Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

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Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

Von Brad Dieter | Benötigte Lesezeit: 5 Minuten |


Frauen sind unglaublich spezielle Wesen – und das meine ich auf eine gute Art und Weise. Ihre Physiologie ist eine Ausnahme und damit wirklich speziell. Nehmen wir ein Beispiel: Viele wissenschaftliche Studien (darunter auch im Ernährungsbereich) schließen Frauen von vornherein aus, weil der Menstruationszyklus eine starke Auswirkung auf den Stoffwechsel ausübt. Dies kann die aus der Studie gewonnenen Daten verzerren und wird generell als problematisch angesehen.

Erst in den letzten Jahren haben wir herausgefunden, dass Frauen während der Lutealphase weniger Kohlenhydrate und dafür mehr Fett nutzen. Wenn das Ziel nun beispielsweise eine Gewichtsreduktion (Fettreduktion) heißt, wäre es sinnvoll die Ernährung und die Nährstoffzufuhr dem weiblichen Stoffwechsel entsprechend anzupassen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat genau das gemacht und die Studienergebnisse lesen sich sehr interessant. Ich würde sogar sagen, dass sie sehr überzeugend sind, wenn du mich fragen würdest.

Die Studie, um die es hier geht, trägt den Titel „Ein Gewichtsverlustprogramm in gesunden, übergewichtigen, premenopausalen Frauen: ein 6-monatiger randomisierter kontrollierter Versuch“ und sie wurde von Geiker und Kollegen im American Journal of Clinical Nutrition publiziert.

Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

A weight-loss program adapted to the menstrual cycle increases weight loss in healthy, overweight, premenopausal women: a 6-mo randomized controlled trial (1)

Für dieses Experiment rekrutierten die Forscher 60 übergewichtige Frauen, die ansonsten kerngesund waren, keine hormonellen Verhütungsmittel einnahmen und die in der Lage waren normales Cardio-Training zu absolvieren.

Die Frauen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine „Menstruations-angepasste“-Diät Gruppe und eine Kontrollgruppe. Die Menstruations-angepasste Diät wurde mit dem weibliche Zyklus der jeweiligen Probandin synchronisiert (d.h. es gab zum Beispiel einen 28-Tages-Ernährungsplan, der in 3 Phasen aufgeteilt wurde:

  • Menstruationsphase (Phase 1, Tag 1 – 5)
  • Follikelphase (Phase 2, Tag 6 – 14)
  • Lutealphase (Phase 3, Tag 15 – 28)

Die Makronährstoffaufteilung der Menstruations-angepassten Ernährung wurde nach den 3 Phasen des Menstruationszyklus ausgerichtet (siehe hierzu Tabelle 1, unten). Wer das Paper studiert, der stößt auch auf eine – naja, recht lustige – Randbemerkung: „Zusätzlich wurde an den Tagen 24 – 28 der Verzehr einer Portion dunkler Schokolade gestattet, wodurch sich das tägliche Kalorienlimit auf 1.800 kcal pro Tag erhöhte, mit dem Ziel den Heißhunger zu befriedigen“.

Die Kontrollgruppe wurde angewiesen eine Ernährung einzuhalten, die auf einem dänischen Einheits-basierenden „Kostkalender“ fußte. Die Makronährstoffaufteilung war durch den ganzen Studienzeitraum hindurch gleich (siehe ebenfalls Tabelle 1, unten).

Die Forscher ermittelten bei Woche 4 und Woche 8 die „Compliance“ der Teilnehmer, also wie gut sie die Richtlinien, die man ihnen gab, einhalten konnten. Ein Compliance-Wert von unter 80% führte zum Ausschluss aus der Studie.

Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

Das Studien-Setup nach Gruppen: In der Lutelphase (Phase 3) gab es eine Portion Schoki, um dem auftretenden Heißhunger Rechnung zu tragen. Die Frauen verzehrten in den Tagen 15 – 28 ihres Zyklus also knapp 200 kcal mehr, als in der anderen Monatshälfte. (Bildquelle: Science Driven Nutrition / Geiker et al. (2016))

Beide Gruppen führten ein begleitendes Training durch, welches sich nur minimal voneinander unterschied (so minimal, dass es den Gewichtsverlust nicht beeinflussen würde) – dazu aber gleich noch mehr.

Die Studienanalyse fiel an sich sehr interessant aus, doch für unsere Zwecke finden wir die wichtigsten Daten in der Analyse des Gesamt-Samples (und hier in einem entsprechenden Sub-Sample für Teilnehmer, die sich an die Vorgaben gehalten haben).

Das Studienergebnis: Optimaler Gewichtsverlust durch Reduktion der Kohlenhydrate und Erhöhung der Fettzufuhr im fortschreitenden weiblichen Zyklus

Diese Zahl liefert dir alles, was du wissen musst: Die Forscher  berücksichtigten alle Teilnehmer, unabhängig davon, ob sie sich an die Diätvorgaben hielten oder nicht. Beide Gruppen verloren innerhalb des Studienzeitraumes an Gewicht und es schien, als ob es bei den jeweiligen Diätformen keine Unterschiede hinsichtlich des Gewichtsverlusts gab. Doch wenn du dir die Daten jener Teilnehmer ansiehst, die einen hohen Compliance-Wert an den Tag legten (d.h. sich an die Richtlinien der Diät hielten), dann sieht das Bild schon ganz anders aus.

Durch das Anpassen der Ernährung wurde der veränderten Nährstoffnutzung während des Menstruationszyklus Rechnung getragen – dies führte zu einem Mehrverlust von 4,3 kg (ggü. der Kontrollgruppe).

Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

Nährstoffpartitionierung verbessert Abnehmerfolg: In der Gesamtbetrachtung zeigt sich kein großer Unterschied im Gewichtsverlust (Bild A, links), doch das Bild ändert sich, wenn man die Teilnehmer berücksichtigt, die sich auch wirklich an die Richtlinien gehalten haben: Einen Mehrverlust von 4,3 kg realisierten jene Frauen im Schnitt, die sich Menstruations-angepasst ernährten. (Bildquelle: Science Driven Nutrition / Geiker et al. (2016))

Kurz und bündig formuliert, impliziert das Studienergebnis, dass eine „Nährstoffperiodisierung“ für Frauen, die abnehmen wollen, sinnvoll ist. Wenn du die entsprechenden Nährstoffe auf der sich verändernden Physiologie der Frauen abbilden würdest, scheint es ganz so, als könnte man bessere Abnehmerfolge erzielen, als mit dem typischen und normalen „Jeden Tag dasselbe“-Ansatz.

Das Diät-begleitende Training in dieser Studie ist ein weiterer wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Es macht durchaus Sinn anzunehmen, dass eine Periodisierung des Trainings – zusätzlich zur Ernährung – um den weiblichen Zyklus herum zu weiteren Vorteilen führt. Die in der Einleitung zitierte Studie demonstrierte, dass während der Lutealphase die Kohlenhydratnutzung beim Sport sinkt, während die Fettutilisation ansteigt (2).

Die untere Grafik bildet die von den Forschern beobachtete „Nährstoffpartitionierung“ in der Lutealphase und der Follikelphase ab.

Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

Weniger Kohlenhydrate, mehr Fett: In der Lutealphase verbrennen Frauen anteilig mehr Fett, als zu anderen Zeitpunkten im Zyklus. (Bildquelle: Science Driven Nutrition / Zdierc et al (2000))

Abschließende Worte

Ausgehend von diesem Datenmaterial gibt es einige Aspekte, die es zu bedenken gilt. Zuerst einmal scheint es nicht besonders klug zu sein wichtige Trainingseinheiten (oder Wettkämpfe) in der Lutealphase zu absolvieren, da dies die Spitzenleistung („Peak Performance“) negativ beeinflussen könnte (Kohlenhydrate sind der Kerntreibstoff bei hochintensiver Belastung). Daraus lässt sich schließen, dass eine Reduktion der Trainingsintensität und einer Erhöhung des Volumens während der Lutealphase ggf. Sinn ergeben würde. Dies wird zwar aus den hier erwähnten Studien nicht deutlich (denn das war auch nicht die Absicht), aber die hier dargestellten Ergebnisse liefern genug Indizien, um es in der Praxis auszuprobieren.

Weiblicher Zyklus: Ist eine angepasste Nährstoffperiodisierung sinnvoll?

Ist eine Nährstoffperiodisierung für trainierende und/oder abnehmwillige Frauen sinnvoll? Definitiv. Probieren geht hier über studieren! (Bildquelle: Science Driven Nutrition (2016) / NewHealthAdvisor.com)

Klare Unterschiede in der weiblichen und männlichen Physiologie werden deutlich, wenn man die Gesamtforschung und die hier diskutierten Untersuchungen studiert. Die Berücksichtigung der hormonellen Fluktuation im weiblichen Zyklus ist vermutlich ein guter Ansatzpunkt, um Leistung und Gewichtsverlust zu optimieren. Eine „Nährstoffperiodisierung“, welche die einzelnen Phasen der Menstruation konkret berücksichtigt, wird von diesen Studien mehr als gestützt.

Du willst mehr über die Eigenheiten des weiblichen Körpers / Stoffwechsels lernen? Vielleicht hilft dir ein Blick in das Buch “Frauenkörper – Frauenweisheit: Wie Frauen ihre ursprüngliche Fähigkeit zur Selbstheilung wiederentdecken können” von Christiane Northrup weiter.

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Quellen & Referenzen

(1) Geiker, NRW., et al. (2016): A weight-loss program adapted to the menstrual cycle increases weight loss in healthy, overweight, premenopausal women: a 6-mo randomized controlled trial. In: Am J Clin Nutr. URL: http://ajcn.nutrition.org/content/early/2016/06/01/ajcn.115.126565.abstract.

(2) Zdierc, TW., et al. (2000): Glucose kinetics and substrate oxidation during exercise in the follicular and luteal phases. In: J Appl Physiol. URL: http://m.jap.physiology.org/content/90/2/447.full.pdf.


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Bildquelle Titelbild: Flickr / Tips Times Admin



Über

Brad Dieter (PhD) ist ein ausgebildeter Wissenschaftler, Ernährungscoach und Autor. Er ist der verantwortliche Editor von Science Driven Nutrition und strebt danach die Lücke zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zu schließen. Sein Ziel besteht darin Informationen zum Thema Ernährung richtigzustellen und für jedermann leicht verfügbar zu machen.

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3 Kommentare

  1. Sehr spannend!

    Allerdings widerspricht einmal der Artikel. Oben ist die Menstruationsphase in den ersten 5 Tagen (Phase 1), unten in der Grafik ist die am Schluss der 3. Phase.
    Was ist richtig?

    • Die Grafik wurde nicht extra für den Artikel angefertigt und ist daher nicht so genau. Die Menstruationsphase schließt sich ja an die Lutealphase an.

      Das Wort “Menstruation” im Schaubild ganz rechts kann man sich entsprechend wegdenken.

  2. “Männer sind unglaublich spezielle Wesen – und das meine ich auf eine gute Art und Weise. Ihre Physiologie ist eine Ausnahme und damit wirklich speziell. Denn bei ihnen laufen Prozesse im Körper nicht wie normalerweise den Phasen des Menstruationszyklus entsprechend ab.”

    Frauen, diese seltenen und bizarren Wesen! Sie machen nur 51% der Weltbevölkerung aus und sind daher besonders selten und eine Ausnahme.

    Ansonsten finde ich den Artikel sehr interessant (habe einiges schon an mir selbst beobachtet bzw. werde ich es mal ausprobieren). Nur die Sichtweise und Formulierung, dass der Mann die Norm und die Frau die Ausnahme ist, ist 19. Jahrhundert.

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