Über die Vorteile einer kohlenhydratenreicheren Ernährung in der Diät

  • von
  • 2812
  • 1
Über die Vorteile einer kohlenhydratenreicheren Ernährung in der Diät

Von Yannick Aehlen | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Dass die Extremform der Low Carb-Diäten, die ketogene Diät, kein magisches Katapult in Richtung Strandfigur darstellt, sondern nur eine mögliche Diätform unter vielen ist, sollte sich bereits herumgesprochen haben. Genau wie jede andere Makronährstoffverteilung bietet Sie im Rahmen einer Reduktionsdiät sowohl Vor- als auch Nachteile.

Doch in diesem Artikel soll es darum gehen, welche Vorteile Kohlenhydrate für das Gewichtsmanagement haben und warum sie in diesem Zusammenhang oft zu Unrecht verteufelt werden.

Über die Vorteile einer kohlenhydratenreicheren Ernährung in der Diät

Während noch vor einigen Jahren die Fette als der Erzfeind einer jeden figurbewussten Person galten, scheint in den letzten Jahren der Trend wieder in Richtung fettreicher und kohlenhydratarmer Ernährung zu kippen, wenn es darum geht auf effektive Art und Weise überschüssige Fettpolster abzuwerfen.

Viele Magazine sind voll von Low Carb-Rezepten und mittlerweile bietet sogar nahezu jeder Bäcker von nebenan kohlenhydratreduziertes Brot oder Brötchen an. Dementsprechend erscheint die Überschrift dieses Artikels zunächst völlig paradox – Zu Unrecht!

Mehrere Studien aus den letzten Jahren kommen gleichermaßen zu dem Ergebnis, dass Low Carb-Diäten und Diäten mit einem ausgeglichenen Verhältnis der Makronährstoffe gleichermaßen effektiv sind, wenn es um den Fettabbau geht. Dies gilt sowohl auf kurze als auch lange Sicht (1)(2)(3)(4). Doch auch, wenn hinsichtlich des Fettabbaus eine Low Carb-Diät einen marginalen Vorteil böte, wäre diese Tatsache vollkommen irrelevant, wenn der Diätende nicht in der Lage ist, diese Ernährungsform einzuhalten.

Das Einhalten der Diät steht für den Erfolg an erster Stelle (siehe auch unseren Artikel „Erfolgreich Abnehmen | Welches ist die beste Diät um Gewicht zu verlieren“, weit vor der Verteilung der Makronährstoffe. In diesem Zusammenhang weisen kohlenhydratreduzierte Ernährungsformen für manche Personen den Vorteil der besseren Hungerkontrolle auf, erlauben in der Regel aber geringere Nahrungsmengen im Vergleich zu kohlenhydratlastigen Ernährungsformen (da vermehrt Fette konsumiert werden, welche energiereicher sind als Protein und Kohlenhydrate).

Jede mögliche Diätform hat spezielle Vor- und Nachteile, deren Aufführung den Rahmen des Artikels sprengen würde. Welche Diätform von dem oder der Diätenden langfristig am bestmöglichen eingehalten werden kann, ist oft höchst individuell. Im Folgenden soll es allerdings darum gehen, welcher Nutzen für den Fettabbau aus Kohlenhydraten gezogen werden kann.

Kohlenhydrate vermindern das Absinken wichtiger Hormonwerte

Zunächst einmal gilt es in diesem Zusammenhang, das Hormon Leptin zu nennen. Leptin trägt zum Sättigungsgefühl bei und wird hauptsächlich in den körpereigenen Fettzellen produziert. Je weniger Körperfett vorhanden ist, desto weniger Leptin wird produziert, wodurch das Sättigungsgefühl abnimmt – Ein überlebenswichtiger Mechanismus in der freien Wildbahn, für den Fettabbau eher hinderlich.

Dementsprechend kommt es durch eine Reduktionsdiät zu einem Absinken dieses Hormons. Ein kurzzeitiger vermehrter Verzehr von Kohlenhydraten hat einen positiven Einfluss auf die Leptinproduktion und den Energieverbrauch des Körpers, während bei Nahrungsfett ein derartiger Effekt ausbleibt (5). Daher ist es durchaus sinnvoll, in bestimmter Frequenz sogenannte „Refeeds“ durchzuführen.

Die Frequenz solcher Refeeds sollte sich nach dem persönlichen Körperfettanteil richten. Personen mit einem geringeren Körperfettanteil profitieren stärker von hochfrequenten Refeeds, als stark übergewichtige Personen. Auch geht man davon aus, dass die Konzentration des Schilddrüsenhormons T3 durch kohlenhydratreduzierte Diäten negativ beeinflusst wird (6). Entsprechend wirkt der Konsum von Kohlenhydraten diesem Phänomen entgegen. Zudem scheinen zu geringe Mengen an Kohlenhydraten in der Ernährung von Sportlern sich ungünstig auf das Verhältnis von (freiem) Testosteron zu Cortisol auszuwirken (7).

Die negativen Auswirkungen eines übermäßig und gleichzeitig chronisch erhöhtem Cortisolspiegel sowie die Vorzüge eines hohen Testosteronspiegels sollten allgemein bekannt sein. An dieser Stelle kann aber angemerkt werden, dass das Verhältnis beider Hormone zueinander (T/C Ratio) gerne als ein Marker für den Regenerationsstatus in Folge von Widerstandstraining genutzt wird. Sinkt die Regenerationsfähigkeit eines Athleten während einer Diät zu stark, ist ein Leistungsabfall die Folge, der wiederum mit Muskelabbau in Verbindung steht.

Es wird also deutlich, dass eine gewisse Menge an Kohlenhydraten sich günstig auf die Konzentration für den Muskelerhalt und Fettabbau wichtiger Hormone auswirkt.

Kohlenhydrate helfen dabei die Trainingsleistung aufrecht zu erhalten…

…und dienen damit dem Muskelerhalt in einer Diät.

Während sowohl Trainingsvolumen und Frequenz innerhalb einer Diät mitunter stark gesenkt werden können (und je nach Höhe des Defizits sogar sollten), ist es unerlässlich, dass zumindest das Leistungsniveau im Training weitestgehend erhalten bleibt. Je nach Höhe des Defizits und Trainingserfahrung ist es zwar durchaus machbar, sich auch innerhalb einer Reduktionsdiät in puncto Trainingsgewichte zu steigern, für die meisten Sportler ist ein gewisser Leistungsabfall allerdings oft unvermeidbar, da sich mit sinkendem Körpergewicht und Körperfettanteil oft auch die Hebelverhältnisse verschlechtern. Es gilt aber, diesen Leistungsabfall zu minimieren.

Wer innerhalb einer Diät Leistung in einer Übung für denselben Wiederholungsbereich in Höhe von 20 kg einbüßt, der kann sich ziemlich sicher sein, nicht nur Fett, sondern auch Muskulatur verloren zu haben. Neben schlechteren Hebelverhältnissen spielen auch die Glykogenspeicher in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Glykogen ist eine wichtige Energiequelle des Körpers bei der Ausführung hochintensiven Krafttrainings und gleichzeitig die Speicherform von Kohlenhydraten. Eine geringe Kohlenhydratzufuhr bei zusätzlichem Kaloriendefizit geht also mit einem verringerten Füllstatus der Glykogenspeicher einher, weshalb Kohlenhydrate eine wichtige Rolle spielen, wenn es um den Leistungserhalt und damit auch Muskelerhalt während einer Diät geht. Darüber hinaus kann mit Hilfe weniger geleerter Glykogenspeicher auch mehr Arbeit während des Trainings verrichtet werden, was wiederum in einem größeren Kalorienumsatz resultiert.

Kohlenhydrate liefern wichtige (Mikro-)Nährstoffe

Wer schon mal eine ketogene oder anabole Diät durchgeführt hat wird das Problem kennen – Es ist verdammt schwierig, ausreichend Ballaststoffe zuzuführen und so unter anderem für eine gesunde Verdauung Sättigung zu sorgen. Die Wenigsten in der ketogenen/anabolen Diät „erlaubten“ Lebensmittel, abgesehen von grünem Gemüse, liefern wirklich große Mengen an Ballastoffen. Typische Kohlenhydratquellen, wie etwa Haferflocken oder Kartoffeln, hingegen sind diesbezüglich wesentlich ergiebiger.

Ballastoffe haben mit ihrer sättigenden Wirkung großen Anteil am Diäterfolg. Sie stehen außerdem damit in Verbindung, die Menge an viszeralem Fett im Körper zu senken, das wiederum mit Diabetes und Übergewicht assoziiert wird (8)(9).

Darüber hinaus sind unverarbeitete, kohlenhydrathaltige Lebensmittel in der Regel ausgezeichnete Lieferanten für viele weitere Mikronährstoffe. So ist es mit Hilfe von Kohlenhydraten bedeutend einfacher, dem Körper auch im Rahmen einer Reduktionsdiät und damit sinkenden Mengen an Lebensmitteln, alle wichtigen Nährstoffe zuzuführen. Hier findest du eine Liste besonders ballast- und nährstoffreicher Kohlenhydratquellen:

  • Gemüse: Brokkoli, Blumenkohl, grüne Bohnen, Artischocken, Zwiebeln, Kartoffeln, Auberginen, Kohl, Rüben, Rosenkohl
  • Vollkornprodukte: Haferflocken, Quinoa, Weizenkleie, Bulgur
  • Bohnen: Lima-Bohnen, Kidney-Bohnen, schwarze Bohnen
  • Linsen und Erbsen: Kichererbsen, grüne Erbsen, Spalterbsen
  • Früchte: Beeren, Aprikosen, Orangen, Äpfel, Grapefruit, Passionsfrucht

Das Fazit: Die Kalorienbilanz ist entscheidend

Dass Kohlenhydrate für den Fettabbau nicht per se kontraproduktiv sind und diesen sogar unterstützen können, sollte bereits deutlich geworden sein. Solltest du dich dennoch dazu entschließen, deine Kohlenhydratzufuhr im Rahmen der Reduktionsdiät stark einzuschränken, solltest du dir an dieser Stelle vor Augen führen, dass die Kalorienbilanz entscheidend ist. Auch der vollkommene Verzicht auf Kohlenhydrate resultiert nicht in Fettabbau, solange du mehr Kalorien zuführst als du verbrennst.

Gleiches gilt auch für die Unterscheidung zwischen hoch-glykämischen und niedrig-glykämischen Kohlenhydraten. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Unterscheidung nur bei einer isolierten Gabe jener Kohlenhydrate Sinn zu machen scheint, ist auch hier die Kalorienbilanz entscheiden. Der Konsum großer Mengen niedrig-glykämischer Kohlenhydrate wird keinen größeren Fettabbau generieren, wenn das Kaloriendefizit nicht entsprechend höher ist.

Dennoch macht es Sinn, die Kohlenhydrate hinsichtlich Ihres Nährstoffgehalts zu klassifizieren. Dein Ziel sollte es sein, ausreichende Mengen an Kohlenhydraten mit einem hohen Nährstoffgehalt zu konsumieren. Sobald du deinen Nährstoffbedarf gedeckt hast und bereit bist, auf das höhere Sättigungsgefühl zu verzichten, spricht nichts dagegen, auch verarbeitete Kohlenhydrate zu essen. Gerade vor dem Hintergrund der Beständigkeit ist dieser Punkt nicht zu vernachlässigen.

Wer während der Diät permanent Heißhunger auf beispielsweise Süßigkeiten hat und diesem nie nachgibt, wird früher oder später mit größerer Wahrscheinlichkeit in sogenanntes „Binge-Eating“ verfallen und damit oft einen großen Teil des Diäterfolgs zu Nichte machen.

Es ist also deutlich sinnvoller, seinen Gelüsten ab und an nachzugeben, diese aber in die eigene Kalorienbilanz einzubeziehen. So stellt man sicher, dass sich die Diät auch langfristig einhalten lässt.

Quellen & Referenzen

(1) Foster, GD., et al. (2003): A randomized trial of a low-carbohydrate diet for obesity. In: New England Journal of Medicine. URL: http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa022207.

(2) Sacks, FM., et al. (2009): Comparison of weight-loss diets with different compositions of fat, protein, and carbohydrates. In: New England Journal of Medicine. URL: http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa0804748.

(3) Naude, CE., et al. (2014): Low carbohydrate versus isoenergetic balanced diets for reducing weight and cardiovascular risk: a systematic review and meta-analysis. In: PLoS One. URL: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0100652.

(4) Nordmann, AJ., et al. (2006): Effects of low-carbohydrate vs low-fat diets on weight loss and cardiovascular risk factors: a meta-analysis of randomized controlled trials. In: Archives of Internal Medicine. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16476868.

(5) Dirlewanger, M., et al. (2000): Effects of short-term carbohydrate or fat overfeeding on energy expenditure and plasma leptin concentrations in healthy female subjects. In: In: Int J Obes. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11126336.

(6) Danforth, E., et al. (1979): Dietary-induced alterations in thyroid hormone metabolism during overnutrition. In: J Clin Invest. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/500814.

(7) Lane, AR. / Duke, JW. / Hackney, AC. (2010): Influence of dietary carbohydrate intake on the free testosterone: cortisol ratio responses to short-term intensive exercise training. In:  Eur J Appl Physiol. URL: http://link.springer.com/article/10.1007/s00421-009-1220-5.

(8) Anderson, JW. (1990): Dietary fiber and human health. In:  HortScience. URL: http://hortsci.ashspublications.org/content/25/12/1488.full.pdf.

(9) Hairston, KG., et al. (2012): Lifestyle factors and 5‐year abdominal fat accumulation in a minority cohort: the IRAS family study. In: Obes. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21681224.


Opt In Image
Jetzt Metal Health Rx Leser werden!
Lese unser monatlich erscheinendes Magazin für Kraftsportler, Fitness-Nerds & Coaches!

Werde Abonnent oder hole dir den MHRx Zugang und lese im Gegenzug unser monatlich erscheinendes Digital-Magazin, die Metal Health Rx*. Du erhältst zudem Zugriff zum stetig wachsenden MHRx Mitgliederbereich, wo hunderte von exklusiven Beiträgen, Studien Reviews und ausführlichen Guides auf dich warten (stetig wachsend!).

*Die Metal Health Rx (kurz "MHRx") ist eine digitale Fachzeitschrift im .pdf Format, die sich speziell an interessierte (Kraft-)Sportler & ernährungs-/gesundheitsbewusste Menschen richtet. Das Magazin wird von unserem, eigens dafür ins Leben gerufenen, MHRx Autoren-Team erstellt und von AesirSports.de verlegt & herausgegben.

 


Bildquelle Titelbild: Fotolia / Alen Ajan


Opt In Image
Werde zum Fitness- & Ernährungsexperten!
Schlanker, stärker, ästhetischer, gesünder!

Abonniere unseren Newsletter und erhalte - neben weiteren hochwertigen und einzigartigen Infos rund um Fitness, Gesundheit & Ernährung - regelmäßige Updates und Neuigkeiten rund um Aesir Sports.

 

1 Kommentare

  1. Zum Thema refeed:
    Ich will ja nicht klugscheißen, aber
    “The effect of varying carbohydrate content of a very-low-caloric diet on resting metabolic rate and thyroid hormones”. RA Mathieson et al. Metabolism, 1986.
    “Effects of short-term carbohydrate or fat overfeeding on energy expenditure and plasma leptin concentrations in healthy female subjects”. M Dirlewanger et al. International journal of obesity and related metabolic disorders, 2000.
    belegen doch im Gegenteil, daß die/eine (erhöhte) KH-Zufuhr keinen wirklichen Einfluß auf die “Anhebung” des Stoffwechsels, sei es über T3, sei es über Leptin-Produktion, besitzt bzw. dessen “Absinken” signifikant verhindern würde. Was ja besonders bei dem Ergebnis der HC-Diät schon etwas schockiert, denn wenn die KH-Zufuhr ausschlaggend wäre, dann dürfte bei einer HC-Diät dieser Effekt des “absinkenden” Stoffwechsels niemals auftreten.
    Und
    “Food restriction induced thyroid changes and their reversal after refeeding in female rats and their pups”. H Fetoui et al. Acta biologica Hungarica, 2006
    läßt erkennen, daß ein refeed-Day allein nicht genügt, um (über welche Schiene auch immer) den T3-Spiegel anzuheben.
    Und mehrere Tage, gar Wochen, hyperkalorisch zu essen ist ja keine Lösung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert