Willenskraft trainieren: 5 Methoden zum Aufbau von (mehr) Disziplin

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Willenskraft trainieren: 5 Methoden für mehr Disziplin

Von Martin Krowicki (SchnellEinfachGesund.de) | Benötigte Lesezeit: 7 Minuten |


Willst du endlich deine eigenen Grenzen sprengen? Möchtest du deine eigenen Rekorde brechen? Wenn du bisher vor scheinbar unüberwindbaren Mauern stehst, dann liegt es nicht unmittelbar an deinen körperlichen Fähigkeiten – es ist deine Willensstärke!

Hast du schon mal erfolgreichen Sportlern vor ihren Wettkämpfen ins Gesicht geschaut? Man sieht ihren starken Fokus, ihren unbändigen Willen und gleichzeitig ihre Überzeugung das Ziel zu erreichen.

Niemand kommt mit solch einer Willenskraft zur Welt – wir können sie trainieren!

Willenskraft trainieren: 5 Methoden zum Aufbau von (mehr) Disziplin

Status quo – wie groß ist deine Willensstärke?

Willensstärke ist die Fähigkeit deine eigenen Impulse zu kontrollieren. Sie hilft dir dabei, deinen gesetzten Zielen treu zu bleiben, deine tägliche Arbeit zu erfüllen oder dein Training auf das nächste Level zu heben! Ohne Willenskraft würdest du zum Spielball deiner eigenen Impulse werden und jeder Versuchung blind folgen.

An diesen Beispielen erkennt man Willenskraft:

  • Wie einfach fällt es dir morgens aus dem Bett zu steigen?
  • Wie leicht bekommst du deinen Hintern von der Couch, um ins Studio zu gehen?
  • Kannst du einem leckeren Stück Kuchen widerstehen, obwohl du dich gesund ernähren willst?

Willenskraft ist der entscheidende Faktor, diese Dinge zu kontrollieren. Immer wenn du deine Überzeugungen, Ziele und Vorhaben brichst, dann zeigst du eine schwache Willenskraft.

  • Willst du 10 km laufen und brichst nach 8 km ab, dann resignierst du.
  • Sparst du dir den letzten, oft entscheidenden Satz, im Krafttraining, dann zeigst du einen schwachen Willen.

Sicher kennen wir alle diese Situationen, in der wir den Weg nicht bis zu Ende gegangen sind. Doch keine Sorge, Willenskraft ist wie ein Muskel, den wir trainieren können … doch wo sitzt dieser Muskel?

Willenskraft trainieren: 5 Methoden für mehr Disziplin

Mehr Willsenkraft: Wer möchte das nicht? Wir verraten dir, wie du zu mehr Disziplin gelangst. (Bildquelle: Fotolia / Sergey Nivens)

Wo liegt unser Wille?

Unser größtes Werkzeug, aber auch unsere größte Bremse, ist unser Gehirn. Hier steckt der Tiger in uns – die Willenskraft.

Bechera et al. (2006) legen der Willenskraft zwei komplexe kognitive Prozesse zugrunde, die miteinander interagieren (1):

1. Amygdala

„… an impulsive, amygdala-dependent, neural system for signaling the pain or pleasure of the immediate prospects of an option.“

In der Amygdala werden Signale verarbeitet, die den Schmerz oder die Freude der unmittelbaren Situation interpretieren, in der wir uns im Hier und Jetzt befinden.

2. Präfrontaler Kortex

„… a reflective, prefrontal-dependent, neural system for signaling the pain or pleasure of the future prospects of an option.“

Im präfrontalen Kortex liegen die neuralen Systeme, die den Schmerz oder die Freude von zukünftigen Situationen interpretieren – er ist also antizipativ.

Die finale Entscheidung wird getroffen, wenn beide Prozesse miteinander in Relation gesetzt werden.

Wenn die unmittelbare Perspektive unangenehm ist, aber die Zukunft angenehmer erscheint, dann bildet das positive Signal der zukünftigen Aussichten die Grundlage, um die Unannehmlichkeit der unmittelbaren Aussichten zu ertragen.

Einfach gesprochen heißt das, wenn wir eine bessere Situation in Aussicht haben, dann sind wir bereit unangenehme Dinge zu ertragen – ein typischer Belohnungseffekt (oder „Feedforward“).

Willenskraft zeigt sich, wenn wir außerhalb unserer Komfortzone aktiv werden.

Die neuronalen Netze, die solchen Prozessen zugrunde liegen sind veränderbar – und zwar in beide Richtungen: zugunsten eines schwachen, aber auch eines starken Willens. In den Neurowissenschaften kann man solche Veränderungen messbar machen. MRI Scans haben gezeigt, wie Training, Meditation oder Wettkämpfe unseren präfrontalen Cortex verändern (2).

Wenn du deinen Willen stärken möchtest, dann solltest du an beiden Prozessen arbeiten: Dinge die dir deinen Willen rauben und Dinge die deinen Willen stärken. Die wichtigsten Methoden findest du in der nächsten Sektion.

Methoden für einen eisernen Willen

Methode #1: Meditation lässt dein Angstzentrum schrumpfen

Meditation ist eine Jahrtausende alte Technik, die in vielen Kulturen praktiziert wird. Du kannst von dieser Methode Gebrauch machen, wenn du deine Ängste besiegen willst und die Willenskraft steigern möchtest.

MRT-Scans haben gezeigt, dass das achtwöchige Üben von Meditation dazu führt, dass unsere Amygdala kleiner wird. Die Region, die wie oben beschrieben, Ängste und Schmerzen bewertet und unsere Reaktionen auf Stress mitbestimmt. Die Amygdala ist auch das Zentrum unseres „Kampf-oder-Flucht“ Modus – wobei ersterer in der Regel für eine hohe Willenskraft steht (2).

Meditation ist also kein esoterischer Bullshit, sondern ein Weg zu einem Wille aus Stahl.

Willenskraft trainieren: 5 Methoden für mehr Disziplin

Achtsamkeitstraining ist mit einem geringeren Volumen der grauen Substanz in der rechten Amygdala verbunden. Die rechte Amygdala ist rot markiert. (Bildquelle: PLoS One)

Methode #2: Trainiere die Willenskraft, wie einen Muskel

Dieses Prinzip kennst du: Wenn du einen Muskel mehrfach trainierst, ihn forderst und die Intensität erhöhst, dann wächst er. Die Steigerung des Willens funktioniert genauso. Roy Baumeister, der Autor des Buches „Die Macht der Disziplin: Wie wir unseren Willen trainieren können”, (siehe Damians Buchreview hier) arbeitet genau mit dieser Metapher.

Betrachte jede fordernde Situation als Training deiner Willenskraft, wobei die Herausforderung auch ganz klein sein können: Widerstehe dem Snooze-Button, lehne Süßigkeiten ab oder mache noch eine Kniebeuge mehr! Jedes Mal, wenn du Disziplin zeigst, stärkst du deinen Willenskraft-Muskel, also den präfrontalen Kortex, oder in Baumeisters Worten:

“These little things build character, that is, strengthen the willpower muscle for more important challenges“ (3).

Methode #3: Grenzerfahrungen

Neben diesen kleinen Impulsen, sind auch gelegentliche Grenzerfahrungen wichtige Meilensteine zur Stärkung deines Willens. Es kann eine intensive Erfahrung sein, wenn du dich vor lauter Anstrengung übergeben musst – aber du wirst daraus lernen. 

Gelegentlich solltest du einfach mal deine Grenzen testen:

  • Sprinte so schnell und soweit du kannst – wenn du denkst es geht nicht mehr, sprinte schneller!
  • Mache so viele Kniebeugen wie möglich – und dann noch mehr!

Für derartige Grenzerfahrungen eignen sich Hochintensive Intervalltrainings wie z.B. oder Trainingsprogramme wie das German Volume Training oder Super Kniebeugen nach R.J.Stossen. Zugegeben, gerade bei diesen Programmen habe ich solche Grenzerfahrungen oft gar nicht geplant gehabt – aber zumindest veranschaulicht es mir, dass ich Alles gebe.

Mittlerweile nutze ich sie gezielt um solche Grenzerfahrungen zu machen. (Über Sinn und Zweck des kontrollierten Übertrainings haben wir übrigens in der Metal Health Rx 10/2018 geschrieben.)

Krafttraining verlangt viel Disziplin, denn du musst raus aus deiner Komfortzone, wenn du etwas erreichen willst. Immer wenn du noch genau diese eine Wiederholung mehr machst, dann trainierst du nicht nur die Muskulatur, sondern ebnest auch den Weg für eine knallharte Psyche.

Du hast Respekt und ein wenig Schiss vor der nächsten Beineinheit, weil z.B. Kniebeugen auf dem Plan stehen? Sehr gut! Das ist genau der richtige Grund, wieso du sie absolvieren solltest – lerne die Herausforderungen des Lebens frontal anzugehen! (Bildquelle: Fotolia / andy_gin)

Methode #4: Nutze mentale Techniken wie NLP oder Visualisierungen

Jeder Leistungssportler nutzt früher oder später mentale Techniken, um Höchstleistungen zu erzielen. Du willst endlich 100, 125 oder 150 kg auf der Bank drücken? Dann bereite dich mental darauf vor.

4.1 NLP

, das sogenannte Neurolinguistische Programmieren, ist eine Technik, die dir hilft deine inneren Grenzen zu sprengen.

Gelangst du im Krafttraining immer wieder auf Plateaus? Mit NLP kannst du gezielt an den Denkmustern arbeiten, die dich daran hindern, die nächste Stufe zu erreichen. Du lernst in bestimmten Situationen, gezielt die Gefühlszustände zu erreichen, die du benötigst.

Wenn du im Bankdrücken Angst vor der 100 kg Hürde hast, dann ist das oft nur eine mentale Hürde – die 99 kg packst du noch recht locker – aber die 100 kg sind dein Endgegner. Mit NLP kannst du diese Hürden meistern.

Doch einige Menschen scheitern schon lange vorher an ihren Glaubenssätzen: Sie empfinden körperliches Training als weiteren lästigen und unangenehmen Termin, während andere Training als Bereicherung und Ausgleich sehen. Hinter letzterem stecken Glaubenssätze und NLP-Muster, die wir uns unbewusst antrainiert haben.

4.2 Visualisierungen

Eine weitere sehr wirksame Technik ist die Visualisierung. Diese Technik ist einerseits eine der effektivsten Methoden zur Steigerung der Muskelkraft, weil mehr motorische Fasern rekrutiert werden können (Muscle-Mind-Connection).

Visualisieren bedeutet in diesem Falle, dass man sich zuvor voll auf den Bewegungsablauf fokussiert und sich alle beteiligten Muskeln und Gelenke vorstellt.

Andererseits ist Visualisieren auch in anderer Form möglich – nämlich in Form von Videos, Bildern und Zitaten. Diese haben meist eine unmittelbare Reaktion zur Folge. Sicher hast du dir schon auf Youtube motivierende Fitness-Videos angeschaut – die Einheiten von The Rock im Fitnessstudio oder Rich Froning auf den Crossfit Games zählen zu den meistgeklickten Motivationsvideos. In einigen Studios hängen auch Bildern von Idolen des Kraftsports – sie führen dir dein Ziel immer vor Augen.

Doch was steckt hinter den Visualisierungen? Sie arbeiten über den zweiten Prozess, den Bechera et al. (2006) beschrieben hatten (1). Über den präfrontalen Kortex bewerten wir das zukünftige Resultat, welches aus unserer jetzigen Handlung folgt. Die Bilder, Videos und Zitate können deine Willenskraft erhöhen, da sie dir einen Zustand aufzeigen, den du unbedingt erreichen möchtest.

Methode #5: Der Wille ist Biochemie

Eine starke Psyche wird natürlich auch durch einen guten Vitamin- und Mineralstoffhaushalt bestimmt. Vitamine und Mineralstoffe sind wichtige Bausteine für unsere Hormone.

Zink hat zum Beispiel einen starken Einfluss auf die Bildung unserer Geschlechtshormone – so kann ein Zink Mangel unser Testosteron um mind. 50% reduzieren (4)!  Kurz gesagt: Kein Testosteron – kein Wille!

Willenskraft trainieren: 5 Methoden für mehr Disziplin

Abb. 3: Eine sechsmonatige Zink Supplementierung kann den Testosteron-Haushalt verdoppeln (Mittelwert, Spalte rechts). (Bildquelle: Prasad et al., 1996)

Wenn du also von Grund auf ein Motivationsproblem hast, dann solltest du zunächst deine Blutwerte checken. Eine gute Versorgung an Vitaminen und Mineralstoffe ist die Basis für unseren Willen.

Was reduziert die Willenskraft?

Im nächsten Schritt möchte ich kurz anreißen, welche Faktoren dir deine Willenskraft rauben können.

Faktor #1: Vorsicht mit Fernsehen und Social Media

Fernsehen und Social Media bringen dich vom Aktionismus in Reaktionsmus. Du wirst mit vorverdauten und oft einseitigen Informationen bombardiert, die mehr an Fremdbestimmung, als an einen eigenen Willen grenzen. Achte also auf die Fernsehsendungen, die du dir anschaust. Folge auf Facebook nur einigen wenigen Seiten, die wirklich nützlich sind und hinterfrage Beiträge, die sehr einseitig sind (siehe hierzu auch unseren Beitrag zur „Informationsdiät“)

Du hinterfragst das, was hier geschrieben steht – sehr gut, dann hast du die Willenskraft dir deine eigene Meinung zu bilden!

Faktor #2: Schlechte Regeneration

Schon eine Nacht Schlafmangel kann dazu führen, dass unsere Denkmuster beeinträchtigt sind und wir schlechte oder gar keine Entscheidungen treffen (5).

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Training wirklich Vollgas geben sinkt umso mehr, umso schlechter wir regeneriert sind. Sorge also dafür, dass du gut erholt ins Training gehst und es wird dir leichter fallen, den nötigen Willen aufzubringen.

Übertraining und zu viel Alkohol können ebenfalls zu Lethargie im Training führen.

Faktor #3: Entscheidungsermüdung

Unsere Willenskraft spiegelt sich auch in der Fähigkeit wieder Entscheidungen zu treffen. Untersuchungen zeigen, dass die Willensstärke eine limitierte Ressource ist. Ein solcher Zustand wird als „decision fatigue“ bezeichnet (Entscheidungsermüdung) (6)(7).

Dieses Gefühl hast du vielleicht schon mal bei Einkaufen gehabt, wenn du vor lauter Optionen nicht mehr wusstest, wofür du dich entscheiden sollst. Gleiches kann aber auch beim Training passieren, wenn du planlos von Gerät zu Gerät wanderst und du dich irgendwann nicht mal mehr zwischen Klimmzügen im Ober- oder Untergriff entscheiden kannst.

Die Lösung ist dabei recht simpel: Mache dir Pläne und Routinen und nimm dir die Last der Entscheidung schon vorher ab (Einkaufszettel schreiben – Trainingspläne anlegen).

       

Fazit

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!“ Zwischen dir und deinen Zielen stehen oftmals nur deine Gedanken und deine innere Einstellung. Ich finde es beruhigend, zu wissen, dass unser Wille trainierbar ist. Ich denke, es kann durchaus Freude machen, sich jeden Tag herauszufordern und immer wieder aus der Komfortzone zu bewegen.

Zuletzt sei aber gesagt, dass du es nicht übertreiben musst. Willenskraft soll nicht bedeuten, dass du in mentaler Selbstverstümmelung endest und nur noch den schmerzhaften Weg gehst. Betrachte das Training der Willenskraft als Werkzeug zu einer stärkeren Psyche.

Und mache es wie im richtigen Training: Regeneriere dich und lasse dich auch mal treiben!



Quellen & Referenzen

(1) Bechara, A. / Noël, X. / Crone, E. (2006): Loss of willpower: Abnormal neural mechanisms of impulse control and decision making in addiction. In: Handbook of Implicit Cognition and Addiction. URL: https://psycnet.apa.org/record/2006-04589-015.

(2) Taren, AA. / Creswell, JD. / Gianaros, PJ. (2013): Dispositional Mindfulness Co-Varies with Smaller Amygdala and Caudate Volumes in Community Adults. In: PLoS ONE. URL: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0064574.

(3) Baumeister, RF. (2011): Die Macht der Disziplin. Wie wir unseren Willen trainieren können. Goldman Verlag.  Erhältlich auf Amazon.de.

(4) Prasad, AS., et al. (1996): Zinc status and serum testosterone levels of healthy adults. In: Nutrition. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8875519.

(5)  Harrison, Y. / Horne, JA. (1999): One Night of Sleep Loss Impairs Innovative Thinking and Flexible Decision Making. In: Organizational Behavior and Human Decision Processes. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10329298.

(6) American Psychological Association: Is Willpower a Limited Resource? URL: https://www.apa.org/helpcenter/willpower-limited-resource.pdf

(7) Oto, B. (2012): When thinking is hard: managing decision fatigue. In: EMS World. URL: https://www.researchgate.net/publication/225279309_When_thinking_is_hard_managing_decision_fatigue.


Bildquelle Titelbild: Fotolia / jchizhe


Über

Martin Krowicki ist studierter Sportwissenschaftler und arbeitet als Gesundheitscoach für Unternehmen. Er will sein Umfeld dazu motivieren, mehr Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Deshalb schreibt er unter anderem auf SchnellEinfachGesund.de über die Einfachheit eines gesunden Lebensstils. Weitere Artikel von ihm findest du in der Metal Health Rx und auf myProtein.

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