Progressive Overload: Die 10 Regeln der progressiven Belastungssteigerung

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Die 10 Regeln der progressiven Belastungssteigerung

Von Bret Contreras | Benötigte Lesezeit: 11 Minuten |


In diesem Artikel werde ich dir beibringen, wie man das wichtigste Gesetz des Krafttrainings – das der progressiven Belastungssteigerung (Progressive Overload) – richtig handhabt.

Vielleicht hast du erst kürzlich mit dem Kraftsport begonnen und du wunderst dich, was genau progressive Belastungssteigerung ist. Nun, progressive Belastungssteigerung heißt im Grunde genommen einfach, dass du „über die Zeit mehr leistest“. Du könntest zum Beispiel etwas mehr Gewicht auf die Hantel laden, mehr Wiederholungen absolvieren oder/und auch einfach produktivere Trainingseinheiten absolvieren.

Da es sehr schwer ist, einen allumfassenden Artikel zu diesem Thema zu schreiben, wirst du dazu nicht viele gut verständliche Artikel finden. Aufgrund der hohen individuellen Varianz der Fitness-Levels verschiedener Trainingsanfänger ist das Ganze ein bisschen komplizierter als einfach zu sagen „leg jede Woche 5 kg mehr auf“ oder „ mach jede Woche mit dem gleichen Gewicht zwei Wiederholungen mehr“.

Leider kann auch ich keine präzise Anleitung für die praktische Anwendung geben. Um genau zu wissen, wie du dich steigern solltest, müsste ich bei dir sein und dich trainieren sehen. Da dies nicht der Fall ist, werde ich dir hier einige Ratschläge geben, die dir das Leben einfacher machen sollten.

Hier sind die 10 Regeln der progressiven Belastungssteigerung.

Progressive Overload: Die 10 Regeln der progressiven Belastungssteigerung

Regel #1: Die progressive Belastungssteigerung beginnt mit der Leistung, die du mit perfekter Technik ausführen kannst

Nehmen wir an, du fängst eine bestimmte Übung gerade erst an. Du hast alle möglichen YouTube-Videos gesehen, in denen starke Athleten in dieser Übung riesige Gewichte bewegen. Du vertraust auf deine eigene Kraft und lädst einiges an Gewicht auf. Bei der Ausführung merkst du dann, dass sich die Übung nicht gut anfühlt. Es fühlt sich seltsam an, unnatürlich, du spürst nicht die richtigen Muskeln und es fühlt sich auch für die Gelenke nicht ergonomisch an, möglicherweise spürst du sogar ein Verletzungspotenzial. Diese Übung ist definitiv nichts für dich, richtig? Falsch! Die Übung ist wahrscheinlich etwas für dich, aber deine Herangehensweise war komplett falsch.

Kümmere dich nicht darum, wieviel Gewicht andere bewegen. Wenn du eine neue Übung beginnst, starte so leicht wie es geht und arbeite dich in kleinen Schritten hoch. Lass mich als Beispiel zwei Extreme anbringen – zum einen das Ausgangslevel des schwächsten, nicht-älteren und nicht-verletzten Anfängers, den ich je trainiert habe und zum anderen des stärksten Anfängers, den ich je trainiert habe. Die Chancen stehen sehr gut, dass du irgendwo dazwischen liegst.

Der schwächste Anfänger, den ich je trainiert habe (eine Frau mittleren Alters, die 15 Jahre lang keinen Sport gemacht hatte), musste mit High-Box Squats und dem Körpergewicht anfangen, sodass sie nur etwa 20cm absinken musste, bis sie auf der Box saß. Zudem führte sie Glute Bridges, Ausfallschritte und Hip-Hinge Drills aus – alle nur mit dem eigenen Körpergewicht.

Aber das Wichtigste ist: Sie machte Kniebeugen, Hip-thrusts, Ausfallschritte und Kreuzheben. Klar, davon führte sie jeweils die leichtesten Varianten aus, aber das war für sie in dieser Zeit das Richtige. Innerhalb von 6 Monaten konnte sie tiefe Goblet Squats, Langhantel-Hip-thrusts, Bulgarian Split Squats und Kreuzheben vom Boden mit 40kg ausführen.

Ganz im Gegensatz dazu konnte der stärkste Anfänger, den ich je trainiert habe (ein High-school-Wrestler) bereits 80kg in der tiefen Kniebeuge, 100kg im Kreuzheben, 100kg im Hip-thrust und 70kg im Bankdrücken bewegen. Zudem konnte er Bulgarian Split Squats, einbeinige Hip-thrusts und Chinups mit guter Form ausführen.

Trotz allem war er lediglich ein Athlet und hatte vorher noch nie ein Training mit Gewichten absolviert. Das Wrestling hatte seinen Körper einfach soweit gestärkt, dass er in der Lage war, bereits auf einem wesentlich höheren Niveau einzusteigen als es den meisten anderen Anfängern möglich wäre. Sogar meine (damals) 13-jährige Nichte – eine sehr gute Volleyballerin – machte in ihrer allerersten Trainingseinheit mit Gewichten tiefe Kniebeugen mit 40kg, Trapbar Deadlifts mit 60kg und sehr saubere einbeinige Hip-Thrusts.

Aber diese Menschen sind nicht du. Du wirst herausfinden, dass du aufgrund deines Körperbaus in manchen Übungen Vorteile und in anderen Übungen Nachteile haben wirst.

  • Hast du lange Oberschenkel? Du wirst wahrscheinlich keine weltverändernden Rekorde in der Kniebeuge aufstellen, aber deine Back Extensions mit Zusatzgewicht werden dafür durch die Decke gehen.
  • Hast du lange Arme? Deine Bankdrück-Rekorde werden vielleicht nicht sehr beeindruckend sein, aber dafür wirst du heben wie ein Champion.

Finde heraus, wo im Regressions-Progressions-Kontinuum du dich befindest (das ist im Grunde genommen eine Auflistung aller Variationen einer Übung, sortiert nach deren Schwierigkeitsgrad) und beginne damit, stark zu werden.

Regel #2: Es gibt einige Grundsätze für die progressive Belastungssteigerung bei Anfängern

Die Methode der progressiven Belastungssteigerung wird bei Anfängern anders sein als bei fortgeschritteneren Trainees. Ebenso ist sie für Frauen anders als für Männer und für muskulösere Personen anders als für weniger Muskulöse.

Ich kann beispielsweise einer Frau, die gerade mit dem Krafttraining beginnt, nicht erzählen, dass sie in der Kniebeuge und im Kreuzheben jede Woche 5 kg mehr aufladen soll. Zunächst einmal ist es wahrscheinlich, dass man sowieso zuerst eine Weile an der korrekten Übungsausführung arbeiten muss, bevor man sich überhaupt mit dem Steigern der Gewichte beschäftigt. Manche Klienten sollten zunächst mit Übungsvariationen anfangen, die einen geringeren Bewegungsumfang erfordern, wie zum Beispiel Körpergewichts-Box-Squats oder Rack Pulls – und von Einheit zu Einheit schlichtweg den Bewegungsradius um ein Stück vergrößern.

Wenn man immer sein eigenes Körpergewicht für 3 Sätze à 10 Wiederholungen beugt (oder jedes Mal 30kg hebt), aber jede Woche ein paar Zentimeter tiefer geht, ist das Progression. Irgendwann wird man beim vollen Bewegungsumfang angelangt sein und kann nun beginnen, das Gewicht zu steigern.

In Übungen, in denen der eigene Körper einen signifikanten Anteil des bewegten Gewichts darstellt – wie in Kniebeugen, Hip-Thrusts, Back-Extensions und Ausfallschritten – muss man zunächst sein eigenes Körpergewicht bewältigen (mein eigener Ansatz ist es, mindestens 3 Sätze mit 20 Wiederholungen mit dem Körpergewicht über den vollen Bewegungsradius vorauszusetzen), bevor man beginnt, das Gewicht zu steigern.

Zudem erlauben viele Übungen nur kleine Gewichtssteigerungen. In solchen Übungen sollte man für gewöhnlich zunächst die Wiederholungsanzahl steigern, nicht gleich das Gewicht. Das gilt vor allem für Übungen, die geringere Lasten verwenden (wie Curls und Seitheben), sowie für anspruchsvolle Körpergewichtsübungen (wie Skater Squats, einbeinige Rumanian Deadlifts, einbeinige Hip-Thrusts und einbeinige Prisoner Back-Extensions).

Das ist besonders wichtig für Frauen oder leichtere Männer, die keinen Zugang zu kleinen Gewichtsscheiben (1,25 kg bzw. 0,5 kg) haben oder/und bei Kurzhanteln und Kettlebells auf vorgegebene, relativ große Sprünge angewiesen sind.

Denk mal drüber nach: Ein Sprung von 25 kg auf 27,5 kg entspricht einer Steigerung um 10%. Ein Sprung von 5k g auf 7,5 kg entspricht jedoch einer Steigerung um 50%. Man kann von niemandem erwarten, dass er das Gewicht um 50% steigern und trotzdem die gleiche Anzahl an Wiederholungen wie in der vorherigen Woche absolvieren soll. Man kann jedoch erwarten, dass derjenige mit dem gleichen Gewicht ein oder zwei Wiederholungen mehr schafft.

Lass uns also beispielsweise sagen, dass du in der einen Woche im Seitheben 10 Wiederholungen mit 5kg schaffst. Anstatt das Gewicht auf 7,5 kg zu erhöhen, versuchst nun, mit den 5kg in der nächsten Woche 12 Wiederholungen zu schaffen. Erst wenn du den Punkt erreichst, an dem du mehrere Sätze mit 20 Wiederholungen ausführen kannst, steigerst du dann das Gewicht auf 7,5 kg.

Regel #3: Die progressive Belastungssteigerung kann auf viele verschiedene – und 12 primäre Arten – erreicht werden

Erinnere den Grundsatz, dass Progressive Overload schlichtweg bedeutet, „über die Zeit mehr zu leisten“. Es gibt viele Methoden, dies zu erreichen. In diesem Artikel wurden bereits die der Steigerung in Bewegungsumfang, Wiederholungsanzahl und Gewicht erwähnt.

 Am Anfang sollte man sich im Bewegungsumfang und der Übungstechnik verbessern. Ja, wenn man genau die gleiche Einheit mit einer besseren Übungsausführung absolviert, ist das Progression. Man hat in Sachen Bewegungsmuster für das neuromuskuläre System „mehr“ gemacht. Und da eine gute Technik heißt, dass auch die richtigen Muskeln angesteuert werden, hat man sich ebenfalls in der zu verrichtenden Muskelarbeit verbessert.

Nachdem die richtige Technik und der volle Bewegungsradius erreicht und verinnerlicht wurden, wird es Zeit, sich um die anderen Progressionsformen zu kümmern. Die meiner Meinung nach praktikabelsten Formen sind:

  • Das gleiche Gewicht über eine längere Strecke bewegen (Bewegungsumfang).
  • Das gleiche Gewicht und Volumen mit besserer Technik, mehr Kontrolle und weniger physischer Anstrengung bewegen (Effizienz).
  • Das gleiche Gewicht für mehr Wiederholungen bewegen (Volumen).
  • Das gleiche Gewicht für mehr Sätze bewegen (Volumen).
  • Ein schwereres Gewicht bewegen (Intensität der Last).
  • Das gleiche Gewicht schneller beschleunigen (Intensität der Anstrengung).
  • Das gleiche Gewicht und Volumen unter Einbindung von Intensitätstechniken (z.B. erzwungene Wiederholungen, Dropsätze, statisches Halten, partielle Wiederholungen oder Vorermüdung) absolvieren (Intensität der Anstrengung).
  • Das gleiche Gewicht und Gesamtvolumen mit einem niedrigeren Körpergewicht absolvieren (Relatives Volumen/Intensität).
  • Das gleiche Gewicht und Gesamtvolumen mit kürzeren Satzpausen absolvieren (Dichte).
  • Das gleiche Gewicht und Gesamtvolumen in einer kürzeren Zeitspanne absolvieren (Dichte).
  • Mehr Gesamtvolumen in der gleichen Zeitspanne absolvieren (Dichte).
  • Das gleiche Gewicht und Gesamtvolumen öfter in der Woche absolvieren (Frequenz).

Behalte jedoch immer in Erinnerung: Zunächst Verbesserungen im Bewegungsumfang und der Technik, dann Steigerungen der Wiederholungen und des Gewichts.

Regel #4: Die progressive Belastungssteigerung ist niemals linear

Viele Trainer erzählen immer sehr gerne die Geschichte des antiken griechischen Ringkämpfers Milon von Kroton, um den Progressive Overload zu verbildlichen. Die Legende besagt, dass Milon jeden Tag ein Kalb auf den Schultern herumtrug. Als das Kalb wuchs, wurde Milon stärker, bis dieser mit einem ausgewachsenen Bullen auf den Schultern durch die Gegend lief, als ob es nichts wäre. Hübsche Geschichte, oder?

Blöderweise ist diese Geschichte totaler Bullshit (Wortspiel beabsichtigt). Zum einen wäre ein solcher 500 kg-Bulle aufgrund seiner schieren Größe und der Asymmetrie des Gewichtes ziemlich unhandlich, aber das ist irrelevant.

Progressive Overload: Die 10 Regeln der progressiven Belastungssteigerung

(Bildquelle: Miloandthecalf.com)

Fortschritte im Training, ob es nun in Sachen Kraft, Muskelaufbau, Mobilität, Ausdauer, Explosivität oder Fettverlust sei, werden niemals linear verlaufen. Der Körper arbeitet nicht so. Adaptionen verlaufen wellenförmig. Manchmal wird man in einer bestimmten Fertigkeit in einer einzigen Woche große Sprünge machen, während man in einer anderen Fertigkeit manchmal auch drei Monate stagniert. Langfristig steigert man sich meistens überall, dorthin ist der Weg jedoch verschlungen. Es gibt natürlich physiologische Gründe für dieses Phänomen, diese gehen jedoch über das Ziel dieses Artikels hinaus.

Lass uns nur zum Spaß einmal kurz annehmen, dass man sich ein ganzes Jahr lang in einer bestimmten Übung linear steigern könnte. Eine wöchentliche Steigerung von 2,5 kg bzw. 5 kg entspräche 130 kg bzw. 26 0kg in einem Jahr. Zudem entspräche eine zusätzliche Wiederholung pro Woche bzw. Monat 52 bzw. 12 zusätzlichen Wiederholungen im Jahr.

Man wird sich in einem Jahr nicht um 130-260 kg in einer Übung steigern. Man wird in den meisten Übungen auch in einem Jahr nicht mit dem gleichen Gewicht 12-52 Wiederholungen mehr schaffen. Das wird einfach nicht passieren. In einigen Einheiten wird man überraschend stark sein und guten Fortschritt machen, in anderen Einheiten wird man seine Leistung von vorher nur halten können und in einigen Einheiten wird man womöglich sogar schwächer sein als vorher. Aber alle sechs Monate wird man sehr wahrscheinlich stärker und fitter sein als sechs Monate zuvor.

Progressive Overload: Die 10 Regeln der progressiven Belastungssteigerung

Entwicklung des Körperfettanteils und der Magermasse einer Klientin, die sich auf einen Wettkampf in der Figurenklasse vorbereitet hat. (Bildquelle: BretContreras.com)

Obige Diagramme stellen die Progression einer Frau im Körperfettanteil und fettfreier Masse (kg) über einen Zeitraum von einem Jahr dar. Sie vollführte die dramatischste Transformation, die ich bis heute gesehen habe, aber man kann sehr gut sehen, wie non-linear ihr Fortschritt war. Zudem kann man sehen, dass sie signifikant Muskulatur verloren hatte, obwohl sie alles richtig gemacht hat. Die Dame hatte erhebliche Kraftzuwächse in Kniebeugen, Kreuzheben, Hip-Thrusts, Bankdrücken, Military Press, Rudern und Klimmzügen, sie hat nie eine Einheit ausgelassen, sie ernährte sich ein ganzes Jahr lang perfekt, aber trotzdem verlor sie etwa 5kg Muskelmasse, um im Rahmen ihrer 12-monatigen Wettkampfvorbereitung unter 10% Körperfettanteil zu kommen.

Nichtsdestotrotz gewann sie ihren ersten Wettkampf in der Figur-Klasse und ist nun eine bekannte Figur-Athletin.

Regel #5: Die progressive Belastungssteigerung wird nie wieder so viel Spaß machen wie in den ersten 3 Monaten

Wenn du ein Anfänger bist, lehn dich zurück und genieß deine Reise! Die Rate des Kraftzuwachses wird in den ersten drei Monaten freien Gewichtstrainings höher sein als zu jeder anderen Zeit des Lebens“.

Jede Woche wirst du neue persönliche Bestleistungen aufstellen. 15 Wiederholungen mit einem Gewicht zu schaffen, mit dem man in der vorherigen Woche nur 10 geschafft hat, ist nichts Ungewöhnliches. Dies ist hauptsächlich der sich anfänglich enorm schnell verbessernden intermuskulären Koordination zuzuschreiben.

Gewöhn dich einfach nicht zu sehr daran, denn die Progressionsrate wird sich dramatisch verlangsamen und ziemlich schnell wird es dir gehen wie dem Rest von uns – die jedes Mal heftig um neue PR’s kämpfen müssen.

Regel #6: Eine progressive Belastungssteigerung erfordert für erfahrene Athleten ernsthafte Strategien und Spezialisation

Als Anfänger kann man so ziemlich machen, was man will und trotzdem stärker werden, solange man konsistent ist. Nach ein paar Jahren solidem Training muss man jedoch anfangen, clever zu programmieren um weiterhin neue Kraftlevels erreichen zu können. Man wird beginnen müssen, die Übungen zu rotieren, das Programm intelligent zu designen, die Trainingsbelastung zu variieren und mit verschiedenen Methoden zu experimentieren.

Irgendwann wird es sehr schwer sein, auch nur wenige Kilos mehr auf die Stange zu packen oder auch nur eine Wiederholung mehr zu schaffen.

Regel #7: Die progressive Belastungssteigerung ist wesentlich schwieriger, während man Gewicht verliert

Wenn man kein Anfänger mehr ist, stellt es eine große Herausforderung dar, die Kraft zu steigern, während man gleichzeitig signifikant Gewicht verliert. Genau genommen ist schon der Erhalt der Kraft während einer Körpergewichtsreduktion eine Form der Progression, da sich die Relativkraft (der Quotient aus Kraft und Körpergewicht) erhöht und man somit „über die Zeit mehr leistet“.

Manche Übungen werden in höherem Maße durch Gewichtsverlust beeinträchtigt als andere. Die Kraft im Kniebeugen und Bankdrücken tendiert dazu, stark abzufallen, während man die Werte im Kreuzheben oft sogar noch halten kann. Die relative Kraftausdauer in Körpergewichtsübungen jedoch wird mit sinkendem Körpergewicht definitiv steigen, da man weniger Gewicht bewegen muss, weswegen man in den Genuss von plötzlichen und schnellen Fortschritten in Liegestützen, Klimmzügen, Dips und inversem Rudern kommt.

Regel #8: Die progressive Belastungssteigerung hat manchmal seine eigene Logik

Es wird vorkommen, dass du alles richtig machst und trotzdem nicht stärker wirst. Der Plan funktioniert schlichtweg nicht. Du hältst dich an einen intelligenten Plan, trainierst hart, isst genug, schläfst ausreichend, aber trotzdem wirst du nicht besser.

Zu anderen Zeiten wird es dann vielleicht mal so sein, dass eigentlich alles falsch läuft und du trotzdem Kraftzuwächse bekommst. Dein Training kann entgleist sein, deine Ernährung und Schlaf völlig daneben, aber trotzdem stellst du im Training Bestleistungen auf. Das macht absolut keinen Sinn und ist ein Schlag ins Gesicht der Sportwissenschaft. Nichtsdestotrotz funktioniert der Körper manchmal so.

Physiologische Prozesse sind komplex und multifaktoriell und lassen sich oft nicht nachvollziehen. Ziehe jedoch daraus keine falschen Schlüsse und denk nicht, dass du irgendein geheimes System für den Fortschritt entdeckt hast (exzessive Partys, Jung Food und spärliches Training), wenn so etwas passiert. Wenn du einen solchen Lebensstil für eine zu lange Zeit verfolgst, wird sich dieser früher oder später definitiv negativ auswirken. Bleib also bei den sinnvollen Dingen, die du tun kannst, um die Progression auf bewährter wissenschaftlicher Basis zu optimieren.

Regel #9: Die progressive Belastungssteigerung steht niemals über einer guten Technik

Um einen PR (=persönlicher Rekord) aufzustellen, könnte man zu jeder Zeit einfach die Technik leicht variieren bzw.  vernachlässigen und so sehr wahrscheinlich eine neue „Bestleistung“ aufstellen. Man könnte beispielsweise den Rücken beim Kreuzheben einrunden, die Stange beim Bankdrücken auf der Brust bouncen lassen oder bei Curls mit ein bisschen mehr Schwung aus dem Rücken arbeiten. Dies ist jedoch ein rutschiger Pfad, der so gut es geht vermieden werden sollte.

Progressiver Overload funktioniert nur, wenn man die Muskeln dazu zwingt, über die Zeit mehr Arbeit zu verrichten. Dies wird nicht passieren, wenn die Form immer schlampiger wird. Zudem wird man langfristig keine PRs verzeichnen können, wenn man verletzt ist oder ständig Schmerzen hat.

Regel #10: Die progressive Belastungssteigerung erfordert eine konstante Technik

Die Methode, um Fortschritt zu quantifizieren ist, die Übungen jedes Mal genau gleich auszuführen. In anderen Worten: Wahre Progression erfordert in jedem Training eine gleiche Tiefe, ein gleiches Tempo und eine gleiche Ausführung.

Viele Trainees belügen sich selbst mit der Aussage, sie seien stärker geworden, obwohl ihr Bewegungsradius oder generell die Technik völlig flöten gehen. Diese Trainees wurden nicht stärker, sondern schlampiger. Im Kraftdreikampf, olympischen Gewichtheben und Strongman gibt es Regeln für die Ausführung der jeweiligen Übungen. Es könnte die Zeit wert sein, diese Regeln zu verinnerlichen, um sich sowohl im Training, als auch bei Maximalversuchen daran orientieren zu können. Davon ausgehend, dass du die Übungsausführung beherrscht, gelten die Grundregeln:

  • Squatte immer unter parallel.
  • Gehe bei Hip-thrusts und Glute Bridges immer in den Lockout und kontrolliere generell jede Bewegung immer über den vollen Bewegungsumfang hinweg.

Abschließende Worte zur progressiven Belastungssteigerung

Hoffentlich werden dich diese 10 Regeln auf dem richtigen Weg halten. Ich habe jedoch noch einen weiteren Ratschlag für dich. Sogar die erfahrensten Athleten müssen manchmal einen Schritt zurückgehen, um wieder zwei nach vorne machen zu können.

Manchmal fixieren wir uns zu sehr und zu lange darauf, kontinuierlich PR‘s aufzustellen, bis zu dem Punkt, an dem die Technik beginnt, zu leiden, man Abstriche im Bewegungsumfang macht, die falschen Muskeln beansprucht oder durch Schmerzen hindurchtrainiert.

Einmal pro Jahr empfehle ich es, die Kraftlevel zugunsten der langfristigen Progression zu „resetten“. Das bedeutet, alles, was man in der Vergangenheit getan hat, aus dem Fenster zu werfen und von neuem anzufangen, mit der bestmöglichen Form und mit dem größtmöglichen Bewegungsumfang. Das ist die neue Baseline. Nun arbeitet man sich von dort aus wieder hoch, während man darauf achtet,  diese Technik beizubehalten. Dein Körper wird es dir langfristig danken, wenn du diesen simplen, aber dennoch effektiven Tipp in die Praxis umsetzt.

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Bildquelle Titelbild: Flickr / Marines.mil ; Public Domain Lizenz


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Bret Contreras (PhD, CSCS) wird vielfach als der führende Experte auf dem Gebiet Gesäßmuskeltrainings angesehen, was ihm unter anderem den Beinamen „The Glute Guy“ eingebracht hat. Auf seiner Seite BretContreras.com informiert der Personal Trainer seine Leser über effiziente Trainingsmethoden und Fitnesstraining.
Zusammen mit Chris Beardsley betreibt Bret darüber hinaus die Plattform Strength & Conditioning Research, die Abonnenten monatlich über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse im Trainingsbereich informiert.
Bekannt ist Bret unter anderem auch durch seine regelmäßigen Beiträge in einschlägigen On- wie Offline-Magazinen, darunter Flex, Men’s Health, Muscle & Fitness, T-Nation.com, Bodybuilding.com und viele andere.

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