikanten Einfluss

“Big T” – Global Muscle Player

Es ist vielleicht nicht der einzige Player, wenn es um Muskelmasse geht, aber es wird gerne als Indikator für ein Potenzial herangezogen: hast du von Natur aus einen niedrigen Testosternspiegel, bist du allem Anschein nach ein genetisch benachteiligter Loser. Das Gegenteil ist der Fall, wenn dein Testosteronspiegel durch die Decke zu gehen scheint. “Genetische Lucker,” so bezeichnet man vielfach jene Athleten. Die nur eine Hantel anzusehen brauchen, um kiloweise Muskelmasse draufzupacken, die “gifted” people, die ohne große Probleme “lean ‘n mean” sind.

Die armen Würstchen, die genetisch nicht gesegnet zu sein scheinen, ziehen insbesonders gerne diese Faktoren als Ausrede heran. Wer nichts wirt, wird Wirt, oder wie lautet nochmal ein gängiger Spruch für lasche Erfolge? Kann man eine genetische Benachteiligung ausgleichen?

Klar kann man das.

Rule No. 5: Work your butt off

Arnold Schwarzenegger, in den Augen vieler vielleicht gerade “der genetische Lucker” schlechthin, hat es in seiner Rede von 2009 treffend formuliert. Die “6 Rules of Life,” die ich in einem anderen Artikel bereits hier ge-featured habe, sind ein Paradebeispiel für einen Lifestyle, der maximalen Erfolg verspricht. Wenn man sich daran hält. Im Falle einer genetischen Benachteiligung kommt aber gerade eine Regel besonders zum tragen: Work your butt off. 

Talent ist gut, aber wie der Ausspruch bereits impliziert: Übung macht den Meister! Fehlende Begabung ist insofern in gewissem Maße durch Fleiß zu ersetzen. Wo der Begabte bereits mit wenig Mühe herausragende Erfolge erzielt, muss der Fleißige eben einwenig mehr Zeit investiert. So what? Im Leben gibt es nur selten was geschenkt.

Lasst es euch auf der Zunge zergehen:

“That brings me to rule number 5 which is the most important rule of all: Work your butt off. Live leaving no stone unturned. Muhammad Ali, one of my great heroes, had a great line in the 70′s when he was asked how many sit-ups he did and he said ‘I don’t count my sit-ups I only start counting when it starts hurting. When I feel pain that’s when I start counting, because that’s when it really counts.’ That’s what makes you a champion, that’s the way it is with everything. No pain, no gain, simple. If you’re partying, horsing around, someone out there at the same time is working hard. Someone is getting smarter and someone is winning, just remember that. Now if you want to win, there’s absolutely no way around hard, hard work. None of my rules find success will work unless you do. I’ve always figured that if there is 24 hours in a day, you sleep 6 hours, you have 18 hours left. Now I know that some of you sleep 8 hours or 9 hours well then just sleep faster I would recommend.” – Schwarzenegger, A. (3)

“Big T” – Umwelteinfluss auf Hormonmodulation

Abseits der genetischen Disposition, abseits des Ehrgeizes und der harten Arbeit, scheint der “Erfolg” in Sachen Muskelwachstum – indirekt über den Testosteronspiegel – auch zu einem nicht geringen Anteil von der Umwelt abzuhängen. Ein (mal wieder) kanadisches Team um den Dr. Richard E. Tremblay hat nun in einer Untersuchung an Neugeborenen herausgefunden, dass “testosterone levels in infancy are not inherited genetically but rather determined by environmental factors.” (1) Oder um es auf Deutsch auszudrücken: Die Höhe des Testosteronlevels bei Neugeborenen bedingt sich in großem Ausmaße durch die Umwelt, in der diese Kinder aufwachsen.

Die Studie ist deshalb interessant, weil es sich bei den untersuchten Neugeborenen um Zwillinge handelte, d.h. das der genetische Faktor – da im Erbgut der Geschwister identisch – als Determinante ausgeschlossen werden konnte. Dabei handelt es sich um die bis dato größte klinische Untersuchung an Neugeborenen, so Tremblay, da die meisten Forscher eher mit Heranwachsenden oder Erwachsenen arbeiten (und zu der Annahme führt, dass die Testosteronlevel genetisch bedingt sind).

Untersuchungsgegenstand waren 314 Speichelproben von Zwillingspaaren, wobei die Erhebung der Testosteronspiegel nach der Geburt und 5 Monate später erfolgte. Im Abstract heißt es zu den Ergebnissen:

“Variation in testosterone levels was explained by common (56.6%) and unique (43.4%) environmental factors. Taken together, these data from the largest study of twin testosterone levels suggest that, in contrast to findings in adulthood, environmental factors determine the interindividual variability in testosterone levels in early infancy. This may have consequences for the development of sex-related behaviour during childhood and calls for studies designed to unravel specific genetic and environmental factors involved in this process.” (2)

Takeaway

Die Studie bestätigt im Grunde genommen das, was man schon vorher annehmen konnte. Die genetische Ausstattung mag zwar so etwas wie die Basissoftware sein, doch für die Updates und Zusatzprogramme sind wir selbst in gewisser Weise verantwortlich. Spätestens mit der Adoleszenz und der Volljährigkeit hat jeder von uns das Zepter in der Hand:

  • Ob man sich sportlich betätigt, wie oft und wie hart.
  • Was man isst und in welcher Menge.
  • Ob man raucht, trinkt oder sich anderweitig vergiftet.

Das alles sind Faktoren, auf die jeder von uns – spätestens im Erwachsenenalter – Einfluss nimmt und es gibt ernsthafte Hinweise, die zeigen, dass auch im fortgeschrittenen Alter die Genaktivität durch den Lifestyle moduliert werden kann. Das ist unter anderem auch ein Grund von vielen, weshalb sich Zwillinge mit fortschreitendem Alter immer unähnlicher werden.

So untersuchte z.B. Hans Bjornsson vom John Hopkins University, Baltimore, die Genaktivität von 111 Isländern und 126 Amerikanern. Die Probanden selbst wurden in einem Abstand von 11 Jahren und 16 Jahren untersucht. Mit erstaunen mussten die Forscher feststellen, dass sich die “biochemischen Schalter an der DNA vieler getesteter deutlich verändert [hat]” (4)(5).

Was lernen wir also daraus? “Pantha rei” – alles fließt (und befindet sich im Wandel). Ausreden zählen nicht, denn jeder von uns entscheidet sich jeden Tag aus neue, wie er sein Leben führt. Man muss aber auch die Verantwortung dafür übernehmen. ;)

Es bleibt abzuwarten, welche “Umweltfaktoren” in zukünftigen Studien als höchst signifikant herausgearbeitet werden, aber man kann davon ausgehen, dass Training (Sport) & Ernährung zu den “global playern” gehören werden.

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Quellen & Referenzen

(1) DailySciene (2012): Testosterone-Fueled Infantile Males Might Be a Product of Mom’s Behavior. URL: http://www.sciencedaily.com/releases/2012/05/120510095936.htm.

(2) Caramaschi, D. / Booij, L. / Petitclerc, A. / Boivin, M. / Tremblay, RE. (2012): Genetic and environmental contributions to saliva testosterone levels in male and female infant twins. In: Psychoneuroendocrinology; Doi: 10.1016/j.psyneuen.2012.04.008 . URL: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0306453012001588.

(3) Schwarzenegger, A. (2009): USC Commencement Adress.

(4) Spork, P. (2009): Der zweite Code. Epigenetik – oder wie wir unser Erbgut steuern können. 2. Auflage. Rowohlt Verlag GmbH: Hamburg. S. 96.

(5) Bjornsson, HT. et al. (2008): Intra-individual change in DNA methylation over time with familial clustering. In: The Journal of the American Medical Association: 2008; 288 (24): 2877 – 2883. URL: http://jama.ama-assn.org/content/299/24/2877.long.


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