Trainingsvolumen, Intensität und Libido: Es geht nicht nur ums Cardio! | Studien Review

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Von Adel Moussa | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Trainingsvolumen, Intensität und Libido: Es geht nicht nur ums Cardio! | Studien Review

Um die Verbindung zwischen den Aspekten des Ausdauertrainings und dem Sexualtrieb (Libido) bei gesunden Männern zu untersuchen, führten Hackney et al. (2007) eine Querschnittanalyse mit Hilfe einer Online-Umfrage durch. Da es sich hierbei um die erste dieser Art gehandelt hat, musste ein neuer Fragebogen entwickelt werden.

Wie die Wissenschaftler erklärten:

„Der Fragebogen wurde auf Grundlage bestehender, validierter Fragebögen entwickelt und verwendet Elemente körperlicher Charakteristika, Trainingsgewohnheiten und der Libido der Teilnehmer (n=1077).

Drei evidenzbasierte Kategorien wurden für das primäre Untersuchungsmerkmal, der Gesamtlibido-Score, geschaffen und in niedrige, normale und hohe Reaktion eingeteilt. Die hohe und normale Kategorie wurden in eine hoch/normale Score-Gruppe zusammengefasst und die niedrige Kategorie ergab die niedrige Score-Gruppe.“Hackney et al, 2017

Die Tatsache, dass er auf „bestehenden, validierten Fragebögen basierte“ (genannt ADAM), der SDI-2 und der AMS-Fragebogen für die Libido und der IPAQ und der Baecke-Fragebogen für die körperliche Aktivität basiert, ist ziemlich wichtig.

Auch wenn es ihm eine gewisse Autorität verleiht, müssen wir im Hinterkopf behalten, dass Fragebögen ziemlich missverständlich sein können (2)(4) und der hier beschriebene eventuell nicht validiert ist – unabhängig des exzellenten Cronbach’s Alpha von 0.70 bis 0.96 (5) und trotz der hohen internen Übereinstimmung der individuellen Zusammensetzung.

Trainingsvolumen, Intensität und Libido: Es geht nicht nur ums Cardio! | Studien Review

Tabelle 1: Die körperlichen und Trainingsmerkmale der Teilnehmer (Bildquelle: Suppversity / Hackney et al, 2017).

Wenn wir annehmen, dass es keine eingebauten Probleme im Fragebogen gab und wir wertschätzen, dass die Wissenschaftler ihre Teilnehmer über Sportclubs, nationale Sportorganisationen, Universitätssportvereine und Sportmagazine ziemlich erfolgreich rekrutierten (1077 Teilnehmer füllten den Fragebogen aus | siehe Tabelle 1 für Eckdaten | beachte die Altersgruppen: 1: <18 = nicht einbezogen; 2: 18-25; 3: 26-40; 4: 41-55; 5: >55), glaube ich, dass wir sehr gut mit den Korrelationen die die Wissenschaftler zwischen ihren drei Kategorien: Zeitraum, Intensität der Workouts, Alter und gesamter Libido-Score, berechnet haben, leben können.

Exkurs: Frauen, Monatszyklus, Libido & stundenlanges Cardio Training

In den sozialen Medien wurde ich zu Recht gefragt wie ich behaupten könne, dass Frauen – basierend auf einer Studie an Männern – stundenlanges Cardio bei mittlerer bis hoher Intensität vermeiden sollten. Hier ist ein kurzer Überblick über das, was ich bereits in anderen Artikeln bezüglich Übertraining und Frauen diskutiert habe: Es gibt sehr starke Hinweise darauf, dass – anders als beim Krafttraining – längeres Cardio bei höheren Intensitäten das weibliche Reproduktionssystem und die weibliche Libido durcheinanderbringen (1)(6)(7).

Die Tatsache dass alle Teilnehmer männlich waren, reduziert übrigens die Signifikanz der absoluten Ergebnisse (z.B. die Stunden an Training pro Woche und die sogenannte „Gesamtintensität“, aber der generelle Trend sollte für Frauen ähnlich ausfallen). Anders als Männer, werden Frauen jedoch nicht nur ihre Libido (frühe Phase) verlieren, sondern auch einhergehende Unregelmäßigkeiten ihres Menstruationszyklus feststellen (spätere Phase) (8).

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Tabelle 2: Teil der generierten Datensätze – Ich werde die relevanten Teile unten diskutieren (Bildquelle: Suppversity / Hackney et al, 2017).

Ein Problem welches wir nicht ignorieren können ist, dass die hohen und normalen Kategorien kombiniert wurden um eine Gruppe mit hoch/normalem Score zu generieren, wohingegen die niedrige Kategorie eine Gruppe mit niedrigem Score vor dem Chancenverhältnis (Odds Ratio | OR = wie wahrscheinlich ist, dass…) bildet – zu identifizieren was deine Libido „unterstützt“ ist daher nicht möglich.

Was wir jedoch formulieren können ist, was dich in entweder in der normalen oder hohen Zone hält – und das ist:

  • Eine geringe „chronische Dauer“ (1-16 Stunden pro Woche; 4 Mal wahrscheinlicher), und mittlere „chronische Dauer“ (20-40 Stunden pro Woche; 2,5 Mal wahrscheinlicher) im Vergleich zu einem Training mit hoher Dauer (50-100 Stunden pro Woche über Jahre).
  • Training bei geringer „Gesamtintensität“ (0-1100 VO2max x Stunden pro Woche; 6,9 Mal wahrscheinlicher) und mittleren Intensitäten (1140-2480 VO2max x Stunden pro Woche; 2,8 Mal wahrscheinlicher) im Vergleich zu Training mit hoher „Gesamtintensität“ (2500-10000 VO2max x Stunden pro Woche).

Was machen wir also mit diesen Ergebnissen?

Nun, die Gesamtintensität war eine berechnete Zahl aus Trainingseinheiten bei geringer, mittlerer und hoher Intensität, multipliziert mit den Stunden pro Woche unter der Verwendung des gut bekannten VO2 Cutoffs von gering: ≤35% des VO2max, moderat: ~50% des VO2max, und hoch ≥70% des VO2max. 

Trainingsvolumen, Intensität und Libido: Es geht nicht nur ums Cardio! | Studien Review

Chancenverhältnis einer normalen oder hohen Libido bei geringer und mittlerer Dauer, Intensität und Alter zu haben (Bildquelle: Suppversity / Hackney)

Das ist ein wichtiger Einblick, denn letztendlich wiederspricht das der Aussage, dass „Steady state Cardio [auch Gehen auf dem Laufband als Cool-Down] generell schlecht ist“.

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Intensität und Dauer verschiedener Arten von Training, fünf Mal pro Woche über 5 Jahre ausgeführt gegenüber der berechneten “Gesamtintensität” und Informationen über das Risiko des Libidoverlustes (Bildquelle: Suppversity / Hackney et al, 2017).

Gesamtintensität

Allgemein gibt es jedoch keine Diskussion: Die höchste „Gesamtintensität“ wird typischer Weise in den so genannten „fettverbrennende Workouts“ generiert (die 45-90 Minuten auf dem Laufband bei ca. 70% deines VO2max pro Woche wird als „fettverbrennende Zone“ bezeichnet. Ein noch höherer Wert würde vom Crossfitter erreicht werden, der 5 x 60 minütige Workouts raushaut, die Gewichte nach oben stemmt und runter auf 80% seines/ihres VO2max pro Woche (siehe Abbildung 2 für den Vergleich verschiedener Trainingseinheiten und deren berechnete „Gesamtintensität“).

Chronische Dauer

Viel einfacher zu verstehen, als die Gesamtintensität, ist die „chronische Dauer“ – berechnet als das arithmetische Produkt aus der Zeit, die du mit Sport verbringst, ist sie eine simple Darstellung deines gesamten Trainingsvolumens, unabhängig von der Art und Intensität deines Trainings was – und das ist wichtig – nicht die Anzahl der Jahre, die du dieses Training schon ausführst berücksichtigt (für mich ist das eine fragwürdige methodische Wahl, welche die Wissenschaftler mit der vorher diskutierten „Gesamtintensität“ getroffen haben). Die unmissverständliche Message hier lautet: Je mehr du pro Woche trainierst (oder je weniger du pro Trainingseinheit regenerierst?), desto größer wird das Risiko sein.


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Abschließende Worte

Du limitierst also deine wöchentlichen sportlichen Aktivitäten auf 16 Stunden insgesamt? Ja, das ist die Nachricht, welche uns die Daten über nicht-trainings- und nicht-intensitätsspezifische „chronische Dauer“ vermitteln. Wenn du mehr als 50 Stunden pro Woche trainierst, dann maximierst du das Risiko, welches dich dafür prädestiniert, um an einer geringen Libido zu leiden.

Auf der anderen Seite haben Personen, die unter 16 oder 20-40 Stunden pro Woche trainieren, eine 4 bzw. 2,5 Mal höhere Wahrscheinlichkeit, eine hohe oder normale Libido zu haben – zumindest nach den subjektiven Tests, die wir zur Verfügung haben.

Die Daten zur „Gesamtintensität“ sind jedoch schwer zu interpretieren. Sie vermischen Trainingsvolumen, Intensität und Zahl der Jahre, die man mit dem Wahnsinn verbracht hat. Merke dir also nicht die genauen Abbildungen, sondern eher die folgende Interpretation: Je höher deine Trainingsintensität ausfällt, desto geringer sollten deine Trainingsfrequenz, Trainingszeit und Dauer die du in diesen Regimen verbringst sein.

Im Klartext bedeutet das: Ja, du kannst fünf Mal die Woche CrossFit oder eine 1-stündige Cardio Session für eine gewisse Zeit machen, aber du solltest wissen, dass es nach Monaten oder Jahren deine Libido zerstören kann, wohingegen die Wahrscheinlichkeit des Libidorückgangs bei 5 x 20 Minuten Walking oder 5 x 10 Minuten HIIT bei 96% deines VO2max nicht so hoch ist.

Du fandest dieses Studien Review über Trainingsvolumen, Intensität & Libido informativ & lehrreich – und würdest gerne mehr evidenzbasierte Informationen (Praxis & Theorie) lesen? Dann werde Leser unseres monatlich erscheinenden Magazins, der Metal Health Rx!

Quellen & Referenzen

(1) Boyden, TW., et al. (1983): Sex steroids and endurance running in women. In: Fert Stil. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6840305.

(2) de Yébenes Prous, M., et al. (2009): Validation of questionnaires. In:  Reumatol Clin. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21794604.

(3) Hackney, AC., et al. (2017): Endurance Exercise Training and Male Sexual Libido. In: Med Sci Sports Exerc: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28195945.

(4) Rosen, RC., et al. (2004): Male Sexual Health Questionnaire (MSHQ): scale development and psychometric validation. In: Urology. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15491719.

(5) Tavakol, M. / Dennick, R. (2011): Making sense of Cronbach’s alpha. In: Int J Med Educ. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4205511/.

(6) Warren, MP. (1992): Clinical review 40: Amenorrhea in endurance runners. In: J Clin Endocrinol Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/0001464637.

(7) Warren, MP. / Perlroth, NE. (2001): The effects of intense exercise on the female reproductive system. In: J Endocrinol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11431132.

(8) Moussa, A. (2012): The Female Athlete Triad. In: Suppversity.com. URL: http://suppversity.blogspot.de/search/label/SATS.


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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Andrew Adams


Über

Adel Moussa: “In den Seminaren die ich im Fachbereich Physik an der Uni halte, geht es darum den Studenten Daten, Fakten und Techniken zu vermitteln, die – obschon sie nichts mit Religion zu tun haben – so sicher sind, wie das sprichwörtliche “Amen in der Kirche”. Gerade das aber, also “Daten und Fakten” findet man im Internet kaum, wenn man nach Informationen über Training, Ernährung und Nahrungsergängzungsmitteln sucht. Das war jedenfalls vor ca. 4 Jahren so, und Grund genug für mich meinen eigene Blog zum Thema zu starten.

Der Name “SuppVersity” – Ihr hört schon, da stecken die Worte “University” und Supplement” drin – ist Programm. Unter www.suppversity.com nehme ich dort täglich die neusten Studien aus den Gebieten Training, Ernährung und Gesundheit unter die Lupe. Immer auf der Suche nach dem, was es vermutlich gar nicht gibt: Dem optimalen Trainings-, Ernährungs und Nahrungsergänzungsplan für mich, Euch und jedermann.”

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