…wenn die Logik nicht greift – Teil I: Mahlzeitenfrequenz

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…wenn die Logik nicht greift – Teil I: Mahlzeitenfrequenz

aus dem Englischen übersetzt von N. „Furor Germanicus“ M. – Copyright by elitefts.com / John Kiefer

 
Ich bin ein Student der Logik. Die Mathematik hat mir eine Menge darüber beigebracht, wie man von Grund auf einen Komplex durch viele kleine, logische Schritte aufbaut. Außerdem hat die Mathematik auch ein recht nettes, integriertes Fehler-Such-System. Jeder einzelne Schritt kann exakt zurückverfolgt und auf seine Richtigkeit bis hin zu seinem Fundament hin überprüft werden, wenn dies erforderlich sein sollte. Folgt jemand einer schlechten Logik, so braucht man nicht lange nach inhaltlichen Fehlern suchen und niemand vertraut einem Konzept, welches sich nicht auf kleineren, bewiesenen Schritten aufbaut.
 
Jedoch nicht in der Diät- und Fitnessindustrie. In dieser Welt reicht es bereits aus, ein Vorstellung zu haben, die man mit einer weiteren Vorstellung darüber, warum sie funktionieren sollte, kombiniert und sie verkauft, ohne beide Wege überhaupt vorher ausprobiert oder überhaupt bewiesen zu haben. Die Sache hat weder Fundament noch eine sinnige Beweisführung um ihre Wirkung zu überprüfen. Und viele der akzeptierten Methoden die wir lehren und praktizieren fallen in diese Kategorie, sogar wenn das Konzept an sich längst bei soliden Fakten widerlegt wurde. Die Macht der Gewohnheit.
 
Doch was macht es so schwer, von alten Gewohnheiten abzulassen? Es ist die Logik, die dahinter steckt. Für viele von uns erscheint die Annahme „wenn A automatisch zu B führt, dann muss B richtig sein“ sehr überzeugend, wenn die Person größtenteils über B spricht, so dass wir völlig vergessen zu kontrollieren, ob A überhaupt stimmt. Das ist gute Logik, die auf schlechten Fakten aufbaut und das passiert tagtäglich. Und es ist so verdammt überzeugend, so dass selbst die von uns, die darauf trainiert wurden so etwas zu durchschauen, es nicht schaffen. Genau aus diesen Gründen wird die Wissenschaft auch durch die Forschung beherrscht und nicht durch Intuition oder Das-Macht-Sinn Annahmen, die in Wirklichkeit nichts weiter als unausgegorene Konzepte in der Diät- und Fitnessindustrie sind. In der Wirklichkeit braucht es Beweise, ein Konzept, das auf harten Fakten beruht und eine entsprechende Testphase um sicherzustellen, dass jenes Konzept auch hält, was es verspricht.
 
In dieser Artikelserie möchte ich einige etablierte Vorgehensweisen und Gedankengänge aufgreifen, wo genau jene Logik aus dem einen oder anderen Grund nicht greift. Ich steige einfach mal mit meiner Lieblings-Ernährungsmythos ein, in der Hoffnung, dass diese irgendwann einmal restlos aus dem gängigen Kanon eliminiert wird.

Die Idee

 
Viele kleinere Mahlzeiten verbessern den natürlichen Metabolismus und führen zu einer vermehrten Fettverbrennung.

Die Logik

Wenn der Körper mit längeren Zeiträumen zwischen einzelnen Mahlzeiten konfrontiert wird, denkt er plötzlich, er verhungere und beginnt damit Körperfett zu horten, aber wenn er sich ausreichend gesättigt und aufgetankt fühlt, dann wird er damit beginnen, gespeichertes Körperfett freizugeben so dass etwaige Extrapfunde wegzuschmelzen beginnen.

Die Realität

Die Wirklichkeit ist relativ simpel. Egal wie viele Mahlzeiten dem Körper im Laufe des Tages zugeführt werden und egal, wie genau diese auch zeitlich abgestimmt sein mögen – für die Reduktion von Körperfett ist letzendlich die totale Kalorienaufnahme entscheidend. Iss zwei Mahlzeiten oder sogar zehn, es macht am Ende keinen Unterschied und das Körperfett schmilzt davon auch nicht schneller.

Ich bin mir sicher, dass ihr die Hypothese der vielen kleineren Mahlzeiten schon oft gehört und mindestens genauso oft damit belehrt wurdet, so dass daraus mittlerweile ein hartes Faktum der Fitnessbranche geworden ist, welches durch die vielen Zeitschriften und Magazine populär vermarktet wurde, richtig? Da muss ja irgendetwas dran sein, denn sogar einige prominente Ernährungszertifikate lehren es eingehend. Als ich die letzten 50 Jahre nach wissenschaftlicher Literatur abgesucht habe, fand ich rund sieben Studien, die zu diesem Ergebnis gekommen sind 1-7 (zwei weitere stammen zusätzlich aus den vergangenen fünf Jahren 8, 9).Über all die Jahre sah ich, wie diese Studien immer und immer wieder zitiert und heruntergebetet wurden in ihrem heiligen Mantra der vielen, kleinen Mahlzeiten: iss weniger, dafür öfter und die Pfunde verabschieden sich wie von selbst.
 
Dann las ich einmal die wissenschaftliche Arbeit, die ich bis dato sogar selbst zitiert hatte. Und schließlich fand ich mich in einer nur allzu gut bekannten Situation wieder – eine Beziehung, in der man denkt die andere Person wäre nahezu perfekt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem man sie näher kennenlernt und die guten Zeiten zu Ende gehen. So war es auch mit meinem Viele-Kleinere-Mahlzeiten-Zauber.
 
Als ich mich in aller Ruhe hinsetzte und damit begann, die Studien zu wälzen, bemerkte ich ein signifikantes Problem bei der Sache. Vier der genannten Studien stammten aus den 50ern, 60ern und frühen 70ern und machten einen miserabel kontrollierten Eindruck durch die Wissenschaftler. 1-4 In keiner der anderen fünf Studien kontrollierten die Wissenschaftler die Kalorienaufnahme 5-9, kamen aber trotzdem zu der fuliminanten Erkenntnis dass die Einnahme vieler kleinerer, regelmäßiger Mahlzeiten den Stoffwechsel erhöht und dabei hilft, überflüssige Pfunde los zu werden. Aus ihrer Arbeit konnten die zuständigen Wissenschaftlicher nicht wissen, ob die Studienteilnehmer unwillkürlich weniger Kalorien zu sich nahmen, wenn sie kleinere Mahlzeiten aßen oder ob die regelmäßige Einnahme mit einer Erhöhung des Stoffwechsels korrelierte. Ich grub tiefer.
 
Keine der Studien überprüfte die Veränderung in der täglichen Kalorienaufnahme der Teilnehmer, wenn diese von drei gängigen großen Mahlzeiten zu sechs oder mehreren Kleineren wechselten – aber ich wollte Studien, die das taten! In meiner Recherche fand ich rund 29 Studien, wo die Forscher die exakte Anzahl der Mahlzeiten registrierten, von einer bis zu zehn pro Tag, und gleichzeitig sicherstellten, dass die Kalorienaufnahme gleich blieb, egal wie viele Mahlzeiten gegessen wurden. 10-38 Alle 29 Studien kamen letzendlich zu dem gleichen Ergebnis: die Anzahl der eingenommenen Mahlzeiten beeinflusste die Abnahme von Körperfett oder die schiere Gewichtsabnahme nicht im geringsten, lediglich die Anzahl der aufgenommenen Kalorien tat dies.
 
Man ging sogar einen Schritt weiter und verfrachtete die Leute in Boxen, „Ganzkörper Kaloriemeter“ genannt, um eine präzise Messung des Stoffwechsels durchzuführen und einen Unterschied zwischen wenig großen und vielen kleinen Mahlzeiten zu ermitteln. Und wieder: keine Veränderung des Metabolismus, des Energieverbrauchs oder des Fettstoffwechsels. Die Anzahl der Mahlzeiten beeinflusste nicht einmal die Art der Masse, die die Probanden der Studie abnahmen – jeder von ihnen verlor exakt die gleiche Menge an Gewicht und die gleiche Menge an Körperfett, unabhängig von der Frequenz der eingenommenen Mahlzeiten. Nahezu alles erdenkliche wurde in diesen Studien getestet – ohne einen nennenswerten Effekt. Einige Wissenschaftler überprüften sogar ältere Studien und deren Essens-Protokolle, die von den originären Forschern nicht einmal berücksichtigt wurden. Alle Studienteilnehmer, die viele kleinere Mahlzeiten aßen, nahmen ab, weil sie unwillkürlich die Kalorienaufnahme reduzierten.
 
Wo liegt hier der Fehler in der Logik? Nun, die Logik selbst ist unbestreitbar in Ordnung, denn es sind die Prämissen die sich als falsch herausgestellt haben. Der Körper legt keinen Hormon-Schalter um oder sendet ein Signal des Verhungerns, nur weil er ein paar Stunden – oder ein paar mehr – ohne Nahrung auskommen muss. Im Gegenteil, der menschliche Körper kommt sogar sehr gut mit Phasen des Fastens ohne Nahrungszufuhr aus. Jene Signale, die den Körper in den Hungermodus verfrachten – die Signale, die angeblich bereits nach wenigen Stunden ausgesendet werden – brauchen ungefähr drei bis vier Tage in Kombination mit einer restriktiven, niedrigen Kalorienaufnahme um aktiv zu werden.39-48 Aber keine zwei Stunden, drei oder sogar acht! Die originäre Annahme des Konzeptes fußt auf falschen Tatsachen.
 
Ein zweiter Punkt, an dem der logische Aspekt kopeister geht, ist die romantische Vorstellung, dass der menschliche Körper ein latentes Verlangen nach dem Dünn-sein besitzt, wenn er sich in einem Rund-um-Wohlfühl-Zustand befindet. Gib ihm all das Essen, wonach es ihm verlangt und er belohnt dich mit einer Reduktion des Körperfetts. Falsch, der Körper funktioniert nicht auf diese Weise! Es stellt sich heraus, dass längere Zeiträume zwischen den einzelnen Mahlzeiten dazu führen, dass der Körper mehr Fett als Treibstoff verbrennt.27, 28, 37, 49, 57 Der Körper verbraucht Depotfett, wenn die Nahrungszufuhr ausbleibt und er speichert Fett, wenn ihm zuviel Nahrungsenergie in Form von Essen zugeführt wird. Eine regelmäßige Mahlzeitenfrequenz verringert sogar den Ruhestoffwechsel und senkt einen weiteren Aspekt des Metabolismus50, der sich „thermischer Effekt der Nahrung“ nennt.51-54
 
Viele kleine Mahlzeiten bringen keinen Vorteil, wenn es um eine Diät geht und der Nachteil eines geringeren Metabolismus ist ebenfalls nicht sehr anregend. Für den Durchschnittsmenschen sind viele kleinere Mahlzeiten sogar relativ nervtötend. Zugegeben, das ist Expertenwissen und du liest dies hier, weil du gewillt bist, ein Opfer darzubringen und eine Veränderung zu Akzeptieren nur um außergewöhnlich zu sein. Aber alle jene von euch, die Menschen trainieren, deren Ziel es vielleicht nicht unbedingt ist, den Pfad des Außergewöhnlichem zu bestreiten und ihnen ständig davon erzählen, dass diese viele kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen sollten – wie ich von vielen gelesen und von Trainern unzählige Male gehört habe – könnte am Ende zu einem Reinfall führen. In den Studien warfen viele Probanden eher das Handtuch, weil sie zu oft essen sollten, als dass sie zu wenig Kalorien aufgenommen haben. Sie empfanden die häufige Nahrungsaufnahme als unangenehm und das obwohl sämtliche Mahlzeiten von den Initiatoren der Studien zubereitet und geliefert wurden.30, 31, 33
 

Damit will ich nicht sagen, dass häufige Mahlzeiten keine Vorteile bringen. Wenn ihr darauf erpicht seid, ein möglichst langes anabolisches Umfeld zu schaffen, kann die stetige Mahlzeitenfrequenz sehr wichtig sein. Viele dieser Studien zeigen auch die Wichtigkeit eines exakt getimed-en Ernährungsplanes auf: regelmäßige Nahrungsaufnahme zu einer festgelegten Uhrzeit verbesseren die Insulinsensivität55 und nocheinmal: wenn es um ein erhöhtes anaboles Umfeld geht, ist eine verbesserte Insulinsensivität sogar zielführend. Außerdem können die vielen kleineren Mahlzeiten eine guter Methode sein, den Hunger in Schach zu halten,56, 57 sofern dies in erster Instanz ein Problem darstellt. Aber für die Reduktion von Körperfett ist diese Maßnahme nicht logisch, sondern eher sinnlos.

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Quellen & Referenzen
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3 Kommentare

  1. Ich war schon immer der Überzeugung, dass häufige Mahlzeiten in kleinen Mengen, unnötig sind und mehr Stress verursachen.

  2. Letztendlich müßte die Schlußfolgerung doch lauten: “Die langjährige Grundannahme hinter der Empfehlung, viele kleine Mahlzeiten zu essen stimmt nicht. Aber viele kleine Mahlzeiten können mittelbar doch bei der Fettreduktion helfen – über einen anderen Mechanismus, nämlich indem sie zu einer Reduktion der Gesamtmenge der aufgenommenen Kalorien zu führen scheinen.”

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